Der Weltraum gehört uns – Eine Keynote von Frank M. Salzgeber im Münchner Kaufhaus Oberpollinger

Frank M. Salzgeber, Foto: Sefan Groß

Zu einem besonderen Abend hatten Speakers Excellence, die AUDI AG, die WEIMER MEDIA GROUP und der Oberpollinger geladen. Ende Juli versammelten sich auf der Dachterrasse „Le Buffet“ des Luxuskaufhauses Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Medien und Kultur. Keynotspeaker war Frank M. Salzgeber mit einem Vortrag über Innovation, Entrepreneurship, Zukunftstechnologien und Trends.

Visionen sind das Salz der Erde, die faustischen Energien, die die Welt in ihrer Dynamik vorantreiben. Ohne die Aufklärung, ohne das Wagnis des Wissens auf seine Vernunft zu vertrauen, ohne den Weckruf des “Sapere aude” Immanuel Kants, wäre das Wissen nur vertrocknete Metaphysik. Welche Innovationskraft im homo technicus steckt, zeigte eine Keynote von Frank M. Salzgeber auf der Executive Night im Oberpollinger.

Der Pioniergeist ist der Spirit der Wissenschaft

Die Wissenschaft von heute ist nur so gut wie ihre Zukunftsfähigkeit. Das weiß keiner besser als Frank M. Salzgeber, Head of Technoloy bei der European Space Agency (ESA). Der große Menschheitstraum, das Weltall zu erobern ist näher denn je gerückt, die Besiedlung des Mondes greifbar, die des Mars denkbar. Seit den zaghaften Versuchen eines Leonardo da Vinci, der Gebrüder Wright, den Konstrukteuren Elon Musk , Claude Dornier, Robert Hutchins Goddard, Hugo Junkers und nicht zuletzt durch Wernher von Braun und Elon Musk hat sich die Geschichte des Fliegens und der Raumfahrt radikal verändert.

Das Undenkbare wurde Realität, weil es Pioniere, Quereinsteiger, Unbeirrbare und Träumer gab. Dagegen ist die “Selbstbefruchtung”, die Monotonie und Langsamkeit von Denkprozessen in großen Unternehmem, denen der Innovationsschub fehlt, weil sie sich intellektuell abkapseln, schon längst keine Zukunftsressource mehr. Was der Ingenieur Salzgeber hingegen sucht, sind die „Verrückten.“

Wer die Welt vorantreiben will, bedarf der Verwegen- und Tollkühnheit des Denkens, dessen ist sich Frank Salzgeber sicher. Dezentralisierung statt monokausaler Verwaltung lautet daher seine Maxime und die Digitalisierung ist dabei die neue Metaphysik. Wie einst die Aufklärung neue Wege beschritt, soll die europäische Wirtschaft durch die Raumfahrttechnologie wettbewerbsfähiger, effizienter, kostengünstiger und schneller gemacht werden, denn jedes Kilo, das in den Orbit transportiert wird, kostet 100 000 Euro.

Wir müssen unsere Ideen vermarkten

Zweitvermarktung bleibt dabei das Marketingkonzept und „es gibt keine verrückten Transfers“. „Früher waren die Transfers eine Art Abfallprodukt – heute betrachten wir sie als wertvolle Wiederverwendung“. Sprichwörtlich alles will Salzgeber aus der Weltraumtechnologie herausholen, und sein Büro bezeichnet er selbst als „Innovations-Recyclingsbüro“ der ESA, „denn wer heute nicht recycelt, verschwendet Ressourcen“. Dabei kann Salzgeber aus einer Wundertüte greifen, denn die Entwicklungen der Raumfahrt setzen die Trends von morgen, seien es wiederverwertbare Raketen, die der Weltraumeroberung Milliardensummen sparen helfen oder das Luft-Recycling-System der ESA. Einen neuen Meilenstein bei der Herzklappentechnologie könnte jüngst eine Entdeckung von Alexander Gerst auf der ISS sein. Gerst fand heraus, dass Metalle, die sich auf der Erde nicht verbinden, in der Schwerelosigkeit miteinander Synthesen eingehen.

Als Leiter des Technology Transfer Programme Office (TTPO) der ESA geht es Salzgeber letztendlich und vordergründig darum, dass die Innovationen aus der Raumfahrt eben nicht buchstäblich im All verpuffen. Und so sucht er mit einem Jahresbudget von rund 5,5 Millionen Euro für die ESA Firmen, die Technologien aus der Raumfahrt wirtschaftlich nutzen wollen. Dabei sind originelle Ideen wichtiger als ausgewiesene Expertise. Die Erfolgsgeschichte lässt sich eindeutig belegen: 630 Start-up-Firmen wurden gegründet, 300 Technologietransfers ermöglicht und über 40 Millionen Euro investiert.

Raumfahrt ist die Technik der Zukunft

Salzgeber ist davon überzeugt, dass „Technologie in der Raumfahrt helfen kann, die großen und kleinen Probleme des Alltages besser zu lösen“ und fordert daher: „We need more space“, „spacige“ Innovationen. „Wir bauen die Infrastruktur“ für die digitale Welt. Und die Raumfahrt, da ist er sich ganz sicher, ist die Basis für die künftige Digitalisierung, die Infrastruktur, die für eine völlig neue Architektur des Wissens und der Kommunikation steht. „Es wird kein autonomes Fliegen oder Fahren“ ohne die Weltraumtechnik geben. „Raumfahrt ist eine Art des Denkens.“ „Alles muss leicht sein, sicher, energiesparend, nicht reparaturanfällig und selbstheilend. Und das sind Eigenschaften, die auch für viele Waren hier auf der Erde wünschenswert sind. In der Raumfahrt gilt: ‚Failure is not an option’“.

Wie sehr die Raumfahrt unser tägliches Leben bereits bestimmt, zeigt sich überdeutlich bei der Klima- und Wettervorhersage, bei der Tele- und Satellitenkommunikation, bei der Energie- und Leichtbautechnik, oder bei der Echtzeitübertragung der Fußball-WM. Ohne Satelliten wäre es auf der Erde trist wie im spirchwörtlich finsterem Steinzeitalter. Der „space“ hat die Welt gewaltig revolutioniert und ist so zum unverzichtbaren Begleiter alltäglicher Arbeits- und Lebensprozesse geworden, der menschliches Leben effizienter und nachhaltiger werden lässt. Und seien es ganz banale Dinge wie der Akkuschrauber oder die Chipstüte, ein digitales Röntgengerät oder die Info Displays von Ärzten und Logistikern, die einst für Astronauten entwickelt wurden – ganz zu schweigen von zukunftsweisenden Technologien wie der Energiespeicherung und die Brennstoffzellentwicklung – alles Made in space.

Wir werden bald den Mond besiedeln

Doch der Blick geht weiter – mit dem Moon Village Projekt plant die ESA die Besiedlung des Mondes. Die Mondbesiedlung prognostiziert Salzgeber für die nächsten zehn Jahre, der Mars wird in den „nächsten 20-30 Jahren folgen“. „Vor ein paar hundert Jahren war Amerika sehr weit weg, heute ist man in acht Stunden da. Zum Mars dauert es ein bisschen länger, aber wir werden ihn auf jeden Fall erschließen“. Und während Ferdinand Magellan im 16. Jahrhundert noch drei Jahre benötigte, um die Welt zu umsegeln, umrundet ein Satellit die Erde einmal in 90 Minuten und das in 300 km über der Erdoberfläche mit einer Geschwindigkeit von 7,8 km/s (28.000 km/h).

Innovation braucht Freiheit

Doch Innovationen entwickeln sich nicht statisch, sie brauchen Freiräume, Freiheiten, die Salzgeber auch in der Personalführung einfordert. Nur ein freier Geist bleibt befähigt, die Welt in ihrer Vielheit zu betrachten, die Perspektive zu wechseln und Probleme aus einem anderen Blickwinkel zu lösen. „Wir brauchen auch in der Personalführung mehr Raum, das heißt auch seinen Leuten mehr Freiheiten zu geben. Das fördert die Innovation.“ Salzgebers Credo lautet dann auch: „Eine Gesellschaft, die ihre Forschung stoppt, stoppt ihre Entwicklung“. Was sich der Wirtschaftsingenieur wünscht, ist ein offener Forschungsdiskurs, den Mut zur Innovation, den kindischen Entdeckungsgeist und eine Politik, die nicht wie in Deutschland nur auf Sicht fährt, sondern die globale Welt in den Augen behält. Wir brauchen viel mehr Spirit. Dass Deutschland in Sachen Digitalisierung und Dezentralisierung den Pioniergeist Amerikas und seiner Innovationsschmieden einatmen muss, ist für Salzgeber eine pure Verständlichkeit und entspricht seiner Logik des Fortschrittes. Und auch dass das Scheitern dazu gehört, ist ein Kalkül, das man berechnen muss. Doch dieses kreativ in produktive Energie umzuwandeln, macht Wissenschaft aus.

Der Geist aus dem Silicon Valley

Vom Innovationsgeist Made in America kann Deutschland, das Land einstiger großer Entdeckungen, wieder viel lernen. Selbst der Vatikan, die nachhaltigste Institution der Weltgeschichte, setzt bei der Digitalisierung seiner Bibliothek auf Raumfahrttechnik und auch bei AUDI schließen sich Leichtbau, Schnelligkeit, Ökoeffizienz und grüne Technik nicht aus. Wer wollte, konnte sich bei der Executive Night im Oberpollinger mit den Elektroautos shutteln lassen oder selber fahren. Fahrspaß garantiert.

Quelle: The European

Das teuerste Motorrad der Welt im Muenchner Oberpollinger
Foto: Stefan Groß

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Über Stefan Groß-Lobkowicz 2126 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".