Volker Seitz: Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann

Sonnenuntergang am Bodensee, Foto: Stefan Groß

Volker Seitz: Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann. München (dtv) 10. Auflage 2018, 287 Seiten


Afrika und die Afrikaner lieben und die gegenwärtige gut gemeinte ›Entwicklungshilfe‹ ad absurdum führen – passt das zusammen? Im Falle von Volker Seitz und seinem immensen Erfahrungsschatz kann die Frage nur eindeutig mit ›Ja‹ beantwortet werden! Der Mann gehört in die Entwicklungspolitik und in die Hörsäle der in bester Absicht falsch helfenden westlichen Welt. Der Afrikafreund Seitz müsste mehrfach geklont werden. Was ebenso wenig möglich ist wie die von ihm sympathisch und sehr logisch angemahnte Reform des Entwicklungshilfegedankens in Theorie und Praxis möglich erscheint.

Weitermachen wie bisher beruhigt das westliche Gewissen und schützt vor intensiver Hinterfragung eigener Positionen: Der ›alte weiße Mann (sicher auch die alte weiße Frau)‹ ist schuldig am Übel dieser Welt, Afrika ist das Opfer des ›Westens‹. Koloniales Subjekt sind ›Wir‹, beherrschtes Objekt sind ›Die‹. Die arabische Welt und China erfahren in dieser verqueren Denke nicht einmal eine Erwähnung als (böse) Subjekte. So einfach ist das aber nicht. Wie Volker Seitz, flüssig geschrieben, klarmacht.

Wer ist Volker Seitz? Ein Mann des fernen Schreibtisches oder ein Experte, der mit fundierter Erfahrung seine Mission unermüdlich Politik und Gesellschaft nahebringt? Im Internet wird man schnell fündig. Beispielsweise schreibt die Friedrich Ebert Stiftung auf ihrer Seite »Internationale Politik und Gesellschaft« zu seiner Person:

»Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Volker Seitz gehört zum Initiativ-Kreis des ›Bonner Aufrufs‹ zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches »Afrika wird armregiert«, welches im Herbst 2014 in erweiterter siebter Auflage bei dtv erschienen ist.«

Der Deutsch-Äthiopier Asfan-Wossen Asserate schreibt in seinem Vorwort zur Taschenbuchausgabe auf Seite 20 »Afrika ist für Europa eine riesige Herausforderung. … Wenn man den Strom der Flüchtlinge reduzieren will, muss man die Lebensverhältnisse der Menschen vor Ort … verbessern.« Auf Seite 21 führt er weiter aus: »Umso erstaunlicher ist es, ›bemerkt nun Volker Seitz‹, dass die Frage, ob und wie Entwicklungshilfe wirklich hilft, auf so wenig Interesse stößt. Entwicklungshilfe wird ja ebenfalls durch die Bevölkerung finanziert, und sie wird ständig erhöht. Doch die schlechten Nachrichten aus Afrika werden nicht weniger. Da liegt es eigentlich auf der Hand nachzufragen, was mit diesem Geld geschieht, wofür es eingesetzt wird und was damit erreicht wird.«

Asfan-Wossen Asserate: »Genau diesen Fragen geht Volker Seitz in diesem Buch nach. ‚Afrika wird armregiert – Wie man Afrika wirklich helfen kann‘ ist inzwischen in die Riege der Klassiker unter den Sachbüchern über Afrika aufgestiegen.« (ebenfalls S. 21).

In seinem eigenen Vorwort schreibt Volker Seitz auf Seite 7 »Ich möchte vor allem dazu beitragen, dass vermeintlich unergründbare Fragen nicht mit einem Schulterzucken und der Erklärung ›Das ist eben Afrika‹ beantwortet werden. Dieses fröhliche Afrika hat mich über 40 Jahre nicht losgelassen.« Gäbe es die Ehrung ›Afrikanischer Ehrenbürger‹, Volker Seitz wäre aus meiner Sicht ein heißer Anwärter. Selbstverständlich weiß ich, dass Afrika ein riesiger Kontinent mit derzeit fünfundfünfzig anerkannten Staaten ist, die sich vielfach mindestens so unterscheiden wie es die europäischen Staaten vom Atlantik bis zum Ural tun. Was die Einführung so einer Ehrung wohl eher unmöglich macht. Aber denken darf man das ja noch?

Am besten lässt sich Volker Seitz‘ Kompendium anhand des Inhaltsverzeichnisses präsentieren. Die Kapitel und Unterkapitel ergeben eine Kette, bei der jedes Glied Appetit auf das folgende macht: Kritik der Vernunft – Der Kolonialismus ist nicht Ursache der Elends – Wettlauf der Wohltäter – Irrgarten Entwicklungshilfe – Wenn Hilfe lähmt – Afrika ernst nehmen – Budgethilfe – Entschuldungsinitiative – Potemkinsche Dörfer – Behauptungen in Politik und Medien – Prinzip Verantwortung – Das Chefproblem – African Ownership – ›Babysitting‹ Africa – Korruption – Mehr Waffen als Wasserhähne – ›Big Oil‹ – Good Morning Africa – Fußball – Demokratie und Marktwirtschaft – Entwicklungshindernisse – Menschenrechtsverletzungen – Mangelndes Zeitgefühl und Ineffizienz – Verschwendung und Missbrauch der Ressourcen – Migration, ›Brain drain‹ und vernachlässigte Hochschulbildung – Energieversorgung – Verkehrswege und Infrastruktur – Zensur und Pressefreiheit – Kapitalflucht und Schattenwirtschaft – Landflucht und Elendsviertel – Umweltverschmutzung und Müll – Sklaverei – Diskriminierung und mangelnde Solidarität – Fehlende Zusammenarbeit der afrikanischen Länder – Die Wahrnehmung Afrikas im Ausland – Lehrstoff Entwicklungshilfe – Archäologie der Entwicklungshilfe – Entwicklungspolitischer Freiwilligendienst – Die Entwicklungshilfeindustrie – Selbstkritik der Entwicklungshelfer wird sanktioniert – Die UNO als globale ABM-Maßnahme – Afrika-Politik Chinas – Ein Rechnungshof für Entwicklungshilfe – Was muss sich ändern – Entwicklungspolitik muss ein Bestandteil der Außenpolitik werden – Die Landwirtschaft muss unterstützt werden – Es müssen Kleinkredite vergeben werden – Unternehmer müssen gefördert werden – Familienplanung darf kein Tabuthema bleiben – Friedenseinsätze müssen professioneller organisiert werden – Die Hochschulbildung muss verbessert werden – Die Kultur Afrikas muss einen anderen Stellenwert bekommen – Wir müssen die Länder unterstützen, die eine gute Regierungsführung haben – Die Schlüsselrolle im Kampf gegen die Armut müssen die afrikanischen Regierungen selbst unternehmen – Beispiele mit Vorbildcharakter Ausnahmestaat – Ruanda – Leuchttürme der Entwicklungshilfe – Dossier der Hoffnung – Anhang.

Seitz‘ Credo »Afrika ist ein faszinierender Kontinent, der von freundlichen, dem Leben zugewandten Menschen bewohnt wird. … Für mich ist Afrika der Kontinent der improvisierten Problemlösungen und der Heiterkeit auch am Abgrund.» (S. 25). Volker Seitz macht es dem Leser leicht, Afrika verstehen zu wollen. »Es ist eine andere Welt, eine Welt, in der der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten selten eine gerade und Geduld eine lebensnotwendige Tugend ist. … Afrikaner haben keine Eile, aber oft ein überraschend gutes Gedächtnis. … wenn ein weiser Mann stirbt, ›brennt eine Bibliothek ab‹« (S. 27).

»Nur aus der Distanz sind Antworten einfach. Schön wäre es, wenn mit mehr Kapital die Probleme … gelöst werden könnten. Oberstes Ziel darf nicht länger ein Mehr an Entwicklungshilfe sein, das die Kräfte der Selbsthilfe lähmt, sondern so wenig Geld wie möglich, nur halb so viel wie dringend nötig. Entwicklung, daran habe ich keinen Zweifel, kann nur über die tatkräftige Mitwirkung und Eigeninitiative eines jeden Einzelnen stattfinden.« (S. 27/28).

Seitz‘ Credo wird noch immer zu wenig wahrgenommen. Im Gegenteil, unter der irreführenden Kampagne einer sogenannten ›Klimagerechtigkeit‹ läuft auch Volker Seitz Gefahr, noch weniger beachtet zu werden. Wo Seitz sagt, es komme auf die Afrikaner selbst an und wir sollten ihnen nach dem Prinzip des Förderns und Forderns wohldosiert helfen, werfen die Klimagerechtigkeitspropheten alles in einen Topf, machen den Westen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hauptverantwortlich für das Elend Afrikas und belassen die Afrikaner in deren Nehmerstatus. Unwissenschaftliche ›Klimagerechtigkeit‹ schlägt Differenzierung. So die momentane Situation. Kein Wort von Bevölkerungswachstum, kein Wort vom Recht der Afrikaner so in ihrem Afrika leben zu können wie die Europäer es in Europa tun. Rassismus unter dem Deckmantel angeblich wünschenswerter Bedürfnislosigkeit und die Wiederauflage des unguten Bündnisses zwischen weißen Helfern des Westens und den ›Flusspferden‹ Afrikas (siehe weiter unten).

Da der Westen an allem schuld ist, muss er auch alles bezahlen und wenn die Leute nach Europa kommen statt in ihren Ländern ihre Dinge selbst in die Hand zu nehmen, soll das auch richtig sein? Denn – der Westen ist schuld?

Volker Seitz widerspricht dieser These, macht den Westen eher mit dessen anhaltend falscher Entwicklungspolitik mitschuldig am ausbleibenden afrikanischen Aufbruch. Gäbe es diesen Aufbruch, gäbe es nicht mehr den aktuellen Druck auf Europas Südgrenzen. Niemandem ist geholfen, wenn Europa ein Stück zu Afrika wird und damit dem afrikanischen Niveau nach unten näherkommt. Allen wäre dagegen geholfen, würde Afrika zu Europas‘ Lebens- und Demokratiestandards aufschließen. Das allerdings müssen die Afrikaner sämtlich selbst entscheiden.

»Bei einer ehrlichen Bestandsaufnahme stellt man fest, dass das Gros der Hilfe unter der Sonne Afrikas verdunstet. Mangels guter Regierungsführung, d. h. Transparenz, Verantwortlichkeit, Effizienz, demokratischer Teilhabe an den Entscheidungen und vor allem Rechtsstaatlichkeit, haben die meisten Länder Afrikas auch nach fast 60 Jahren Unabhängigkeit den Kampf gegen Armut und Korruption und die Überwindung ihres Stillstandes nicht angepackt.« (S. 30).

»Geparden, Flusspferde und Frauen«

Volker Seitz gibt auf Seite 34 einen interessanten Hinweis. Afrikas Machthaber und Eliten bekommen es zunehmend mit ihrer Geparden-Generation zu tun. Die Jugend Afrikas bewegt sich schneller als die Flusspferd-Genration, die »vielerorts noch an der Macht ist. Flusspferde beklagen sich noch über den Kolonialismus und Imperialismus, während die schnelleren Geparden Demokratie, Transparenz und ein Ende der Korruption fordern.«

>Das dürfte sogar für die antiimperialistische dogmatische Linke der westlichen Welt ein Problem werden. Mit den ›Flusspferden‹ ließ es sich gut gegen den eigenen Westen aufmischen. Mit den ›Geparden‹ wird das simpel nicht laufen. Im Gegenteil, diese Geparden werden die mit den Flusspferden verbandelten dogmatischen Linken nachhaltig fragen, wie es zu dieser gemeinsamen Front bar jeglicher Moral kommen konnte. Man darf gespannt sein

»Wir sollten endlich auf die Afrikaner hören, die die Entwicklung ihrer Länder vorantreiben wollen und die uns sagen: ›Entwicklungshilfe ist in vielen Ländern nicht die Lösung, sondern das Problem.‹« (S. 37).

Volker Seitz verweist auf Seite 38 auf die schulische Bildung, die die wichtigste Grundlage für eine wirtschaftliche, soziale, politische und kulturelle Entwicklung der dort lebenden Menschen sein muss. Das müssen wir fördern. Doch nur, »wenn wir auf der anderen Seite auch dafür sorgen, dass Eigenverantwortung eingefordert wird.« (S, 38). Unter Eigenverantwortung versteht Volker Seitz definitiv nicht die Tatsache, dass wohlhabende Afrikaner ihre Kinder ins westliche Ausland statt auf eigene Schulen und Universitäten schicken. An denen fehlt es nämlich generell.

»Wir sollten vor allem die Frauen fördern. … dass Frauen, die nichts fordern, beim Wort genommen werden. Sie bekommen nichts.« (S.39). Und das, obwohl sie das Land bearbeiten, die Familien ernähren, Geschäfte machen! Wir sollten besonders auf die afrikanischen Frauen setzen – auf die die Frauen und die Geparden.

Weiter oben habe ich das Inhaltsverzeichnis dieses Buches wärmstens der Lektüre empfohlen. Es steckt voller Stichworte, die jedes für sich ein Buch begründen könnten. Das Buch ist aber bereits geschrieben und es heißt Afrika wird armregiert. Ich werde im Folgenden noch auf einige wichtige Gedanken Volker Seitz‘ hinweisen. Das komplette Buch zu lesen kann und will diese Rezension nicht ersetzen.

Wettlauf der Wohltäter (ab Seite 53)

Entwicklungshilfe ist noch immer Ablasshandel. Altruismus, Mitleid, Großzügigkeit werden gezeigt, in dem eine florierende Hilfsbranche immer wieder und immer mehr Geld gibt. Damit wird christliche Nächstenliebe gezeigt, um die Ursachen der Misere wird sich herumgewunden. Moralisch überlegen ist der, der fordert. Emotionale Aufwallung verhindert das Denken. »Die Täter sind immer die anderen, die Opfer immer die Afrikaner. ›Das Ritual des Beschönigens und Beschuldigens verbindet schwarze Eliten und weiße Helfer‹« (Axelle Kabou). Auch hier sollten wir auf die ›Geparden‹ setzen. Die ehrenwerte Gesellschaft aus schwarzer Elite und weißen Helfern zulasten der afrikanischen Bevölkerungen bedarf der Erosion.

»Daher überrascht auch die Idee afrikanischer Meinungsführer nicht, dass die USA und Europa, die vom Sklavenhandel profitierten, eine offizielle Entschädigung zahlen sollten, um den wirtschaftlichen Schaden wiedergutzumachen und den Staaten zu helfen, ihre Wirtschaft aufzubauen. Merkwürdigerweise schlägt aber niemand vor, die arabischen Staaten, ebenfalls zu einem Schadenersatz aufzufordern, obwohl ihr Anteil viel höher ausfallen müsste.«

Mein Zusatz an dieser Stelle: An solchen Entschädigungen müssten sich fairerweise auch die Clans und Eliten beteiligen, die ihre Nachbarn an die Sklavenhalter verkauften. Das war ein einträgliches Geschäft für Afrikas Eliten.

Wenn Hilfe lähmt (ab Seite 60) »Die Länder unseres Nachbarkontinents haben sich mit wenigen Ausnahmen daran gewöhnt, dass für Entwicklung das Ausland zuständig ist. … Hilfsgelder heizen in vielen Ländern die Korruption an und halten Afrika in Abhängigkeit. … Nicht fehlende Mittel und kolonialistische Spätfolgen hemmen den Fortschritt, sondern mangelnder politischer Wille der Regierungen, … . Statt die Ärmel hochzukrempeln, um aufzuholen, stilisieren sich die afrikanischen Führer als Opfer des Kolonialismus, Rassismus, der Globalisierung etc. … Alle Probleme werden durch weißen Rassismus usw. erklärt, niemals werden die Ursachen für die Rückständigkeit bei sich selbst gesucht.«

Na, das wäre aber auch schön dumm von dieser Elite! Würde die das so zugeben, wäre Schluss mit dem Geldstrom aus dem ewig schuldigen Westen und die Elite müsste den Schulterschluss mit ihrer Zivilgesellschaft suchen, um mit dieser Afrika selbst aufzubauen. Für den Westen kann es bezüglich Afrikas nur heißen: Hilfe zur Selbsthilfe und das zu konkreten Konditionen!

Afrika ernst nehmen (ab Seite 64)

»Die Verfassungen und Gesetze der jeweiligen Länder helfen auch nicht weiter. Auf dem Papier findet sich dort fast alles, was das Herz eines Demokraten höherschlagen lässt. … Wir müssen Afrika ernst nehmen und an die Reformierbarkeit glauben. Wer keine Reformanstrengungen unternimmt, sollte künftig auch nicht mehr gefördert werden. … Die Verantwortung für Afrika liegt zunächst bei den Afrikanern selbst. … ›Kein Volk der Welt darf auf Dauer zum Hilfsempfänger herabgewürdigt werden‹, sagt der ehemalige deutsche Bundespräsident Hort Köhler.«

Mir als ehemaligem SPD-Bundestagsabgeordneten fällt dazu die AGENDA 2010 ein. Ohne Fördern und Fordern belassen wir die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger für immer in ihrer abhängigen prekären Situation. So unsere damalige Intention. Der Erfolg gab uns recht, was uns politisch nichts nützte, Deutschland entwickelte sich vom EU-Schlusslicht nach 2004 zur EU-Lokomotive, die in der weltweiten Finanzkrise 2008 den geringsten Wasserstand oberhalb der Unterlippe durchlitt. Nur so kann es national und international gehen. ›Hilfe zur Selbsthilfe‹ und ›Fördern und Fordern‹ sind Leitlinien zu Aufbau und Erhalt solider Volkswirtschaften.

Entschuldungsinitative (ab Seite 73)

Als Haushaltspolitiker hatte ich immer meine Probleme mit dem Thema ›Schuldenerlass‹. Stark in Erinnerung ist mir die weltweite Initiative des Erlassjahres 2000. Unser Haushaltstaatssekretär Karl Diller wies uns bei allem Verständnis für die hoffnungslos überschuldeten Staaten auf den Umstand hin, dass staatliche Schuldenerlasse die Situation der betroffenen Länder keineswegs bessern helfen. Zwar entfällt der Schuldendienst für Schulden bei staatlichen Geldgebern, die Schulden bei Privatbanken bleiben unberührt. Die müssen weiterhin getilgt werden, die betroffenen Länderhaushalte bleiben ungedeckt, die Privatbanken werden faktisch abgesichert. Volker Seitz: »Nach übereinstimmender Einschätzung der Geber kam höchstens ein Drittel der freigewordenen Mittel überhaupt bei den Bedürftigen an. … Die Erwartungen der Geber, dass die staatlichen Ausgaben sich auf wachstumsfördernde und effiziente Maßnahmen fokussieren, hat sich …. Nicht erfüllt.«

Babysitting Africa (ab Seite 100) »Das Samariterverhalten des Nordens schwächt oder zerstört die Anreize der Empfänger zu eigenen Anstrengungen. Mit unserem Dauermitleid verstärken wir nur eine Sozialhilfementalität … .Theorien wie die der Benachteiligung Afrikas wegen der Tropenlage sind wenig stichhaltig, andere Kontinente mit ähnlichen Problemen haben den Sprung geschafft.«

Was muss sich ändern? (ab Seite 200)

Volker Seitz mahnt eine gesamtpolitische Zielsetzung an und schlägt deshalb eine Eingliederung des BMZ in das Auswärtige Amt AA vor. »Die Kompetenz der Entwicklungsexperten muss an die Botschaften verlagert werden. … Auch der frühere Staatsminister Werner Hoyer fordert den längst fälligen Schritt Die jetzige Trennung in zwei unterschiedliche Ministerien – AA und BMZ – sei von der Sache her künstlich und führe zu Kompetenzgerangel. …

Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Armutsbekämpfung und dafür wiederum muss Druck auf verantwortungslose Regierungen und Eliten ausgeübt werden. … Die Ursache der Krise Afrikas ist nicht nur die mangelnde Effizienz der Entwicklungshilfe, sondern vor allem die Politik afrikanischer Machthaber und Führungseliten, die zum Teil allzu sehr und allzu lange von den Gebern unterstützt wurden…. Der Erfolg muss überprüft werden. … Ein Übermaß an Hilfe lähmt die Betroffenen. Auch die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGO) sollte regelmäßig überprüft werden. … Die NGOs sollten keine moralische Immunität genießen und nicht über Kritik erhaben sein. … Grundsätzlich sollte öfter abgefragt werden, ob jedes Hilfsangebot zweckmäßig ist.«

Ich habe Volker Seitz mit großem Gewinn gelesen und empfehle Afrika wird armregiert einer breiten Öffentlichkeit. Wir leben in einer Welt und sollten den Versuch unternehmen, diese eine Welt mit Wärme im Herzen und nüchtern im Kopf zu betrachten.

Quelle: Weissgerber -Freiheit