Die Mallersdorfer Schwestern, die ihre Wurzeln in der Diözese Regensburg haben, sind nicht nur wahre Leuchttürme des katholischen Glaubens, sondern Leuchtfeuer der caritativen Arbeit. Insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent ist der leidenschaftlich gelebte Glaube ein Zeugnis von Engagement und tiefer Menschlichkeit.
Es gibt Orte, die sind mehr als Steine, Mauern und Jahrhunderte. Sie sind Erinnerungsräume, verdichtete Geschichte, Spiegel der geistigen Kämpfe Europas. Mallersdorf ist solch ein Ort. Wer den Hügel betritt, spürt die Schichten der Zeit: Benediktinische Gründung im 12. Jahrhundert, barocke Bildungsstätte, Opfer der Säkularisation, Wiedergeburt durch die Franziskanerinnen.
Im Jahr 1107 stiften die Herren von Kirchberg das Fundament, 1109 ziehen Mönche aus Bamberg ein. Burkhard, der erste Abt, führt sie, bis er 1122 stirbt. Bald leben hier mehr als zwanzig Brüder, beten, lesen, arbeiten. Sie bringen geistige Ordnung in eine Welt, die noch vom Ständestaat geprägt ist. Doch auch Mallersdorf ist den Brüchen der Geschichte ausgeliefert. 1803 fällt die Abtei der Säkularisation zum Opfer. Fünfzehn Mönche müssen gehen. Sechstausend Bände werden zerstreut, Kunstwerke gehen verloren, eine geistige Welt zerbricht. Statt Choralgesang herrscht künftig das Rauschen der Amtsstuben. Das Kloster wird Gericht, Rentamt, Gefängnis. Es ist ein Lehrstück der Moderne: Der Staat beansprucht, was die Kirche über Jahrhunderte aufgebaut hat. Das Erbe der Benediktiner wird zum Spielball der Politik. Mallersdorf, einst Hort des Geistes, wird entkernt. Was bleibt, sind Mauern – kalt, leer, zweckentfremdet.

Frauen übernehmen – der franziskanische Neubeginn
Und doch: Geschichte kennt keine endgültigen Zustände und Fakten. 1869 beginnt ein neues Kapitel. Die Armen Franziskanerinnen von der Heiligen Familie, eine junge Gemeinschaft, gegründet von Paul Josef Nardini, erwerben die verwaisten Gebäude. Wo einst Mönche disputierten, ziehen nun Frauen in schlichten Gewändern ein. Sie bringen neues Leben, einen anderen Klang.
Mallersdorf wird Mutterhaus, geistiges Herz und organisatorisches Zentrum. „St. Maria“, das Schwesternaltenheim, wird Keimzelle für Krankenpflege und Geburtshilfe. Eine Krankenpflegeschule entsteht, junge Frauen werden ausgebildet. Mallersdorf wirkt nicht nur für die Region, sondern wird Ausgangspunkt einer Sendung, die bald über die Grenzen Bayerns hinausreichen wird. So geschieht ein stilles Wunder: Aus der Asche des Benediktinerklosters erhebt sich ein Ort, an dem Frauen Geschichte schreiben – nicht durch Reden, sondern durch Taten.
1998, am Todestag Nardinis, kehren drei Schwestern nach Maria Ratschitz zurück. Die alte Trappistenstation ist verfallen, ein Ort der Ruinen. Doch aus den Steinen entsteht Neues: das Duduza Care Centre. Ein Hospiz, das Sterbenden Würde gibt, Waisen betreut, Skills-Programme anbietet. Hier, wo die Krankheit wütet, entsteht Hoffnung. Palliativpflege, Alphabetisierung, Gartenbau, Nähen – ein Mosaik von Möglichkeiten. 2007 stirbt Sr. Anne Thole, als sie versucht, Patientinnen und Patienten aus einem brennenden Hospiz zu retten. Ihr Tod ist ein Fanal, ein Zeugnis, dass Hingabe kein Wort, sondern ein Opfer ist.

Ein geerdetes Netzwerk – Bildung, Pflege, Sozialarbeit
Heute wirken die Mallersdorfer Schwestern in Vryheid, Richards Bay, Nkandla und Maria Ratschitz. Sie unterrichten, pflegen, beraten, begleiten. Rugby und Netball gehören ebenso zum Schulalltag wie Katechese und Alphabetisierung. Sie bauen auf Kooperation mit Staat und Diözese, aber sie handeln auch dann, wenn sie gegen den Strom schwimmen müssen. Ihr Muster ist erkennbar: Präsenz vor Ort, Aufbau lokaler Kompetenz, Widerstand, wenn Menschenwürde verletzt wird. Es ist ein stilles, geerdetes Wirken – und zugleich ein Zeichen dafür, dass Glaube in der Welt von heute mehr ist als privates Gefühl: Er ist Kraft, Verantwortung, Tat.
Was lehrt uns diese Geschichte? Sie zeigt, dass christliche Tradition nicht museal ist, sondern vital. Mallersdorf ist kein Relikt, sondern ein Gegenentwurf zur Welt der bloßen Nützlichkeit. Hier wird das gelebt, was Europa einst stark gemacht hat: der Mut, Bildung und Verantwortung zusammenzudenken, Glaube und Kultur zu verbinden, jenseits von Grenzen zu wirken. Von den Benediktinern über die Franziskanerinnen bis zu den Nardini-Schwestern spannt sich ein Bogen: vom Aufbruch über die Wüste der Säkularisation bis zur Hoffnung in Zululand. Eine Geschichte, die zeigt: Glaube stirbt nicht, er verwandelt sich. Tradition ist kein Rückwärtsblick, sondern ein Motor für die Zukunft.
Patenschaft mit Landshut – starkes Band der Solidarität
Seit fast zwanzig Jahren steht das Patenschaftsprojekt „Hilfe macht Mut“ des Bezirkskrankenhauses Landshut an der Seite der Mallersdorfer Schwestern in Südafrika. Unter der Schirmherrschaft des früheren Bezirkstagspräsidenten Manfred Hölzlein und seiner Frau Ilse hat sich ein tragfähiges Netzwerk gebildet, das mit Spendenaktionen die Arbeit der Ordensfrauen vor Ort ermöglicht. Anfang 2025 konnte das Patenschaftsteam einen Scheck über 35.000 Euro überreichen – ein starkes Signal der Verbundenheit und des Vertrauens in das langjährige Engagement der Schwestern.
Die „Nardini Sisters“, wie sie in Nkandla genannt werden, wirken dort seit 1955. Ihr Einsatz folgt einem klaren Prinzip: Hilfe dort leisten, wo die Not am größten ist. Sie führen ein Waisenhaus, sichern Kindern Zugang zu Nahrung und Bildung und unterstützen Familien durch das „Sizanani Outreach Programm“ (SOP), das Schwester Dr. M. Ellen Lindner leitet. Das Ziel: nachhaltige Strukturen schaffen, die Menschen befähigen, ihr Leben eigenständig zu gestalten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Förderung von Arbeit und Einkommen. Bei Hausbesuchen prüfen die Schwestern gemeinsam mit ihrem Team die Lage der Familien, bieten freiwillige HIV-Tests an und begleiten Erkrankte ebenso wie deren Angehörige. Parallel sorgen sie dafür, dass Kinder nicht durchs Raster fallen: Sie organisieren Betreuung, Mahlzeiten und Schuluniformen – Grundvoraussetzungen, um Bildungschancen offen zu halten.
Wo ein Kind auffällig wird, suchen die Schwestern gezielt nach Ursachen, um wirksam eingreifen zu können. Auch die Wohnsituation gerät dabei in den Blick: marode Hütten gefährden nicht nur die Sicherheit, sondern machen Familien zusätzlich anfällig für Gewalt und Diebstahl. In solchen Fällen finanzieren die Schwestern Reparaturen oder Neubauten. Um die Ernährungslage zu stabilisieren, legen sie Hausgärten an, unterstützen beim Gemüseanbau und verteilen Lebensmittelpakete, die steigende Preise abfedern. So entsteht Hilfe, die weit über kurzfristige Unterstützung hinausgeht. Mallersdorf, dieser Hügel in Niederbayern, ist ein Fenster in die Welt – und ein Lehrstück über die Kraft des Glaubens, der sich im Handeln bewährt.

