Menschenwürde – Menschenrechte Soziale Arbeit. Die Menschenrechte vom Kopf auf die Füße stellen

von Silvia Staub-Bernasconi

EU-Parlament in Brüssel, Foto: Stefan Groß

Silvia Staub-Bernasconi: Menschenwürde – Menschenrechte  Soziale Arbeit. Die Menschenrechte vom Kopf auf die Füße stellen. Verlag Barbara Budrich, Opladen/Berlin/Toronto 2019, ISBN: 978-3-8474-0166-7, 29,90 EURO (D)

Die langjährige Dozentin für Soziale Arbeit, Silvia Staub-Bernasconi, über die Menschenrechtsorientierung der Profession Sozialer Arbeit, die nicht nur „eine Kritik an gesellschaftlich verursachtem oder toleriertem Leid und Unrecht, sondern auch am Mandat staatlicher wie privater Träger und ebenso an der Profession“, miteinschließt. (S. 10)

Im ersten Kapitel geht es um die historischen Wegbereiter der Menschenrechtsorientierung in der Sozialen Arbeit und die Institutionalisierung. Danach wird der Mandatsbegriff geklärt und begründet, weshalb Soziale Arbeit ihr bisheriges Doppelmandat von Hilfe und Kontrolle seitens des Staates zu einem Triplemandat im Dreieck von „AdressatInnen-SozialarbeiterInnen- Trägern/Gesellschaft“ ausweiten muss. Anschließend werden die Beiträge der Delegierten zur Formulierung der Allgemeinen Menschenrechtserklärung von 1948 gewürdigt. 

Im vierten Kapitel werden die wichtigsten philosophischen, religiösen und theologischen Vorstellungen von Menschenwürde im Rahmen der europäischen Denktradition vorgestellt. Danach wird an verschiedenen Beispielen gezeigt, dass Menschenwürde weltweit nicht unantastbar ist. Dabei wird vor allem auf ein Bildungsprojekt mit alleinerziehenden Frauen in Costa Rica vorgestellt. Außerdem werden die Themenkomplexe „Zivilcourage“ und „Ziviler Ungehorsam“ in einer historischen Abfolge von Vordenkern und rechtlichen Grundlagen skizziert. Wie dies im Rahmen der Sozialen Arbeit in die Realität umgesetzt werden kann, wird danach erläutert. 

Dann folgt eine Verknüpfung der Wirtschafts-, Sozial- und Kulturrechten mit der Vorstellung einer sozial gerechten Weltgesellschaft. Anschließend wird speziell auf das Thema Armut eingegangen und wie die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse geregelt werden könnte. Im letzten Kapitel werden drei Zukunftsperspektiven für eine Menschenrechtsarbeit in der Sozialen Arbeit aufgezeigt: Dies sind erstens der Auf- und Ausbau von Ombudsstellen, zweitens die Initiierung und Unterstützung von sozialen Prozessen mit Armutsbetroffenen und drittens zukünftige Felder der Sozialen Arbeit.

Hier werden die geschichtlichen Hintergründe, die Durchsetzung und die Menschenrechtsorientierung innerhalb des Fachbereiches Soziale Arbeit ausführlich dargestellt. Das Buch setzt sich aber nicht eindeutig mit der Kritik der Menschenrechte auseinander. Viele Autoren der postkolonialen Kritik verweisen auf ein hierarchisches Verhältnis des Westens und Europas gegenüber anderen Regionen und betrachten den Menschenrechtsdiskurs vor dem Hintergrund einer kolonialen Geschichte und postkolonialen Gegenwart. Dazu gehören Autoren wie Frantz Fanon, Stuart Hall, die Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison, Homi K. Bhabha, Edward Said, Gayatri Chakravorty Spivak oder Gauri Viswanathan. Damit verbunden ist eine Kritik am Eurozentrismus, etwa dass das Konzept der Menschenrechte seine Wurzeln in der europäischen Philosophie habe. 

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Über Michael Lausberg 546 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.