Das Bayerische Staatsorchester! Eine Ausstellung im Marstallstraßen-Zugang des Münchner Nationaltheaters erinnert an die ereignisreiche Geschichte

„Ein Kreuz aus einem traurigen Anlass“, dem mit dem Tod endenden Zusammenbruch des Dirigenten Joseph Keilberth im 2. Akt der Aufführung von „Tristan und Isolde“ am 21. Mai 1965, Foto: Hans Gärtner

Vor 500 Jahren noch Hofkapelle . . .  

… und heute? Das Bayerische Staatsorchester! Eine Ausstellung im Marstallstraßen-Zugang des Münchner Nationaltheaters erinnert an die ereignisreiche Geschichte mit Dokumenten, einer Fotostrecke und Video-Clips.

Keines der drei großen Münchner Orchester ist so alt wie das, das fast jeden Abend in der Staatsoper spielt, nicht das Symphonieorchester des BR, auch nicht die Münchner Philharmoniker, sondern das Bayerische Staatsorchester, ohne das in der Münchner Oper jeder Sänger quasi im Trockenen säße. Es feiert sein 500-jähriges Bestehen – „und damit ein halbes Jahrtausend großer Musikgeschichte“, wie Staatsopern-Intendant Serge Dorny mit Stolz erklärt.

Alles begann mit der 1523 erfolgten Berufung des Polyphonikers Ludwig Senfl zum „Musicus intonator“ nach München. Den Flamen Roland de Lassus, heute bekannt als Orlando di Lasso, holte 1556 Bayernherzog Albrecht V. in seine Hofkantorei als „Maestro della musica di camera“, um  einen Hofkomponisten zu haben. „Der Münchner Hofkapelle gebührt der Ruhm, nicht nur Mozarts `Idomeneo`, sondern auch die musikgeschichtliche Zeitenwende der Uraufführung von `Tristan und Isolde` … vollzogen zu haben“, wie Holger Noltze in der Zeitung „Engelsloge“ erzählt.

Er erinnert an große Komponisten und Dirigenten, die das „ so besondere und langlebige Künstlerkollektiv“ leiteten, das sich seit 1918 „Bayerisches Staatsorchester“ (BSO) nennt: Franz Lachner, Hans von Bülow, Hermann Levi, Richard Strauss und-und-und. Viele Lebende denken an Solti und  Knappertsbusch, Kempe und Keilberth, Wolfgang Sawallisch, Zubin Mehta, Kent Nagano, Kirill Petrenko und dürfen sich freuen, nun den Russen Vladimir Jurowski als Generalmusikdirektor zu haben.

Jeder Opernbesucher sollte sich Zeit nehmen, die Ausstellung im Zugangs-Bereich Marstallstraße anzusehen. In Filmen und Tonaufzeichnungen schließt er Bekanntschaft mit Musiker:innen, die mit ihren Instrumenten gezeigt werden und über ihre Arbeit sprechen. Fotostrecken halten besondere Auftrittsmomente fest. In Vitrinen liegen aufgeschlagene Originale von Musiker- und Dirigenten-Noten als kostbare Relikte denkwürdiger Opern-Vorstellungen und -Ereignisse.

Immer wieder haben Musiker, allen voran die Blechbläser des BSO, dafür gesorgt, dass wichtige Daten unvergessen bleiben: beispielsweise der plötzliche Zusammenbruch des Dirigenten Joseph Keilberth im 2. Akt einer Nationaltheater-Aufführung von Richard Wagners „Tristan und Isolde“ am 20. Juli 1968, notiert in der Notenzeile für die 1. Violine oder, um Erfreulicheres drei Jahre zuvor anzuführen, am 21. Mai 1965, notiert in der Notenzeile für die 1. Trompete: der königliche Besuch einer Aufführung des „Rosenkavalier“ durch die 39-jährige Queen Elisabeth II. und ihren Gatten Prinz Philipp. In der Königsloge, so notierte der Chronist, lauschte „das royale Paar“ der Strauss-Oper, „bevor es kurz nach Mitternacht die Heimreise mit dem Sonderzug“ antrat. Der Trompeter war so angetan von diesem Ereignis, dass er es gleich zweimal in seiner Noten-Stimme mit Bleistift festhielt.

Das Jubiläumsjahr 2023 begann mit einem Festakt im Nationaltheater. Sonderkonzerte folgen, zum Teil unter freiem Himmel, und in glanzvollen Sälen. „Die Kraft der Musik soll ausstrahlen in die nähere und weitere Welt“, wofür vor allem eine Tournee des BOS durch europäische Musikmetropolen sorgen wird. Unser Wunsch begleitet die Künstler:innen: „Ad multos annos!“

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Über Hans Gärtner 454 Artikel
Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.