Starke Weltöffentlichkeit im Kommen?

Probleme der Weltinnenpolitik am Beispiel Darfur

Zusammenfassung

Die Ereignisse in der afrikanischen Krisenregion Darfur sowie die jüngste Entscheidung der UN, dort mit weltpolitischem Mandat zu intervenieren, bildet im vorliegenden Aufsatz das Motiv für eine detaillierte Auseinandersetzung mit der politischen Kategorie der Weltinnenpolitik. Die These von einer „starken Weltöffentlichkeit im Kommen“ ist hier mit skeptischen, ideologiekritischen, aber nicht defätistischen Unterscheidungen zu konfron­tieren.

> Um diese skeptische Position zu verdeutlichen, müssen folgende Punkte behandelt werden: Die Geschehnisse im Fall Darfur bringen das Verhältnis von Weltöffentlichkeit und Weltinnenpolitik verdichtet zum Ausdruck (1); sie werden von einer theoretischen Diskussion flankiert, die sowohl in den zentralen Motiven des kognitiven Kosmopolitismus als auch der Idee der Weltbürgergesellschaft (2) zur Sprache kommen. Diese wiederum lassen sich in der These zuspitzen, dass sich die gegenwärtige Verfassung der Weltgesellschaft zu einer starken Weltöffentlichkeit im Kommen entwickelt (3). Die skeptische Kategorie des vorpolitischen Interesses widerspricht diesen Thesen nicht, sie warnt aber vor einem logischen Kurzschluss zwischen einer hoch moralisierten Weltöffentlichkeit und einer hoch abstrakten Weltinnenpolitik (4).

Einleitung

Die Ereignisse in der afrikanischen Krisenregion Darfur sowie die jüngste Entscheidung der UN, dort mit weltpolitischem Mandat zu intervenieren, bildet im vorliegenden Aufsatz das Motiv für eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Problem der Weltinnenpolitik:

zwischen idealisiertem Anspruch und realen Verwirklichungsbedingungen. Die These von einer „starken Weltöffentlichkeit im Kommen“ (Brunkhorst 2003), für die sich viele Argumente gerade im Fall Darfur aufbringen lassen, ist hier mit skeptischen, ideologiekritischen, aber nicht defätistischen Unterscheidungen zu konfrontieren.

Um diese skeptische Position zu verdeutlichen, müssen folgende Punkte behandelt werden: Die Geschehnisse im Fall Darfur bringen das Verhältnis von Weltöffentlichkeit und Weltinnenpolitik verdichtet zum Ausdruck (1); sie werden von einer theoretischen Diskussion flankiert, die sowohl in den zentralen Motiven des kognitiven Kosmopolitismus als auch der Idee der Weltbürgergesellschaft (2) zur Sprache kommen. Diese wiederum lassen sich in der von Brunkhorst (2003, 2007) und anderen vorgebrachten These zuspitzen, dass sich die gegenwärtige Verfassung der Weltgesellschaft zu einer starken Weltöffentlichkeit im Kommen entwickelt (3). Die skeptische Kategorie des vorpolitischen Interesses widerspricht diesen Thesen nicht, sie warnt aber vor einem logischen Kurzschluss zwischen einer hoch moralisierten Weltöffentlichkeit und einer hoch abstrakten Weltinnenpolitik. Über die naheliegende Kritik geoökonomischer, bzw. geopolitischer Interessen hinaus ist von daher auf Bedingungen zu verweisen, die im vorpolitischen Horizont des Politischen zu verorten sind und als „vorpolitische Interessen“ jenseits von Realismus oder Kosmopolitismus Bedeutung erlangen.

1. Der Fall Darfur

Dass die vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Entsendung einer 26.000 Mann starken Truppe in den Sudan die bisher größte Friedensmission ist, um die Diplomaten neun Monate lang gerungen hatten, kann angesichts von mindestens 200.000 Toten und 2.5 Millionen Flüchtlingen weniger als politischer Erfolg denn als unvermeidbare Konsequenz angesehen werden (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 2. 8. 2007). Die bis zu diesem Zeitpunkt stationierten 7000 Soldaten der Afrikanischen Union waren bekanntermaßen nicht in der Lage gewesen, Mord und Vertreibung in Darfur zu verhindern. Die Hintergründe des Konflikts waren seit längerem der Weltöffentlichkeit bekannt.

Seit Beginn des Jahres 2004 ist die „westliche“ Öffentlichkeit auf den Konflikt in Darfur, einer im Westen des Sudans gelegenen Provinz aufmerksam geworden, wobei in der massenmedial vermittelten Öffentlichkeit zunächst die vage Konfliktsemantik eines arabisch-afrikanischen Konflikts vorherrschte (vgl. im folgenden Hinsch/Janssen 2006; Power 2004; Prunier 2005). Ein genauerer Blick auf die Geschichte der Region lässt aber die tieferen Ursachen und Zusammenhänge der Gewalt im Sudan transparent werden.

Wie viele afrikanische Staaten ist der Sudan ein Produkt der willkürlichen Grenzziehung kolonialer Mächte; auch die Region des heutigen Darfur war bis 1821 ein eigenständiges Sultanat, das kulturell und wirtschaftlich eher der Sahelzone als dem Niltal, dem Kerngebiet des modernen Sudan zuzurechnen war. Bewohnt wurde das Sultanat sowohl von afrikanischen als auch arabischen Stämmen, die eine je ausgeprägte Identität behielten.

Das Sultanat Darfur verlor seine Unabhängigkeit 1821; geriet zunächst unter türkisch-ägyptische Herrschaft; 1899 schließlich wurde der Sudan ein britisch-ägyptisches Kondominium. Im Rahmen der indirekten britischen Herrschaft wurde eine auf wenige arabische Stämme gestützte Elite herausgebildet, die der britischen Kolonialverwaltung helfen sollte, das gesamte Land unter Kontrolle zu bringen. Die britische Politik führte dazu, dass mit Ausnahme der privilegierten Eliten alle anderen Bevölkerungsgruppen wirtschaftlich und politisch marginalisiert wurden, was eine tiefe Kluft zwischen Zentrum und Perpherie schuf.

Ab 1956 erhielt der Sudan die formelle Unabhängigkeit; im Süden des Landes brach daraufhin umgehend eine Rebellion aus. Die christlichen und animistischen Stämme des Südens befürchteten, von den Bewohnern des Nordens politisch und wirtschaftlich abgedrängt zu werden, woraus sich bis 1972 ein fortdauernder Bürgerkrieg entwickelte (Hinsch/Janssen 2006, S. 204 ff.).

Insbesonders in den sechziger Jahren verschlechterte sich die Lage der Menschen in Darfur, da die Region zusätzlich in den Konflikt zwischen Lybien und dem Tschad gezogen wurde; die lybische Propaganda schuf in diesem Zusammenhang die ideologischen Grundlagen für tendenziell rassistisches Gedankengut, mit dem die sudanesische Regierung später die arabischen Reitermilizen motivierte. Ein weiterer wichtiger Faktor waren die Entwicklungen der verschiedenen „Rebellenorganisationen“ etwa der Sudanese People`s Liberation Army (SPLA) oder der islamistischen National Islamistic Front sowie der Justice and Equality Movement (JEM), die vor allem ab 2003 verstärkt auftraten. Im Windschatten des seit nine eleven ausgerufenen Kriegs gegen den Terror unterstützte Washington die sudanesische Regierung: da der Krieg gegen die Rebellenorganisation SPLA aus Sicht fundamentalistisch-christlicher Gruppierungen in den USA ein von Muslimen an Christen begangenes Unrecht zu sein schien, setzten diese für die republikanische Wahlmehrheit wichtigen Gruppierungen den Sudan unter Druck, eine Beendigung des Bürgerkriegs zu erwirken. Während es noch 2003 also erste Anzeichen für die Beendigung eines Bürgerkriegs gab, traten zugleich neue Rebellenbewegungen auf: die Sudan Liberation Movement (SLM) und die Sudan Equality Movement (JEM), deren Gründung mit weiteren Gefechten und Übergriffen einherging. Der Umstand, dass diese neuen Rebelleneinheiten hauptsächlich aus Mitgliedern der afrikanischen Stämme der Fur, Masalit und Zaghawa bestanden, gab dann der Regierung die Möglichkeit, gegenüber den arabisch-stämmigen Darfuri den Aufstand der Rebellen als einen Krieg der Afrikaner gegen die Araber im allgemeinen darzustellen, woraufhin Vertreter der Regierung die sogenannten „Janjaweed Milizen“ aus Kriminellen, arbeitslosen Jugendlichen und Mitgliedern arabischer Stämme rekrutierten, um Dörfer und Städte der dort ansässigen Fur, Masalit und Zaghawa anzugreifen.

Trotz einer offiziellen Großoffensive des Militärs, ab 2004 einer AU-Mission, dem Beschluss der UN-Sicherheitsresolutionen (1564 und 1591) lesen sich die offiziellen Zahlen des Konflikts wie folgt: Laut Schätzungen der UN, die auf Hochrechnungen der WHO bezüglich der Sterblichkeitsrate und der Zahl von Neuankömmlingen in einigen Flüchtlingslagern beruhten, waren im September 2004 ca. 70.000 Zivilisten getötet und ca. 1, 2 Millionen Menschen aus ihren Heimstätten vertrieben worden (vgl. Williams und Bellamy 2005, S. 30 ff.); die neuesten, z. T. auf unmittelbare Beobachtungen zurückgehenden Schätzungen sprechen von über 200.000 Toten (vgl. hierzu auch die Web-Initiative in: www.GlobeForDarfur.org)

Ob nun die geplante Hybridtruppe von UN und AU Frieden nach Darfur bringen kann, gilt als unsicher, wenngleich die Resolution des Sicherheitsrats ein wichtiger Schritt war. Jenseits der Frage, wie sich die sudanesische Regierung zur neuen Resolution des Sicherheitsrats verhalten wird; auch jenseits der interessen- und machtstrategischen Rolle Chinas als Vetomacht stellen die Ereignisse eine diskrete politische Selbstbeschreibung in den Vordergrund: das Modell der kosmopolitischen Demokratie.

2. Kognitiver Kosmopolitismus

Einem prominenten Diktum Kant`s ist die Einsicht zu verdanken, dass die gewaltsame Außerkraftsetzung von Recht und Gesetz an einem Ort ernsthafte Konsequenzen an andern Orten hat und mithin überall beobachtet werden kann (Kant 1795). Das sich an Kant anschließende kosmopolitische Recht transzendiert die besondern Ansprüche der Staaten und dehnt sie auf die universelle Gemeinschaft aus.

Der kognitive Kosmopolitismus behauptet, ausgehend von der Unteilbarkeit der normativen politischen Vernunft, dass zumindestens der minimalistische Begriff des Menschenrechts kulturinvariante Verbind­lichkeit besitzt und als Legitimationstheorie politischer Herrschafts­verhält­nisse globale Gültigkeit beanspruchen darf. Die für allgemein aner­kennungs­würdige innerstaatliche Gesellschaftsordnungen verantwortliche Gerechtigkeitstheorie (u. a. Rawls 1975; Gosepath 2004) liefert nicht nur die normative Begründung der zwischenstaatlichen Rechtsordnung, sondern auch das Basismaterial einer weltbürgerlichen Gesellschaft. Da das erforderliche menschenrechtliche Vokabular universalistisch ist und Verfehlungen im Bereich zwischenstaatlichen, resp. binnenstaatlichen Verhaltens mit Kant: an jedem Ort der Erde gefühlt werden können, zielen kosmopolitische Theorien auf die Verwirklichungs-, Übertragungs- und Anwendungsmöglichkeiten menschenrechtlicher Ansprüche (grundlegend: Chwaszcza/Kersting 1998). Die menschenrechtszentrierte Gerechtigkeits­theorie gewinnt die Prinzipien eines gerechten Weltfriedens aus dem Repertoire von Gerechtigkeitsüberzeugungen und vermeidet zugleich die Schwierigkeiten eines religiös motivierten Moralpazifismus; ihr reflek­tierter Normativismus formuliert einen Kernbestand wesentlicher Ver­pflichtungen politischer Vernunft, in deren Horizont sich eine weltbürger­liche Friedensverfassung zumindestens abzeichnet, die auf ein empha­tisches Verständnis der menschenrechtlichen Basislegitimation zurück geht (Kant 1795). In Folge dessen begreifen sich Gerechtigkeitstheorien als „menschenrechtsunmittelbar“ (Kersting 1998, S. 541), d. h. sie betrachten Staatsbürger zugleich als Weltbürger. Neben den territorialstaatlichen Menschenrechtsschutz tritt ein ideal gedachter Anspruch des Schutzes durch die politisch organisierte weltbürgerliche Gesellschaft. Sehr zugespitzt formuliert, besitzen Individuen entlang dieses idealen Szenarios unvermittelte Mitgliedschaftsrechte, deren Verletzung eine Ausweitung aktiver Menschenrechtspolitik sowie institutionelle Strukturen nach sich zieht, für die es verschiedene Belege gibt, vom Völkerstrafrecht bis zu Internationalen Gerichtshof.

Die von Kant hervorgehobene und bis heute problematisierte Abwehr des Kolonialismus führte bekanntermaßen zu einer Art universeller Hospitalität als Voraussetzung kooperativer Beziehungen; im Horizont einer demo­kratischen Weltbürgergesellschaft schließt diese Hospitalität freilich eine Macht- und Herrschaftsstruktur ein, die die rechtmäßigen Grenzen der eigenen Autonomie und gleichzeitig die Achtung der notwendigen Beschränkung dieser Autonomie umfasst. Nicht ein eng gefasstes kosmopolitisches Recht, sondern ein demokratisch-öffentliches Recht, bei dem Macht Verantwortung bedeutet: Eine Verpflichtung gegenüber dieser Art des Kosmopolitismus bringt die Aufgabe mit sich, auf die Errichtung einer internationalen Gemeinschaft von demokratischen Saaten und andern Vereinigungen hinzuarbeiten, die sich auf die Wahrung demokratisch öffentlichen Rechts innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen festlegen.

Die Einrichtung einer kosmopolitischen Demokratie erfordert also trivialerweise den aktiven Konsens von Völkern und Nationen, sowie das Bestreben und Hinarbeiten darauf, diese Rechte in transnationale und zwischenstaatliche Machtstrukturen einzubringen.

Im Horizont einer so gedachten kosmopolitischen Entwicklung ergänzen sich Menschenrechtsregime und Empire-Bildungen in dem Maße, dass ein „Empire des Rechts“, resp. ein moralischer Imperialismus in legitimatorische Nähe rückt (Beck 2003, S. 226).

Der kognitive Kosmopolitismus wird hier durchaus zu einem Gegenbegriff zum Imperialismus, insofern er die gespaltene Welt in ihrer Vielfalt bejaht und entlang egalitärer und reziproker Rechte diktatorischen Staaten die Attribute ihrer Machtfülle raubt. Die Deontologisierung der westfälischen Welt sowie die unbedingte und durch keine partikularen Interessen verstellte Anerkennung des Anderen verändere nichts weniger als die Grundlagen der gegenwärtigen Weltpolitik, deren rechtsmoralischer Ausdruck in der „Allgegenwart möglicher humanitärer Interventionen“ münde (ders. S. 230).

U. a. bei Beck (1997,1998) steht eine „kritische Theorie in kosmopolitische Absicht“ auf der soziologischen Agenda, die gleichwohl zwischen den Misserfolgschancen eines methodologischen Kosmopoli­tis­mus und denen eines kosmopolitischen Regimes zu unterscheiden weiß. Die Zentralstellung des Begriffs reflexive Modernisierung verleiht dem sogenannten kosmopolitischen Realismus ein postimperiales und postkoloniales Design, das die Frage der Menschenrechte in ein vorgelagertes Verhältnis zum Prinzip der Souveränität bringt. Die Radikalisierung des Menschenrechts erscheint als ein exemplarischer Fall reflexiver Modernisierung der Weltgesellschaft, in der Grundlagen und Grenzen des Mitleidens, der Verantwortung, des Rechts, der Macht und der militärischen Gewalt neu aufgebrochen werden und im Kontext vermeintlich überholter Sicherheitsinteressen neu gezogen werden müssen (Beck 2003, S. 225 ff..)

Menschenrechtszentrierte Positionen stützen sich zusammengefasst auf den abstrakten Vorrang des Menschenrechts sowie auf ein mit dem Begriff der Souveränität in Anschlag zu bringendes internationales Nothilferecht; zugleich zielen sie aber auch auf nichts weniger als die Verfassung der Weltgesellschaft, symbolisch zugespitzt in der „Vorgriffsargumentation“, die auf einen in der Tendenz angelegten weltrechtlichen Zustand abzielt (Habermas 2000).

3. Eine starke Weltöffentlichkeit im Kommen

Auch mit Brunkhorst (2002, 2003, 2007) ist – allem Rechtsfortschritt zum Trotz – der bloß provisorische Rechtszustand zwischen den Staaten zu schwach, eklatante Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden; das Fehlen der Entsprechung einer strukturellen Kopplung von Recht und Politik auf Weltgesellschaftsebene (Luhmann 1993, S. 582) führt hier freilich nicht in einen genuinen Menschenrechtszentrismus, sondern zu der Forderung nach demokratischem Internationalismus: entlang eines entsubstantialisierten Verständnisses der Menschenrechte vollzieht sich die Dezentrierung des Eurozentrismus „intern und von vornherein mit der erweiterten Selbstreproduktion öffentlicher Solidarität“ (Brunkhorst 2002, S. 259). Während der Menschenrechtszentrismus demokratische Solidarität elitär und expertokratisch überragt, liegt die hier geforderte Kultur der Menschenrechte auf gleicher Augenhöhe mit ihrer demokratischen Fundierung; statt einer abstrakten Vorordnung des Menschenrechts finden hier die Menschenrechte nur mehr im Verfahren ihrer demokratischen Positivierung ihre Legitimation. Die prinzipielle Möglichkeit einer sich einmischenden Menschenrechtspolitik hängt damit zum einen von der Frage ab, ob und wie diese Politik demokratisch organisiert werden kann; zum anderen davon, wie sie sich zum Selbstbestimmungsrecht der Völker verhält.

Ein weltbürgerlicher Paradigmenwechsel im Selbstbestimmungsrecht der Völker vollzieht sich idealerweise in verschiedenen, aufeinander auf­bauenden Schritten: entlang der Aufgabe der kriterienlosen Identifikation von Staats- und Volkssouveränität und der Rekonstruktion eines „Staats­volkes im Werden“ (ders., S. 263), das einen gemeinsamen politischen Willen in Form von Verfassungen, Rechten und Gesetzen zum Ausdruck bringt; darauf aufbauend sowohl ethnischen als auch politischen Substantialismus vermeidet sowie: revisionsoffene Verfahrensnormen installiert, die den Bürgern eine inhaltlich uneingeschränkte Willensbildung unter der Bedingung wechselseitiger Willkürfreiheit ermöglicht.

In diesem Zusammenhang wird die Unterscheidung zwischen „weak“ und „strong public“ relevant (Fraser 2001; Brunkhorst 2003). Als Paradigma einer starken Öffentlichkeit gelten etwa souveräne Parlamente, insofern sie eine öffentliche Sphäre innerhalb des Staates darstellen und ihr diskursives Arrangement sowohl Meinungsbildung als auch Beschlussfassung einschließt. Flankiert von normativ wirksamen Verfassungen schließt jede autonome Öffentlichkeit niemanden aus dem Diskurs aus und trägt auf rechtlich gesicherte Weise zu bindenden Entscheidungen, insgesamt zur Bildung starker Öffentlichkeiten bei. Die strukturelle Kopplung zwischen kommunikativer Macht des öffentlichen Lebens, der administrativen Macht des politischen Lebens und der rechtlich bindenden Kraft der Gesetze erfordert darüber hinaus Regelungen, die einen möglichst gleichen Zugang „aller betroffenen Interessen und artikulationsfähigen Ideen zu öffentlichen Foren ermöglichen“ (Brunkhorst 2003, S. 186).

Die Stärke der (nationalen, z. T. auch transnationalen) Öffentlichkeit misst sich an ihrer praktischen Umsetzung in Wahlen und Abstimmungen, an ihren realen, durch hard law fixierten Einwirkungsmöglichkeiten auf allen Ebenen und Stufen des Rechts; dem stehen aber in der heutigen Weltgesellschaft schwache Öffentlichkeiten entgegen: Deren Foren stellen zum einen Überzeugungs- und Problemlösungsverfahren dar, idealtheoretisch gesprochen die weitestgehend herrschaftsfreie Selbstgesetzgebung verschiedener Individuen; lernende Souveräne, die sich einer riskanten experimentellen Praxis von Versuch und Irrtum aussetzen und immer wieder neue Quellen ausgeschlossener und margi­nalisierter Stimmen erschließen können. Solchermaßen demo­kratisch strukturierte Öffentlichkeiten bleiben aber solange nur schwach, solange die Debatten und Deliberationen mit den Entscheidungsverfahren, die zu bindenden Entschlüssen führen, nur lose gekoppelt sind. Schwache Öffentlichkeiten haben zwar oft großen Einfluss, aber keine administrativ umsetzbare Macht und dies ist dann gerade in Fällen transnationaler Konflikte hoch problematisch. Immerhin nötigt die gesteigerte Menschenrechtssensibilität weit unterhalb der Schwelle revolutionärer Ereignisse autoritäre Regimes, bestimmte Themen auf die Agenda zu setzen, also eine Grauzone zwischen rechtlich unverbindlichem und politischem Anspruch auszufüllen, die dann hoffnungsvoll als „law in the making“, resp. als starke Öffentlichkeit im Werden betrachtet werden kann (ders. S. 190).

4. Ideologiekritische Aspekte

Diese Hoffnung auf eine starke Öffentlichkeit im Werden soll hier zwar nicht dementiert, aber ihre unausgesprochenen Hintergrundbedingungen ideologiekritisch reflektiert werden. Diese Kritik ist kein Selbstzweck, sondern sie dient einer kritischen Reflexion des Politischen, im besonderen des Anspruchs der politischen Theorie, normative Bedingungen einer Weltbürgergesellschaft im Kommen herauszuarbeiten. Drei wesentliche Aspekte sind im Falle Darfur hervorzuheben:

1. Die nahe liegende Kritik der Verflechtung von Weltinnenpolitik und Geopolitik,

2. die Differenz zwischen militärischen und zivilen Friedensmissionen und damit zusammenhängend

3. die Frage der Investitionsbereitschaft moderner Gesellschaften.

(1). Bis zum Ende des Jahres werden im Sudan 36.000 Soldaten im Einsatz sein und angesichts dieses Aufgebots müsste Frieden wohl eine Frage von Tagen sein. Dieser Hoffnung entsprechend liest sich auch der Tenor der Leitartikel und Berichte, endlich könne dem jahrelangen „Völkermord“ ein Ende bereitet werden. Der vorschnellen Hoffnung auf eine Gewalteindämmung durch Parteinahme, wie die Schlagzeilen suggerieren (etwa im Stil: „Blauhelme gegen Reitermiliz“, Süddeutsche Zeitung vom 2. 8. 2007) ist entgegen zu halten, dass es sich bei der Resolution 1769 (2007) um eine auf strikte Neutralität verpflichtete Friedensmission handelt, die alle Parteien auffordert, den vereinbarten Waffenstillstand einzuhalten und mit der UN-Mission zu kooperieren. Das allgemeine Aufatmen muss zwar der Tatsache gelten, dass die Zivilbevölkerung voraussichtlich geschützt werden wird; die Situation muss zugleich dort kritisiert werden, wo einseitige Schuldzuweisungen das komplexe Szenario des Bürgerkriegs vereinfachen und hier seit längerem auf simple Menschenrechtsverwirklichungspolitik zielen.

Im Sudan gehe es – kritischen Beobachtern zufolge – weniger um die humanitäre Situation der dort lebenden Bevölkerung, sondern eher um die Zurückdrängung des Einflusses Chinas, das sich durch kluge Diplomatie und intensive Wirtschaftskontakte weitgehende Rechte bei der Ausbeutung der im Sudan befindlichen Ölvorkommen gesichert habe (Kröpelin 2006; Schramm 2004). Dementsprechend wären die USA bemüht, den lange Zeit vernachlässigten Kontinent wegen der dort reichlich vorhandenen Rohstoffe ihrerseits unter Kontrolle zu bringen, wozu neuerdings ein eigenes Militärkommando „Africom“ eingerichtet werden soll. Die Berichterstattung über Darfur zeichne sich dementsprechend durch Übertreibung und einseitige Schuldzuweisungen aus; anstatt objektiv die komplexen Ursachen und Akteure des Konflikts sowie die Konsequenzen einer militärischen Intervention darzustellen, sei hier eine Vereinheitlichung der öffentlichen politischen Meinung entstanden, die zumindestens in Europa nicht zu erwarten war; die vereinheitlichten Schwarz-Weiß-Bilder verfehlen dabei ihre Wirkung nicht mit einem identifizierten Feind: Arabermilizen, die ethnische Säuberungen an der „schwarzen“ Bevölkerung begehen und von einer „islamistischen“ Regierung in Khartum gesteuert werden (Kröpelin 2006, S. 1).

Die Wirklichkeit, so lautet der Tenor der Kritik, zeige aber, dass sich das in Darfur artikulierte humanitäre Interesse hauptsächlich den Rohstoffen gelte. Nachdem die USA an den Erdölkonzessionen im Zentralsudan vor allem gegenüber China das Nachsehen hätten, zielte ihr Rohstoffhunger auf die Erdölvorkommen im westlichen Sudan.

So existierten etwa fortgeschrittene Pläne für eine Verlängerung der bereits bestehenden US- amerikanischen Pipeline vom West-Tschad durch Kamerun an die Atlantikküste, die einen optimalen Zugang zu den Ölreserven Süd-Darfurs gewährleisten soll; es fehle „nur noch die kooperative Regierung eines abgetrennten Teilstaats“ (ders., S. 4 f.) und vor allem aus diesem Grund dränge die Bush-Regierung auf eine Beteiligung der NATO bei der geforderten UN-Intervention mit der Absicht eines Zugangs zu den Rohstoffgebieten. So würden die regionalen Autonomiebestrebungen und die humanitäre Krise als Vorwand für militärisch –ökonomische Interessen instrumentalisiert.

(2.) Zielt also die nahe liegende Kritik auf die Entlarvung humanistischer Motive, die auf nichts weiteres als handfeste geopolitische Interessen verweisen, dann darf man an dieser Stelle der politischen Analyse aber nicht stehen bleiben. Unbeantwortet bleibt – die Verquickung von internationalen Beziehungen mit geopolitischen Strategien dahingestellt – die Frage nach dem Verhältnis von Ethik und Politik.

Im gleichen Maße, wie Normen und Werte der internationalen Politik durch partikulare Momente verzerrt werden mögen, so können sie doch den internen Zusammenhang von Ethik und Politik nicht ganz außer Kraft setzen oder vollständig ignorieren. Vor den abstrakten Begriffen der Weltinnenpolitik, der „Global Governance“; auch vor dem kosmopolitischen Ideal der Weltbürgergesellschaft samt ihrer abstrakt universalisierten Werte sind konkrete, handfeste, wie auch immer unziemliche Bestimmungen zu verorten.

Es ist somit auf der einen Seite stets notwendig und richtig, rechtsdurchsetzende Akteure durch Selbstbindung ans Recht zu disziplinieren, andererseits auch Herrschaftskritik am Signifikanten: Global Governance zu üben.

Die entscheidende Frage, die über die Kritik partikularer geoökonomischer Interessen hinaus geht, betrifft dabei bekanntermaßen das Problem der Zwangsgewalt und der Infragestellung staatlicher Souveränität, zugleich aber auch die Frage der moralischen Interessen, bzw. der Investitionsbereitschaft intervenierender Staaten. Mit Interesse ist hier ein sozialer Zusammenhang gemeint, der einerseits auf materiellen Einsatz an Ressourcen, andererseits aber auch auf motivationale Elemente verweist, das eigene Leben für das fremde einzusetzen.

Es bedarf, mit anderen Worten, der theoretischen Anerkennung eines persönlichen wie überpersönlichen Interesses, das weltpolizeiliches Handeln begleitet und es ist dann die Frage, ob sich dieses entlang einer liberal-prozeduralen Perspektive befriedigend erklären lässt.

Der Weg von einer starken Weltöffentlichkeit zu einer Politik der Menschenrechte (Kaldor 1999, Beck 2003) ist nicht alleine durch strategische Interessen und partikulare Begehren durchkreuzt, sondern: schon dem Anspruch der Weltinnenpolitik, über transnationale Güter und Menschen „im Namen universalistischer Werte“ zu verfügen, ist ein quälender Widerspruch eingeschrieben. Auf semantischer Ebene geht es um „die Weltgemeinschaft“, die „im Konsens“, bzw. „prozedural“ entscheidet, beschließt und erlässt. Praktisch aber heißt dies, über Humanressourcen zu verfügen und Kontingente von jungen Männern und Frauen für den Kampf abzustellen. Die aus Sicht liberaler Moralphilosophie begründete „legitime Autorität“ der intervenierenden Weltgemeinschaft ist dann zwar im formalen Sinne legitime Herrschaft (Hinsch/Janssen 2005), die aber zugleich den altehrwürdigen Begriff der Klassenherrschaft reproduziert: Mehr als 100.000 Soldaten der Vereinten Nationen sind in Krisengebieten im Einsatz; Blauhelm-Interventionen sind zum bevorzugten Mittel der Staatengemeinschaft geworden, um Krisenstaaten zu befrieden und zu stabilisieren. Kosten und Lasten des „peace-keeping“ sind dabei aber nicht nur ungleich verteilt, sondern sie spiegeln die hier gemeinte Verfügungslogik wider: reiche Länder zahlen, arme stellen die Soldaten, die meisten überwiegend aus der dritten Welt, Tunesien, Uruguay, Pakistan, Bangladesh, Indien, Marokko. Wieder liegt die Kritik der Interessenmaximierung nahe: für die Länder der dritten Welt ist das Entsenden von Friedenssoldaten zur wichtigen Devisenquelle geworden, insofern die VN den Truppenstellern pro Mann und Tag 1028 Dollar erstatten. Eine überaus existentielle Problematik aber erschließt sich erst beim näheren Blick auf die Motivationslage des rekrutierten Personals: einerseits gering motiviert, und schlecht ausgestattet, mit schwachem Mandat und mangelnder Vorbereitung; dass aber eine mittlerweile steigende Zahl von Verdachtsmomenten auf Vergewaltigung und Kinderprostitution von seiten der „Schutzengel“ publik wird (SZ vom 30. 7. 2007, S. 2), ist möglicherweise weniger ein „Glaubwürdigkeitsverlust“, ein „notorisches Problem“ des peace-keeping, sondern der Verweis auf ein groteskes politisches Missverständnis. Der Anspruch, Krisenstaaten die Achtung vor den Menschenrechten und rechtsstaatliche Reformen nahe zu legen, kann schlechterdings auf dem Rücken ohnmächtiger Opfer geschehen; aber auch die Motivation der rekrutierten jungen Männer, ihr Leben in einer „neutralen“ Mission zu verlieren, verweist auf die überpolitische, bzw. vorpolitische Dimension des Politischen. Damit soll nicht bestritten werden, dass zivile Entwicklungen nicht auch militärisch flankiert werden müssen oder zumindestens polizeiliche Rahmung benötigen; aber der Anspruch der Menschenrechtsverwirklichungspolitik ist hier zuallererst mit dem Moment des Vorpolitischen konfrontiert.

Für die Blauhelm Mission im Sudan gilt somit, dass zwar ihre Legitimität nicht in Frage steht, dass hier aber zwei entgegen stehende Bedingungen des Politischen aufeinander treffen; das Krisenmanagement der Weltgemeinschaft in einer Gemengelage von strategischen Interessen und legitimen Konsensfindungsprozeduren; auf der anderen Seite eine scheinbar verfügbare Masse von kampfbereiten jungen Männern, die „im Interesse der Welt“ handeln sollen.

(3.) Eine Kritik des Kosmopolitismus ist von daher ein zwiespältiges Unternehmen. Sie produziert Kritik, Irritation, gelehrtes Kopfschütteln. Schnell sieht sie sich dem Vorwurf des Defätismus ausgesetzt, wo sie Illoyalität mit dem common sense produziert.

Dies gilt für das Feld des Politischen im besonderen Maße, wo es um Begriffshoheiten und Deutungsmacht geht. Die hierbei formulierte skeptische Position sieht im Politischen ein fundamentales Unvermögen angelegt, das Unvermögen, als Abbild oder Projekt zu funktionieren; es genügt nicht, es von einem abstrakten Gerechtigkeits- oder Tauschhorizont als funktionierendes Ensemble eingehegter Akte zu bestimmen (Vgl. Derrida 2000).

Eine Theorie, die sich dem Anspruch der Weltinnenpolitik von hier aus nähern will, nimmt von daher eine wesentliche Umorientierung vor: sie hebt den Gegensatz von liberaler Gleichheit und dem individuellen Besonderen nicht einfach durch eine Demokratisierung der liberalen Gleichheit auf, sondern schärft das Bewusstsein dafür, dass keine Form der Demokratisierung liberaler Gleichheit einer prozessualen „Erlösung“ dieses Gegensatzes fähig ist (Menke 2004).

Hiergegen: die Unterdrückung von Individualität, zumindest aber die Brechung durch partikulare Begehren gehört zum Begriff der liberalen Gleichheit selbst. Eine solche auf das Verständnis des vor- und transpolitischen Interesses erweiterte Reflexion des Politischen nimmt dann zwar keinen Deut vom Anspruch der demokratischen Ausgestaltung eines Systems der Rechte zurück; sie nimmt aber eine veränderte Position zur Frage ihrer internen Bestimmung vor: sie lässt gleiche Gerechtigkeit nicht im Ideal der gleichen Beteiligung aller als verschiedene aufgehen, sondern sie sieht im Universalisierungsgrundsatz eine Differenz eingeschrieben, die jede freistehende Bestimmung liberaler Gleichheit verunmöglicht.

Die sozialwissenschaftliche Expertise hat hierfür einige Brücken gebaut, für die sich fraglos ein verstärkter Einsatz lohnt: Die Prinzipien von Inklusivität und Parität als kritischer Maßstab (Honneth/Fraser 2003), die Prämierung und Akzentuierung starker Öffentlichkeiten wie auch die prinzipielle Möglichkeit der Anerkennung des Anderen (Habermas 1996).

Zur Bestimmung des Gerechten, insbesondere im Horizont einer kosmopolitischen Weltgesellschaft gehört eben jenes nicht-egalitäre Besondere, durch das es Bedeutung und Bestimmung gewinnen kann, aber: durch diese Brechung des nicht-egalitären Individuellen bleibt es zugleich an Voraussetzungen gebunden, deren allgemeine Akzeptanz nicht dauerhaft garantiert werden kann.

Damit einhergehend ändert sich die Wahrnehmung der Koordinaten politischer Normativität. Zu den bequemen Unterscheidungen der Macht und der Hegemonie gesellen sich transzendente Motive einer globalen Friedensordnung; transzendent sind diese Motive in der Hinsicht, dass sie nicht unsere Interessen, sondern die des Anderen einbeziehen müssen, dass sie also das Motiv des Tauschinteresses prinzipiell übersteigen müssen, da sie sich nicht aus einer vorgegebenen Friedensdividende bezahlen lassen, sondern erst durch existentielle Investitionen erreichbar werden.

Jenseits einer allgemein moralischen oder rechtstheoretischen Begründungsperspektive muss aber dieser Zwischenraum, der von der moralischen Achtung des weltweit geltenden Menschenrechts zu einem durchgängig verrechtlichten Zustand führt, in jenen politischen Dimensionen rekonstruiert werden, die ihn über einen bloßen noch-nicht-seienden Status hinaus heben.

Es ist nun keineswegs der idealistische Überschuss, der hier in den Mittelpunkt der Kritik gerückt werden müsste. Es geht vielmehr um nichts mehr als die charakteristische Theorieform, welche den menschenrechtlichen Anspruch und weltrechtsstaatliche Verfassung in einem Atemzug nennt. Der Vorgriff auf die Weltbürgergesellschaft schießt dort über das Ziel hinaus, wo er die Voraussetzungen und Gelingens­bedingungen einerseits antizipiert, ihren Weg dorthin aber weitgehend unthematisiert lässt.

Damit ergibt sich eine mehr als nur ambivalente Situation für die moderne Politik: Perspektiven, die hier zwischen dem kosmopolitischen, welt­bürgerlichen und regionalen Interesse ein rein komplementäres, sich wechselseitig anreicherndes Verhältnis sehen wollen, müssten hier eine kategoriale Unterscheidung treffen: Dass nämlich die behauptete Ver­einbarkeit von regionalen, nationalen und weltbürgerlichen Interessen­artikulationen selbst nur eine partikulare Seite eines weltpolitischen Ganzen abbildet; diejenige Seite zumal, deren partikulares Interesse bereits artikuliert und gewahrt ist. Dieses Interesse ist nicht dasjenige der abstrakten Welt, sondern das seiner Bewohner, die das Politische als einen unhintergehbar partikularen Zusammenhang betrachten müssen, der erst sekundär universalistische Öffnungen ermöglicht.

Damit wird zugleich die politische Theorie vor eine ambivalente Situation gestellt. Will man dem moralischen Anspruch des Menschenrechts Folge leisten, genügt es nicht, die Logik imperialer Herrschaft zu hinterfragen (Münkler 2005), es wird zugleich notwendig, die Bedingungen der Investitionsbereitschaft einzubeziehen, die dem Maßstab der Gerechtigkeit annäherungsweise genügen. Genozidale Prozesse wie in Ruanda offenbarten hier, dass die internationale Gemeinschaft zu solchen Investi­tionen bisher nicht bereit war und sich in Verspätungsrhetorik flüchtete. Eine kritische Reflexion der Weltbürgergesellschaft müsste insofern zu mindestens zur Kenntnis nehmen, dass hier eine politische Investi­tionsbereitschaft vonnöten ist, die in der neutralen Kategorie des Tausches nicht aufgeht.

Literatur

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Brunkhorst, H.: Solidarität. Von der Bürgerfreundschaft zur globalen Rechtsgenossenschaft. Frankfurt a. M. 2002

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Ders.: Die Einbeziehung des Anderen. Studien zur politischen Theorie. Frankfurt a. M. 1996

Ders.: Bestialität und Humanität. Ein Krieg an der Grenze zwischen Recht und Moral.

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