Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung: Georgien ist seit Wochen gefangen in einem destruktiven Wechselspiel von Demonstration und Repression

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„Georgien ist seit Wochen gefangen in einem destruktiven Wechselspiel von Demonstration und Repression, die das Land international isoliert.

Auch nach bald 70 Tagen ununterbrochener Proteste zeigt sich die von Oligarch Bidsina Iwanischwili kontrollierte de-facto Regierung in Georgien unnachgiebig. Statt jedoch wie zu Beginn der Demonstrationen mit massiver Gewalt gegen Protestierende vorzugehen, wird nun auf gezielte Einschüchterung und Repression gegen Einzelpersonen gesetzt. Die Fälle von Msia Amaghlobeli und Giorgi Gacharia zeigen in drastischer Weise, wie der georgische Rechtsstaat in den letzten Monaten implodiert ist. International ist das Land isoliert, Antrittsbesuche der neuen Regierungsspitze in den Nachbarländern Aserbaidschan und Armenien unterstreichen, dass der Weg des Landes nach Europa mit einer Regierung unter Führung des Georgischen Traums versperrt ist.

Menschen protestieren…

Es kann als ein bemerkenswerter Ausdruck der Widerstandsfähigkeit der georgischen Zivilgesellschaft gewertet werden, dass die Proteste gegen den europafeindlichen und anti-demokratischen Kurs der Regierung des Georgischen Traums trotz der kalten Jahreszeit anhalten und weiterhin auch landesweit stattfinden. Zwar fehlen der Protestbewegung immer noch prägende Stimmen oder Gesichter, das ist aber auch eine Vorsichtsmaßnahme, denn sobald Anführer sichtbar werden, setzt die Regierung alles daran, diese aus dem Verkehr zu ziehen. Dafür tauchen immer wieder „Partisanen-Elemente“ während der Proteste auf, die die internationale Aufmerksamkeit auf die Situation in Georgien hochhalten: Im Januar wurden Fahrkartenautomaten in Tiflis manipuliert, so dass beim Kauf eines Tickets pro-europäische oder regierungskritische Ansagen ertönten.

Die Forderungen der Protestierenden bleiben unterdessen unverändert: Neuwahlen und die Freilassung der weit über hundert politischen Inhaftierten, die seit Wochen festgehalten werden. Bei beiden Punkten zeigt die Regierung bislang keinerlei Anzeichen des Einlenkens, im Gegenteil, es mehren sich Berichte über Essensentzug in Haft, physische Misshandlungen und Androhungen sexueller Gewalt gegen Gefangene. Die gut dokumentierten Fälle tragen dazu bei, dass der internationale Druck auf die Regierung wächst: Die USA haben zuletzt Sanktionen gegen Iwanischwili verhängt und die EU die Visumsfreiheit für georgische Diplomaten aufgehoben. Noch scheinen diese Schritte allerdings nicht ausreichend, um den Georgischen Traum zu Zugeständnissen zu bewegen.

…die Regierung schlägt zurück

Zu Beginn der Proteste im Dezember letzten Jahres folgte die staatliche Reaktion einem berechenbaren Muster: Protestierende wurden mit Wasserwerfern, Tränengas, gepanzerter Bereitschaftspolizei und irregulären Schlägertrupps verfolgt. Die Fotografin Gela Megrelidze berichtete nach ihrer Festnahme, dass alle Personen, die auf die Polizeiwache gebracht wurden, deutliche Anzeichen von Misshandlungen aufwiesen. Mittlerweile hat die Regierung ihr Vorgehen verändert. Die breitflächige Gewalt ist verschwunden, die Proteste werden ignoriert, und man gibt sich große Mühe, den Anschein von Normalität zu vermitteln. HIER WEITERLESEN

Quelle: Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung