GEDANKEN IN DER PANDEMIE: DER REST IST FEINSCHLIFF

Selbstbestimmung, Medien: Apokalyptiker & Integrierte

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Selbstbestimmung, Medien: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 31.

„I am just a reporter. I report what I see.“ – Graham Greene „The Quiet American

„So viel Wissen über unser Nichtwissen gab es noch nie.“ – Jürgen Habermas 

„Ach!“ – Heinrich von Kleist, „Amphytrion“

Heute mal gleich zu Anfang ein Filmtip: „Mirage“, das ist nicht nur ein schnittiges französisches Militärflugzeug aus der Zeit, als unsere Väter Koteletten, Cordanzüge und Herrenhandtaschen trugen, uns mit dem Citroën mal eben zum Kiosk fuhren, wo wir uns vom Taschengeld „Michel-Vaillant“-Comics kauften, aus der Zeit also, als Frankreich noch eine ungebrochene Hoffnung verkörperte, nicht nur für Wolfram Siebeck, der abtrünnigen Filmkritiker, der den Deutschen erklärte, dass es jenseits des „Wienerwald“ noch für jede Familie ein Coq au Vin im Topf gab … Ach, diese 70er! Heiko Engelkes aus Paris, Alfred Grosser im Internationalen Frühschoppen, und Didi Thurau im Gelben Trikot bei der Tour de France … Aber ich schweife mal wieder ab. Zurück zur „Mirage“. 

Das ist nämlich auch der Titel eines Hollywood-Films von 1965, der im deutschen Verleih „Die 27. Etage“ heißt, obwohl er manchmal auch auf der 26. und 25. Etage spielt. Ach, diese deutschen Filmtitel! Edward Dmytryk führte Regie, die Hauptrolle spielt Gregory Peck, der schönste Verwirrte des Hollywood-Kinos. Diesmal spielt er einen Mann, der unter Gedächtnisverlust leidet und dem auch sonst allerlei merkwürdige Dinge geschehen. Die Welt ist aus den Fugen: Die zunehmende Unmöglichkeit die Welt zu begreifen, war auch in den 1950er und 60er Jahren schon ein Thema im Kino, dazu braucht man kein Corona, sondern nur die Erinnerung an Hitchcocks „North by Northwest“ („Der unsichtbare Dritte“, auch so ein deutscher Titel, der die Frage nahelegt, wer denn eigentlich der sichtbare Zweite ist?), oder an Pecks nächsten Film direkt nach Mirage: „Arabeske“, ein, wie ich finde, stark unterschätzter, vor allem visuell bezaubernder Film vom erst im letzten Jahr verstorbenen großen Stanley Donen (1924-2019), der schon als frühreifer Twen mit Musicalklassikern wie „On the Town“ (1949) und „Singin’ in the Rain“ (1952) Filmgeschichte schrieb, und den Rest seines Lebens, also etwa 69 Jahre lang, versuchte, etwas anderes zu machen. Über den mäßigen Zuspruch für diese für Hollywood zu guten Versuche tröstete sich Donen mit fünf Ehen, die sämtlich in Scheidung endeten (die letzte mit 80), und diversen Affairen, unter anderen mit Liz Taylor. 

Interessanterweise heißt Peck in beiden Filmen David. Der Goliath, gegen den er jeweils kämpft, das ist die Welt selbst. 

„Mirage“ ist das, was man so „einen schönen alten Film“ nennt, aber nur auf den ersten Blick. Hier kann man ihn anschauen. There are 8 million stories in a naked city. This is one of them. 

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Ich könnte eigentlich gleich da weitermachen, wo ich gestern aufgehört habe: Bei „Markus Lanz“. Absurd, dass Dauergast Karl Lauterbach bereits am Dienstagabend schon wieder eingeladen war. Sein rheinischer Singsang, seine ganze liebenswerte aber schusselige Anmutung führt dazu, dass Lauterbach mehr und mehr wie das Faktotum der Pandemie wirkt, ein unsäglicher Prediger der immergleichen Weisheiten, eine Art inoffizieller Sprecher der Pandemie, nicht der Vertreter der von ihr betroffenen Menschen oder der für die Rettung der Gesellschaft aus der Katastrophe Verantwortliche. 

Ich muss mich hier outen: Als Immer-noch-SPD-Mitglied. Nur damit nicht jemand denkt, dass ich hier und in früheren (und zukünftigen) Bemerkungen einen politischen Gegner fertigmachen möchte, oder andere Parteien lobe, weil ich ihr Parteigänger bin. Ich glaube, ich kann das eine meistens gut vom anderen trennen. 

Bei Lauterbach allerdings fühle ich mich auch gerade als Sozialdemokrat peinlich berührt. Tatsächlich glaube ich, ist Lauterbach ein persönlich sympathischer Mensch, und ich nehme ihm ab, das er alles glaubt, was er sagt. Aber das macht es nicht besser. Sondern ich halte sein Auftreten, seine Argumentationsstruktur, seine Redundanz, sein Verhalten, seine sauertöpfische No-Nonsense-Art auch für parteischädigend. So wie by the way die Tatsache, dass es wieder mal die SPD ist, die öffentlich nur gegen die Wiederaufnahme der Fußball-Bundesliga redet und deswegen im allgemeinen Bewusstsein so erscheint, als wolle sie den Menschen den Fußball madig machen. 

Es ist eine Schande, dass sich die SPD so ausschließlich von einem wie Lauterbach vertreten lässt, und seinen Ideen, die mehrheitlich ja in der Partei nicht geteilt werden.

Um so mehr war es eine Wohltat, gestern dann Sigmar Gabriel zuzuhören. 

Gabriel hatte eine positive Ausstrahlung, sprach vernünftig und abgewogen, verteidigte die Kanzlerin gegen oberflächliche Kritik, ohne dass man je vermuten konnte, er sei CDU-Mitglied. 

Gabriel sagte genau das Richtige zum jetzigen Zeitpunkt: „Wir werden in eine neue Normalität gehen müssen, mit bewußterem Risikoverhalten.“

Er widersprach auch dem Populismus eines Ranga Yogeshwar: „Die Politik kann die Verantwortung für das, was jetzt zu tun ist, nicht der Wissenschaft übergeben. Sie sehen die Zahlen. Zehn Millionen Menschen in der Kurzarbeit. Das ist keine Einbildung von Politik. Die Risiken liegen auf beiden Seiten.“

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Gestern wusste ich wirklich nicht, dass am späten Abend der gerade noch im Blog vermisste Ranga Yogeshwar endlich bei Lanz auftauchen würde – mit dem zitierten „FAZ“-Artikel hatte er es geschafft. 

Wieder behauptete er ein paar sehr fragwürdige Dinge, wie etwa der Ausnahmezustand sei „aus politischer Sicht keine Herausforderung“ gewesen – das zeigt nur, das Yogeshwar von Politik nichts versteht.  

Auch sonst trat er als Warner und Kassandra auf: „Wir gehen einen Weg, der unklug ist und falsch.“

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Zu wenig kommt in der derzeitigen Debatte die Einsicht vor, dass wir die Wiederaufnahme des wirtschaftlichen Lebens brauchen. Wenn die Wirtschaft dauerhaft geschädigt ist, werden wir auch das jetzt so gern gelobte Gesundheitssystem nicht mehr finanzieren können. 

Zu wenig wird auch debattiert, was denn der Satz bedeutet: Es gäbe keine totale Sicherheit. Es kann ja nur bedeuten, dass man Risiken bewußt eingeht und in Kauf nimmt. Aber welche Risiken? Für wen? Wie hoch sind sie? 

Wieviel Schutz darf der Einzelne egal ob jung oder alt, von der Gesellschaft verlangen?

Wieviel Freiheit, wieviel Selbstbestimmung darf er verlangen? 

Und wo muss er akzeptieren, dass seine Selbstbestimmung zugunsten des Schutzes anderer leidet? 

Und wo muss der Einzelne akzeptieren, dass er nicht geschützt wird, dass sein Leben riskiert wird, um die Freiheit anderer zu schützen?

Klar ist: Wir haben zur Zeit nicht das Ziel, das Corona-Infektionsrisiko auf Null zu drücken. Wir haben dieses Ziel nicht, weil es nicht gelingen kann. Aber auch, weil der Preis zu hoch wäre? Der Preis der Freiheit wie die Kosten. 

Wir riskieren also das Leben aller Bürger. Ganz bewußt. Aber nur zu sehr geringer Wahrscheinlichkeit. Der Rest ist Feinschliff. 

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Ach die Medien! Eine ganze Beilage hatte die „Süddeutsche“ der Pressefreiheit gewidmet. NDR-Journalistin Anja Reschke sprach in einem schönen Interview darüber, ob die Medien in der Corona-Krise zu konformistisch sind. Natürlich nicht, laut Reschke. 

Allerdings spiegelte ein Großteil der Medien wider, was die Politik vorgab – dass der Shutdown „alternativlos“ sei. Gehört aber nicht zu den wesentlichen Aufgaben der Medien das kritische Hinterfragen politischer Maßnahmen bereits zu Beginn einer solchen Krise?

Darauf hat Reschke leider nur diese Antwort: „Kritisches Hinterfragen um seiner selbst willen aber halte ich für Attitüde, für albern und blöd – und das immer schon. Der Journalismus in Deutschland hat manchmal so eine Attitüde, nach der nur kritischer Journalismus richtiger Journalismus ist. In dem Moment, in dem wir die Bilder aus Bergamo gesehen haben, haben alle gesagt, dass es jetzt richtig ist, zunächst einmal auf die Epidemiologen und Virologen zu hören. Es ging ja auch darum, Zeit zu gewinnen, um vernünftige Entscheidungen zu treffen. Ich finde das nicht kritiklos, sondern vernünftig.“

Hier müsste man nun besser nachfragen als die süddeutschen Kollegen. Die eine Frage wäre die, warum wir denn „die Bilder aus Bergamo“ überhaupt gesehen haben, und für was sie stehen. Ich glaube, das war eben keine Normalität, sondern ein erschreckender Extremfall. Gezeigt wurde er aus Sensationalismus seitens der Medien. Und im Effekt hat das dann Stimmung gemacht. Vielleicht für das Richtige. Aber es geht nicht darum, Stimmung zu machen, und mit Emotionen das richtige Verhalten zu befördern. Doch tut es schon. Aber es sollte darum nicht gehen. Und zudem ist die Frage, woher die Kollegen nun eigentlich wissen, was „jetzt richtig ist“?  Sie sollen berichten. 

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Davon abgesehen ist tatsächlich nur kritischer, also machtferner, machtskeptischer Journalismus richtiger Journalismus. 

Heute auf der re:publica sprach eine Filmförderfrau sehr gut über die „Kontrollfunktion der Medien gegenüber Machthabern in Politik und Wirtschaft“.

Dem ist nichts hinzuzufügen. 

Was wäre denn Frau Reschke, der Ausdruck für diesen anderen, eher gebotenen Journalismus? Etwa „unkritischer Journalismus“? Wohl nicht. „Machtnaher Journalismus“? Wohl auch nicht. 

Aufklärung erbeten!

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Das Interview lohnt in jedem Fall. Da es hinter der Paywall versteckt ist, werde ich die nächsten Tage weiter zitieren und berichten.

Reschke erläutert, warum „die Medien“ nicht regierungsnah seien. Sie hat recht. Allerdings müssen auch die Medien ihren Teil dazu tun, damit der Eindruck gar nicht entstehen kann – sie müssen also gerade auch in der Corona-Krise vielstimmig und kritisch bleiben, und sich notfalls aktiv um Vielstimmigkeit und Kritik bemühen. Schon allein um das Publikum, die Bürger nicht in die Arme der Rattenfänger von Rechts zu treiben. Wir arbeiten dran. Hoffentlich weiß das liebe antifaschistische Bürgertum das dann auch zu schätzen. 

Die Form und der Ton sind hier das Wichtigste. Dann bedienen die Medien auch nicht genau das Narrativ, dass ihnen die Dasseinsberechtigung abstreitet und die offene Gesellschaft bekämpft. Ein paar Unverbesserliche werden das allerdings immer tun

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Zwergewerfen – die Sache ist ein bisschen aus der Mode gekommen, das Wort ist aber immer noch gut, weil dann alle aufwachen und weiterlesen. Viel besser, als „Karl Lauterbach“. Vor allem bringt uns das Wort gleich auf eine ganz wichtige Frage: Wie weit muss man eigentlich Rücksicht nehmen auf die Gemüter der Leser? Wann darf man eine Sache beim Namen nennen, und wann ist es besser, sie freundlicher auszudrücken, und wann wird das freundlicher-ausdrücken, die sprachliche Anpassung, das „Wording“ wie neudeutsches Dummwort lautet, dass ich leider auch ab und zu gebrauche, wann wird das zur Verfälschung und Propaganda? 

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Über Propaganda zeigte 3sat gestern einen guten Film. 

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Vor ein paar Tagen habe ich hier ein paar Sätze über die Idee eines Immunitäts-Passes geschrieben, den Gesundheitsminister Spahn im Kabinett eingebracht hat. Das Thema ist vorläufig auf Eis gelegt, aber keineswegs verschwunden. In Chile wird er eingeführt, bis andere Staaten nachziehen, ist es nur eine Frage der Zeit. 

Ich glaube weder, dass so ein Ausweis nur eine harmlose Erweiterung des Impfausweis’ wäre, noch eine quasi-faschistische Form der Selektion zwischen Unverwundbaren und Gefährdeten. 

Nach wie vor ist mir der Gedanke, dass ein solcher Ausweis tatsächlich helfen könnte, dass die, die immun und nicht ansteckend sind, zum Beispiel ungehinderten Zugang zu Pflege- und Altersheimen haben könnten, dass sie in Krankenhäuser und anderen stark infektionsgefährdeten Orten arbeiten könnten, und auch ansonsten schnell wieder möglichst normal leben können. Das ist doch für sich betrachtet ein schöner Gedanke. 

Aber trotzdem bin ich in den letzten Tagen in dieser Frage skeptischer geworden. Das nicht, weil ich auch noch in diese Debatte einsteigen möchte, in der alle Hobbyvirologen auf Facebook und anderenorts gemeinsam mit Karl Lauterbach darüber debattieren, ob man nun, einmal erkrankt, für alle Zeiten immun ist, oder wenn nicht, wie lange dann? Lauterbach, für seine extremen Szenarien inzwischen berüchtigt, behauptet, man sei „nur vier Monate“ immun und überdies immer ansteckend. Das ist komplett aus der Luft gegriffen, alle mir bekannten Virologen sprechen von der sehr hohen Wahrscheinlichkeit einer Immunisierung. Und ja: Ein Virus kann mutieren. Und ja: Es gibt immer Ausnahmen. Aber um all das geht es gar nicht, sondern mal wieder um Bürgerrechte. Zum einen nehme ich die Möglichkeit ernst, dass Menschen sich absichtlich anstecken, um immun zu werden. Im Prinzip keine schlechte Idee, vor allem für die unter 60, die eine Ansteckung in der Regel ohne Probleme überstehen, und nur selten sterben. Aber wenn das massenweise geschieht, könnte es trotzdem für die Ärzte und Krankenhäuser zur Belastung werden, erst recht, wenn Infizierte den Virus in die Kliniken tragen.

Zudem: Nicht jeder weiß, ob er zu einer Risikogruppe gehört. 

Schließlich: Was bedeutet „in der Regel“. Es bedeutet hier, dass die Verläufe für 10 bis 20 Prozent trotzdem schwerer sind, dass Manche nach einer ausgestandenen Infektion noch über Wochen keinen Geschmacks- und Geruchssinn haben, dass Einzelne unter schweren Verläufen und Folgeschäden zu leiden haben. Wir wissen darüber noch zu wenig. Es gibt keinen Grund zur Hysterie oder auch nur Angst, weil in der Regel nicht viel passiert, aber Vorsicht ist geboten. 

Das zweite Argument wiegt noch schwerer: Obwohl ich unbedingt für eine generelle Impfpflicht bin, sollte die Regierung nicht Menschen durch die Hintertür dadurch zum Impfen zwingen, dass ihnen sonst de facto verboten wird, am öffentlichen Leben gleichberechtigt teilzunehmen. 

Ich muss darüber weiter nachdenken. Anregungen und Argumente erbeten.

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Noch ein Tip: Mehr als ein Hauch von „Handmade’s Tale“ – diesen Eindruck hat man schon, wenn man sich den Trailer von „Level 16“ ansieht, einem kanadischen Film von der Regisseurin Danishka Esterhazy, der Ende 2018 in seiner Heimat Premiere hatte, und jetzt auf Amazon Prime zu sehen ist. 

Es geht hier jedenfalls zwischen Zukunftsszenario und nostalgisch-historistischem Setting um eine Art Sekte, oder Kloster, oder höhere Töchter-Schule  um ein paar junge Mädchen und eine offensichtlich strenge Schule.

Anfangs lernen wir eine Art Mädcheninternat kennen. Vom Setting her, den Möbeln, der Mode könnte alles in den 40er oder 50er Jahren spielen, allerdings gibt es offenkundig eine sehr moderne Überwachungstechnik.

Die mindestens vier Dutzend Mädchen leben in verschiedenen, nach Altersgruppen unterteilten Etagen. Es ist ein überaus strenges Regiment, die Mädchen lernen die „10 Tugenden“ und die „10 Sünden“ kennen. Sie tragen Uniformen und werden im Alltag in vieler Hinsicht desindividualisiert. Mit der Zeit schälen sich ein paar weitere Dinge heraus: Die Mädchen bekommen Unterricht, aber können nicht lesen. Sie bekommen regelmäßig irgendwelche Pillen verabreicht, die sie offenbar schläfrig machen und betäuben. 

Und die Mädchen wurden in ihren Vornahmen offenkundig von Filmstars des klassischen Hollywood inspiriert: Vivien Leigh, Ava Gardner, Rita Hayworth.

Zu Beginn des Films lernen wir eine Handvoll etwa Zehnjähriger kennen, dann kommt es zu einem Zeitsprung: Mit einigen Figuren, die jetzt ungefähr 16, 17 Jahre alt sind, betreten wir das titelgebende „Level 16“. Besonders zwei von ihnen freunden sich an und distanzieren sich von dem Alltag. Sie entwickeln Geheimnisse und den Drang nach Ausbruch. Zugleich wird klar, dass auch die Schule viel zu verbergen hat. Es geht keineswegs nämlich nur um die Dressur höherer Töchter.

Die Geschichte nicht nicht unbedingt originell, aber sie ist spannend. Die besonderen Stärken des Films liegen in seiner Ästhetik, seine vielen jungen, daher unbekannten Schauspielerinnen. 

Wozu soll das alles? Dies ist ein Unterhaltungsfilm, aber er hat unbedingt tiefere Bedeutung. Zunächst einmal geht es wie schon gesagt um allgegenwärtige Überwachung, um ein strenges Reinheitsregime, um Disziplinierung.

Aber eben in einer sehr spezifischen Weise: „Level 16“ ein Film, der nicht nur von einer Frau gemacht wurde, sondern der fast ausschließlich von weiblichen Charakteren erzählt. Es geht ohne Frage auch um weibliches Coming-of-Age, aber noch mehr um weiblichen Widerstand gegen eine Männerwelt. Denn zwar ist auch die Schulleiterin eine Frau. Aber das (mitunter brutale) Wachpersonal besteht aus Männern, und auch ein nicht sehr vertrauenswürdiger Arzt ist ein Mann. Insofern geht es hier auch um Körper, ihren Schutz und potentielle Eingriffe in sie. 

Überraschend aktuell ist der Aspekt, dass angebliche „Impfung“ gegen die Gesundheitsgefahren der Außenwelt und vermeintlich „unreine Luft“ eine Rolle spielt. Hier wird alles fast ein Paranoia-Thriller.

Ohne zu viel zu verraten, wird, je länger der Film dauert, um so klarer, dass dieser Stoff in der Gegenwart spielt. Und insofern geht es um Selbstfindung, Befreiung, Widerstand. 

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