Leserbrief zur Weigerung Coburger Stadträte, an der Vereidigung Michael Gebhardts (AfD) teilzunehmen

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Zuerst habe ich mir verwundert die Augen gerieben, als ich den Artikel über die Coburger Stadträte gelesen habe, die vor der Vereidigung des AfD-Politikers Michael Gebhardt den Rathaussaal verlassen haben: Was haben wir doch für mutige Kommunalpolitiker in Coburg, die in aller Öffentlichkeit Widerstand leisten gegen die Partei „Alternative für Deutschland“, indem sie den Saal verlassen! Nun ist Deutschland gerettet, atmete ich auf, denn von diesem Schlag wird sich diese in Teilen rechtsextreme Partei kaum erholen können. Vielleicht sollte das Coburger Stadtorchester schon einmal den Triumphmarsch aus Verdis Oper „Aida“ (1871) einüben, um die Coburger Widerstandshelden zu ehren!

Ich bin kein Anhänger dieser Partei und werde sie am 23. Februar nicht wählen. Aber politischer Widerstand sieht ganz anders aus als diese Kinkerlitzchen im Coburg Stadtrat. Eine demokratische Partei, die laut Grundgesetz „das deutsche Volk vor Schaden bewahren soll“, muss die „Alternative für Deutschland“ öffentlich stellen und mit Argumenten bezwingen. Der CDU-Politiker Mario Voigt, heute Ministerpräsident in Thüringen, hat das 2024 einmal gemacht, ist gegen Björn Höcke aufgetreten und hat sich wacker geschlagen. Andere kneifen, weil sie feige oder intellektuell unfähig sind, diese angebliche „Alternative für Deutschland“ mit Argumenten zu stellen. Auch Melanie Becker zieht sich in ihren Schmollwinkel zurück und nennt das „Widerstand“.

Im Bundestag sitzen 76 AfD-Abgeordnete. Was geschähe denn, wenn alle Vertreter demokratischer Parteien den Plenarsaal verließen, sobald die AfD-Leute ihren Sitz eingenommen hätten? Wir hätten Anarchie!

Über Jörg Bernhard Bilke 264 Artikel
Dr. Jörg Bernhard Bilke, geboren 1937, studierte u.a. Klassische Philologie, Gemanistik und Geschichte in Berlin und wurde über das Frühwerk von Anna Seghers promoviert. Er war Kulturredakteur der Tageszeitung "Die Welt" und später Chefredakteur der Kulturpolitischen Korrespondenz in der Stiftung ostdeutscher Kulturrat.