Soziale Schicht und Lebenserwartung: Leopoldina veröffentlicht Papier zum Thema gesundheitliche Ungleichheit

Links - rechts rechts - links, Quell: Stefan Groß-Lobkowicz

Die Lebenserwartung in Deutschland ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Gründe dafür sind wachsender Wohlstand, sozial- und arbeitspolitische Verbesserungen und der Zugang der Bevölkerung zu einem leistungsfähigen Gesundheitssystem. Diese Faktoren scheinen allerdings nicht allen sozialen Schichten gleichermaßen zugute zu kommen. Denn immer noch sterben Menschen mit geringerem sozialem Status viele Jahre früher als sozial besser gestellte Menschen. Dies konstatiert das von Prof. Dr. Johannes Siegrist und Prof. Dr. Ursula M. Staudinger herausgegebene Papier mit dem Titel „Gesundheitliche Ungleichheit im Lebensverlauf“. Die Autorinnen und Autoren der darin veröffentlichten Beiträge untersuchen, welche Einflüsse in verschiedenen Abschnitten des Lebens zu dieser Ungleichheit beitragen und wie man diese mindern kann.

Unterschiede in der Sterblichkeit durchziehen die gesamte soziale Schichtungsstruktur der Gesellschaft. Bereits die Mitglieder der zweithöchsten von fünf Einkommensschichten haben eine geringere durchschnittliche Lebenserwartung als die der obersten Schicht, schreiben Siegrist und Staudinger in ihrer Einleitung. Dieser Trend setze sich auf jeder nachfolgenden Stufe der Einkommensdifferenzierung fort. Der Unterschied in der durchschnittlichen Lebenserwartung zwischen der niedrigsten und der obersten sozialen Schicht beträgt mehr als acht Jahre bei Männern und mehr als vier Jahre bei Frauen und ist einer der am besten gesicherten Befunde der epidemiologischen Forschung.

Die heute erschienene Leopoldina-Publikation „Gesundheitliche Ungleichheit im Lebensverlauf“ enthält Kurzfassungen von Beiträgen einer gleichnamigen Tagung, die im November 2018 in Berlin stattgefunden hat. Dabei wurden drei Zielsetzungen verfolgt: Erstens sollten die Referentinnen und Referenten einen möglichst aktuellen und gesicherten Wissensstand vorstellen. Dazu wurde Expertise aus verschiedenen Disziplinen einbezogen, insbesondere der Epidemiologie, der Soziologie, der Psychologie und der Ökonomie. Zweitens sollte der wissenschaftliche Diskurs im Vordergrund stehen. Unter anderem thematisieren die Beiträge deswegen ungelöste Fragen und Widersprüche bezüglich der Kausalität von sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit. Drittens lag ein Fokus auf der Perspektive des Lebensverlaufes. Dabei gehen die Autorinnen und Autoren der Frage nach, in welchem Lebensabschnitt in Abhängigkeit von der sozialen Lage welche Weichen für Gesundheit und Krankheit gestellt werden.

Leopoldina-Forum Nr. 2: „Gesundheitliche Ungleichheit im Lebensverlauf ‒ Neue Forschungsergebnisse und ihre Bedeutung für die Prävention“, Hrsg.: Johannes Siegrist und Ursula M. Staudinger, ISBN 978-3-8047-4034-1, 58 Seiten. Die Publikation ist online frei verfügbar unter: www.leopoldina.org/gesundheitliche-ungleichheit.