Gießkanne, Rasensprenger und die Formulare nicht vergessen!

Corona trifft alle, nur nicht die Bürokraten – Gedanken in der Pandemie

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Corona trifft alle, nur nicht die Bürokraten: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 93.

„Never waste a crisis!“ – Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitales am 1. Dezember 2020

Warum gibt es eine Notfallzulassung für den Corona-Impfstoff in Großbritannien, wo ab sofort mit dem Impfen begonnen wird, aber nicht in der Europäischen Union oder wenigstens in Deutschland? Dies ist nur das neueste für die Überregulierung unserer Verhältnisse, und für unser übermäßiges Sicherheitsdenken. Es muss ja niemand gezwungen werden, sich impfen zu lassen, aber wer es möchte, der darf es doch dürfen.

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Dies ist auch ein Kommunikationsproblem: Die Europäische Union erscheint auch hier wieder einmal als ein Bürokratiemonster, als ein Moloch aus Regeln und Vorschriften. Zudem benutzt die Europäische Union Großbritannien de facto als Experimentierfeld. Sie selber sind feige, die Briten tragen das Risiko allein.

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Die Große Koalition plant gerade eine Steuerpauschale für das Arbeiten im Home Office. Im Gespräch sind fünf Euro pro Tag – das reicht dicke, um Stromkosten zu decken, aber natürlich nicht, um die tatsächlich entstehenden Kosten (Bedarf an Computer und Drucker, zusätzlicher Raum) auszugleichen. Warum nimmt man nicht von den Arbeitgebern, die durch den neuen Home-Office-Kult Strom und Geräte sparen, Räume auch. Die Obergrenze von 500 Euro pro Jahr ist also sachlich gesehen zu wenig, erst recht, weil die die arbeiten, immerhin Steuermittel erwirtschaften, und dann ist es wieder zu viel. Der Lebenswirklichkeit ist das so oder so nicht angemessen. 

Es bleibt aber auch ein anderes Geschmäckle: Viele Berufe – von der Chefärztin bis zur Putzfrau, von der Verkäuferin, über den Pfleger zum Gebäudereiniger, von den Schaupielern bis zur Intendantin – können gar nicht zu Hause arbeiten und profitieren so nie von einer Homeoffice-Pauschale. 

Es ist ein Privileg, in Pandemiezeiten in den eigenen vier Wänden und damit geschützt arbeiten zu können. 

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Hinzu kommt die Frage: Wer soll das alles bloß bezahlen? Diese Große Koalition der Geldausgeber vermittelt den Eindruck, dass sie jeden Bürger für jede Belastung und Zumutung dieser beispiellosen Krise entschädigen kann. Wir erleben eine Orgie von Entlastungen, übertriebenen Umsatzerstattungen und sonstigen Zuschüssen. Aber die Regierung kann nicht jedes Problem lösen. Es ist zwar schön einmal zu sehen, wie wahnsinnig viel Geld der deutsche Staat hat, und wie schnell es geht, das alles lockerzumachen und rauszuhauen, wenn die Regierung nur Lust hat, ihre Bazooka auszupacken. 

Aber wo kommt es her? Ich verstehe, dass man Unternehmen nicht durch erzwungene Schließungen pleite gehen lässt. Aber warum muss einen Zuschlag beim Kindergeld geben? Sorry, ihr Eltern. Aber es sind Eure Kinder, die das alles einmal bezahlen werden, und Eure Enkel, auf deren Rücken das ausgetragen wird. Jede Maßnahme für sich mag gute Gründe haben, aber zusammen führt alles zu einem gewaltigen Kostenhaufen. Man darf die Kosten nicht aus dem Blick verlieren. Der Staat ist kein Bankautomat, von dem man ohne Limit Geld abheben könnte

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Wo Geld dringend nötig ist, bei den Novemberhilfen, fehlt es. „Schnell und unbürokratisch“ klingt wie ein Hohn, es ist zudem nur eine Ausrede für „fehlendes Konzept“. Nach der Geld-Bazooka im Frühjahr hat man im Sommer keine besseren Ideen erarbeitet. Also werden Gießkanne und Rasensprenger ausgepackt. Wer als Lockdown-Betroffener geringe Fixkosten hat, betreibt derzeit Gewinnmaximierung. 

Die „FAZ“ bringt es gut auf den Punkt: „Die Verlängerung des Teil-Lockdowns über Neujahr hinaus – wenn es nach dem Kanzleramt geht, bis in den März – hat ein naheliegendes Echo: Das alles mag angebracht sein, aber eigentlich geht es so nicht weiter. Man stelle sich nur vor, es gäbe keinen Impfstoff. Das Kanzlerwort vom ‚Ultimo‘ gewönne eine ganz neue Bedeutung. Gemeint war die Belastungsgrenze des Bundes. Aber auch den Ländern stehen die Mittel nicht unendlich zur Verfügung. Armin Laschet hat als erster Ministerpräsident das Tabu gebrochen. Der Staat, sagte er, gehe unter dieser Last kaputt. Gemeint sind Bund und Länder gleichermaßen.“

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„Man stelle sich nur vor, es gäbe keinen Impfstoff.“ – Super-Zitat!

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Was macht Markus Lanz bloß, wenn Donald Trump erst aus dem Weißen Haus ausgezogen ist? Dann kann er nicht mehr zweimal pro Woche zu Elmar Theveßen nach Washington schalten, um sich eine Viertelstunde lang darüber zu echauffieren, dass Trump die Wahlergebnisse nicht anerkennt. Diese doch arg häufig gewordenen Passagen seiner dreimal wöchentlichen Talkshow zeigen die ganzen Schwächen der Sendung „Markus Lanz“, die sie leider neben den vielen Stärken auch hat.

Immerhin erfuhr ich, dass Donald Trump 421 Millionen Dollar private Schulden. Ist nicht schlimm, kann jedem passieren, wenn er alle Hotels und Golfplätze zum Marktwert verkaufen würde, bliebe noch etwas für einen bescheidenen Lebensabend übrig. Problem nur: Bekommt Trump den Marktwert, wenn alle wissen, dass er verkaufen muss?

Elmar Theveßen wird uns bestimmt auf dem Laufenden halten. 

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Markus Lanz betreibt auch immer gern Exegese der eigenen Sendung. Das heißt, er referiert in seiner Sendung auf eine Sendung davor und zeigt ein bisschen zu oft und ein bisschen zu selbstgefällig, wie toll er war, was er denn schon alles gemacht hat. Gefühlte zehn Mal hat er bislang schon irgendwelchen Sozialdemokraten den Ausschnitt vorgespielt, in dem Saskia Esken über Olaf Scholz sagte, beziehungsweise eben nicht sagte, dass er ein waschechter Sozialdemokrat sei.

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Der nächste Kandidat für derartige endlose Wiederholungen eines Ausschnitts wurde jetzt erstmals am Dienstag präsentiert. Da zeigte Lanz mit sichtlichen Vergnügen dem extra zugeschalteten Virologen Alexander S. Kekule aus München/Halle, dass es ein Ausschnitt aus dessen „Lanz“-Auftritt in der Vorwoche inzwischen offenbar ins chinesische Staatsfernsehen geschafft hat – „ins chinesische Propaganda-Fernsehen“ sagte Lanz mit großem Stolz. Es blieb allerdings unklar, ob er sich jetzt mehr darüber freute, es ins chinesische Fernsehen geschafft zu haben, oder mehr darüber, dass er Kekule bereits in der Sendung auf eine von dessen Antworten widersprochen hatte: Aber das sei ja chinesische Propaganda, was er da gerade sagen würde – woraufhin sich Kekule natürlich gewährt hatte. Denn es mag zwar der chinesischen Corona-Lesart entsprochen haben, was der Wissenschaftler sagte, war aber keineswegs so gemeint. 

Die eigentlich interessante Frage geriet demgegenüber ein bisschen in den Hintergrund. Es war nämlich die, ob das Corona-Virus eigentlich tatsächlich aus China stammt oder nicht vielleicht doch eher aus Italien? Bekanntlich hatte man eine ganze Weile geglaubt, chinesische Neujahrs-Urlauber hätten das Virus aus China nach Europa gebracht, eben nach Norditalien, wo es bekanntlich viele chinesische Arbeiter vor allem in der Textil- und der Lebensmittelindustrie gibt. Nun könnte es aber eben genauso gut umgekehrt passiert sein, dass zuerst Italiener oder auch Chinesen, die in Italien leben, den Virus ungefähr zur gleichen Zeit nach China gebracht haben. Für diese Vermutung spricht zumindest – und genau das hatte Kekule vorige Woche ein bisschen genauer erklärt – die Tatsache dass man offenbar bereits bei Wasserproben und Kanalisations-Proben, die in Spanien und Italien im Herbst 2019 entnommen worden waren, den Coronavirus nachweisen kann. Woran das liegt, darüber gibt es diverse Vermutungen. 

Auch hatte Kekule gar nicht so sehr über den Ursprung des Virus gesprochen, sondern vor allem über dessen Mutationen. Er hatte gesagt – und das scheint auch unstrittig zu sein – dass das Virus in seiner heutigen Form in jedem Fall von Norditalien aus in der ganzen übrigen Welt verbreitet wurde. Dies kann man anhand von Mutationen des Virus feststellen. Derjenige Virus, der in Europa die meisten Leute infiziert hat, unterscheidet sich in Details gegenüber dem Virus von Wuhan. 

Hier gilt: Nichts genaues weiß man nicht; deswegen sollte man sich im Augenblick vor voreiligen Schlüssen hüten – aber Verschlüssen in beide Richtungen.

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Insgesamt war Lanz’ Dienstagssendung überdurchschnittlich gut. Ein besonders gutes Thema war der Blick des Arztes und Medizinmanager Prof. Jochen A. Werner, Direktor der Uniklinik in Essen über die Grenzen unseres Gesundheitssystems hinaus. Werner erzählte von der Verlagerung des deutschen Gesundheitssystems aus Deutschland nach Bulgarien und nach Kroatien. Fazit: In Bulgarien oder Kroatien bricht des Gesundheitssystem fast zusammen, weil die dortigen Ärzte mit der Behandlung deutscher Patienten absorbiert sind. Das heißt: Uns geht es gut, weil es den anderen schlecht geht. Oder umgekehrt. Es gibt eine harte Konkurrenz und ein Klassensystem auch in der Medizin.

Auch interessant: Werners Blick auf die deutschen Verhältnisse. Bei uns belastet besonders die Bürokratie die Arbeit der Ärzte. 

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„Heute sagt man: Gott sei Dank nur 50. Früher war das die extreme Grenze. Also die Wertigkeit verändern sich.“ – so Werner.

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Zur Zeit sterben jeden Tag in Deutschland zwischen 300 und 400 Menschen an der Infektion. „Jeden Tag ein Flugzeugabsturz“, hat Markus Söder dazu gesagt – das stimmt und kann keinen kalt lassen. 

Allerdings fällt mir dann auch wieder ein, dass jeden Tag in Deutschland weit über 2.000 Menschen sterben. Und das Durchnschittsalter der Gestorbenen liegt über 73 Jahre – vielleicht sollte man sich doch auf die Risikogruppen konzentrieren. 

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Das Leben, wie schon öfter bemerkt, schreibt einfach die besten Geschichten. Zum Beispiel die von dem Scheich, der von der FIFA für tot erklärt wurde. Er lebt aber noch, wäre ein wichtiger Zeuge zu Fragen der FIFA-Korruption gewesen.

Kann ja mal passieren. Es gibt schließlich ziemlich viele davon, sie sind auch alle irgendwie gleich angezogen , da kann man in einen schon mal mit dem anderen verwechseln.

Das macht doch nichts, das merkt doch keiner.

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Gerade kommt noch die Eilmeldung: Der Lockdown wird bis zum 10. Januar verlängert. Weiterre fünf Wochen also, nachdem wir gerade erst fünf Wochen hinter uns haben. Keinen denkenden Menschen kann das überraschen. Es untergräbt trotzdem das Vertrauen in die Politik, anstatt eines einmaligen, klaren Beschlusses, vielleicht auch eines noch viel umfassenderen ehrlicheren, unverbämten Lockdown, dann aber mit absehbarem Ende, sich fortwährend zu korrigieren, zu verlängern, wieder zu verlängern und nochmal zu verlängern. Davon ganz abgesehen, dass so niemand planen kann. 

So wird die dritte Welle mit Sicherheit kommen. Es ist die Pleitewelle. 

Erschienen auf out-takes.