Die Weltfinanzkrise 2008 als Vorbotin eines epochalen Umbruchs

Die gegenwärtige Kapitalmarktkrise ist erst die Vorkrise für den erwartbaren Zusammenbruch des überkommenen Weltwirtschaftssystems.

Der Doppelcharakter der Kapitalmarktkrise 2008

Über zwei Dimensionen der gegenwärtig weiterwuchernden Kapitalmarktkrise sind sich die Experten aller Länder einig:
– Diese Krise ist in ihrem Ausmaß die größte Krise, die das internationale Finanzsystem in der Neuzeit getroffen hat, viel weiterreichend etwa als die Weltwirtschaftskrise von 1929/1930, und
– diese Krise hat eine nie da gewesene Grundsatzdimension in den Gründen ihres Entstehens, ihrer unaufhaltsamen Aufschaukelung und in der Unabsehbarkeit ihrer Folgen.
So ist es kein Wunder, dass wir von den hundertfachen Facetten dieser Krise überwältigt und von dem Versuch, jedenfalls ihre schlimmsten Folgen abzuwenden, absorbiert werden. Daher konnte uns die Zentralthese der folgenden Überlegungen (noch) nicht in den Blick kommen, dass nämlich die gegenwärtige Kapitalmarktkrise erst die Vorkrise der eigentlichen Krise sein könnte, die irgendwann folgen wird. Die gegenwärtige Krise hat einen Doppelcharakter, von dem wir bisher nur den einen Teil wahrnehmen: Sie ist – zum einen – der erste manifest gewordene Kulminationspunkt längerfristiger krisenhafter Entwicklungen und sie beschleunigt – zum zweiten – diese krisenhaften Entwicklungen mit der zweifachen Folge, dass der Einritt der kommenden eigentlichen Krise wahrscheinlicher wird und dass diese eigentliche Krise auch früher eintreten könnte, als sie ohne die Auswirkungen der gegenwärtigen Krise eintreten würde. Ja, man kann in dieser gegenwärtigen Krise auch den Beginn einer Krisenkaskade sehen, die von Krisenstufe zu Krisenstufe stürzend über den Zusammenbruch des überkommenen Weltwirtschaftssystems zu einem epochalen Umbruch der gegenwärtigen Weltwirtschaftsordnung führen wird. Und – soviel ist in ersten Umrissen erkennbar – die dann entstehende neue Weltwirtschaftsordnung wird sehr stark durch gemeinwirtschaftlich-staatskapitalistische Elemente geprägt sein. Pointiert formuliert: Der vermeintlich endgültige Triumph des kapitalistischen Systems mit dem Zusammenbruch des „real existierenden Sozialismus“ war nur ein Pyrrhussieg über die erste Fehlform staatskapitalischer Wirtschaftsweise; durch die Hintertür der Krise kehrt sie in veränderter Gestalt zurück.

Gründe für das Entstehen und die weltweite Ausbreitung der gegenwärtigen Krise

Die Argumente für die erwartbare Entwicklung zur eigentlichen Krise lassen sich nur nachvollziehen, wenn man sich die Gründe für das Entstehen der gegenwärtigen Krise und ihrer weltweiten Ausbreitung vor Augen führt:
Das Entstehen der gegenwärtigen Krisespeist sich aus verschiedenen Elementen, die erst in ihrem unglücklichen Zusammenwirken die Manifestation dieser Krise hervorgebracht haben.
– Da ist zum ersten die langfristige Gewohnheit exzessiven privaten und öffentlichen Schuldenmachens zu nennen. Nun ist Schuldenmachen nicht per se etwas Verdammenswertes, Schlimmes oder Destruktives. Vielmehr gehören darlehensvermittelte Investitionen von Erzeugern und Endverbrauchern zu einer marktwirtschaftlichen Ordnung wie die Bewässerung zur Landwirtschaft oder die Sauerstoffzufuhr zur Lebensfähigkeit eines Organismus. Dass erspartes und aus Gewinnen angesammeltes Kapital Zins bringend angelegt werden kann, ist vielmehr eines der Motive für die Erarbeitung von Gewinnen und für die Erbringung von Sparleistungen. Es darf auch nicht vergessen werden, dass der Wirtschaftsboom der Neunzigerjahre in den USA – und wegen der Impulswirkung der amerikanischen Wirtschaftsentwicklung auch bei den Handelspartnern Amerikas – maßgeblich darlehensfinanziert war. „Schulden“ zu machen ist im Grundsatz ein systemkonformes, finanzrationales Verhalten; destruktive Wirkungen entfaltet es erst dann, wenn es in unkontrollierter Exzessivität geschieht, wenn vor allem der Schuldner mehr an Fremdkapital in Anspruch nimmt, als er verzinsen und amortisieren kann. Genau das ist aber in den letzten Jahrzehnten geschehen, und zwar sowohl durch Private wie durch Staaten. Hierbei ist das exzessive staatliche Schuldenmachen das eigentliche Problem, weil es unübersehbaren langfristigen Schaden anrichtet und durch produktiv-systemkonforme Maßnahmen nicht mehr zu lösen ist
– Zum zweiten war es zu einer folgenreichen Wirklichkeitsentkoppelung in den Vorstellungen der Kapitalmarktakteure und der von ihnen zur Erlangung immer größerer Profite generierten Transaktionspakete und –verfahren gekommen. Damit haben sie die ohnehin schon vorhandene Komplexität der eigentlichen Kapitalmarkt-
vorgänge in einer Weise gesteigert, dass sie wie Zauberlehrlinge nicht mehr begreifen konnten, was sie da angerichtet hatten.
Gleichzeitig kam es zu einem finanzmarktspezifischen Czernobyl-Effekt: Alle (vorhandenen)Kontrollinstanzen versagten, und zwar auf allen Ebenen. Weder haben die Aufsichtsräte der einzelnen Banken, die ja ohnehin zu Abnickgremien für Vorstandsaktivitäten degeneriert sind, ihre Kontrollaufgaben wahrgenommen, noch konnten die nationalen Kontrollinstanzen ihrer Aufgabe gerecht werden, und die übernationalen Einrichtungen scheiterten schon an der Uneinigkeit der beteiligten Staaten über das Ausmaß der angezeigten Kontrolle. Hier erwies sich ein dogmatisiertes Bild von Finanzmarktfreiheit als eine besonders folgenreiche Facette der Wirklichkeitsentkoppelung.
– Schließlich hatte der schon lange zu beobachtende Verlust regulierender Moralprinzipien zusammen mit der Missachtung erfahrungsgespeister Verantwortungsübernahme auch die äußersten Haltegurte rationalen Wirtschaftens zum Bersten gebracht. Gerade in einer Situation der Unübersichtlichkeit sind Vorsicht, Zurückhaltung und abwägendes Vorantasten unter Berücksichtigung jahrzehntelanger eigener Erfahrungen und durch das Studium der Wirtschaftsgeschichte erworbener Einsichten früherer Akteure und Analysten angezeigt. Stattdessen hat man das Gegenteil gemacht: Im Interesse des eigenen Profits hat man alle Vorsicht fahren lassen und ist in manchen Bereichen einer verheerenden Zockermentalität erlegen.
– Der Prozess der Aufschaukelung der Krise zu einem weltweiten Phänomen war nur möglich durch die enge weltweite Verflechtung nicht nur der Finanzmärkte untereinander, sondern der Finanzmärkte mit den Märkten der Realgüterwirtschaft und mit den politischen und den Vorsorge-Systemen verschiedener Art, national und international. Hier ist ein Komplexitätsgefüge entstanden, das schon in der Diagnose kaum noch durchschaubar ist, geschweige denn von einzelnen Akteuren noch „beherrscht“ werden kann. Im Grunde gibt es nur noch Getriebene, und zwar sowohl in der Wirtschaft wie in der Politik.
Die Komplexität ihrer Entstehungsgründe und die Krisenaufschaukelung im weltweiten Geflecht wirtschaftlicher Abhängigkeiten eröffnet schließlich den beunruhigenden Horizont der

Unabsehbarkeit der Krisenfolgen

Diese Folgen zeigen sich schon jetzt in der Neustrukturierung der Kapitalmärkte und der Kapitalmarktakteure: Das Bankensystem wird umgekrempelt:
– Ganze Bankentypen, wie die 1929 im Zuge der Weltwirtschaftskrise entstandenen amerikanischen Investmentbanken, sind schon verschwunden, andere Banken gehen bankrott, werden aufgekauft, zerschlagen oder teilverstaatlicht;
– das Verhältnis der öffentlichen Hände zu den privaten Banken hat sich radikal geändert. Die eigentliche Privatbank verschwindet, die Staaten sind in ein Verhältnis politisch-faktischer Gewährträgerschaft für die „privaten“ Banken eingetreten, die sie mit hunderten von Milliarden Dollar, Euros und anderer Währungen stützen müssen. Waren die Banken schon bisher durch Quellensteuernormen, Geldwäschegesetz und andere staatliche Inpflichtnahmen in ihren Aufgabenstellungen zu parastaatlichen Hilfsagenturen geworden, so werden sie durch die staatlichen Einwirkungsbefugnisse im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes und der hierzu beschlossenen Ausführungsverordnungen auch in ihrer Eigenstümerstruktur und sogar in ihrer eigentlichen Geschäftspolitik unter staatliche Kuratel gestellt – ob for good or for evil bleibt nach den Erfahrungen mit den Fehlleistungen der staatlich dominierten KfW abzuwarten.
Eine weitere Folgengruppe sind die Auswirkungen der Kapitalmarktkrise auf die Realgüterwirtschaft:
– Schon jetzt wird eine tief greifende Rezession für die amerikanische Wirtschaft erwartet, deren Folgen auch die Handelspartner der USA zu spüren bekommen werden. Autohersteller lassen bereits Produktionsbänder stillstehen, andere Branchen werden bei der allgemeinen Nachfrageschwäche infolge des mangelnden Vertrauens der Verbraucher in die Sicherheit ihrer Geldanlagen und ihrer Arbeitsplätze folgen;
– schon jetzt führt die Verunsicherung sowohl der Banken wie der Endverbraucher zu partieller Kapitalaustrocknung sowohl auf den Investitionsgütermärkten wie auf den Endverbrauchermärkten; der Wirtschaftskreislauf gerät ins Stocken;
– die Milliardenbürgschaften für Banken und die selbst übernommenen Einstandsverpflichtungen für Sparer und private Geldanleger durch den Staat könnten, je nach Höhe der endgültigen Inanspruchnahme, die öffentlichen Haushalte in den Ruin treiben. Der isländische Staatsbankrott ist ein warnendes Vorzeichen hierfür.

Das Menetekel der >eigentlichen Krise>

Die Elemente der krisenhaften Entwicklung, wie wir sie vorstehend zu skizzieren versucht haben, werden durch die gegenwärtige Krise durchweg verstärkt:

Die Verschärfung der Schuldenkrise

Erster und eigentlicher Anlass (wenn auch nicht Grund) der gegenwärtigen Krise ist die so genannte „Subprime Crisis“ in den USA, deren Kern in der exzessiven Verschuldung von Menschen lag, die diese Schulden (letztlich) nicht bedienen konnten. Aufgefangen werden soll diese Krise durch staatliche Finanzleistungen verschiedener Art (staatliche Bürgschaften für Bankverpflichtungen, Teilverstaatlichungen von Banken, staatliche Garantiezusagen für private Sparer und Geldanleger), die wiederum nur durch neues Schuldenmachen, nun des Staates, dargestellt werden können. Das heißt den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.
Dabei ist der Staat beileibe nicht der liebe, verantwortungsbewußte Onkel, der die Schulden machenden Bürger auf den Weg finanzpolitischer Tugend zurückführt; vielmehr haben fast alle Staaten selbst bereits bisher durch exzessives Schuldenmachen jede Moral des ausgabeorientierten Maßhaltens mit untergraben. Und sie untergraben diese Moral mit den völlig unkontrollierten und niemals in vollem Umfang einzulösenden Garantiezusagen erneut und diesmal sogar in einem nie da gewesenen Ausmaß. Wenn man auch nicht davon ausgehen sollte, dass die Tausend Milliarden (oder mehr!) an privaten Spar- und Anlagegeldern insgesamt ausfallen werden, so könnten doch leicht zusätzliche Verpflichtungen in zwei- bis dreistelliger Milliardenhöhe allein auf den Haushalt der Bundesrepublik Deutschland zukommen. Ein finanzpolitisches Desaster ohnegleichen!

Die Verschärfung der Seriösitätskrise

Nun kann man freilich sagen, dass die Bundesregierung die Garantien (ohne einen für die Rechtsgültigkeit erforderlichen Parlamentsbeschluss!) zugesagt hat, um einen massiven Kapitalabfluss zu verhindern und damit nicht in die Zwangslage zu kommen, Banken und privaten Anlegern tatsächlich beispringen zu müssen. Sie hat damit ein Versprechen in der Hoffnung gegeben, es nie einlösen zu müssen. Ist aber nicht auch dies Ausdruck einer (wohl widerwillig geübten) Zockermentalität, wie sie so viele Banker an den Tag gelegt haben, die immer gehofft hatten, es werde schon alles gut gehen, Hauptsache, man kommt jetzt erst einmal davon? Auch hier soll doch der Teufel der Unseriösität mit dem Beelzebub der Uneinlösbarkeit der Garantiezusage ausgetrieben, also ein vorhandenes Fehlverhalten in Bankkreisen, das maßgeblich mit zur Krise beigetragen hat, durch staatliche Täuschung ausgeglichen werden, mag diese Täuschung auch als überbudgetärer Notstand gerechtfertigt erscheinen. Für eine Haushaltspolitik, die noch vor wenigen Monaten eine Neuverschuldung von zehn Milliarden Euro als Erfolg ausgab, ist die drohende Zusatzbelastung mit dem Zwanzig- bis Fünfzigfachen dieser Summe – bei optimistischer Einschätzung! – eine so fürchterliche Perspektive, dass ihre Realisierung jede finanzpolitische Vorstellungskraft sprengt.
Nur zur Erinnerung: Der gesamte Bundeshaushalt 2009 liegt bei knapp 290 Milliarden Euro. Die beiden mit Abstand größten Posten hierin sind der Teilhaushalt für Arbeit und Soziales mit 124 Milliarden Euro (davon ca. 80 Milliarden zur Sicherung der laufenden Rentenzahlungen), gefolgt von den Haushaltsaufwendungen für die Bedienung der Schulden des Bundes mit ca. 43 Milliarden Euro (der Verteidigungshaushalt mit knapp 30 Milliarden Euro nimmt sich dagegen recht bescheiden aus, ganz zu schweigen von den 10 Milliarden für Bildung und Forschung, deren Bedeutung aber kein Politiker zu betonen unterlässt!).
Die Gesamthöhe der bisher zu bedienenden Bundesschulden beträgt dabei ca. Eintausend Milliarden Euro: Welche Summe soll bei einer realisierten Einstandspflicht des Bundes zur Abfederung der gegenwärtigen Finanzkrise in Höhe von x-hundert Milliarden Euro in Zukunft unter dem Teilhaushalt „Bundessschuld“ stehen? Muss nicht der zumindest klammheimliche Wunsch nach einer Totalentschuldung auch bei den Finanzpolitikern wachsen, und wie soll diese anders geschehen als durch einen Währungsschnitt, der aber wieder unabsehbare Folgen für die Finanzsituation aller Staats- und Wahlbürger und für unser gesamtes politisches System hätte? Und wer sagt denn, dass nicht noch weitere horrende Leistungsverpflichtungen auf den Staatshaushalt zukommen werden? Schon verlangen nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch maßgebende Kreise in der CDU/CSU allen Ernstes staatliche Investitionsprogramme und Steuererleichterungen zur Abwendung der erwarteten Rezession. Darüber hinaus können jederzeit politische, wirtschaftliche, ökologische oder erneute finanzmarktpolitische Verwerfungen, von denen allen wir jetzt noch gar keine Vorstellung haben, auch uns Deutschen zusätzliche Lasten aufbürden.
Damit sind wir bei den desaströsen haushaltspsychologischen Folgen des beschlossenen Hilfsprogramms: Schon der schiere, alle bisherigen Maßstäbe sprengende Umfang der angebotenen staatlichen Hilfen im Rahmen des FMStG, in der Süddeutschen zu Recht als eine >Politik des Unermesslichenaktiven Schuldenmanagements
Fazit: Es ist zu erwarten, dass bei einem erneuten Auslösungstatbestand à la Subprime Crisis die durch die gegenwärtige Krise verstärkte Gesamtkrisensituation sich in einer eigentlichen Krise entlädt. Diese eigentliche Krise wird in ihrem Ausmaß und ihren Folgen die gegenwärtige Krise weit übertreffen, denn sie trifft auf dann finanziell völlig leistungsunfähige, ja wahrscheinlich teilweise bankrotte Staaten und sie trifft dann auf Bürger, Bankkunden und Anleger, die keinerlei Vertrauen mehr in die Solidität der Finanzwirtschaft haben werden, zumal wenn ihnen alle Rücklagen und alles Ersparte durch einen Währungsschnitt genommen sein sollten. Gilt also:

Dark Age Ahead?

Es gilt natürlich bei aller realistischen Kriseneinschätzung die alte Erfahrung, dass jede Krise auch ihre produktiv-guten Seiten hat. Auch die gilt es zu sehen und einzukalkulieren.
Da ist zum einen die Tatsache zu notieren, dass über Fragen der gerechten oder „richtigen“ Wirtschaftsordnung in den letzten Jahrzehnten noch nie so intensiv und in so großer Breite öffentlich diskutiert wurde wie im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Krise. Die Zahl der Stellungnahmen, Kommentare und Berichte über die Grundsatzdimensionen und fast jede Facette dieser Krise ist unübersehbar geworden. Dieser öffentliche Diskurs, der auch in zahlreichen akademischen Traktaten nachschwingen wird, hat durchaus zu notwendigen Klärungen beigetragen, hat die Gedankenlosigkeit so mancher Wirtschaftsideologie entlarvt und wird uns mental für die Bewältigung zukünftiger Krisen besser rüsten.
Zum Zweiten hat die unausweichliche internationale Dimension dieser Krise nicht nur das Ausmaß der weltweiten Verflechtung (erneut) ins Bewusstsein gehoben, sondern sogar alle maßgeblichen Staaten zu einem ernsthaften Anfang gemeinsamen Handelns gebracht (Washingtoner G 7- Treffen).
Zum Dritten müsste nun eigentlich der Hochmut so mancher Banker und anderer Kapitalmarktakteure dahin geschmolzen sein. Wer so gottserbärmlich zum Überleben seiner Institution auf staatliche Hilfsgelder in Milliardenhöhe, und das heißt doch letztlich: auf die Steuergelder der Allgemeinheit, angewiesen ist, muss auch begreifen, dass er verantwortlicher Teil dieser Gemeinschaft ist.
Zum Vierten dürfte sich eigentlich niemand mehr der Einsicht versperren, dass die Dominanz der finanzpolitischen Erfolgskalküle unter Vernachlässigung sozialer Verantwortung ein grandioser Irrweg war.
Zum Fünften – und das ist die wesentlichste Lehre aus dieser Krise – muss die philosophisch-anthropologische Dimension dieser Krise erkannt werden. Wir müssen erkennen und bejahen, dass wir in einer humanen Verfassung der Freiheit dazu aufgerufen sind, die öffentlichen Probleme aus einem Bewusstsein öffentlicher Verantwortung gemeinsam im Rahmen unserer demokratischen Strukturen und in internationaler Zusammenarbeit friedlich zu lösen. Und wir müssen erkennen und bejahen, dass die Antizipation drohender Gefahren uns nicht in Fatalismus und Resignation verfallen lassen sollte, sondern dass wir aus der Möglichkeit des Erkennens solcher zukünftigen Gefahren Kraft und Orientierungen für ihre Bewältigung schöpfen können.

Über Rebe Bernd 6 Artikel
Prof. Dr. Bernd Rebe, Jahrgang 1939; Bernd Rebe studierte Rechtswissenschaften, Volkswirtschaftslehre und Geschichte. 1975-83 war er Professor für Zivil- und Wirtschaftsrecht an der Universität Hannover, 1979-81 Vizepräsident der Universität Hannover, 1983-99 Präsident der Technischen Universität Braunschweig. Seit 1999 ist er Professor für Wirtschafts- und Medienrecht an der TU Braunschweig, Institut für Sozialwissenschaften.

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