Inszestverbot umgehen! Die Grüne Jugend will Sex unter Geschwistern erlauben

Schaufensterpuppen, Foto: Stefan Groß

Der Kommentar ist schon einige Jahre alt, aber er steht immer noch auf der Webseite der Grüne Jugend von Augsburg

„In unserer Pressemitteilung „Liebe legalisieren“ kritisierten wir das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in dem das deutsche Inzestverbot (§ 173 StGB) bestätigt wurde. Die zum Teil sehr heftigen Reaktionen (AZ, Kommentarfunktion) lassen sich vielleicht durch unsere zu pauschale Formulierung erklären, die der Komplexität des Themas nicht gerecht wird. Wir wollen unsere Position deshalb genauer erklären:

Unsere PM war ausdrücklich keine Befürwortung von Inzest. Wir forderten ausschließlich die Strafbarkeit abzuschaffen. Darüber hinaus möchten wir klarstellen, dass wir nur von Beziehungen reden, die auf Freiwilligkeit beruhen. Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung also sexuelle Übergriffe bis hin zu Vergewaltigungen müssen strafbar bleiben. Dies wird durch andere Gesetze gewährleistet wie beispielsweise § 174 StGB.

Wir gehen davon aus, dass es ohne Strafandrohung nicht mehr sexuelle Beziehungen zwischen erwachsenen Geschwistern gibt. Der Mensch besitzt im Normalfall eine natürliche Inzestscheu, deshalb wird die Zahl solcher Fälle auch ohne Strafandrohung sehr gering bleiben. Dies zeigt sich auch in den vielen Ländern, in denen kein Verbot besteht.

Wir halten das Verbot von freiwilligen Partnerschaften zwischen Geschwistern als einen unangemessenen Eingriff in das Privatleben der Betroffenen. Grundlage eines Strafgesetzes, das hohe Haftstrafen androht muss immer der Schutz eines Rechtsgutes sein. Haftstrafen auf Grundlage eines diffusen Unbehagens auszusprechen ist unverhältnismäßig.

Schließlich ist auch das Argument der zu befürchtenden Erbkrankheiten nicht hinreichend für Strafandrohungen. Dieses Argument stützt sich letztlich auf die Idee einer staatlich verordneter Eugenik. Diese Denkrichtung geht davon aus, dass es Aufgabe des Staates ist, für die Verbreitung „positiver“ Genvarianten in der Bevölkerung zu sorgen und zu verhindern, dass Träger von „negativen“ Genvarianten Kinder bekommen. In der Geschichte führten solche Argumentationen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weltweit zu Zwangssterilisationen zehntausender Menschen; beispielsweise in den USA, Kanada, Skandinavien und im NS-Deutschland. Betroffen waren unter anderem Kinder mit IQ-Testwerten unter dem Durchschnitt oder TrägerInnen vermeintlicher Erbkrankheiten. Tatsächlich stammt auch das heutige Inzestverbot aus dieser Zeit. Schließlich verbietet der Staat auch anderen „Risiko-Gruppen“ nicht, Kinder zu bekommen, obwohl auch sie ein Kind mit einer Erbkrankheit auf die Welt bringen können.

Natürlich haben die Eltern die Verantwortung, das Risiko für Erbkrankheiten zu bedenken. Die Entscheidung, wie sie damit umgehen, kann und darf der Staat ihnen aber nicht abnehmen. Wir stellen uns also gegen ein Strafgesetz, das keine Schutzfunktion besitzt und gegen staatliche Eugenik. In dem konkreten Fall, der vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verhandelt wurde, half die Haftstrafe in keinster Weise die schwierige Situation der betroffenen Eltern oder ihrer Kinder zu verbessern.

Hier findet ihr die ursprüngliche Pressemitteilung vom 8. Juli 2012:
Am 12. April wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschlossen, dass das deutsche Verbot von Inzest zwischen Geschwistern bestehen bleiben darf. Damit bleibt die Liebe zwischen Geschwistern strafrechtlich verfolgt – selbst dann, wenn zwei Partner gar nicht wissen, dass sie Geschwister sind. Die GRÜNE JUGEND Augsburg (GJA) bewertet diese Entscheidung als äußerst negative Entwicklung.

„Mit dem Inzestverbot greift der Staat massiv in das Privatleben und das Selbstbestimmungsrecht seiner Bürger*innen ein. Dabei widerspricht es komplett den wissenschaftlichen Tatsachen!“, meint Marie Rechthaler, Sprecherin der GJA. „Dieses Verbot basiert allein auf überholten gesellschaftlichen Tabus und ist rational nicht haltbar. Das wollte der Europäische Gerichtshof leider nicht erkennen.“

Katharina Stephan, Sprecherin der GJA, fügt an: „Mit dieser mutlosen Entscheidung werden wir um Jahre zurückgeworfen. Eine Abschaffung des ‚Inzestparagraphen‘ 173 ist längst überfällig. Wir fordern deshalb: Deutschland muss Liebe endlich legalisieren!“

Quelle: „Grüne Jugend Augsburg“

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2126 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".

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