Erinnerungszeichen für Dr. Paul Franz Wassermann

Am Jahrestag der Deportation von Münchner Jüdinnen und Juden nach Kaunas

Bild von Ri Butov auf Pixabay

Presseinformation – Am Sonntag, den 20. November, wird in der Fraunhoferstraße 26 in München ein Erinnerungszeichen für Dr. Paul Franz Wassermann (1887-1941) angebracht. Initiatorin des Erinnerungszeichens ist Hannah Sibylle Wennekers. Sie trägt damit auch zur Aufarbeitung ihrer eigenen Familiengeschichte bei: Ihr Großvater war einer der Männer, die 1938 im Zuge der „Arisierung“ die Fabrik des jüdischen Unternehmers Wassermann in der Fraunhoferstraße 16 übernahmen. Drei Jahre später, 1941, wurde Wassermann als einer von fast tausend Jüdinnen und Juden aus München nach Kaunas deportiert und von der SS ermordet. Das Erinnerungszeichen wird am 81. Jahrestag der ersten Deportation nach Kaunas eingeweiht. Um 11 Uhr findet eine Gedenkveranstaltung im Theater im Fraunhofer statt. Um 12.15 Uhr wird Stadtrat Dr. Florian Roth in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München das Erinnerungszeichen nahe des ehemaligen Wohnorts von Paul Franz Wassermann in der Fraunhoferstraße 26 an die Öffentlichkeit übergeben. Die Initiatorin Hannah Sibylle Wennekers steht für Interviews zur Verfügung.

Paul Franz Wassermann wurde 1887 in München geboren und wuchs in der späteren Fraunhoferstraße 30 auf. Er studierte Chemie, Physik und Botanik an den Universitäten München und Gießen, wo er 1910 promoviert wurde. Danach leitete er mit seiner Mutter und einem Partner die Milly Kerzen- und Seifenfabrik in der Fraunhoferstraße 18. Er konvertierte 1916 von der jüdischen Religion zum Katholizismus. Wassermann setzte sich als Vorsitzender der akademischen Unterrichtskurse für Arbeiter für deren Weiterbildung ein. Er war zudem zweiter Vorsitzender des Heimat- und Königsbundes, 1920 trat er dem Freikorps Epp bei.

Trotz seiner Konversion und seiner nationalkonservativen Gesinnung geriet er in den Fokus nationalsozialistischer Verfolgung. Die Stadtverwaltung schloss ihn schon 1933/34 von der Belieferung eines Krankenhauses aus. Nach dem Erlass der „Nürnberger Gesetze“ 1935 galt er als Jude. 1937 musste er seine Wohnung verlassen, im Juni 1938 musste er zwangsweise seine Firma verkaufen. Glaubte er zunächst noch, der neue Eigentümer würde ihn in der Fabrik beschäftigen, so zerschlug sich diese Hoffnung schnell. Seine Bemühungen, in die USA zu emigrieren, scheiterten. Am 20. November 1941 deportierte ihn die Gestapo mit fast tausend anderen Jüdinnen und Juden nach Kaunas, wo ihn SS-Einsatzgruppen am 25. November 1941 erschossen.

Programm am Sonntag, 20. November 2022:

11.00 Uhr
Gedenkveranstaltung, Theater im Fraunhofer
(Fraunhoferstraße 9)

Stadtrat Dr. Florian Roth in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München

Hannah Sibylle Wennekers, Initiatorin des Erinnerungszeichens

Dr. Bernhard Schoßig, Historiker, Mitinitiator des Erinnerungszeichens

Wolfgang Czich, ehemaliger Stadtrat

Verlesen eines Grußworts von Margie Bone, Großnichte von Paul Wassermann

Klaus-Peter Münch und Stefan Dickas lesen Briefe von Paul Wassermann an seinen Bruder Friedrich Wassermann in den USA

Benôit Blaser, Bezirksausschuss 2 – Ludwigvorstadt-Isarvorstadt

Musikalische Umrahmung: Eva Tyrell (Cello) und Johannes Trägner-Born (Klavier)

12.15 Uhr
Übergabe der Erinnerungszeichen in der Fraunhoferstraße 26  


Zu den Erinnerungszeichen:

Erinnerungszeichen werden seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Die Erinnerungszeichen bestehen aus gebürstetem Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie in zwei Ausführungen – als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – ein Bild. Durch die gelochte Oberfläche können die Informationen auch ertastet werden.