„Nordkorea muss wieder ganz oben auf die Agenda“

China und Nordkorea stützen grausame Diktatur

nordkorea flagge land bundesweit offiziell banner, Quelle: paulbr75, Pixabay License Frei zu verwenden unter der Pixabay-Lizenz Kein Bildnachweis nötig

Das Volk hungert. Es herrscht ein erzwungener Personenkult. Das Land ist vom Rest der Welt so abgeschottet wie kein anderes. Grausamste Menschenrechtsverletzungen sind dort traurige Normalität. Der Diktator und die Elite leben in Saus und Braus. Bei den Raketentests des Landes hält die Welt regelmäßig den Atem an. Spätestens jetzt wissen Sie sicherlich, von welchem Land die Rede ist: Nordkorea. 

Nordkorea hält viele traurige Rekorde und darf angesichts zahlreicher Kriege und Konflikte in der Welt nicht in Vergessenheit geraten. Denn in letzter Zeit haben sich wieder die Provokationen von Kim Jong-Un gehäuft. Laut dem Jahresbericht des UN-Sanktionsausschusses für Nordkorea, der im April veröffentlicht wurde, hat das Land allein im letzten Jahr 73 Raketentests durchgeführt. Experten gehen davon aus, dass die Starts etwa 200 Millionen Dollar gekostet haben. Damit könnte Kim Jong-Un für sein hungerndes Volk etwa 500.000 Tonnen Reis kaufen. Das wären genug Nahrungsmittel, um die gesamte Bevölkerung Nordkoreas 46 Tage lang zu versorgen. 

Doch Kim Jong-Un ist die Demonstration seiner Macht und das Drohpotential für internationale Verhandlungen wichtiger als die Versorgung seiner Bevölkerung. Hunger musste er selbst nie am eigenen Leib erfahren. Die humanitären Bedingungen in Nordkorea sind weiterhin katastrophal. Menschenleben sind nichts wert. Waffen und Raketen haben Vorrang vor Nahrungsmitteln. 

Südkorea hat einen Bericht über die Menschenrechtslage in Nordkorea veröffentlicht und darin berichtet, dass der Diktator Menschen öffentlich hinrichten lässt, die Videos vertreiben oder mit in Südkorea hergestellten Kosmetika handeln.

In dem Bericht wird auch wieder deutlich, dass die Menschenrechtsverletzungen besonders gegenüber Frauen und Menschen mit Behinderungen gravierend sind. Außerdem umgeht Nordkorea weiterhin internationale Sanktionen, indem es seine Bürger zum Arbeiten ins Ausland entsendet. 

Jüngst hatten daher die USA und Japan die UN-Mitgliedsstaaten aufgefordert, im Ausland tätige Nordkoreaner in ihre Heimat zurückzuschicken. Der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol betonte in einer Rede vor dem US-Kongress, die „unsäglichen und schrecklichen Gräueltaten Nordkoreas gegen die eigene Bevölkerung erfordern internationale Aufmerksamkeit“. 

Laut einer im Jahr 2017 einstimmig verabschiedeten Resolution des UN-Sicherheitsrats hatten die Mitgliedstaaten nämlich bis Dezember 2019 Zeit, alle in ihren Ländern arbeitenden Nordkoreaner zurückzuschicken. Es überrascht nicht, dass Länder wie China und Russland nordkoreanischen Arbeitern weiterhin alternative Visa ausstellen, um billige Arbeitskräfte ins Land zu holen. Die kommunistischen Staaten und Menschenrechtsverletzer halten zusammen. 

 Immer noch gelangen auch nordkoreanische Informatiker durch Fake-Profile auf internationalen Freelancer-Websiten an weltweite Aufträge und das Regime somit an dringend benötigte Deviseneinnahmen. Bis zu zehntausend nordkoreanische IT-Mitarbeiter sind nach Schätzungen von Experten im Ausland angestellt  viele in China und Russland, aber auch in Europa, den USA oder Australien. Oft beschäftigen Firmen unwissentlich Nordkoreaner und verletzen damit internationale Sanktionen. Einige Firmen umgehen diese aber auch bewusst. So soll beispielsweise der Lucky-Strike-Produzent British American Tobacco illegal Tabakprodukte nach Nordkorea verkauft haben. Aufgrund dessen verhängte das US-Justizministerium kürzlich eine Strafe in Höhe von 635 Millionen Dollar. Es darf nicht sein, dass Unternehmen durch eine solche Praxis das menschenverachtende nordkoreanische Regime darin unterstützen, Menschenrechte zu verletzen und die Bevölkerung brutal zu unterdrücken.  

Angesichts vieler aktuell akuter Krisen und Konflikte weltweit dürfen Staaten, die seit Jahrzehnten Menschenrechte verletzen, aber nicht aus dem Blickfeld der Weltöffentlichkeit geraten. Nordkorea muss wieder ganz oben auf die Agenda. Denn während Sie diesen Text lesen, werden in Nordkorea Menschen willkürlich verhaftet, gefoltert und hingerichtet.

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Über Martin Lessenthin 10 Artikel
Der Publizist und Historiker Martin Lessenthin ist Botschafter für Menschenrechte. Er berichtete in verschiedenen politischen Gremien – zum Beispiel Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bunderstages - als Sachverständiger zu Menschenrechtsfragen. Lessenthin wirkt als Autor von gutachterlichen Stellungnahmen für politisch Verfolgte und Glaubensverfolgte sowie für politische Stiftungen und Bildungswerke u.a. im Rahmen der Integration von Geflüchteten. Auf Beschluss des Deutschen Bundestags wurde er 2016 in das Kuratorium des DIMR, dem Deutschen Instituts für Menschenrechte, Berlin gewählt und 2020 für eine zweite Amtsperiode gewählt. Von 2001 bis 2023 wirkte Lessenthin als Vorstandssprecher der Menschenrechtsorganisation IGFM, der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Frankfurt/M. Geboren 1957. Journalist. Studium der Geschichtswissenschaften, Politische Wissenschaften, Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Von 1989 bis 1998 Chefredakteur Deutsche Gewerkschaftszeitung, Stuttgart. Von 1992 bis 1998 Geschäftsführer Neuer Deutscher Gewerkschaftsverlag, Duisburg/Stuttgart. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Menschenrechtsfragen, Medienpolitik, Gewerkschaften.