Kunstfrühling in Berlin – Gallery Weekend, Paul Klee und Neuentdeckungen bei Gloria

Gallery Weekend ist ja eigentlich immer. Vor 9 Jahren eröffneten 20 Galerien gemeinsam, mit dem Ziel, für einen Event weltweit potente Kunstsammler mit besonders luxuriösem Service zu begeistern. Vom 26. Bis 28. April sind heuer 51 Galerien am Start, die ihre besten Kunden in die französische Botschaft zum Dinner bitten, und am Wochenende mit dem teuersten von BMW durch die Stadt gleiten lassen. Die 8000 Euro für dieses Management, wollen und können viele der jungen Galerien, die den Ruf der Stadt als Sammelpunkt der Kreativen bestimmen, nicht zahlen. Auch erinnern sich nicht wenige, wie Gity Nourbakhsch ihre Galerie schloss, nachdem es Zwistigkeiten mit dem Vorstand des Gallery Weekends gegeben hatte. Drei von ihnen saßen 2011 in der Berufungsgremium der weltwichtigsten Messe des Kunstbetriebs in Basel.Wo dann auf einmal kein Platz mehr für die Kollegin sein sollte. Judy Lybke´s Galerie Eigen + Art traf es damals auch. Nun ist er offizielles Mitglied, zeigt aber schon seit April Carsten Nicolais Reminiszenz „crt mgn“ an Nam June Paik.
Eigen + Art, Auguststrasse 26, bis 18. Mai.
Sonderöffnungszeiten: Fr 26. April, 18 – 21h, Sa. + So.11 – 19h
www.eigen-art.com/index.php?article_id=1
Gerade 100 Meter entfernt, zeigt der Camera Work Ableger CWC in der wunderbar restaurierten, ehemaligen jüdischen Fotografien von Kate Moss ganz ohne Prada. Extrem überbelichtet, wie hingehaucht, bis einen der klare Blick zurück trifft. Von Paulo Roversi besonders wirkungsvoll in den kleinen Formaten. Dazu größere Konvolute von Jeanloup Sieff und Helmut Newton. Hochglanzbodys aus der Kamera von Herb Ritts und als Kontrapunkt die Tierportais Nick Brandts. Aus denen die Hitze und der Staub der afrikanischen Savanne heraus zu kommen scheint.
CWC Gallery, Auguststrasse 11 – 13, bis 24. August.
Sonderöffnungszeiten: Fr 26. April, 11 – 21h, Sa + So 11 – 19h
www.camerawork.de
Zu Fuß keine 10 Minuten sind es bis zur Galerie Taik in der Bergstrasse. Joakim Eskildsens Aufnahmen strahlen etwas Seltenes aus.Da hat sich jemand über fast 30 Jahre bei allen Reisen zu den nicht Bevorteilten dieser Erde sein großes Herz bewahrt. „American Realities“ zeigt US Amerikaner, denen die ökonomische Krise ins Gesicht geschrieben steht, und doch entwickelt sich spontan Zuneigung zu diesen Menschen. Vielleicht auch, weil in diesen Fotografien kein Mitleid oder professionelle Hast eingeschrieben ist.Da hat das Time Magazine den richtigen beauftragt, sich in Californien, Louisiana, South Dakota und Georgia umzuschauen. Eingestreut, dazwischen, hängen „Home Works“. Aufnahmen des Wachstums seiner Kinder, aufgenommen mit extremer Sensibilität für Lichtstimmungen. Erinnern Sie sich jetzt, wie Herb Ritts seine Modelmänner einölen ließ, nur um mit riesiger Lichtanlage Muskelspiele in Vollendung zu zeigen? Eskildsens „American Realities“ erscheint gedruckt, wo sonst, als bei Steidl!
Bergstraße 22, bis 1. Juni. Mi – Sa 12 – 18h
http://lightbox.time.com/2011/11/17/below-the-line-portraits-of-american-poverty/?iid=lb-gal-viewagn#1
www.helsinkischool.fi/helsinkischool/tapahtumat.php?aid=9066&k=8279
Nahe des Hauptbahnhofs in der Heidestrasse, duckt sich das Atelier von Marc Fromm und Axel Anklam unter einen Backsteinbau gefüllt mit Galerien.Sie Präsentieren unter dem Markennamen Gloria Berlin das, was noch keinen großen Namen hat, und neudeutsch emerging artists genannt wird. Lassen sie sich überraschen.
Gloria Berlin, Heidestraße 52, Gebäude 4a, nurdieses Wochenende, Fr 18 – 21h, Sa 11 – 18h
Eine, nicht nur architektonisch, andere Kategorie ist die Berliner Dependance von Moeller Fine Art im Palais Eger am Tempehofer Ufer.Sollten sie sich für Lyonell und T. Lux Feiniger nicht begeistern können, schauen sie sich die prachtvolle Holzvertäfelung an. Wenn doch, gibt es Holzschnitte und selbstgebaute Holzeisenbahnen des Vaters zu sehen. Die leider nie in Produktion gingen. Spannend, hier ist das im Kunstbetrieb vernutzte Wort angebracht, sind die Befreiungsversuche seines jüngsten Sohnes, der selbst zum Lehrer wurde, und erst mit 101 Jahren 2011 in Cambridge die ewige Ruhe fand.
Moeller Fine Art: Tempelhofer Ufer 11, bis 13. Juli.
Sonderöffnungszeiten: Fr 26. April, 18 – 21h, Sa + So 11 – 19h
www.moellerfineart.com/exhibitions/2013-04-27_lyonel-feininger-drawn-from-nature-carved-in-woodt-lux-feininger-sixty-years-of-painting/
Nicht zu aller letzt, auch wenn der Frühling nun da ist, eine mehr als warme Empfehlung, sich in den Kosmos Farbe im Gropiusbau zu stürzen. Wer Firmung in Farbpsychologie sucht, findetin der gemeinsamen Werkschau von Johannes Itten und Paul Klee eine Welt aus Stern und Kugelmodellen, Goethe, Runge, Hölzel, die sich beim Anblick scheinbar in Bewegung setzen. Itten war es, der Klee ans Bauhaus holte. Es wird Zeit, ihn nicht nur als genialen Erschaffer des Vorkurses zu sehen.
Der Katalog zur Ausstellung verdient unbedingte Empfehlung.
Itten – Klee : Kosmos Farbe ; [Kunstmuseum Bern, 29. 11. 2012 – 1. 4. 2013 ; Martin-Gropius-Bau Berlin, 25. 4. – 29. 7. 2013]; Hrsg.: Christoph Wagner u. a.; Verlag Schnell&Seiler; Regensburg; 2012; ISBN:978-3-7954-2646-0. Martin-Gropius-Bau: Niederkirchenerstraße 7, bis 29. Juli, Mi – Mo, 10 – 19h
www.berlinerfestspiele.de/de/aktuell/festivals/gropiusbau/programm_mgb/mgb13_kosmos_farbe/ausstellung_kosmos_farbe/veranstaltungsdetail_55894.php

Über Löw Jan 27 Artikel
Jan Löw, geboren 1965 in Jena, studierte Kunstgeschichte und Medienwissenschaft in Jena und Weimar. Er war langjähriger freier Mitarbeiter des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Löw arbeitet als freier Photograph in Berlin und in Thüringen.

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