China: „Einheit über Glaubensfreiheit – KP-treuer Bischof betreibt Sinisierung von Katholiken“

fahne flagge china, Quelle: jorono, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung Kein Bildnachweis nötig

Waren Sie an Ostern in der Kirche? Wer hierzulande einen Gottesdienst besuchen wollte, konnte dies ohne Probleme tun. Für Christen in Deutschland ist dies eine Selbstverständlichkeit. Ganz anders sieht es dagegen in der Volksrepublik China aus. Denn das Land wird von der Kommunistischen Partei totalitär geführt und kontrolliert. Das trifft besonders auch gläubige Menschen. Das Regime strebt nämlich eine vollständige Sinisierung des Landes an. Mit dem Begriff der „Sinisierung“ bezeichnet man die erzwungene Assimiliation an die chinesische Kultur. Darunter leiden besonders kulturelle und religiöse Minderheiten. Ziel ist eine umfassende Gleichschaltung aller Glaubensgemeinschaften. So sind Christen, buddhistische Tibeter oder muslimische Uiguren tagtäglich Opfer der staatlichen Siniserungspolitik. In China leben rund zwölf Millionen Katholiken, die in staatlich sanktionierte und Untergrundkirchen aufgeteilt sind. Religionsfreiheit und eine freie Ausübung des Glaubens gibt es für Christen in China nicht.

Wer das Regime kritisiert, sich für Menschen- oder Minderheitenrechte engagiert oder schlichtweg eine Meinung öffentlich äußert, die der KP missfällt, wird in der Volksrepublik China verfolgt, willkürlich verhaftet und muss um sein Leben fürchten. Der Druck auf Gläubige der chinesischen Untergrundkirchen durch die Führung der diktatorisch regierenden Kommunistischen Partei steigt weiter stark an – nun auch noch durch KP-nahe Bischöfe, die ‚Einheit über die Glaubensfreiheit‘ stellen. So hat Bischof Joseph Han Zhi-hai von Lanzhou in der Provinz Gansu in Nord-Zentral-China gefordert, dass sich alle katholischen Geistlichen in China bei der Regierung registrieren lassen sollten. Offiziell heißt es, so solle die Spaltung zwischen ihnen in staatlich sanktionierten Kirchen und Untergrundkirchen beendet werden. Laut Han gebe es „eine neue Situation, die sich in vielerlei Hinsicht von der früherer Jahrzehnte unterscheidet, als es nichts gab und etwas zu entstehen begann“. Deshalb glaube er, dass „wir die Gesetze unseres Landes respektieren und unser apostolisches Werk der Verkündigung des Evangeliums im Rahmen der in unserem Land geltenden Gesetzgebung durchführen müssen“.

Diese Aussagen sind aus Sicht der Gläubigen beängstigend, die KP-Führung dürfte hingegen hoch zufrieden sein. Denn solche Bischofsworte spielen dem Regime bei der Sinisierung des Landes in die Hände. Bischof Han suchte 2017 die Anerkennung durch die chinesische Regierung. Für die Gläubigen in seinem Bistum dürfte das damals eine Kehrtwende bedeutet haben – weg von der religiösen Unabhängigkeit hin zum staatlich überwachten Glauben. Denn sein Vorgänger Bischof Philip Yang Libai wurde 1981 heimlich geweiht und war eine Schlüsselfigur der 1989 gegründeten Untergrund-Bischofskonferenz. Er wurde jahrzehntelang inhaftiert und misshandelt. Man muss davon ausgehen, dass in Zukunft immer mehr liniengtreue Bischöfe ernannt werden. Geregelt werden Bischofernennungen durch ein Abkommen zwischen dem Vatikan und der Volksrepublik China. Zwar werden Details geheim gehalten, aber Berichten zufolge erlaubt die Vereinbarung sowohl China als auch dem Vatikan, einen Bischofskandidaten zu akzeptieren oder abzulehnen.

Die Vereinbarung wurde im Oktober 2018 für zwei Jahre unterzeichnet und 2020 sowie 2022 jeweils um zwei Jahre verlängert. Vor dem Abkommen genoss die Untergrundkirche mehr interne religiöse Freiheit, wenn auch unter hohem Risiko. Daher kritisierten Menschenrechtsexperten diese Vereinbarung von Anfang an und betonten, sie werde dazu missbraucht, Druck auf die Gläubigen der chinesischen Untergrundkirche auszuüben, sich der staatlich kontrollierten Chinesisch-Katholisch-Patriotischen Vereinigung anzuschließen. Ein bekannter und von der KP verfolgter Kritiker ist der frühere Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen Ze-kiun. Seit der Unterzeichnung des Abkommens sollen in China sechs Bischöfe mit staatlicher und vatikanischer Genehmigung geweiht worden sein. Die Menschenrechtsverletzungen und die Einschränkung der Religionsfreiheit durch die KP Chinas sind auch im Vatikan bekannt. Wird Papst Franziskus die Situation der zwölf Millionen Christen weiterhin öffentlich ignorieren?

Über Martin Lessenthin 10 Artikel
Der Publizist und Historiker Martin Lessenthin ist Botschafter für Menschenrechte. Er berichtete in verschiedenen politischen Gremien – zum Beispiel Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bunderstages - als Sachverständiger zu Menschenrechtsfragen. Lessenthin wirkt als Autor von gutachterlichen Stellungnahmen für politisch Verfolgte und Glaubensverfolgte sowie für politische Stiftungen und Bildungswerke u.a. im Rahmen der Integration von Geflüchteten. Auf Beschluss des Deutschen Bundestags wurde er 2016 in das Kuratorium des DIMR, dem Deutschen Instituts für Menschenrechte, Berlin gewählt und 2020 für eine zweite Amtsperiode gewählt. Von 2001 bis 2023 wirkte Lessenthin als Vorstandssprecher der Menschenrechtsorganisation IGFM, der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Frankfurt/M. Geboren 1957. Journalist. Studium der Geschichtswissenschaften, Politische Wissenschaften, Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Von 1989 bis 1998 Chefredakteur Deutsche Gewerkschaftszeitung, Stuttgart. Von 1992 bis 1998 Geschäftsführer Neuer Deutscher Gewerkschaftsverlag, Duisburg/Stuttgart. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Menschenrechtsfragen, Medienpolitik, Gewerkschaften.