Neue Regierung in Belgien nach 234 Verhandlungstagen

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„Alea iacta est – der Würfel ist gefallen“ – so verkündete es Bart De Wever, der Vorsitzende der Flämischen Nationalisten (N-VA) und neuer Premierminister Belgiens am 31. Januar zu später Abendstunde auf der Plattform X. Damit war die neue Regierung nach Monaten zäher Verhandlungen besiegelt. Die einstige „Vivaldi“-Regierung wurde von der „Arizona“-Koalition – benannt nach den Farben der Parteien, von denen die Koalition getragen wird – abgelöst. Erstmals in der Geschichte Belgiens übernimmt ein Politiker der N-VA Regierungsverantwortung, doch angesichts der weiteren Zusammensetzung der Koalition ist nicht von einem dramatischen Rechtsruck auszugehen. Die Herausforderungen für die neue Regierung sind groß.

Was bisher geschah…

Fast acht Monate oder genau 234 Tage nach den Wahlen am 9. Juni 2024 gelang es Belgien, eine nationale Regierung zu bilden. Die sogenannte „Arizona-Koalition“ konnte sich am Abend des 31. Januar 2025 auf eine Regierungsvereinbarung einigen. Bis zuletzt war unklar, ob die fünf verhandelnden Parteien die vom belgischen König gesetzte Frist einhalten würden. Der König, der formell die Geschicke der Regierungsbildung moderiert, hatte andernfalls Neuwahlen in Aussicht gestellt. Unter Führung von Bart De Wever, Vorsitzender der rechtsnationalistischen Wahlsiegerin N-VA, der als sogenannter „Formateur“ fungierte, hatten sich die Unterhändler in einem zweitägigen Klausurmarathon zusammengefunden. Knackpunkt war bereits seit Langem die drängende Bereinigung des Haushaltsdefizits durch sozialökonomische Reformen. Insbesondere das  liberale Mouvement Reformateur (MR) und die sozialdemokratische Vooruit bildeten in dieser Frage zwei Pole, wobei sich erstere für erhebliche Kürzungen im Sozialsystem und letztere für eine Kapitalmarktsteuer einsetzten.

Dieser langwierige und schwierige Prozess ist für belgische Verhältnisse, in denen die Regierungsbildung in der Vergangenheit schon mal länger als 500 Tage gedauert hatte, kein Novum, sondern hat fast schon Tradition. Während der monatelangen Verhandlungszeit ist bemerkenswert, dass sich die Zusammensetzung der verhandelnden Parteien nicht geändert hatte und der Wille zur Kooperation fortwährte. Auch Bart De Wever als „Formateur“ ist trotz seines kurzfristigen Rücktritts Ende August stets in seiner Rolle geblieben. Die Vorgängerregierung war währenddessen weiterhin geschäftsführend im Amt.

Während Belgien auf nationaler Ebene noch mit der Regierungsbildung befasst war, haben  die Regionalregierungen der Wallonie und von Flandern, die ebenfalls am 9. Juni 2024 gewählt worden waren, bereits vor Monaten ihre Arbeit aufgenommen. In der Wallonie wurde im Juli eine Mitte-Rechts-Regierung aus dem liberalen MR und der zentristischen Les Engagés gebildet, die Jahrzehnte der sozialdemokratischen Führung (PS) ablöste. In der ersten Oktoberwoche wurde die neue flämische Regierung aus der rechtsnationalistischen N-VA, den Christdemokraten (CD&V) und der sozialdemokratischen Vooruit gebildet. Damit ist Vooruit das erste Mal seit 10 Jahren wieder an der flämischen Regierung beteiligt und löst die liberale Open VLD in dem Dreierbündnis ab. Die Region Brüssel hat weiterhin keine Regierung. Das liegt vor allem daran, dass sich französischsprachige und niederländischsprachige Parteien zuerst separat einigen müssen, bevor sie sich zusammensetzen. Insbesondere hakt es daran, dass sich die sozialdemokratische PS von französischsprachiger Seite weigert, mit der N-VA von niederländischsprachiger Seite zu koalieren.

Die Zusammensetzung der „Arizona“-Regierung

Die „Arizona“-Regierung, die sich aus der rechtsnationalistischen N-VA, dem liberalen MR, der zentristischen Les Engagés, der christdemokratischen CD&V und der sozialdemokratischen Vooruit zusammensetzt , wird in dem 150 Sitze starken belgischen Parlament eine Mehrheit von 81 Sitzen haben. Bart De Wever, bislang Bürgermeister von Antwerpen, dessen N-VA die Wahl gewonnen hatte, wird das Amt des Premierministers bekleiden. Nachdem die beteiligten Parteien die Koalitionsvereinbarung angenommen hatten, wurden die Ministerposten vergeben und die Regierung am Montag, dem 3. Februar 2025, vom König vereidigt. HIER WEITERLESEN

Quelle: Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung