Die Saat des Hasses

Die extrem rechte Fortschrittspartei (Fremskrittspartiet) in Norwegen hetzt seit Jahren gegen Migranten und die multikulturelle Gesellschaft und ist dafür verantwortlich, dass rechtes Denken salonfähig geworden ist. An diese Stimmungen anknüpfend tötete der Rassist Anders Behring Breivik am 22.7.2011 93 Menschen.

Bei einem Bombenattentat im Regierungsviertel von Oslo und einem Massaker in einem Ferienlager der Regierungspartei auf der in der Nähe der Hauptstadt gelegenen Insel Utöya wurden insgesamt 76 Menschen getötet. Die Zahl der Todesopfer kann sich aber noch erhöhen, da noch viele Schwerverletzte in Osloer Kliniken um ihr Leben kämpfen. Gegen 15.20h Ortszeit erschütterte eine gewaltige Explosion das Regierungsviertel. Eine Autobombe tötete 8 Menschen, mehr als 20 wurden zum Teil schwer verletzt. Mehr als 3 Stunden später tötete der Rassist Anders Behring Breivik in einem Ferienlager norwegischer Sozialdemokraten als Polizist verkleidet 68 Teilnehmer. Er konnte nach dem Eintreffen von Sicherheitsorganen auf Utöya festgenommen werden. Der Regierungschef Jens Stoltenberg sagte, dies sei für Norwegen die „schlimmste Katastrophe nach dem 2. Weltkrieg“.[1]
Bei dem Täter Breivik handelt es sich um einen extremen Rechten, der Norwegen für islamistisch unterwandert und überfremdet hielt und dafür die sozialdemokratische Regierung seines Landes verantwortlich machte. Deshalb wählte er das Regierungsviertel als Ziel seines Anschlags und tötete gezielt sozialdemokratische Jugendliche und junge Erwachsene, die auf der Insel Utöya ein Zeltlager veranstalteten.
Er selbst behauptet, die Taten neun Jahre lang geplant zu haben. In einem von ihm selbst verfassten „Manifest“, das im Internet abrufbar war und mehr als 1500 Seiten umfasste, beschrieb er minutiös, wie er auf seinem Bauernhof die Bombenherstellung plante. Außerdem beschimpfte er Befürworter einer multikulturellen Gesellschaft, die „eine anti-europäische Hassideologie“ an den Tag legten.[2]
Seit Jahren hetzte Breivik unter anderem auf extrem rechten Diskussionsforen wie „Nordisk“ oder „dokument.no“ gegen die multikulturelle Gesellschaft, gegen muslimische Einwanderung und linke Regierungsmitglieder und Einzelpersonen. Breivik war jahrelang bei der rassistischen Fortschrittspartei aktiv.
Die Fortschrittspartei wird gerne unter dem Label des „Rechtspopulismus“ eingeordnet, was die eigentliche rassistische und ethnopluralistische Grundhaltung vollkommen ausblendet.[3] Ihre rassistischen und islamfeindlichen Parolen sind dafür verantwortlich, dass antimuslimischer Rassismus und Ressentiments gegenüber Migranten in der norwegischen Gesellschaft salonfähig geworden sind.
Ursprünglich hieß die Partei nach ihrem Begründer Anders Lange ALP (Anders Langes Partei für eine starke Senkung von Steuern, Abgaben und staatlichen Interventionen). Lange war ein Verfechter des Apartheidsregimes in Südafrika und galt als fanatischer Anhänger Hitlers. Nach Langes Tod 1974 änderte die Partei zur nächsten Wahl ihren Namen in Fortschrittspartei.
Bei den Parlamentswahlen 2009 bekam die Fortschrittspartei 22,9, dies war das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Die Partei ist mit 41 Mitgliedern im Storting, dem norwegischen Parlament vertreten. Die Fortschrittspartei hat fast 27.000 Mitglieder und ist in allen 19 Distrikten und 350 Kommunalparlamenten vertreten.
Die Fortschrittspartei spricht sich gegen eine multikulturelle Gesellschaft aus und fordert in rassistischer Manier das Ende der Einwanderung nach Norwegen. Die in Norwegen lebenden Migranten sollen “ihre kulturellen und religiösen Werte ablegen” und sich in die norwegische Gesellschaft assimilieren.[4] Die Vorsitzende der Fortschrittspartei, Siv Jensen, plädierte für ein Gründung eines Flüchtlingszentrums in Afrika, um die Migration nach Norwegen zu verhindern.
Antimuslimischer Rassismus besitzt in der „Fortschrittspartei“ einen hohen Stellenwert. Mit der Konstruktion eines kriegerischen Islam, der das christliche Abendland zerstören und die Scharia einführen möchte, geht sie seit Jahren auf Stimmenfang. Die Angst vor „dem Islam“ wird geschürt, besonders die in Norwegen lebenden Muslime sind von diesen Anfeindungen betroffen. Dabei wird der Islam als monolithischer Block gesehen, der einen Anspruch auf Weltherrschaft in sich birgt. Dieses bewusst inszenierte Zerrbild spaltet vor allem in den letzten Jahren die norwegische Gesellschaft immer mehr, Konflikte werden kulturalisiert und der soziale Friede bedroht. In ihrem Programm gibt sich die Fortschrittspartei radikal antisozialistisch und wirtschaftsliberal. Sie tritt für Privatisierung staatlicher Unternehmen und in der Bildungspolitik ein und fordert eine Reduzierung staatlicher Sozialprogramme.

Literatur:
Aachener Nachrichten vom 25.7.2011
Die Zeit 44/2000
Stöss, R.: Rechtsextremismus im Wandel, Berlin 2005

[1]Aachener Nachrichten vom 25.7.2011, S. 2
[2] Ebd., S. 3
[3] Die Zeit 44/2000, S. 5
[4] Stöss, R.: Rechtsextremismus im Wandel, Berlin 2005, S. 192

Über Michael Lausberg 570 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.

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