Neuer Liebling der Münchner Opernszene: Simone Piazzola

Simone Piazzola, Foto: Hans Gaertner

Er stammt aus Münchens Patenstadt Verona und heißt fast wie der 1992 verstorbene Begründer des Tango Nuevo: Astor Piazzolla. Er komponiert nicht wie dieser es tat und spielt auch kein Bandoneon, aber im Reich der Musik, zumal der Oper, ist er zu Hause: der Bariton Simone Piazzola. In der gegen Ende der diesjährigen Münchner Opernfestspiele zweimal angesetzten 4 Jahre jungen Kusej-Version von Guiseppe Verdis Melodramma „La forza del destino“ löste er Ludovic Tézier als Don Carlo ab.
War schon Tézier, trotz seiner 45 Jahre ein gut aussehender und prachtvoll singender Carlo, erwies Piazzola sich, eben einmal 32 Jahre alt, als die schon figürlich trefflichere Besetzung der Partie, der man als Zuschauer den Studiosus abnehmen muss, den er in der Handlung vorgibt zu sein. Dass er in der gespielten Realität der Bruder Leonoras ist, die von Don Alvaro „geschändet“ wurde und so das Unglück über die Vargas-Familie gebracht haben soll, stellt sich erst kurz vor Opernende heraus. Da hat Alvaro den Vargas-Spross erstochen und ist, da Leonore auch tot ist, der einzig Überlebende.
Der Rolle des rachgierigen, aber grundehrlichen Don Carlo di Vargas gibt Piazzola Jugend, Kraft und Stolz. Sein Bariton leuchtet. Er kann ihn färben – von abgrundtief hasserfüllt bis hingebungsvoll. Spätestens seine enorme Reflexions-Szene über den Tod „Morir! Tremenda cosa!“ im 3. Akt, der bald darauf der Freudentaumel „È salvo! O gioia!“ folgt, bringt Piazzola spontanen ad hoc-Applaus des hingerissenen Publikums ein. Er nimmt ihn bescheiden entgegen. Auch beim Schluss-Beifall erntete Simone Piazzola mindestens ebenso viele Bravos ung wie sein Partner Jonas Kaufmann, der, etwas zu rundlich geworden, als Alvaro eine Bravourleistung hinlegte, die das Publikum freilich erwartet hatte. In der spitzenbesetzten, von Asher Fisch konzise dirigierten Aufführung (Guardiano: Vitalij Kowaljow, Preziosilla: Nadja Krasteva, Melitone: Ambrogio Maestri) ragte Anja Harteros als Leonora heraus: glutvoll, dennoch abgeklärt, grandiose Ausbrüche, funkelnde Phrasierung.
Gleichwohl: Harteros und Kaufmann – die Münchner sind sich in der Zuschreibung „Traumpaar“ noch immer einig. Nun dürften sie einen neuen Traum-Bariton haben: Simone Piazzola. Er ist derzeit sehr gefragt auf Bühnen und Podien zwischen Palermo und Berlin. München konnte ihn für einen Renato (Februar/März) und einen Germont bei den Opernfestspielen 2018 buchen. „Eigentlich zu wenig“, kommentierte Piazzola die Situation nach geschlagener „Forza“-Schlacht am Bühnentürl des Nationaltheaters lächelnd. Kurz darauf entstand beigefügtes

Foto: Hans Gärtner

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.

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