Christian Felber: This is not Economy

Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaften

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Christian Felber: This is not Economy. Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaften, Deuticke, Wien 2019, ISBN: 978-3-552-06402-7, 22 EURO (D)

Christian Felber, Initiator der „Gemeinwohl-Ökonomie“ übt in diesem Buch eine fundamentale Kritik an der Disziplin der Wirtschaftswissenschaften und ihren Grundlagen. Dabei stellt er die Profitlogik des Kapitalismus infrage, nämlich dass Unternehmen konkurrieren um den höchsten Finanzgewinn. Dass dies Gesellschaften spaltet, künstliche Unterschiede in Bezug auf Macht, Ansehen, Status und finanzielle Möglichkeiten schafft, ein raffgieriger Geschäftsmann höherwertig angesehen wird als der Bettler an der Straßenecke, sind die Symptome einer kranken Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Dieses egoistische Denken und Handeln ist aber die oberste Norm der neoliberalen Wirtschaftswissenschaften. 

Bessere Finanzergebnisse werden mit weniger Arbeitsplätzen, zerstörter Umwelt, steigender Armut, zunehmender Krankheit und Kriminalität erkauft. Gewinnstreben und Konkurrenz fördern tendenziell die gegenteiligen Verhaltensweisen und Werte, die unserer Beziehungen gelingen lassen: Nicht Vertrauensbildung, Verantwortung, gegenseitige Hilfe, Mitgefühl und Kooperation; sondern Egoismus, Gier, Geiz, Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit. 

Felber erweitert das Feld der Wirtschaftswissenschaften um ethische Belange, Ökologie, menschlicher Werte und Normen und fordert die Bedürfnisproduktion. Oder einfach: Kooperation statt Wettbewerb. Natürlich hören dies neoliberale Denker und Marktradikale nicht gerne, weil es nicht nur ihre Ideologie gefährdet, sondern auch ihre Art und Weise, Geld zu generieren, gefährdet. 

Das Buch wird wohl nicht weltweit Ökonomen in eine Sinnkrise stürzen, sondern eher bei Neoliberalen und Sozialdarwinisten Kopfschütteln und auch ein bisschen Angst hervorrufen, dass jemand die augenblickliche Wirtschaftsweise scharf kritisiert und sogar noch Alternativen zum gegenwärtigen Modell entwirft. Wie es so schön am Schluss heißt: „Alles ist mit allem verbunden. Wirtschaftliche Tätigkeiten sind in die Kontexte Demokratie, Gesellschaft, Kultur und Ökologie eingebettet und dienen der Befriedigung der Grundbedürfnisse und der Erfüllung aller Grundwerte: dem Gemeinwohl.“ (S. 267)

Ein gutes Buch vermisst man jedoch bei Felber: Die Auseinandersetzung mit dem Weltbestseller „Small is beautiful“. In diesem Buch setzte der Ökonom Ernst F. Schumacher der Technikgläubigkeit seiner Zeit eine Wirtschaftsweise entgegen, in der Ethik und Moral ihren Platz hätten und in der die Ökonomie wieder ins Soziale eingebettet sei. Gigantismus, das ständige Streben nach mehr Reichtümern und unbegrenztes Wachstum repräsentierten keine menschlichen Grundbedürfnisse, stattdessen forderte er eine Rückkehr zum menschlichen Maß.

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Über Michael Lausberg 546 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.