Eine kontrastreiche Reise nach Russland und „Neu“ Russland

auch innerhalb Russlands herrschen noch verschärfte Grenzkontrollen vor – ein Erlebnisbericht

Bildquelle: Michael Gallmeister

Kuda, Kuda, die immer wieder auftauchende Frage, woher, wohin.

Das Grenzdrama

  1. Okt

An der lettisch russischen Grenze, geraten wir durch das idiotisches Navigationsgerät auf Randwege anstatt die Hauptstrasse über Rezekne zu fahren führt es uns Schotterwege durch halbverlassene Dörfer, das erschien dem lettische Grenzschutz sehr verdächtig der dort patroulierte, also Kontrolle, die Frage ob wir schon mal an der Stelle waren , wohin wir fahren …

An der Grenze Terehova gegen 15 Uhr angekommen, in der Schlange neben vielen LKWs „nur“ 15 Autos.

Bildquelle: Michael Gallmeister

Einige mit ukrainischen Kennzeichen, unter anderem auch ein Fahrzeug mit roten litauischen Kennzeichen. Mit dem älteren Mann mit drei Frauen kamen wir ins Gespräch . Er kommt aus dem Donbass, allerdings aus einem Gebiet was zurzeit von Selensky zurück erobert wurde, er will jetzt nach Krasnodar, hat ukrainischen Pass, mit seinem alten Auto einen Unfall gehabt, unschuldig, und deshalb einen Wagen gestellt bekommen mit roten Nummern.

Derweil vergingen 2 Stunden und kein einziges Auto wurde zur Abfertigung durchgelassen. Da es an der Grenze ein Zimmer für 15 € zu mieten gab entschied ich mich als Pessimist es zu nehmen, obwohl Martin meinte 15 Autos vor uns wäre nicht viel , und wahrscheinlich müsste er mich am frühen Morgen oder in der Nacht wecken, weil wir weiter kommen würden.

  1. Okt.

Am nächsten Morgen gegen 9 Uhr war kein einziges Auto weiter gekommen, also gaben wir auf mit dem Auto durchzukommen, da innerhalb von 20 Stunden kein einziges Fahrzeug abgewickelt wurde. Bei Nachfragen sagten die lettischen Grenzer, es liegt an der russischen Seite, im Durchschnitt kämen pro Tag ca. 5 Fahrzeuge durch und in der neutralen Zone steckten auch noch 9 Fahrzeuge fest.

Nach längerer Beratung entschieden wir uns das ich und Janatul zu Fuß über die Grenze gehen, und Martin mit dem Fahrzeug über Weißrussland die Grenze passieren wird , welche 100 km entfernt war, und er aus Erfahrung wusste, das mit dem Fahrzeug die Grenzüberquerung circa 4 Stunden dauern würde. Sicherheitshalber begleitet er uns noch bis auf die russische Seite . Das nächste Problem, offiziell war nur erlaubt 300 € auszuführen aus der EU, aber Dollar sind nicht beschränkt bzw können bis zu 10000 ausgeführt werden, lettisches Gesetz die Sanktionen betreffend.

Dummerweise gab ich an circa 1000 € dabei zu haben danach wurde ich über das Gesetz aufgeklärt , ging mit Martin auf die Toilette gab ihm das überflüssige Eurogeld und ging zurück zu den Zöllnern, sagte das ich mich geirrt habe und doch nicht so viel dabei hatte , und das überflüssige jemandem gegeben habe der keine Euro dabei hatte.Sie schauten mich etwas fragwürdig an, ließen mich dann aber weiterziehen.

Auf der russischen Seite fragte man mich nach Dollar aber nicht nach Euro.

Die Frau aus Bangladesch musste circa 4 Stunden warten bis sie ihr den Pass zurück gaben, bei mir ging das in 15 Minuten. Dafür dauerte die Gepäckuntersuchung bei mir zwei Stunden bis ich überhaupt an die Reihe kam, allerdings eine sehr oberflächlich Untersuchung.Danach haben sie dann von Janatul ausgiebig das Gepäck untersucht , während ich überall rumwanderte, nach meiner Gepäckkontrolle hätte ich einfach verdächtige Gegenstände von ihrem Gepäck in meine untersuchte Tasche tun können.

Nach zwei Stunden hatte Janatul immer noch nicht den Pass zurück und ich begann mit den Zöllnern zu diskutieren und den Leiter herbeirufen zu lassen, welchen ich fragte ob wir in der völlig dreckigen verkommenen runtergekommenen Grenzhalle, wo nichts funktionierte, übernachten sollten, außerdem bräuchten wir auch Wasser und Brot.

Also begleitete mich eine junge Zöllnerin hinter den Schlagbaum wo ein Auto mit Produkten zum Privatverkauf stand. Zwei Wasser und 7 Pirogi dafür wollte er 600 Rubel haben, 500 gab ich, mehr hatte ich nicht dabei. Endlich nach vier Stunden kamen wir durch. Ein Privattaxi verlangte für die 1,5 km zum nächsten Hotel 500 Rubel, ich gab 250.

Ukrainer reisen in beide Richtungen, manche zurück, manche raus wie eine Gruppe aus Saparoschija. Für beide Richtungen bleibt die Grenze geöffnet, aber langwierig und umständlich. Warum lässt man Ukraine aus den neu besetzten Gebieten nach Westeuropa ausreisen war meine Überlegung? Um die gespaltene Stimmung zwischen Ukrainern aufrecht zu erhalten?

Martins Plan ging auf, er kam nach vier Stunden durch die lettisch-weißrussische Grenze, so dass wir morgens wieder weiter gemeinsam mit dem Auto fahren konnten.Allerdings wurde er vom lettischen Grenzschutz dreimal angehalten und verdächtigt Flüchtlinge entlang der Grenze zu schmuggeln.

Reisen wie vor 100 Jahren , willkürliche Grenzen, systemlos, wer heute nach Russland reisen möchte braucht viel Geduld und ein gutes Nervenkostüm.

Die lange, langweilige Strecke bis Taganrog

  1. Okt.

Der kalte Herbst ist da, wir rollen über eine fast leere aber neue Straße Richtung Moskau, und dann rechts entlang der weißrussischen Grenze, um uns nach Süden zu begeben.

Es ist schon erstaunlich was Russland in den letzten Jahren in den Strassenbau investiert hat.

Die Tankstellen sind reichlich verfügbar, oft neu gebaut, der Preis für Diesel liegt ca. bei 0,60 EUR, für Benzin etwa 50 Cent der Liter.

Bildquelle: Michael Gallmeister

Abends kamen wir in Smolensk an. Kurz vor Schluss wechselte ich noch Geld in einer Bank, der Angestellte konnte Deutsch mit mir reden, ich wollte mit ihm über die Ukraine sprechen, aber er sagte als Angestellter dürfte er seine eigene Meinung darüber nicht äußern.

In der Stadt herrschte reger Betrieb, alle Läden waren geöffnet, es gab jegliches Computerzubehör und Handyläden. In Smolensk kauften wir uns eine Sim Card, für bessere Kommunikation, allerdings galt die nur für „Alt“ Russland. Internetseiten funktionieren weitgehend, Skype, whatsapp, faz, cnn, aber z.B. nicht Frankfurter Rundschau oder auch welt.de.

Dann fuhr ich weiter bis nach Briansk, dort machte ich eine Pause in einem Restaurant und in der Nacht fuhr Martin dann weiter, bis wir uns für ein paar Stunden pausierend im Auto hinlegten.

  1. Okt.

Am Morgen fuhr ich die Nebenstraßen bis nach Woronesch, selbst die waren relativ gut ausgebaut so dass ich zwischen 100 und 140 km/h die Stunde vorankam.

Mein nächstes Etappenziel war Taganrog, da ich die anderen Städte schon von einer frühheren Fahrt kannte siehe dazu: http://kultur.lv/dagestan-2012/

Relativ wenig Miliz, nur eine Kontrolle vor Smolensk ohne irgendwelche Probleme. Auf der Autobahn nach Rostov einige Militärkonvois, wir winkten den Soldaten zu, sie winkten zurück, ein Gruß in den Tod, ein Wagen war auch mit einer Wagnerflagge hinten behangen, – Kinder spielen Krieg.

Taganrog, die Geschichte der zaristischen Depression und die Weiterfahrt nach „Neu“ Russland

Vor Rostov am Don ein gewaltiges Verkehrsaufkommen und Stau in alle Richtungen. Freitagabend dann in Taganrog angekommen und zwangsweise in einem edlen Hotel übernachtet.

Dort verstarb der Zar Alexander I. 1825 in tiefer Depression überdrüssig seiner Macht und Herrschaft und bis heute ist es nicht hundertprozentig geklärt ob er überhaupt verstarb oder sich inkognito nach Sibirien begab, denn eine spätere Exhumination des Sarges ergab dass er leer war. Der Rückzug in seinen kleinen Palast in Taganrog, eine Region am stillen Asowschen Meer wird seine Depressionen noch verstärkt haben.

  1. Okt.

In Taganrog waren viele junge Männer zu sehen, im Gegenteil zur ukrainischen Stadt Ismail. Auch in dieser Stadt mit einigen alten Gebäuden das übliche Phänomen, die historischen Häuser verfallen weitgehend und werden durch neue ersetzt.

Wenig Tourismus auch hier obwohl die Stadt ganz hübsch angelegt ist.

Eine junge Lehrerin im Museum, was mehr eine Bildergalerie war, war erstaunt über den Besuch von Ausländern und wir kamen kurz ins Gespräch. Was den Krieg betrifft, sie will Frieden, keinen Sieg und irgendwie hatte ich den Eindruck dass viele Menschen in der Stadt sich fast schämten so isolierte Russen zu sein und sich freuen wenn sich in dieser Zeit noch jemand für russische Kultur und Geschichte interessiert.

Dann weiter nach „Neurussland“ nach Mariupol, ungewiss ob wir dort überhaupt reinkommen mit ausländischen Pässen und litauischem Kennzeichen.

An der alten russisch – ukrainischen Grenze ein Militär Kontrollpunkt, sie schauten sich unsere Pässe an und fragten was wir sind (Touristen „natürlich“), woher (Lettland, Taganrog) und wohin (Jalta, Krim), und dann konnten wir weiterfahren.

An der Frontlinie von 2014 sahen wir ein völlig zerstörtes Dorf, Shyrokyne, dort standen an verschiedenen Häusern auch Warnungen vor Minen.

Wir nahmen auf dem Weg eine Tramperin mit, es stellte sich heraus dass sie eine Ukrainerin war, ich fragte sie ob sie sich denn diskriminiert fühlen würde, das bejahte sie etwas schüchtern.

Auf meine Frage ob die Diskriminierung so schlimm sein wie die Russen in der Ukraine diskriminiert werden, meinte sie vermutlich hier nicht so hart, aber dennoch, auf beiden Seiten die gleiche Tendenz.

Mariupol, wie Dresden 1945

Dann weiter nach Mariupol, wie Dresden nach dem Bombenangriff völlig zerstört, parallel dazu die intensiven Reparatur- und Baumaßnahmen um einige Gebäude wieder herzustellen.

Bildquelle: Michael Gallmeister

Kein Hotel, ein Restaurant wo wir etwas aßen übrigens dieselbe Art grusinisches Schaschlik wie ich es auch in Odessa gegessen habe. Die Kellnerin sehr freundlich und geduldig erklärte uns was es an Auswahl zu essen gab. Dann stellte ich fest, dass sie auch englisch sprach und verstand, und wir kamen weiter ins Gespräch. Sie war Ukrainerin und meinte jetzt würde sie auch etwas diskriminiert unter russischer Herrschaft.

In dem Geschäft wo sie vorher gearbeitet hatte, spielte selten auch mal ein ukrainisches Lied, eine Frau beschwerte sic,h was das für eine unverständliche Musik sei, sowas sollte man nicht spielen. Oder, wenn sie mit Bekannten ukrainisch sprach, meinten die anderen Gäste im Restaurant, was sie für eine unverständliche Sprache spreche. Olga war ihr Name, sie hatte einen ukrainischen und russischen Pass. Vier Monate hatte sie in Mariupol ausgehalten im Keller. Sie weiß nicht mehr wie sie das Notwendigste zum Überleben organisiert hatten. Ihr Apartment in einem halbzerstörten Hochhaus, wo eine Wand nach aussen völlig fehlte, bauten sie selber wieder auf, keine Unterstützung vom russischen Staat. Warum ist Olga nicht geflohen vor dem Krieg? Sie sagte das diese Stadt ihr Lebensmittelpunkt sei, ihre Familie, ihr Mann lebt hier, deshalb hat sie alles ausgehalten. Auf meine Frage ob sie glaubt dass die Stadt noch mal ukrainisch würde, sie weiß es nicht, ob sie es will, ja.

Abends auf dem Weg nach Melitopol aus der Stadt heraus weiterer Militärkontrollpunkt mit vielen Fragen, aber nach 15 Minuten konnten wir weiterfahren, auch wenn unsere Angaben, das wir auf einer touristischen Reise zur Krim seien, etwas unglaubwürdig wirkten. Wir wurden aber noch darauf hingewiesen das nach 21 Uhr Ausgangssperre herrscht, also wir das Fahrzeug neben der Strasse abzustellen haben wenn wir im Fahrzeug übernachten. Dass wir als westeuropäische Ausländer überhaupt hier reinfahren konnten, schon seltsam. Also suchten wir eine Stelle in der Nähe vom Meer und übernachteten ungestört. Ein Hotel suchen in Mariupol, ein Witz.

  1. Okt.

Am asowschen Meer an der Küste alte Schützengräben und Bunker wie am Atlantikwall.

Dann nochmal zurück nach Mariupol, der Militärposten kannte uns noch vom Abend und winkte durch, in der Stadt ein scharfer Kontrast zwischen Beauty Salon, Rich Bar und Trümmern.

Einige Leute sehr verwirrt am Strand, ein alter Mann mit einem Stück zerbrochenes Holz von einer Sitzbank in die Hand schimpft lauthals das es kaputt ist, derweil die gesamte Stadt in Trümmern liegt.Wir verlassen Mariupol nachdem wir noch einen traurigen Blick auf den einsamen Strand geworfen haben.

Auf dem Weg Richtung Krim weitere Militärkontrollen.

Vor  Berdiansk ein neues Objekt, finanziert von Amerika vor 2022, es sind ein paar Bänke und eine kleine Hütte und eine Tafel worauf in Ukrainisch und teils Englisch ein Fahrradweg von der Krim bis in das Donezgebiet skizziert ist, mit dem Gedanken der Verbindung der getrennten ukrainischen Bereiche.

Mit einem gewissen Humor haben die Russen das Objekt stehen gelassen, denn die Verbindung wurde, anders als von der Ukraine und Amerika gedacht, wieder geschaffen.

An der nächsten Militärkontrolle fragt einer der Soldaten uns wie die Stimmung denn in Deutschland sei was die Ukraine Frage betrifft, ich erkläre ungefähr 40% sind prorussisch und 60 antirussisch und in Lettland wäre das Verhältnis 20 zu 80.

Später auf einer ziemlich zerstörten unbefahrbaren ukrainischen alten Teerstraße, welcher man nur über das Feld ausweichen kann, stehen auf einmal fünf bis sechs Panzer, getarnt, mit den Schießrohren in die Frontrichtung zielend.

In Berdiansk eine kleine Pension gefunden. Die Stadt ist völlig unbeschädigt. Es war nur am regnen und kalt wie im tiefsten Norden. Abends trotz Kälte und Nässe noch mal ins Zentrum spazieren gegangen, auffällig im ganzen neuen Russland, das es keine einfachen Arbeiterkneipen oder billigen Restaurants gibt.

Also in ein kleines Restaurant gegangen wo es Bier in mit Blech geschlossenen Einmachgläsern gab, konnte den Verschluss nicht finden und kam mit einer jungen Frau ins Gespräch die mir behilflich war. Sie kam aus Luhansk, war 19 Jahre alt und hat seit dem 14 Lebensjahr nur den Krieg als „normale“ Wirklichkeit erlebt.
Die Entwicklung in Luhansk unter den Russen ist deutlich verbessert worden, ein Park gebaut, Straßen gemacht, Gebäude renoviert, unter der Ukraine verfiel alles immer mehr.
Was den Krieg betrifft ist sie neutral, beide Seiten haben Schuld, sie will einfach nach den vielen Kriegsjahren Frieden.
Sie hat autodidaktisch sich Englisch so gut angeeignet das sie als Übersetzerin arbeitet, allerdings nicht offiziell da sie keinen Uni Abschluss hat und somit auch nicht viel verdient. Auf meine Frage ob sie nicht nach Westeuropa flüchten möchte meinte sie, das sie keinen ukrainischen Pass hat, zu Beginn des Konfliktes war sie noch zu jung und jetzt gibt es keine Möglichkeit so einen zu bekommen.

Produkte

Auf dem Rückweg noch in einem kleinen Laden geschaut um eine Flasche russischen Wein zu kaufen, sah nichts, fragte nach einem halbsüßen Weißwein, sie ging hinten ins Lager und kam mit einer Flasche spanischen Weißwein zurück.
Wie viel soll der kosten, fragte ich, 1200 Rubel, gibt es den keinen russischen Weisswein (der kostet so zwischen 4 bis 6 Eur) nein den hätten sie nicht. Dann vergesst es …

In einem neu gebauten modernen Lebensmittelgeschäft was ein wenig dünn bestückt schien, gab es zahlreiche Westprodukte besonders Süßigkeiten, Kinderschokolade, Milka, Schogetten, Rittersportschokolade mit deutscher Beschriftung, ob Nachbau oder echt, schwer zu ermitteln.

Bildquelle: Michael Gallmeister

Diesel im besetzten Gebiet ca. 10 Rubel teurer als im Kernland.

Melitopol

  1. Okt.
    Am nächsten Morgen dann weiter, immer wieder findet man Werbetafeln für den Eintritt in den Soldatendienst und für den russischen Pass, daneben auch sogar Windräder, vermutlich noch aus ukrainischer Zeit, nur wenige davon drehten sich.

In Melitopol wollte ich die Universität besuchen insbesondere die philosophische Fakultät, am Eingang sagte man mir dass diese sich außerhalb des Hauptgebäudes befindet, sie wollten mir auf der Karte zeigen wo das ist, aber fanden mit vier Leuten nicht die Strasse auf meinem Tablet, da die meisten umbenannt wurden, sie schrieben mir die Strasse auf auf einen Zettel in Russisch und lateinisch, ich habe mehrere Leute auf der Straße gefragt, die wussten auch nicht weiter.

Dann das KPD Parteibüro in der Stadt per Zufall gefunden, es besucht und eine interessante Unterhaltung geführt, dort hing auch natürlich Stalin neben Lenin, und ich sagte Stalin wäre ein Verbrecher, er hat unzählige Menschen getötet und nach Sibirien deportiert, unter anderem auch die Wolgadeutschen. Da gaben sie zu das war nicht richtig, ein grosser Fehler, denn zum einen haben die Deutschen in Russland gewaltige Aufbauarbeit geleistet, und zum anderen sich immer loyal verhalten, insbesondere die Wolgadeutschen haben ein System gegenseitiger Hilfe praktisiert, was dem Kommunismus ähnlich gewesen wäre. Aber ansonsten wäre Stalin ein guter Mann für Russland gewesen, seine Biographie und die Geschichte würde nur verfälscht dargestellt.

Weiter Richtung Krim nach Henitschesk, Unmengen von Material rollen 24 Stunden aufs Festland zur Verteidigung oder auch zum weiteren Vormarsch.

FSB Verhör

Dann an eine lange Grenzkontrolle hinter der alten ukrainisch – russischen Grenze auf die Krim zu geraten.

Zweieinhalb Stunden vom russischen Geheimdienst verhört, erkennungsdienstlich behandelt, Fingerabdrücke, Fotos von vorne von der Seite, aber auch mit meinem Humor, biographische Fragen, ich meinte, dann sollten wir ein paar Drinks nehmen, das wird ne lange Geschichte, nach Ausbildung, Militärdienst befragt. Dann fragte er mich, was ich den in Neurussland wolle, ich hätte ja auch über die Krimbrücke fahren können, ich antworte ihm ganz ehrlich, ich wollte mal mit meinen Augen und Ohren, neben aller Propaganda, die Situation in Neurussland verstehen. Vorher das Auto detailliert durchsucht, dann später mein Telefon zeigen müssen und zur Untersuchung abgeben, ja, hatte ja die kleine Handygurke dabei, da gab’s nix zu sehen, das Tablet haben sie nicht gepeilt, er kam aus Saratov, über Wolgadeutsche geplaudert, wie oft ich in Russland war …
Nur Martin nicht, da er einen russischen Pass hatte.
Danach an der Hauptstraße eine kleine Ferienwohnung für 2000 Rubel gemietet und dort zu Abend gegessen, zu dritt ca. 20 EUR zusammen.

  1. Okt.
    Immer weitere Militärtransporte, mitunter auch ein defekter Panzer auf Tieflader zurück. Ein grosser Hubschrauberlandeplatz und Militäranlage bei Dschankoj. Die Kanäle sind teils gut gefüllt mit Wasser, aber die Landschaft sieht bis auf ein paar Weinplantagen braun und staubtrocken , wie eine Wüste aus.

Auch auf der Krim zu 90 % hervorragende neue Strassen, eine Autobahn wurde neu gebaut.

Der Asovwall

Am Norden der Krim zum Haff hin trategisches militärisches Sperrgebiet. Davor schon sieht man die ausgehoben Schützengräben, daneben teils die alten Reste der Wehrmachtgräben.

Bildquelle: Michael Gallmeister

Ob Russland sich der besetzten Gebiete doch nicht so sicher ist, wenn sie gegenüber der besetzten Küstenlinie Mariupol – Melitopol nochmal gross angelegte Abwehrmassnahmen aufbauen?

Weiter entlang der Küste bis nach Schtscholkine, vorher noch einen kleinen Fischerhafen gefunden daneben die Nacht verbracht.

  1. Okt.
    Morgens kurz Schtscholkine besucht, ein Frühstück im einzig geöffneten Restaurant an der Seepromenade gegessen und weiter Richtung Kertsch gefahren.

Kertsch und die Brücke

Dort die Brücke aus der Ferne betrachtet wo reger Verkehr unterwegs war, was wir auch über GPS wahrnehmen konnten, da eine lange Schlange vor der Brücke auf Durchlass wartete, da es umfangreiche Durchsuchungen auch dort gab, was uns überlegen liess den Rückweg wieder über Mariopol nach Donekz und Luhansk anzustreben.

In einem Hotel in Kertsch mit einer Administratorin Vika auf Englisch gesprochen. Ihre Mutter war Russin, Vater „Krimtschak“, Krimjude. Sie meinte bis zum Einmarsch der Russen in die Ukraine wäre alles okay gewesen, aber danach mit dem Krieg das war sehr schlecht und ein grosser Fehler der Russen.
Nach dem Einmarsch 2022 würde der gesamte Tourismus immens leiden, auch diesen Sommer kamen nur wenige Menschen auf die Krim, da sie nach dem Anschlag auf die Brücke Angst haben. Sie kann verstehen das in der Ukraine die Russen mehr diskriminiert werden als umgekehrt die Ukrainer in Russland, da Russland in der Ukraine wesentlich mehr Schaden angerichtet hat als umgekehrt.

Moslems? wo

Unterwegs wieder auf der Autobahn entschieden wir uns in einem Dorf Batalyne abzufahren und Rast zu machen. Dort gab es auch eine Moschee und wir fragten wieviele Moslems denn noch im Ort leben, keine Ahnung, auch noch jemand anderen gefragt war das Desinteresse deutschlich zu spüren, auf eine dritte Nachfrage dann meinte jemand etwa 10 bis 15 % der Einwohner. Die Moschee war tadelos hergerichtet aber kein Mensch zu sehen, obwohl es eigentlich Gebetszeit war.

Südliche Krimküste bis Sewastopol

Dann weiter Richtung Feodossija, abends eine Pension gefunden und am nächsten Morgen die Stadt besichtigt.Der Hafen sah sehr traurig aus und von der Festung aus konnte man zahlreiche kleine halbversunkene Schiffe sehen.

Im Park noch eine grosse Tafel der Gefallen im Ukrainekrieg gesehen, dasselbe kann man genauso in der Ukraine finden, siehe meinen Bericht darüber in unserem Magazin.

Dann weiter nach Sudak gefahren. Langsam fangen hier die Berge an und von der braunen Wüste wandelt sich die Landschaft etwas ins Grüne.

Dort abends in einem, relativ noblen Hotel für 25 EUR übernachtet. Die Doppelverglasung des noblen Hotels, deutsche Produktion, Aufschrift in Metall gestanzt: „jährlich ölen“.
Google Maps ist auf dem Stand von 2014 was die annektierten Gebiete betrifft, viele Hotels und andere öffentliche Gebäude sind nicht verzeichnet.

Danach noch in eine teure Bar gegangen wo ein BIer 2,5 EUR kostete, mich mit einem Barkeeper auf Englisch länger unterhalten, der war allerdings ziemlich pro russisch obwohl er in der Ukrainezeit aufgewachsen ist. Er meint die Ukraine hat nichts für die Leute gemacht, keine sozialen Einrichtungen, keine Infrastruktur und deshalb ist es zu dieser Situation jetzt gekommen, er wünscht sich zwar auch Frieden, meint andererseits aber dass die Russen am besten noch die Verbindung an der Küste bis nach Transnistrien schaffen würden. Der Amerikanismus den man immer noch auf den Werbetafeln der Läden im Kulturkonsum und kleinen Fastfood Ketten und anderen sieht, würde bald verschwinden man würde sich wieder auf die russische eigene Tradition besinnen.

Bildquelle: Michael Gallmeister
  1. Okt.
    Morgens in die Berge zu einem Wasserfall gefahren, um dahin zu kommen musste man allerdings ca 5 km zu Fuß gehen den Berg hoch.Dann weiter Richtung Jalta. In einem kleinen Geschäft einen Mann in einem ukrainischen Trainingsanzug gelb -blau mit der großen Aufschrift Ukraine auf dem Rücken und der ukrainischen Flagge vorne beim Einkaufen gesehen. Vor Jalta gewaltiger Straßenbau im Gange, Jalta selber ziemlich voll das Intourist Hotel mit einem Zoo daneben wo viele Affen am kreischen waren Swimmingpools ein riesen Bau aber auch ziemlich teuer, eine Übernachtung 75 €, ich habe darauf verzichtet lieber dann in Jalta selber ein kleineres Hotel gefunden allerdings auch mit einem seriösen großen Zimmer mit Schreibtisch Klimaanlage, Kühlschrank, Herd und so weiter und so fort, für 35 € die Nacht. Tavrida Hotel heißt es interessanterweise kostet es bei booking.com 43 € die Nacht ein einfaches Zimmer und ich habe gönnerhaft von der Hotelleiterin das Luxuszimmer für 35 € die Nacht bekommen.

Noch ziemlich starker Tourismus ganz unbefangen geben sich die Russen dort den Luxusläden und den edelen Restaurants hin.

  1. Okt.Den Sommerpalast des letzten russischen Zaren besichtigt wo 1945 die bekannte Konferenz von Jalta stattfand.

Heute hat man vor dem Palast ein großes Denkmal für Russland und besonders für Alexander den dritten aufgestellt, Putin hat es 2017 eingeweiht, und ihn als Friedenstifter dargestellt, da in seine Amtszeit keinen großen Kriege geführt wurden.

  1. Okt.
    Auto zur Werkstatt gebracht wegen starkem Kühlwasserverlust, Boschdienst im Gegensatz zu deutschen Werkstätten sehr schnell dran gekommen, nach 20 Minuten wurde der Wasserverlust analysiert, eine korridierte Kühlwasserleitung die ersetzt werden muss, nach zwei Tagen soll die Reparatur fertig sein da erst das Teil bestellt und geliefert werden muss.
    Einen Schuhladen besucht interessenhalber, ganz brauchbare hübsche Schuhe nicht aus Plastik sondern aus Leder kosten umgerechnet ca 25 € und werden in Rostov am Don produziert.
    Im Supermarkt Westprodukte, Milkyway, Snickers, Heinz, Alette, Wrighleys, …
  2. Okt.
    Wegen Fahrzeugreparatur einen Ausflug nach Sevastopol mit einem Bus von Jalta gemacht, auch die Bussationen werden überwacht und mitunter Gepäck durchsucht.

In dem ehemaligen Militärstützpunkt Russlands, zur Zeit nur wenig Schiffe zu sehen die Hafeneinfahrt stark bewacht die kleinen Nahverkehrs- bzw. öffentlichen Schiffchen, welche von einem Ufer zum anderen verkehren für 30 Cent, dort werden die Eingänge und Ausgänge bewacht und untersucht, Fotografieren verboten.

Die ganze Zeit überfliegen Migs und Hubschrauber die Stadt, die Stimmung erscheint sehr still und gedrückt der Markt sehr leer und auch an den kleinen Anlegestellen der Boote nur wenig Leben, die Cafés und Restaurants weitgehend leer. Daneben wie damals auch in Odessa viele sturzbetrunkene Männer die irgendwo auf der Straße rumliegen oder in den Ecken. Eine ältere Frau auf dem Markt freut sich das mal Ausländer vorbeikommen und lässt uns alle möglichen Produkte probieren Pfirsiche Nüsse Datteln und ein wenig davon kaufen wir auch und sie versucht über den Krieg zu reden und sagt im Prinzip, das alles im Wesentlichen Schuld der Amerikaner sei, weil die sich in die inneren Fragen der Russen eingemischt haben.

Besonders in Sevastopol ist auffällig wie die Erinnerung an den großen vaterländischen Krieg wieder neu aktiviert wird.

 

Überall Denkmäler Monumente Tafeln neu getuencht mit alten Geschichten. Daneben zahlreiche sozialistische Symbole Hammer und Sichel, Leninstraße, Marxstraße ebenso frisch aufgemacht.

  1. Okt.
    Die Reparatur des Autos, ca. 100 Eur mit einem umständlichen Originalteil, was innerhalb von zwei Tagen verfügbar war, geschah schnell und zuverlässig.

Krimkhanat

Von Jalta die kleine Straße Richtung Bachtschyssaraj dem früheren Khanatshauptsitz gefahren. Dabei schlängelt sich eine kleine schlechte Strasse, für LKW und Bus gesperrt, den Pass hinauf.Auf der Hochebene ging die Strasse ein kurzes Stück entlang bis sie sich wieder ins Tal kräuselte, paralell dazu wird eine neue Strasse weiter entlang der Hochebene gebaut. Danach ca. 30 km tote Straße mit vielen Löchern und Steinbrocken auf dem Wege, dann ab Sokolinoye plötzlich alles neu mit Bushaltestellen und Bürgersteigen, neuen Gebäuden und Märkten.
In Holubynka einen Tatare im Supermarkt getroffen und auf die derzeitige Situation angesprochen, er meinte das Leben sei sehr gut jetzt unter den Russen im Vergleich zur Zeit unter der Ukraine.
In Bachtschyssaraj abends angekommen suchten wir uns eine Pension zum übernachten und besuchten danach noch ein grosses Restaurant, muslimisch wie in Marokko, ohne Alkohol.19. Okt.

Am Morgen ging ich ein wenig dort spazieren, ich war 2011bei meiner ersten Krimreise auch in Bachtschyssaraj dem alten Palastsitz, was die jetzt da an Infrastruktur aufgebaut haben ist unglaublich im Vergleich zu 2011. Bericht aus 2011: http://kultur.lv/krim-2011/

Alle Moscheen erneuert als wenn man plakativ zeigen will, das man die tatarische Minderheit mit allen Mitteln unterstützt.

Dann weiter nach Simferopol im Vorort noch zwei Reifen aufziehen lassen, der Arbeiter war Krimtatare, wie es ihm so geht fragten wir, leben und arbeiten, um Politik kümmert er sich nicht.

Rückweg über Doneks und Luhansk

Weiter wieder zurück Richtung Berdiansk. Wieder eine Kontrolle an der ehemaligen Grenze Krim Ukraine. Touristen fragte der Posten, ja sage ich, er schüttelt fragwürdig den Kopf als wenn er sagen wollte, völlig unverständlich. Es war schön dunkel, nach ca. 3 weiteren schnellen Kontrollpunkten, wo nur Martin als Fahrer seinen russischen Pass vorzeigen musste, wurden wir gleich durchgewunken. Einmal wurden wir mit 120 kmh von einem Sattelschlepper überholt.
In Berdiansk dann kurz nach 10 Uhr Abends angekommen und wieder Zimmer in der gleichen Unterkunft für 15 Eur genommen.

20. Okt.
Am Morgen mit einem jungen Mann aus Moskau gesprochen der jetzt in Berdiansk studiert, war vorher Barkeeper in Moskau, kann jetzt kostenlos in Neurussland studieren, in Moskau zu teuer, er ist gebürtig aus Berdiansk und arbeitet nebenbei in der Unterkunft. Dorthin kommen meist Soldaten, welche morgens an die Front fahren und abends wieder in der Unterkunft übernachten.drei Soldaten fragten woher wir kommen, ich erklärte und fragte ob sie keine Angst an der Front hätten, ach was, sie lachten, stiegen in ihr Auto und fuhren an die Front.

Nach Donekz hin von Mariupol eine Autobahn, am alten Grenzverlauf sieht man noch zahlreiche zerschossene Gebäude.
Donekz, eine depressive Stadt, ziemlich leer, die meisten Läden verbarrikadiert, im Hintergrund der Schützendonner der Kämpfe ganz in der Nähe von Awdijiwka.
Die ehemalige Metro besucht, jetzt umgetauft in Mana, in Betrieb, aber mit etwas karger Auswahl.

Bildquelle: Michael Gallmeister

In eins wollten wir gehen, aber es sei alles besetzt und reserviert. Dann zwei Frauen vor dem Eingang getroffen welche meinten, wir hätten was falsch verstanden, eine, Jennija konnte halbwegs Englisch und meinte wir gehen zusammen rein und klären das.

Sie bekamen aber dieselbe Information und da kam ihnen der gastfreundliche Gedanke, das an ihrem Tisch ja noch zwei Plätze frei wären.
Also setzten wir uns dazu und begannen ein interessantes Gespräch. Jennija hat zwei Pässe, ukrainisch und russisch, war ca. knapp 40 Jahre alt, in Donekz geboren und immer gelebt. Ich fragte wie fing denn das ganze Problem hier an.
Sie arbeitete im April 2014 in einer Hühnerfabrik als ihr Vorgesetzter ihr sagte, sie wäre gekündigt wie viele andere, sie bekam eine Abfindung und den Rat von ihrem Direktor, welcher gute Beziehungen zur ukrainischen Regierung hatte, was die erst später wusste, sie solle baldigst besser nach Russland auswandern und sich dort Arbeit suchen.
Da sie jetzt frei war entschied sie sich gleich am nächsten Tag nach Jalta in Urlaub zu fahren. Dort nach einigen Tagen konnte sie im Internet erfahren wie Donetz und ihr Ort in der Umgebung beschossen wurde, fassungslos starrte sie die Bilder an.
Dann kehrte sie zurück und lebt bis heute in einem Kriegszustand, im Zentrum wurde nicht soviel bombardiert aber die Umgebungssiedlungen ähnlich wie Mariupol zerstört.
Im Vergleich zu Mariupol meinte sie, das wären dort nur ein paar Monate Krieg gewesen, aber hier seit 9 Jahren.
Die Leute hatten davor ihr vielleicht armes aber geregeltes leben mit überschaubarer Zukunft, jetzt werden sie immer orientierungsloser.
Aber wer hat den an der Situation schuld, oder die Probleme begonnen, fragte ich, Amerika war ihr klare Antwort, was hat den Putin von Donekz, außer Problemen und Wiederaufbauarbeit ?
Und wie soll es weitergehen, keine Ahnung meint sie.
Sie arbeitet in einem Schönheitssalon mit medizinischen Eingriffen, ihre Freundin die kein Englisch konnte war ausgebildete Dermatologin.
Ihre Mutter war Ukrainerin, ihr Vater Jude aus Tel Aviv, aber schon 1 Jahr nach ihrer Geburt geschieden und er pflegt keinen Kontakt zu ihr.
Sie war auch mal in Israel, findet die Menschen dort unsympathisch und ignorant.
Doch irgendwie fühlt sie sich durch ihre genetische Mischung nirgendwo am richtigen Platz.
Wenn sie mal nach Altrussland fahren möchte, z.B. Sotschi, dann nerven die Kontrollen zum Festland, mit zwei Kindern und einer Freundin dauert es Stunden, sie werden ausgefragt ob sie Soldaten wären, das mit den zwei Kindern dabei, das wäre völlig bescheuert.

Im Restaurant sagte man uns, bitte keine Video, WhatsApp, da so Ziele anvisiert werden könnten.

Die Stadt ist zwar nicht so zerbombt und zerstört wie Mariupol, aber halb verlassen und verwahrlost kaum mit Zeichen von Wiederaufbau, gewissermassen eine Geisterstadt.

In der Nacht im Fahrzeug übernachtet unter ständigem Gebombe und Geschepper neben dem grossen halbleeren administrativen Verwaltungsgebäude des Oblast.

  1. Okt.

Am nächsten Morgen zum Bahnhof gefahren wo sich auch der Markt befindet. Ein trauriges Bild, neben den Markthallenruinen kleine Stände, gedrückte Stimmung begleitet vom andauernden Wummern der Geschütze Richtung Awdijiwka, der Bahnhof ein Endzeitszenario wie es kein Science Fiction besser zu bieten hätte:

Danach wollten wir uns Richtung Luhansk begeben, fragten diverse Leute nach dem besten Weg, die uns in alle möglichen Richtungen schickten, bis ich mit meinem Tablet und dem blauen Punkt begann Martin auf dem direkten Weg zur Ausfallstrasse nach Luhansk zu dirigieren.

Bei dem andauernden Bomben- Rakten und anderem militärischem Gewummer, vergass ich ganz das wir uns unmittelbar in der Nähe von Awdijiwka befanden.

Bildquelle: Michael Gallmeister

Wir fuhren ein paar Nebenstrassen und dann unbefestigte Wege nach Jassynuwata wo wir noch etwas tankten da schon fast Reserve war und ich der Meinung war, wenn wir schon so nah in Frontnähe sind, sollte man wenigstens genügend Sprit für die schnelle Flucht haben.

Das Schiessen wurde immer lauter und Martin wollte schon umdrehen, aber ich meinte solange noch Zivilfahrzeuge unterwegs wären könnten wir ruhig weiterfahren.Es waren laut Karte noch 3 km bis zur grossen Ausfallstrasse E50, die erreichten wir dann auch, aber die linke Richtung war zerstört, die rechte mit Panzersperren gesperrt, wir drehten um und sahen einen Militärposten in der Sonne sitzen, den fragten wir wie man auf die Hauptstrasse nach Luhansk käme, er meinte noch ca. 1,5 km neben der Hauptsrasse den Feldweg fahren und könnte man auf die Hauptausfallstrasse kommen, derweil hörte ich schon in der nahen Ferne das Maschinengewehrgerattere.

Luhansk sehr schön hergerichtet aber dennoch eine langweilige Stadt.Wir gaben den ursprünglichen Plan auf dort zu übernachten und fuhren weiter bis zur Kontroll- Übergangsstelle Krasna Taliwska. Bis dahin war ich schon etwas betrunken, legte mich ins Auto bis Martin mich zum „Ausreiseverhör“ weckte, was aber ziemlich kurz verlief…

  1. Okt.

Danach wieder über Kursk, Briansk nach Smolensk wo wir morgens ankamen, dort noch den Kreml besichtigt und ich konnte lesen, das die Polen auch mal Moskau und Smolensk eingenommen hatten.

Abends bin ich dann von Smolensk im Schneeregen bis an die Grenze nach Terehova gefahren. Nur 7 Autos waren vor uns, darunter auch 2 ukrainische Fahrzeuge, aber auch nach 2 Std. keine Veränderung. Dann legten wir uns etwas schlafen.

  1. Okt.

Ich brach so gegen 8 Uhr morgens zu Fuss auf, passierte unglaublicherweise nach 20 min. die russische Seite und hatte auch in 10 min die lettische Kontrolle hinter mir.
Und wie der Zufall manchmal die Dinge funktionieren lässt fuhr der einzige Bus von der Grenze nach Rezekne um 9.20. Dann um 16 Uhr in Riga und 22 Uhr in Piltene, alles mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Eine noch ausführlichere Beschreibung dieser Reise finden sie unter: lettlandweit.info

Fazit

Als der ich nun schon seit 20 Jahren in Lettland lebe, relativ gut lettisch spreche, aber nur fragmentarisch russische Kenntnisse habe, ist es mir in einigen Vierteln Lettlands mit lettischer Sprache schwer ergangen, Moskauer Viertel in Riga z.B..

Es leben in Lettland sehr gemischte Kulturen, vor allem Letten und Russen, teilweise gemeinsam, teilweise getthoisiert ( z.B. Karosta) doch halbwegs friedlich zusammen.

Dieselbe Sachlage war in der Ukraine bis 2014, dann begann der ethnische Zwist. Wer und warum daran mitgeholfen hat können wir späteren Geschichtsschreibern und Geheimdiensten überlassen.

Die einfachen Menschen diesseits und jenseits der ukrainischen und russischen Seite wollen einfach nur leben, und der dauernden Bedrohung ausweichen.Die Liberalität in der Ukraine bezüglich auch dort schon ansässigen Russen ist gen 0 wenn man mal Städte wie Odessa mit mehrheitlich russischer Bevölkerung ausnimmt.

In „Neu“ Russland und in DPR und LPR habe ich das ähnlich gesehen.

Da mittlerweile viele Ukrainer und Russen aus ihren angestammten Gebieten geflohen sind, wird es sehr schwer werden, mehrheitlich ukrainisch oder russisch besiedelte Gebiete zu befrieden.

Desto länger der Krieg dort andauert werden sich die ethnischen Fronten verhärten. Und das kann nicht im Interesse Russlands sein, wie ich glaube bemerkt zu haben.

Was die ukrainische Seite betrifft, da habe ich gewisse Zweifel.

Infrastrukturell hat Russland immens in den neuen Gebieten geleistet, aber auch in Mariupol mit der einen Hand zerstört und ist nun wieder mit der anderen Hand am aufbauen.

Die Ukraine hat, wie ich auf meinen mehreren Reisen feststellen können, in die östlichen Ukraine nichts investiert.

Desto mehr Russland in den neu besetzten Gebieten investiert, umso weniger wird sie diese wieder zurückgeben.

Andererseits stimmt der Asovwall auf der Krim bedenklich, Russland befürchtet wohl eventuell doch das Neurussland, die andere Seite der Küste, wieder fallen könnte, und deshalb investiert man gewaltig im Asovwall.

Das die Ukraine die besetzten Gebiete zurückerobern kann, halte ich für sehr zweifelhaft angesicht der russischen Materialschlacht, der Ukraine gehen schlicht und ergreifend die Männer aus, und wer soll dann die Waffen bedienen, wenn sie denn überhaupt in genügender Menge bereitgestellt werden, Nato Soldaten?

Was in Russland dauernd überbetont, verherrlicht und wie eine Leier den Menschen eingetrichtert wird, ist der Sieg mit Stalin im grossen vaterländischen Krieg. Deshalb auch die alten Hammer und Sichel Embleme in vielen Städten erneuert ins Auge fallen.

Hier sieht man auch im Zusammenhang z.B. in Jalta wie die Zarenzeit wieder restauriert und hochgehalten wird, das dem heutigen Russland die eigene politische Stellung auf der Erde selbst nicht klar ist.

Sie versuchen alle historischen Vorgänge als Weg zum „richtigen“ Russland zu interpretieren, als wenn es einen fehlerlosen Staat gäbe.

Zusammen mit dem neu entfachten Israelkrieg steuern wir auf das zu was Strinberg einmal in einem SF, Insel der Seligenschrieb, – am Schluss waren die Menschen zur Einsicht gekommen das nur noch eine Generalsprengung der Erde die einzige Lösung sei.

Da werde ich leider für einige etwas zu philosophisch, der Gedanke wir könnten eine perfekt, unendlich sich vermehrende, ausbreitende, aussaugende menschliche Gesellschaft erhalten, noch dazu „friedlich“ und „gerecht“wie in Orwells Phantasien, und daraus die Politik gestalten, ist absurd.

Schöne neue Welt, aber nur noch für Wenige …