City Nord. Europas Modellstadt der Moderne

Hamburgs Bau einer neuen Bürostadt – die City Nord

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Sylvia Soggia: City Nord. Europas Modellstadt der Moderne, Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 2019, ISBN: 978-3-862-18125-4, 39,90 EURO (D)

1959 beschließt die Stadt Hamburg den Bau einer neuen Bürostadt – die City Nord. Das Vorhaben zählt zu jener Zeit zu den größten und anspruchsvollsten städtebaulichen Projekten in ganz Europa. In der 1980er und 1990er wurden die Großraumwelten teils als Bausünden bemängelt und die Funktionalität der Bürostadt angezweifelt. Die Weiterentwicklung und Aufbruchsstimmung der folgenden Zeit wurde durch die Weltwirtschaftskrise 2008 unterbrochen. Es gab Leerstand, einige Bauten wurden abgerissen, andere saniert erneuert oder entstanden neu. Durch die Niedrigzinspolitik wurde dann der Immobilienmarkt gefördert und die City Nord erlebte eine Renaissance. Dort sind rund 30.000 Menschen in über 300 Unternehmen tätig. 

 Dieses Buch ist die aktualisierte und erweiterte Auflage des Buches vor zehn Jahren erstmals erschien, über die stadtplanerischen Hintergründe zur Idee und Entstehung der Bürostadt und Einblicke in die Arbeitswelt und Firmenkomplexe. Es wird herausgegeben von der GIG City Nord und will sich eingehend und kritisch mit der Geschichte und Architektur der Bürostadt auseinandersetzen. Sylvia Soggia ist für den Text verantwortlich, die Bilder stammen von dem freien Fotografen Thomas Duffé.

Im ersten Teil wird die Geschichte der City Nord angefangen vom Beschluss des Hamburger Senats 1959, eine Bürostadt nördlich des Stadtparks zu bauen, bis 1991. Die ersten Schwierigkeiten, die Anbindung an den Verkehr, die Gestaltung und Konzeption der drei Bauphasen werden mit zeitgenössischen Bildern, Bauplänen, Dokumenten und Zitaten der damaligen Verantwortlichen dargestellt. 

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Architektur der City Nord, den wechselnden Vorstellungen von Arbeitswelten und Entwicklungen in den letzten 60 Jahren. Außerdem werden ausführlich einzelne Projektbauten eingeteilt nach Bauabschnitten, Bau des Zentrums und Neubauten vorgestellt. Dies geschieht durch eine Beschreibung, Gebäudedaten, Farbbildern, Grundrissen und Plänen. Eine Zeittafel beschreibt die Nutzung im Laufe der Jahrzehnte. Einige der Gebäude sind schon abgerissen, die meisten werden noch genutzt. Außerdem gibt es in tabellarischer Form Auskunft über Lage, Realisierung, ggf. Abriss, Eigentümer des Grundstücks, Architekten und andere Mitarbeiter, organisatorische Beratung, Mobiliar und Farbberatung. In einem Exkurs wird noch die Entstehung des City Nord Parks mit Daten beschrieben. 

Im dritten Teil werden Fehler und positive Entwicklungslinien der City Nord seit 1960 aufgearbeitet. Es wird kontrovers über die Weiterentwicklung der City Nord diskutiert. Im Spannungsfeld von Wirtschaft, Stadtentwicklung und Denkmalschutz stellen sich Fragen nach künftigen Planinhalten und Planungsprozessen: Dabei geht es einerseits um den wertschätzenden Erhalt, andererseits um seine konzeptionelle und qualitative Neugestaltung. Ein Gespräch der Autorin mit Persönlichkeiten, die sich mit den Entwicklungen in der City Nord beschäftigen, wird in diesem Zusammenhang wiedergegeben. 

Im Anhang findet man eine Literaturübersicht, Presseartikel und in Fachzeitschriften, historische Dokumente, Interviews zur Stadtplanung, einen Abbildungsnachweis und ein kurzes Nachwort. 

Am Ende des Buches gibt es noch einen Faltplan mit QR-Codes für einen eigenen Architekturrundgang durch die City Nord. 

Das Werk richtet sich an Personen, die sich nicht nur fachlich mit der Historie, der Gegenwart und der Zukunft der City Nord auseinandersetzen. Das Werk besticht durch tolle Bilder und eine detaillierte Ausarbeitung eingebettet in die Wirtschaftsgeschichte und Architekturgeschichte der Nachkriegszeit. Hier wird zwar differenziert argumentiert, es steht aber die Sichtweise der GIG City Nord und stadtplanerische Interessen im Mittelpunkt. Als ein Teil Hamburgs ist dies aber mehr als ein Wirtschaftsstandort, sondern betrifft die gesamte Stadtgesellschaft, also alle Bürger. Entscheidungen, die die City Nord betreffen, müssen also aus allen Blickwinkeln diskutiert werden. (Stadt für alle)

Über Michael Lausberg 545 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.