Pressemitteilung – Am Donnerstag, 15. Mai, wird ein Erinnerungszeichen für Helmuth Silberberg gesetzt: Der junge Mann jüdischen Glaubens wurde 1940 im Alter von 21 Jahren im Rahmen der sogenannten Aktion T4 aus der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar in die Tötungsanstalt Hartheim deportiert und ermordet. Die Gedenkveranstaltung findet um 15 Uhr in der Seidlvilla statt, im Anschluss wird das Erinnerungszeichen in der Wagnerstraße 6 gesetzt. Teilnehmen werden Stadträtin Julia Schönfeld-Knor in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München und zwei Angehörige des Geehrten, die aus Argentinien anreisen.
Helmuth Silberberg wurde am 15. Mai 1919 in Hannover als Sohn des Privatlehrers Hillel Silberberg und seiner Frau Esther Kula geboren und wuchs dort mit seinen fünf älteren Geschwistern auf. Sein Vater starb, als er sieben Jahre alt war. Seine Mutter gab ihn ein Jahr später in das Waisenhaus der Synagoge. Der Junge schrieb später: „Ich kann mich nicht erinnern, seitdem je gelacht oder gespielt zu haben …“. 1928 starb seine Schwester Berta. Seine geliebte Schwester Sofie ging 1934 nach Palästina, kurz darauf unternahm der Jugendliche einen Suizidversuch. Nach einem zweimonatigen Aufenthalt in psychiatrischer Behandlung kam er Ende 1934 in das Lehrlingsheim der Israelitischen Kultusgemeinde in München in der Wagnerstraße 3.
Die Eingewöhnung fiel ihm schwer. Mit 17 lief er aus dem Heim weg, versteckte sich und sagte später bei der Polizei aus, er habe einen Mord begangen, der aber nie stattgefunden hatte. Danach befand er sich, mit einer Unterbrechung, in der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar. Ab Ende 1938 bat Helmuth seine Mutter immer wieder, mit ihm zu fliehen: „Gott hat uns Vernunft und Kraft gegeben, unser Geschick zu formen nach seinem Willen. Dazu ist es nie zu spät; aber auch nie zu früh. Bedenkt doch einmal meine Jugend! Erst im 20. Lebensjahre bin ich. Es ist doch jammerschade um jeden Tag, der mir hier verloren geht.“
In Deutschland sah er für die jüdische Bevölkerung keine Zukunft mehr. Seine anderen Geschwister waren nach Argentinien emigriert. Seine Mutter war jedoch infolge der Beraubung durch das NS-Regime mittellos und konnte eine Emigration nicht finanzieren. Helmuth durfte die Anstalt allein nicht verlassen. Schließlich konnte seine Mutter nach Belgien entkommen, doch ihrem verzweifelten Sohn waren alle Wege zur Flucht versperrt.
Helmuth Silberberg wurde im Rahmen der sogenannten Aktion T4 in einer bayernweit organisierten Maßnahme des Bayerischen Innenministeriums gegen jüdische Anstaltspatientinnen und -patienten am 20. September 1940 von Eglfing-Haar in die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz deportiert und in einer Gaskammer ermordet. Seine Mutter Kula Silberberg wurde 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Programm
Donnerstag, 15. Mai 2025, 15 Uhr
Gedenkveranstaltung
Seidlvilla, Nikolaiplatz 1 b
Gabriele Wiesmüller, Seidlvilla Verein e.V.
Stadträtin Julia Schönfeld-Knor in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München
Dr. Jan Mühlstein, Liberale Jüdische Gemeinde München Beth Shalom
Verena Rapolder, Archiv des Bezirks Oberbayern
Roxana Licovetzky für die Familie
Patric Wolf, Bezirksausschuss 12 – Schwabing-Freimann
Simon Japha, Akkordeon
ca. 16.15 Uhr
Anbringung der Erinnerungszeichen
am ehemaligen Wohnort in der Wagnerstraße 6 (früher 3)
Zu den Erinnerungszeichen: Erinnerungszeichen werden seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Die Erinnerungszeichen bestehen aus gebürstetem Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – ein Bild.