„Nationale Sicherheitsstrategie“ mit großen Lücken

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In dieser Woche hat die Bundesregierung nach langem Ringen und viel internem Streit eine neue „Nationale Sicherheitsstrategie“ vorgelegt. Aus der lange angekündigten „Strategie“ ist doch wohl eher eine lückenhafte Aufzählung geworden, was wir so alles brauchen in Zukunft, wenn wir über „Sicherheit“ sprechen. Von „Strategie“ ist da nicht viel zu lesen.

Die „Zeitenwende“ des russischen Angriffskrieges in der Ukraine war ohne Zweifel der richtige Anlass, auch in Deutschland strategische Fragen nach unserer zukünftigen Sicherheitsarchitektur zu stellen. Der Auflistung der Bundesregierung merkt man allerdings an, dass eine Vielzahl von Fragen offengeblieben ist. Einige davon, wie die nach einem Nationalen Sicherheitsrat, werden wohl auch auf Dauer von der Ampel nicht beantwortet werden.

Einig ist sich die Ampel darin, dass Russland „auf absehbare Zeit die größte Bedrohung für Frieden und Freiheit im euroatlantischen Raum“ bleiben werde. Aber schon mit der Umsetzung der Ankündigung des Bundeskanzlers aus dem letzten Jahr, „ab sofort mehr als zwei Prozent des BIP in unsere Verteidigung zu investieren“ tut sich die Koalition schwer, deutlicher noch: Sie hält die Zusage nicht ein.

Noch schwerer wiegt, dass eine Analyse unseres gegenwärtigen und zukünftigen Verhältnisses zu China in der Strategie fehlt. Außer der mittlerweile zur Floskel gewordenen Formulierung vom „Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen“ liest man nichts Neues, eine „China-Strategie“ soll später folgen.

Und schließlich: Der Prozess der erstmaligen Erstellung einer umfassenden Sicherheitsstrategie weist schwerwiegende Mängel auf. Große Teile des Bevölkerungsschutzes liegen in der Verantwortung der Länder, die an der Erarbeitung aber gar nicht beteiligt waren. Unsere Sicherheitsstrategie ist auch nicht denkbar ohne einen Bezug zur EU und zur NATO. Aber EU und NATO waren nicht einbezogen.

Dass dies auch besser geht, hat Frankreich vor zehn Jahren gezeigt, als in der Sicherheits-Kommission der französischen Regierung unter anderem ein hochrangiger deutscher Diplomat von Anfang an dabei war. Die deutsche Bundesregierung blieb dagegen ganz unter sich. Frankreich wird immerhin einige Male erwähnt, unser östlicher Nachbar Polen aber mit keinem Wort, ebenso wenig die baltischen Staaten, die auch zu unseren wichtigen Nachbarn im Osten gehören.

Man merkt: Deutschland tut sich sehr schwer mit strategischen Fragen und ihrer Beantwortung. Wenn die Bundesregierung die Erarbeitung der Texte dann bis zum Schluss als Verschlusssache behandelt und bei der Diskussion über den Text im Bundestag der Bundeskanzler, der Bundesverteidigungsminister und die Bundesinnenministerin fehlen, dann muss man sagen: Die „Zeitenwende“ ist für die Ampel noch ein sehr langer Weg. Und der kleinste gemeinsame Nenner einer streitenden Koalition bleibt ziemlich weit hinter dem zurück, was Deutschland als größtes Mitglied der EU und als größter europäischer Partner in der NATO jetzt eigentlich leisten müsste.

Quelle: MerzMail

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