Todesurteile in Singapur: Pannir Selvam Pranthaman droht Hinrichtung – Anfrage an den Sprecher für Demokratie und Justiz der Europäischen Union

Markus Lammert, EU-Spokesperson für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit (Foto: EU)
Markus Lammert, EU-Spokesperson für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit (Foto: EU)

Stellungnahmen der Delegation der Europäischen Union in Singapur erfolgen erst nach einer Hinrichtung. Aktuell wartet ein malaysischer Dichter im Todestrakt von Singapur auf die Exekution. Von Johannes Schütz

Bedeutende Investments der Europäischen Union im Finanzplatz von Singapur. Doch werden die Europäische Kommission und der zuständige Commissioner Michael McGrath auch den desaströsen Zustand der Justiz von Singapur endlich zum Thema machen.

Markus Lammert ist Sprecher der Europäischen Kommission für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit. Er wird um eine Stellungnahme angefragt.

Date: Jun 5, 2025 10:56
From: Johannes Schuetz <johannes.schuetz@journalist…>
To: Markus Lammert <markus.lammert@ec.europa…>
Subject: Presseanfrage

Herrn
Markus Lammert
Spokesperson
Democracy, Justice and the Rule of Law
Europäische Kommission

Sehr geehrter Herr Lammert,

Ich bin Journalist. Mein Schwerpunkt: Verletzung von Grundrechten. Ich bereite einen Beitrag zur Todesstrafe in Singapur vor. Ich ersuche um Stellungnahme der Europäischen Kommission.

Delegation der EU warnt vor Fehlurteilen

Die Delegation der Europäischen Union in Singapur veröffentlicht seit Jahren regelmäßig Statements zu Hinrichtungen in Singapur. Es wurden 25 Stellungnahmen von der Delegation der Europäischen Union seit 21. Februar 2020 veröffentlicht. Zuletzt erfolgte ein diesbezügliches Statement am 26. 5. 2025, betreffend die Hinrichtung von Muhammad Salleh bin Hamid am 23. Mai  2025.

In solchen Fällen bedauert die Delegation der Europäischen Union die Hinrichtung („deplore the execution“). Es wird stets betont, in variierenden Formulierungen, dass eine Fehlentscheidung der Justiz bei Anwendung der Todesstrafe nicht mehr korrigiert werden kann:
„Furthermore, any errors – inevitable in any legal system – are irreversible“.
(Delegation of the European Union to Singapore: „Joint local statement on the death penalty case of Abdul Kahar bin Othman in Singapore“,29. 3. 2022, www.eeas.europa.eu/delegations/singapore/joint-local-statement-death-penalty-case-abdul-kahar-bin-othman-singapore_en)

Pannir Selvam Pranthaman droht Hinrichtung

Pannir Selvam Pranthaman wartet im Todestrakt von Singapur auf die Hinrichtung (Foto: Amnesty International / privat)

Pannir Selvam Pranthaman wartet im Todestrakt von Singapur auf die Hinrichtung (Foto: Amnesty International / privat)

Bisher nicht beachtet von der Delegation der Europäischen Union wurde der Fall von Pannir Selvam Pranthaman, der aus Malaysien stammt. Noch im Gefängnis von Singapur schrieb Pannir Gedichte und Liedtexte, die populäre Musiker aus Malaysien als Songs gestalteten. Bekannt wurde auch Pannirs Gedicht aus dem Todestrakt von Singapur: „Death Row Literature“.

Der Malaysier wurde in Singapur zum Tode verurteilt, mit der Beschuldigung, er hätte 51,84 Gramm Diamorphine importiert. Die Hinrichtung hätte bereits am 19. Februar vollstreckt werden sollen. Doch duldete das Berufungsgericht in Singapur einen Antrag auf Überprüfung des Urteils, so dass die Exekution vorerst nicht ausgeführt wurde. Dies wurde bewirkt durch Proteste internationaler Organisationen, u. a. durch urgent action von Amnesty International:
www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/singapur-berufungsverfahren-koennte-hinrichtung-verhindern-2025-04-24

Die Berufungsverhandlung von Pannir Selvam Pranthaman wurde für den 7. Mai 2025 angesetzt. Die Pressestelle von Amnesty International Deutschland teilte dazu auf Anfrage mit:

„Am 7. Mai verhandelte das Berufungsgericht von Singapur über eine Anfechtung der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Schuldvermutung sowie über die Berufung, die Pannir Selvam Pranthaman eingelegt hatte, als seine Hinrichtung im Februar bevorstand. An diesem Tag wurden keine Entscheidungen getroffen, und die nächste Anhörung wird voraussichtlich im August stattfinden“.
(Amnesty International Deutschland, Pressesprecherin Ellen Wesemüller, Email, 5. 6. 2025)

Angehörige von Minderheiten diskriminiert

United Nations Human Rights Office brachte deutlich die Besorgnis zum Ausdruck, dass Angehörige von Minderheiten  bei Todesurteilen von der Justiz in Singapur diskriminierend behandelt werden:
„They also raised concerns about discriminatory treatment of individuals belonging to minorities“.
(United Nations Human Rights Office of the High Commissioner, „Singapore: UN experts condemn continued use of death penalty for drug-related crimes“, Press Release, 28. 4. 2023, www.ohchr.org/en/press-releases/2023/04/singapore-un-experts-condemn-continued-use-death-penalty-drug-related-crimes

Beziehungen der Europäischen Union zu Singapur

Die Präsidentin der Europäischen Kommission gratulierte Lawrence Wong im Mai zur erfolgreichen Wahl als Premierminister von Singapur. Demnach bestünde eine ausgezeichnete Kooperation der Europäischen Union mit Singapur, insbesondere bei Investment und Handelsbeziehungen:

„Congratulations to @LawrenceWongST  and his party on their victory today. We greatly value our excellent cooperation with Singapore. Our partnership is deepening, in trade and investment, and also defence, security, innovation. Because there is so much more we can do together“.
(Ursula von der Leyen, x.com, @vonderleyen, 3. 5. 2025)

Dazu die folgenden Fragen:

1. Nach 25 Stellungnahmen zu vollstreckten Hinrichtungen in Singapur seit Februar 2020. Welche Maßnahmen wird die Europäische Kommission setzen, damit solche Hinrichtungen in Singapur beendet werden?

2. Wird die Europäische Kommission eine Stellungnahme zum Fall des malaysischen Dichters Pannir Selvam Pranthaman abgeben. Oder das Vorgehen der Justiz von Singapur erst nach der Hinrichtung bedauern?

In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich

mit besten Grüßen
Johannes Schütz

 

Mag. Johannes Schütz
Wien, Austria (derzeit  im Ausland im Exil)
www.journalist.tel

Zum Autor
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter.  Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava gemeinsam mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Themen: Bibliographie, Informationbroking, Medienkompetenz, Community Media).  Aktueller Schwerpunkt: Verletzungen der Grundrechte, dazu  mehr als 100 Beiträge. Publikationen u. a. The European, Huffington Post, Tabula Rasa Kulturmagazin, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum).
Homepage: www.journalist.tel

Über Johannes Schütz 123 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel