Eine mögliche Wagenknecht-Partei könnte bei der Europawahl mit einem zweistelligen Ergebnis rechnen

Sahra Wagenknecht, die LINKE, Facebook, Bildschirmfoto

Vor 25 Jahren am 27. September 1998 fand die Wahl zum 14. Deutschen Bundestag statt. Gerhard Schröder löste mit einer rot-grünen Koalition die schwarz-gelbe Koalition unter Helmut Kohl ab. Beide großen Volksparteien kamen damals noch auf 62 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten. Voraussichtlich in zwei Jahren wird der 21. Deutsche Bundestag gewählt. Bezogen auf alle Wahlberechtigten kommen CDU/CSU und SPD nach unserer aktuellen Umfrage zusammen noch auf 38 Prozent aller Wahlberechtigten. Die SPD alleine war 1998 gerechnet auf alle Wahlberechtigten nur etwas schwächer als heute Union und SPD zusammen. Das hat sich verändert: Bündnis90/Die Grünen haben ihr Ergebnis im Vergleich zu 1998 bezogen auf alle Wahlberechtigten mehr als verdoppelt und mit der 2013 gegründeten AfD gibt es eine neue Partei, für die aktuell 18 Prozent der Wahlberechtigten und 21 Prozent der Wähler stimmen wollen.

Die Parteienlandschaft hat sich im vergangenen Vierteljahrhundert deutlich verändert und wahrscheinlich geht’s weiter. Noch in diesem Jahr will Sahra Wagenknecht verkünden, wovon viele bereits fest überzeugt sind: Es wird eine weitere Partei geben, eine Liste Wagenknecht oder wie immer sie sich nennen wird. Und diese Partei wird, wenn sie zur Europawahl antritt, nach heutiger Stimmungslage mit einem zweistelligen Ergebnis rechnen dürfen. Bis zu 21 Prozent der Wähler sagen uns, dass sie für die neue Wagenknecht-Partei bei der Europawahl stimmen wollen. Und nicht nur die Linke, der die Politikerin noch angehört, wird dadurch Stimmen verlieren, sondern auch andere Parteien, nicht zuletzt die AfD Die Zahl der Nichtwähler wird durch das größere Angebot an Parteien möglicherweise sinken. 2019 nahmen 61 Prozent der deutschen Wahlberechtigten an der Europawahl teil, europaweit nur gut jeder zweite. Doch selbst wenn die Wahlbeteiligung steigt, könnten womöglich eher nicht die etablierten Parteien davon profitieren, sondern die Newcomer. Ich habe den Eindruck, vielen ist die Brisanz dieser Entwicklung nicht bewusst.

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Hermann Binkert ist 57 Jahre alt, verheiratet und Vater von vier Kindern. Der Jurist ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Markt- und Meinungsforschungsinstituts INSA-CONSULERE. Bevor er INSA im November 2009 in Erfurt gründete, war Binkert 18 Jahre im öffentlichen Dienst, zuletzt als Staatssekretär in der Thüringer Staatskanzlei und Bevollmächtigter des Freistaats Thüringen beim Bund, tätig. Heute gehört er zu den renommiertesten Meinungsforschern Deutschlands und erhebt Umfragen für Ministerien im Bund und in den Ländern, für alle Parteien und Fraktionen, die im Bundestag und in den Landtagen vertreten sind. Wöchentlich stellt INSA die Sonntagsfrage für die Bild am Sonntag und die BILD. Das Meinungsforschungsinstitut arbeitet für viele großen Verlage, z. B. Springer, Burda, Funke, Madsack. Es führt aber auch Fokusgruppengespräche und Testkäufe durch.