Thomas Middelhoff: A 115. Der Sturz

Einsame Bank in Italien, Foto: Stefan Groß

Thomas Middelhoff: A 115. Der Sturz, 2. Auflage, Langen-Müller, Stuttgart 2017, ISBN: 978-3-7844-3432-2

Thomas Middelhoff amtierte von November 1998 bis Juli 2002 als Vorstandsvorsitzender des Medienkonzerns Bertelsmann AG und von Juni 2004 bis Februar 2009 der Arcandor AG. Am 1. September 2009 wurde durch das Amtsgericht Essen das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arcandor AG eröffnet; hiervon betroffen waren auch Tochterfirmen wie Karstadt und das Versandhaus Quelle.

Das Landgericht Essen verurteilte Middelhoff am 14. November 2014 wegen Untreue in 27 Fällen und Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Er trat am 13. Mai 2016 seine Haft im offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne an und wurde am 16. November 2017 vorzeitig entlassen.

Nun bringt er ein Buch über seine Zeit in der Haftanstalt heraus, das den Titel A 115, den Namen seiner Zelle trägt. Er stellt sich als Opfer der Justiz dar, der Schuldspruch sei erstens falsch und zweitens zu hart. Weiterhin berichtet er über seinen „persönlichen Sturz“ ins Bodenlose“, die „gnadenlose mediale Hexenjagd“ zu seiner Person, die „Vehemenz und die Unverhältnismäßigkeit des deutschen Justizapparates“, wodurch er „unheilbar krank“ geworden sein soll. Und von einem neuen Halt, den er in der Religion gefunden haben will, und zur Neuordnung seines Lebens beigetragen haben soll. Der Sinn der Buches soll sein, die „Diskussion um eine umfassende Justizreform anzustoßen.“

Das Buch ist aber eine persönliche Abrechnung mit der Justiz, die es gewagt hat, ihn zu verurteilen. Selbstmitleid, mangelndes Schuldbewusstsein, seine angeblichen Qualen in der Haft durchziehen das gesamte Buch. Er will sich als unschuldiges Opfer darstellen, dem Böses angetan wurde. Seine Reputation und Glaubwürdigkeit will er wieder herstellen, was aber nach hinten losgeht.

Die „Zustände“ in deutschen Gefängnissen sind sicher kritikwürdig, genauso wie in England oder Frankreich. Wäre er wie unschuldige Menschenrechtler in der Türkei im Gefängnis, wäre er über die Zustände in der BRD froh. Jammern, Wehklagen und mantraartige Wiederholung, andere seien schuld an seiner schlimmen Lage, nervt sehr stark und macht wütend. Es ist daher überhaupt nicht weiterzuempfehlen.

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Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.