Ironie der Geschichte: Warum sind Claudia Roth und Ricarda Lang auf den Bayreuther Festspielen?

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Alljährlich versammelt sich die politische, wirtschaftliche und kulturelle Elite auf dem Grünen Hügel in Bayreuth. Die Wagner-Festspiele sind seit Jahrzehnten ein Magnet für alle, die etwas auf sich halten. Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Festspiele in den vergangenen Jahren mit ihren Auftritten medial geadelt und das Politische ästhetisiert.

Auch in diesem Jahr gab man sich in Bayreuth die Ehre. Doch der einstmalige Glanz hat an Strahl- und Anziehungskraft verloren. Selbst Premierenkarten – vor Jahren undenkbar – waren am Eröffnungsabend noch erwerbbar. Wer einst eine Karte – oft mit sieben Jahre Wartezeit – bekam, fühlte sich wie aus einer anderen Welt, war buchstäblich geadelt.

Im Jahr 2023 haben die Grünen den Grünen Hügel für sich entdeckt. Grün zu Grün mag verfangen und überzeugen, aber warum lobhudeln Claudia Roth, Richarda Lang und die bayerische Katharina Schulze mit physischer Präsenz ausgerechnet jenen Mann, der nicht nur der alte weiße Mann schlechthin ist, sondern der in seinen Schriften ein bekennender Antisemit war?  Mit seiner Schrift „Das Judenthum in der Musik und weiteren Äußerungen“ gehört der 1813 in Leipzig geborene Wagner geistesgeschichtlich zu den obsessiven Verfechtern des Antisemitismus und zu den umstrittensten Künstlern der Kulturgeschichte. Der Diktator und Massenmörder Adolf Hitler vergötterte ihn – und Wagner selbst war ein Nationalist wie er im Buche steht.

Die Wagnerbegeisterung bei den Grünen kennt keine Grenzen. Dabei stehen sie doch politisch-gesellschaftlich gesehen für das ganze Gegenteil dessen, was Wagner einst proklamierte. Der Nationalstaat ist ihnen ein Gräuel, alte weiße Männer verlorene und verlogene Ideologen und Idioten von gestern, die ganze germanische Mythologie des Musiker-Titan, der spielerisch einst den bayerischen König Ludwig II. in den Bann zog, ein Drama, das die diverse Welt buchstäblich in den Abgrund wirft. Die Bürgerlichkeit von damals eine Spießbürgeridylle – eingerahmt von Fremdenfeindlichkeit, Misogynie und Rassismus. Wagner war weder woke noch für gesellschaftlich grelle Vielheit bekannt. Die bunte Wunderwelt von Gender und LGBT hätte er als kulturelle Entgleisung rigoros abgelehnt.

Doch Premieren haben einen eigenwilligen Zauber und betören selbst Ricarda Lang, die auf Instagram schrieb: „You can stand under my umbrella @kathaschulze ☔️ #wagnerfestspiele #bayreutherfestspiele #bayreuth.“ Auch Schulze war auf den Roten Teppich gekommen, nachdem sie, wie sie auf Instagram schreibt, „beim #DLDCampus in #Bayreuth“ über ihre „Ideen für Mobilität im ländlichen Raum sprechen“ dürfte. Nach der Arbeit im Dienste von #Klimaschutz und der Forderung nach einem massiven Ausbau des ÖPNVs, ging es für Schulze, die sich gemeinhin an Zukunftstthemen abarbeitet, in die Vergangenheit – eben zu Richard Wagner, dem Sinnbild für alles, gegen was die Grünen streiten. Da fragt sich selbst der wohlgesinnte Betrachter: Für was stehen die Grünen eigentlich? Götter:innen-Dämmerung oder Götzenanbetung?

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