Vier Erinnerungszeichen in München Ramersdorf 

Am Dienstag, 22. Oktober 2024

Erinnerungszeichen auf Tafel. Bildquelle: Tom Hauzenberger.

Am kommenden Dienstag, den 22. Oktober 2024, werden Erinnerungszeichen für Elisabeth Stupe, Ellen Selbiger, Ella Stadler und Heinz Herszdörfer gesetzt. Die Gedenkveranstaltung findet um 14.30 Uhr in der Grundschule an der Führichstraße 53 statt. Teilnehmen werden unter anderem Stadtrat Marian Offman in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München, Dr. Ludwig Spaenle, der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, und Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Im Anschluss werden Erinnerungszeichen an den ehemaligen Wohnorten angebracht. Initiiert wurden die Erinnerungszeichen vom Bezirksausschuss 16 – Ramersdorf-Perlach.

Ella Stadler. (c)Stadtarchiv München.

Ella Stadler wurde 1899 in Stettin (heute Szczecin, Polen) geboren. 1926 heiratete sie einen katholischen Schriftsetzer, ihr Sohn Heinz Jürgen kam 1929 in München zur Welt. Ella Stadler unternahm im Herbst 1936 zwei Suizidversuche. Ende Dezember 1936 wurde sie für drei Monate in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar verlegt. Ihr Ehemann ließ sich 1939 von ihr scheiden, danach war sie der antisemitischen Verfolgung schutzlos ausgesetzt und musste Zwangsarbeit leisten, so in der Graphischen Kunstanstalt in der Lothstraße. 1942 wurde sie einem Bericht zufolge zur Gestapo oder „Arisierungsstelle“ vorgeladen. Als sie ihre Kennkarte aus der Tasche nahm, sei ihr ein Straßenbahnschein herausgefallen – Juden war die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verboten. Ella Stadler wurde sofort verhaftet und im Herbst 1943 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet.

Ellen Selbiger kam 1887 in Berlin zur Welt und lebte seit 1918 in München. Nach der Trennung von ihrem zweiten Ehemann lebte sie unter anderem in einer Wohnung in der Josephsburgstraße 51. Wegen ihrer jüdischen Herkunft wurde sie gezwungen, diese im September 1938 zu verlassen und mit vielen anderen Menschen in einer „Judenwohnung“ in der Goethestraße 26 zu leben. Am 20. November 1941 deportierte die Gestapo sie nach Kaunas in Litauen, wo SS-Einsatzgruppen sie fünf Tage später erschossen.

Heinz Herszdörfer (Herschdörfer) wurde 1910 in München geboren und wuchs in Schwabing auf. 1928 übersiedelte die jüdische Familie nach Berlin. 1932 konvertierte Heinz Herszdörfer zum protestantischen Glauben. Ende 1933 kehrte er nach München zurück und lebte in der Wilramstraße 14. 1936 ging er wieder nach Berlin. Am 14. September 1939 ermordete die SS Heinz Herszdörfer im KZ Sachsenhausen.

Elisabeth Stupe wurde 1894 in München als Tochter eines jüdischen Kaufmanns geboren. 1924 heiratete sie einen evangelischen Diplomlandwirt, mit dem sie drei Kinder bekam. 1934 konvertierte Elisabeth Stupe zur evangelischen Religion. Sie starb im Alter von 42 Jahren am 8. November 1936 in München.

 


Erinnerungszeichen für die NS-Gegner Heinz Eschen und Walter Häbich (Donnerstag, 24. Oktober)

Am kommenden Donnerstag, den 24. Oktober 2024, werden Erinnerungszeichen für die NS-Gegner und Kommunisten Heinz Eschen (1909 – 1938) und Walter Häbich (1904 – 1934) gesetzt. Die beiden jungen Männer waren seit 1933 im KZ Dachau inhaftiert, wurden dort schwer misshandelt und ermordet. Die Gedenkveranstaltung in Anwesenheit von Angehörigen findet um 13 Uhr im Münchner Stadtarchiv statt. Im Anschluss werden Erinnerungszeichen in der Deidesheimer Straße 2 für Heinz Eschen und in der Sendlinger Straße 30 für Walter Häbich angebracht.

Heinz Eschen, geboren 1909 in Filehne (Wieleń) im heutigen Polen, war das jüngste Kind eines jüdischen Ehepaars. Er lebte ab 1931 in München, arbeitete als kaufmännischer Angestellter und engagierte sich im Kommunistischen Jugendverband Deutschland (KJVD). Am 1. Februar 1933 schoss ein Polizist Eschen bei einer Demonstration gegen die NS-Regierung in den Hals. Nach seiner Genesung trat er am 12. Februar bei einer Kundgebung als Redner auf. Kurz darauf wurde er festgenommen und wegen „Aufruhrs“ zu neun Monaten Haft verurteilt. Im Gefängnis in Bayreuth prügelten ihn die Wärter fast zu Tode. Im November 1933 wurde er in das KZ Dachau gebracht. Die SS setzte ihn 1936 bei den jüdischen Häftlingen als „Blockältesten“ ein. Er genoss ein hohes Ansehen, weil er z.B. versuchte, kranke und schwache Häftlinge zu schützen. Am 30. Januar 1938 wurde Heinz Eschen deswegen von einem Mithäftling bei der SS denunziert, einen Tag später wurde er ermordet.

Walter Häbich wurde 1904 in Botnang bei Stuttgart geboren und arbeitete unter anderem als Metallarbeiter. Ab 1920 engagierte er sich beim KJVD, Ende 1928 ging er als Vorsitzender nach Berlin und wurde 1929 zum Mitglied des Zentralkomitees der KPD gewählt. Seit Dezember 1930 arbeitete er als Schriftleiter der „Neuen Zeitung“ in München. Nachdem die Nationalsozialisten diese verboten hatten, betrieb Häbich mit Gleichgesinnten ab Mai 1933 eine Untergrundredaktion im Priesterhaus der Asamkirche. Am 2. September 1933 wurde er verhaftet und in das KZ Dachau gebracht, wo die SS ihn sofort in den feuchten, kalten, dunklen Arrestbau sperrte. Ein Mithäftling berichtete später: „Genosse Häbich hing an der Kette und rührte sich nicht mehr, da seine Glieder erfroren waren.“ Am 30. Juni oder 1. Juli 1934 nahm die SS die „Röhm-Affäre“ zum Anlass, um Häbich zu erschießen.

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