Mehr Geld für Pflegepersonal

Die Corona-Krise hat es mehr als deutlich gezeigt: Der Beruf der Pflegekraft wurde bisher in Deutschland deutlich unterschätzt und daher unterbezahlt. Rufe nach wichtigen und unverzichtbaren Änderungen wurden allerdings schon vor dem Frühjahr 2020 laut. Was hat sich seitdem verändert und mit welchen Verbesserungen ist zu rechnen? Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterstützt dabei aktiv, indem er die für Ende 2022 angesetzten Anpassungen als „erster wichtiger Schritt“ […] „zu einer fairen Entlohnung des Pflegepersonals“  und „Mindeststandard“ bezeichnet.

Finanzierung des Pflegepersonals & Gewinnung von Pflegenachwuchs in Deutschland

Krankenhäuser können als Unternehmen mit harten Finanzstrukturen verstanden werden. Die Kostenabrechnung erfolgt dabei über das Krankenhausfinanzierungsgesetz. Auf Grundlage der protokollierten Leistungen werden die Tätigkeiten und damit verbundenen Kosten des medizinischen Personals gegen gerechnet. Diese Finanzierung beinhaltet unter anderem, dass die Patientenkosten gemäß des Sozialgesetzbuches beglichen werden. Die Bezahlung dieser Personalkosten wird demnach durch die privaten und gesetzlichen Pflege- und Krankenkassenbeiträge mitfinanziert.

Die dafür herangezogenen Sozialversicherungsbeiträge werden je nach individuellem Arbeitsverhältnis anteilig vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder zu 100% vom  Selbstständigen gezahlt. Als Patient bekommt man von den Finanzstrukturen im Hintergrund häufig nichts mit.

Was die laufenden Betriebskosten betrifft, werden diese durch die Krankenhausvergütung über die Krankenversicherungen finanziert. Neben der Beträge, die mit den Krankenkassen jährlich ausgehandelt werden, basiert die Kostendeckung des Pflegedienstes, Verwaltungsdienste, Wirtschafts- und Versorgungsdienste etc. demnach auf einem Anteil der von Verbrauchern monatlich gezahlten Krankenkassenbeiträgen.

Der Kostenanteil an den gesamten Krankenhauspersonalkosten für den Pflegedienst in Höhe von 31,7% macht eines unmittelbar deutlich. Ein erheblicher Anteil der monatlichen Pflege- und Krankenversicherungsbeiträge ist erforderlich, um die bisherigen Löhne und damit auch die geforderten Lohnerhöhungen zu finanzieren. Durch diesen Zusammenhang wird klar ersichtlich, dass jede:r einzelne Bürger:in bei der Finanzierung der bundesweit geforderten Lohnerhöhung der Pflegeberufe beteiligt ist.Maßgebliche Verbesserungen des Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals wurden auch 2020/2021 vom Bundestag bestätigt und werden schrittweise bis Ende 2023 auf den Weg gebracht.

Beschlossene Änderungen in der Pflege bis Ende 2023:

  • Höhere Löhne
  • Optimierung der Personalausstattung
  • Konsequente Umsetzung der Personalbemessung
  • Zügige und nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Alten- & Krankenpflege

Weiterer Abwanderung von Spitzenkräften aus der Pflege entgegenwirken

Die Erhöhungen der Mindestlöhne für Pflegekräfte ist seit 2021 beschlossene Sache. Dennoch dauert deren Umsetzung. Im September 2022 startet die erste der drei Etappen zur Lohnerhöhung. Das Ende der Anpassungen ist auf Ende 2023 angesetzt. Diese und weitere Optimierungen sollen zukünftig die, nicht zuletzt durch Corona ausgelöste, Welle der Abwanderung von überlasteten Pflegekräften brechen. Hinzu kommt, dass den zunehmenden Eigenkündigungen vor dem Rentenalter aktiv entgegen zu wirken ist. Auch die Schaffung weiterer Anreize für Auszubildende und Berufsumsteiger sind besonders wichtig. Zum einen sinken in Deutschland seit Jahren die Geburtenraten, was die Anzahl der Berufstätigen insgesamt weiter sinken lässt. Zum anderen ist der Rückgang bei der Ausbildungsnachfrage in der Pflege nicht zu übersehen.

Bis Ende 2023 Anhebung der Mindestlöhne:

  • Hilfskräfte: 14,15€ (vorher: 12€)
  • Qualifizierte Hilfskräfte: 15,25€ (vorher: 12,50€)
  • Pflegekräfte: 18,25€ (vorher: 15€)
  • Pflege in Privathaushalten: 12€ (9,82€)

Finanzierung mit Unterstützung der Deutschen Krankenversicherten

Den Wert und die deutliche Systemrelevanz der Pflegekräfte in Deutschland haben die Bürger:innen realisiert. Es ging um sie selbst, um Angehörige, Bekannte oder Freunde, die auf die Fähigkeiten der Pflegekräfte über Wochen oder Monate angewiesen waren. Bekundungen durch Applaudieren aus den Fenstern war dann längst nicht alles, was sich als Solidarität zu den Pflegeberufen in der Bevölkerung zeigte. Auch die Missstände in den bisher gezahlten Löhnen wurden thematisiert und von den Bürger:innen aufgegriffen und bestärkt.

Zu diesem Zeitpunkt dachten die wenigsten darüber nach, wie die Finanzierung konkret vorgenommen werden sollte. Sobald von der Erhöhung der Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen die Rede ist (2020-2022), dünnt sich die Solidarität erfahrungsgemäß aus. Wieder zeigt sich, dass die Kritikmentalität im Land nicht mit der überlegten Bereitschaft seinen Eigenanteil und Mitverantwortung zu tragen, übereinstimmt. Damit der Zusammenhang deutlich wird, kann eine transparente Medienkampagne der Krankenkassen und Bundesgesundheitsministerium/Politik wichtige Vermittlungsarbeit leisten.

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Alexander Reis, Leiter Region Ingolstadt der Deutschen Ärzte Finanz, Dipl. Betriebswirt (FH), hat an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) seinen Abschluss gemacht. Herr Reis ist seit 2008 für für die Deutsche Ärzte Finanz AG tätig, seit 2012 Partner, seit 2014 Senior Partner, seit 2020 Exklusiv Partner. Er ist spezialisiert auf die Finanzberatung für Ärzte, Immobilienfinanzierung, Praxisfinanzierung, Photovoltaikanlagen, Altersvorsorge, Kauf von Immobilien für die Vermietung oder den Eigenbedarf, Fonds und ETFs. Alexander Reis blickt dabei auf 15 Jahren Erfahrungen zurück. Zu seinem Portfolio gehört auch die Absicherung und Risikoabschätzung. Qualifikationen: Diplom Betriebswirt (FH) Versicherungsfachmann (IHK) Fachmann für Immobiliendarlehensvermittlung (IHK) Betriebswirtschaftlicher Fachberater für akademische Heilberufe (Midinomicus Institut)