Das ist eine Premiere: Der Zusammenbruch einer Weltordnung ist erstmals weltweit und rund um die Uhr auf dem Mobilgerät zu verfolgen. Dabei hat der Krieg im Nahen Osten den in der Ukraine auf den zweiten Rang verdrängt. Viel Transparenz, doch keine Perspektive.
Fünfundvierzig Jahre nach der islamischen Revolution ist ihr Zerfall in Folge der anhaltenden israelischen Angriffe nicht mehr auszuschliessen. Ob es der Führung in Teheran gelingt, grössere Teile des Volkes noch einmal gegen den Angreifer hinter sich zu versammeln, ist nicht abzusehen. Niemand weiss und behauptet auch nicht, es zu wissen, wie Iran nach einer möglichen Zerstörung seiner Fähigkeit, Atomwaffen herzustellen, aussehen und welchen Weg der Iran einschlagen würde.
Charakteristisch für diesen Zeitenbruch ist, dass eine neue über die Region heraus reichende hegemoniale Macht nicht zu erkennen ist. Die israelische Regierung nutzt die sich schon unter Biden und davor abzeichnende Schwäche der Schutzmacht USA, die sie zugleich als Bedrohung empfindet, weil sie perspektivisch nicht weiss, ob die USA sie auf Dauer wirklich vor einer iranischen Atommacht schützen würden. Zugleich muss die Regierung Netanjahu, abhängig von stark religiösen und rechtsradikalen Kräften, trotz aktueller Zustimmung für den Krieg gegen den Iran befürchten, bei den nächsten Wahlen, so sie statt finden, abgewählt zu werden.
Dass Benjamin Netanjahu nach Berichten von NYT und anderen Trumps Bitte ignorierte, die Verhandlungen zwischen USA und Iran abzuwarten, dass Donald Trump und Wladimir Putin schliesslich bei ihrem jüngsten Telefonat gemeinsam forderten, dass der Krieg zwischen Israel und Iran beendet werden müsse, zeigt den schwindenden Einfluss beider Atommächte im Nahen Osten. Bundeskanzler Merz kündigt an, „Israel mit Material zur Feuerbekämpfung zu unterstützen“ (https://www.spiegel.de/…/israel-gegen-iran-kanzler…).
Im Zusammenbruch der vertrauten Weltordnung zeichnet sich keine neue ab, nicht einmal eine Idee davon. Die Beschwörung des Völkerrechts ist fürs erste durch traditionelle Machtpolitik abgelöst wurden. Allerdings eignet sich diese nicht dafür, in den noch verbleibenden demokratischen Gesellschaften öffentliche Akzeptanz zu erzeugen. Aber selbst Trump steht unter dem Druck seiner eigenen MAGA-Bewegung und seiner Ansprüche, die USA nicht zur Kriegspartei zu machen.
Ratlosigkeit allenthalben. Das Alte zerbricht, das neue bleibt im Dunkel der Zukunft.