Österreichische Präsidentschaftskanzlei deckt Enteignungen: Bericht zum Aschermittwochbrief

Bundespräsident Alexander van der Bellen (links im Bild) mit Ludwig Adamovich Pressefoto Präsidentschaftskanzlei
Die erste Antwort zum Aschermittwochbrief an den österreichischen Bundespräsidenten erfolgte rasch durch Ludwig Adamovich. Bereits zwei Tage nach dem Aschermittwoch antwortete der Berater für verfassungsrechtliche Angelegenheiten des Bundespräsidenten Alexander van der Bellen.


Im Aschermittwochbrief wurde der österreichische Bundespräsident konfrontiert mit den Verletzungen der Grundrechte, insbesondere des Eigentumsrechts. Es sollte geklärt werden, welche Maßnahmen staatliche Institutionen setzen werden:

Brief am Aschermittwoch: An den österreichischen Bundespräsidenten
(Tabula Rasa Magazin, 6. 3. 2019)

Zwei Tage später erfolgte die Antwort durch Ludwig Adamovich. Er ist der Berater des österreichischen Bundespräsidenten, wenn es um „verfassungsrechtliche Angelegenheiten“ geht.


Adamovich leugnet die Beweise
In seinem Schreiben behauptet Adamovich:

„Da es keinerlei Beweis für Verletzungen der Grundrechte und insbesondere des Eigentumsrechts gibt, ist diese Frage nicht zu beantworten“.
(Ludwig Adamovich, Österreichische Präsidentschaftskanzlei, Schreiben vom 8. März 2019)
Tatsächlich liegen hunderte Hinweise auf strafbare Tatbestände und Verletzungen der Grundrechte bei der österreichischen Volksanwaltschaft. Dort fein abgelegt mit Aktenzahl. Jederzeit überprüfbar für die Behörden der Republik Österreich und damit auch für die Mitarbeiter der Präsidentschaftskanzlei und den österreichischen Bundespräsidenten.


Im Tonfall korrupter Richter

Adamovich gibt hier den Ton vor, der von der österreichischen Justiz seit Jahren gedröhnt wird.  Bei Verfahren auf Sachwalterschaft, in denen alle Unterlagen der Betroffenen von der Richterschaft komplett ignoriert werden, mit der Zielsetzung jedenfalls das Vermögen zu übernehmen und zu plündern.
So wie Adamovich die Beweise negiert, die noch dazu seit Jahren reichlich bei der Volksanwaltschaft liegen, wird das schlechte Vorbild gegeben, für das Verhalten der österreichischen Richterschaft, bei den Zivilgerichten, aber auch bei den Strafgerichten. Es darf nicht weiter geschehen, dass dort Beweismaterial ignoriert wird, wie es der Berater für „verfassungsrechtliche Angelegenheiten“ des österreichischen Bundespräsidenten vorführt. Damit eine richterliche Willkür ermöglicht wird, der mit einer solch selbstherrlichen Attitude die Pforten breit geöffnet werden sollen.


Ausreden auch bei der EU-Grundrechteagentur

Die Probleme, die in der Republik Österreich gegeben sind, mit Amtsmissbrauch in der Justiz und den Verletzungen von Grundrechten, sind Thema auch bei internationalen Organisationen. So musste Justizminister Brandstetter bereits um Beschwichtigung bemüht sein, bei einem Treffen mit Michael O’Flaherty, dem Direktor der Europäischen Grundrechteagentur, wie sogar aus einer Presseaussendung des Bundesministeriums für Justiz vom 7. Juli 2017 zu erfahren ist:

„Im Zuge des informellen JI-Rates trifft Justizminister Brandstetter außerdem Michael O’Flaherty, den Direktor der Europäischen Grundrechteagentur, zu einem Gedankenaustausch. Dabei geht es auch um die Grundrechte von physisch oder psychisch beeinträchtigten Menschen, die im Rahmen der österreichischen Reform der Sachwalterschaft mustergültig berücksichtigt werden“.
(Bundesministerium für Justiz, Presseaussendung  vom 7. Juli 2017)

Mit dieser Ausrede reagierte Brandstetter wie ein Schuljunge, der bei einem bösen Streich ertappt wurde. „Mustergültig“ wolle er sich verhalten. Auf Dauer wird ein solcher Schwindel auf höchster Staatsebene und bei der Führung des Staates aber nicht genügen. Die österreichischen Behörden werden die Beweise zur Kenntnis nehmen müssen, dass Grundrechte massenweise verletzt werden. Entsprechende Maßnahmen sind erforderlich, die offenbar nur noch durch die Europäische Union zu erhoffen sind.


Präsidentschaftskanzlei seit Jahren informiert

Es ist nachweisbar, dass der österreichische Bundespräsident über solche Malversationen in der Justiz und Verletzungen des Eigentumsrechts durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft von zahlreichen Betroffenen informiert wurde. Selbst wenn der Berater für „verfassungsrechtliche Angelegenheiten“ die jährlichen Berichte der Volksanwaltschaft grundsätzlich nicht lesen sollte, so muss er doch diese unmittelbaren Berichte der Betroffenen kennen, die an die Präsidentschaftskanzlei gerichtet werden.

Adamovich verweist auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft. Es wurde bereits in früheren Beiträgen darauf aufmerksam gemacht, dass die Staatsanwaltschaften solche Hinweise auf strafbare Tatbestände, die durch Amtsmissbrauch von Richtern ermöglicht werden, nicht bearbeiten. Die Strafanzeigen müssten deshalb „von Amts wegen“ eingebracht werden. Bei Kenntnis von strafrechtlich relevanten Tatbeständen ist dies eine Verpflichtung der Behörden, die auch den österreichischen Bundespräsidenten betrifft.

Doch Adamovich erklärte: „Es fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundespräsidenten, Maßnahmen zu setzen“.

Das ist eine Floskel, die alle Stellen in Österreich zum Ausdruck bringen, die ursprünglich als Kontrollfunktion eingerichtet wurden. Diese Kontrollinstanzen, die in mehreren staatlichen Stellen vorgesehen waren, sollten gewährleisten, dass der Rechtsstaat funktioniert. Doch wird jetzt stets bei solchen Einrichtungen die Meinung vertreten, dass „keine Kompetenz dafür“ gegeben sei.  

Adamovich vermittelt mit seinem Schreiben den Einblick, dass diese Meinung, es dürfe der Rechtsstaat nicht verteidigt werden, von höchster Stelle weitergereicht wird, nämlich von der Beratung für „verfassungsrechtliche Angelegenheiten“ in der Präsidentschaftskanzlei.


Das österreichische Wesen
Zumindest zwei Mal im Jahr werden vom österreichischen Bundespräsidenten große Reden erwartet. Bei der Neujahrsansprache am Jahresanfang und zum Nationalfeiertag am 26. Oktober. Zum Nationalfeiertag 2018 erklärte Bundespräsident van der Bellen das Wesen des „Österreichischen“:

„Denn wir haben etwas ganz Besonderes, das uns in Zeiten der Polarisierung ganz besonders hilft und immer geholfen hat: Das Österreichische. Was das Österreichische ausmacht? Anders als der radikale Standpunkt, der alles verachtet, was von der „reinen Lehre“ abweicht, nimmt das Österreichische die Realität zur Kenntnis“.
(Alexander van der Bellen: Rede zum Nationalfeiertag 2018)
Welche Realität soll „das Österreichische“ zur Kenntnis nehmen? Offenbar wird in dieser Rede des Bundespräsidenten, die Formel „die Realität zur Kenntnis nehmen“ als Euphemismus für das Tolerieren von Malversationen eingesetzt.
Solche Worte des Bundespräsidenten werden von seinem Berater für „verfassungsrechtliche Angelegenheiten“ jedenfalls geduldet, wenn er nicht sogar selbst als ein Ghostwriter bei solchen Reden des Bundespräsidenten wirkt. Denn diese Idee vom Wesen des „Österreichischen“ klingt nicht nach Alexander van der Bellen, vielmehr nach einem Autor wie dem ehemaligen Nationalratspräsidenten Andreas Khol oder eben nach Adamovich.




Amt des Bundespräsidenten beschädigt

Doch beschädigt Adamovich mit seiner Meinung, dass der österreichische Bundespräsident nicht seine Besorgnis zum Ausdruck bringen solle, wenn er von eklatentem Amtsmissbrauch und von schwerer Korruption erfährt, das ehrenvolle Amt.
Bevor Adamovich diese Auffassung durchsetzte, herrschte in der Republik Österreich allerdings die Überzeugung, dass es zu den vornehmlichen Aufgaben des Bundespräsidenten zählt, für Moral und die guten Sitten im Land einzutreten, damit der Staat weiterhin ordnungsgemäß funktioniere.

Dies solle geschehen durch ermahnende Reden, aber auch durch die Ausschöpfung aller möglichen Maßnahmen, die mit dem Amt gesetzt werden können. Für die Ausschöpfung solcher Möglichkeiten war ursprünglich die Stelle des „Beraters für verfassungsrechtliche Angelegenheiten“ des österreichischen Bundespräsidenten wohl vorgesehen, damit diese einen Sinn in der Präsidentschaftskanzlei mache. Und nicht für das Gegenteil: Nämlich für die Blockade.
 
Ideologie zählt mehr als Aufrichtigkeit

Der Bundespräsident soll bei Malversationen in der Justiz schweigen. Doch gilt es als Selbstverständlichkeit, dass er Einspruch einlegen kann bei den Besetzungen hoher Staatsposten, wenn sie der Präsidentschaftskanzlei nicht passen. Zuletzt traf dies Hubert Keyl, der Richter am Bundesverwaltungsgericht werden sollte. Keyl zog sich zurück, da Bundespräsident van der Bellen mit seinem Veto drohte.
Gegen Keyl konnten von der Präsidentschaftskanzlei allerdings keine Vorwürfe von Malversation oder möglichen Amtsmissbrauch genannt werden, sondern es wurden ausschließlich ideologische Gründe vorgebracht.  Bei allen eventuellen Unterschieden in der Ideologie, man kann nicht ausschließen, aufgrund des katastrophalen Zustandes in der österreichischen Justiz, dass ein Mann wie Hubert Keyl mit den Malversationen aufräumen würde, wenn er diese erkennt. Diese mögliche Gefahr, die die korrupten Verhältnisse in der österreichischen Justiz treffen kann, wäre dann der Grund, dass die Präsidentschaftskanzlei solche Besetzungen verhindern muss.

Im November 2017, nach den letzten Nationalratswahlen, erklärte Bundespräsident van der Bellen, dass er den Vorschlag für die Besetzung des Justizministers genau prüfen wolle. Er würde Kandidaten eventuell nicht angeloben. Insbesondere wurden in diesem Zusammenhang der freiheitliche Generalsekretär und EU-Mandatar Harald Vilimsky und FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus genannt. Bundespräsident van der Bellen gab an, dass er diese beiden Besetzungsvorschläge nicht als Minister akzeptieren wolle.

Doch selbst die Verleihungen des Titels Professor werden vom österreichischen Bundespräsidenten geprüft und unterzeichnet. Auch diese Professorentitel werden gerne an Personen vergeben, die in parteipolitischen Vorfeldorganisationen arbeiten. Die Leistungen, die im Bereich von Bildung und Forschung erbracht wurden, sind dabei oft nicht von entscheidender Bedeutung.


Abberufung eines Ministers

Der Bundespräsident kann Mitglieder der Regierung und den Bundeskanzler zu Gesprächen in den Präsidententrakt in der Wiener Hofburg einladen. Beim Gespräch mit dem Bundeskanzler kann der Bundespräsident die Malversationen in der österreichischen Justiz zum Thema machen und fordern, dass Maßnahmen gesetzt werden. Dafür muss auch ein Justizminister eingesetzt werden, der das Problem in den Griff bekommen will. Der Bundeskanzler müsste dafür die Abberufung eines gescheiterten oder gar dubiosen Justizministers einleiten und das Amt in Übereinstimmung mit dem Bundespräsidenten neu besetzen.

Gemäß der österreichischen Verfasung obliegt die Abberufung eines Ministers den Agenden des Bundeskanzlers laut Artikel 70 des Bundes-Verfassungsgesetzes:

„Der Bundeskanzler und auf seinen Vorschlag die übrigen Mitglieder der Bundesregierung werden vom Bundespräsidenten ernannt. Zur Entlassung des Bundeskanzlers oder der gesamten Bundesregierung ist ein Vorschlag nicht erforderlich; die Entlassung einzelner Mitglieder der Bundesregierung erfolgt auf Vorschlag des Bundeskanzlers”. (Bundes-Verfassungsgesetz, Artikel 70)
Der Bundespräsident kann die Abberufung eines Ministers durchsetzen, durch die Androhung die Bundesregierung nötigenfalls zu entlassen und Neuwahlen anzusetzen.  Dies mit der Begründung, dass die skandalösen Zustände in der Justiz den Rechtsstaat gefährden. Nach den Neuwahlen müsste der Bundespräsident bei der Regierungsbildung dafür sorgen, dass entsprechende Maßnahmen gesetzt werden, die eine korrekte Arbeit  der Justiz gewährleisten. Die Angelobung des neuen Justizministers erfolgt dann unter dieser Voraussetzung.

Doch konnte man auf der Rückseite des Präsidententraktes, bei einem Hintereingang, in breiten Lettern die Aufschrift „Lakaienstiege“ lesen. Ein Relikt aus alten Zeiten, das in der zweiten Republik nicht entfernt werden sollte.


Justiz im Dienst der Machtsicherung
Das Verhalten von Ludwig Adamovich kann durch seinen familiären Hintergrund und sein Beziehungsnetz erklärt werden. Der Vater Ludwig Adamovich senior entstammte einer Familie von „Verwaltungsjuristen und Grundbesitzern“, wie es genannt wurde.

„Der Austrofaschismus stellte die Justiz gezielt in den Dienst seiner Machtsicherung“, befand der Politologe Emmerich Tálos in „Das austrofaschistische Österreich 1933 – 1938“ (S. 73).
Seine Laufbahn in der österreichischen Justizbehörde startete Ludwig Adamovich senior in einer Epoche, die von Justizskandalen so sehr erschüttert wurden, dass eine erzürnte Menge den Justizpalast am 15. Juli 1927 in Brand setzte. Der Justizpalastbrand ist einer der Schlüsselmomente der ersten Republik, der auch Literaturnobelpreisträger Elias Canetti zu seinem philosophischen Hauptwerk „Masse und Macht“ anregte, an dem er mehr als 30 Jahre arbeitete.

Ludwig Adamovich senior begann 1920 im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts und wurde 1924 Universitätsdozent für Staats- und Verwaltungsrecht. Er war von 1930 bis 1933 Mitglied des Verfassungsgerichtshofes und wurde 1934 Universitätsprofessor an der Universität Wien. Ludwig Adamovich senior war Mitarbeiter bei der Formulierung der Verfassung vom Mai 1934, mit der eine autoritäre Organisation der Herrschaft festgeschrieben werden sollte. Er war Mitglied des Staatsrats und des Bundesrats von 1934 bis 1938 und wurde im Februar 1938 Justizminister im Schuschnigg-Regime.

Dollfuß-Regime enteignete Kinderfreunde
Damit nahm Ludwig Adamovich senior als Berater eine Schlüsselrolle im Dollfuß-Schuschnigg-Regime ein, das die Ausschaltung aller oppositionellen Parteien und Kräfte betrieb. Politische Gegner von Dollfuß wurden in Anhaltelager gebracht, also interniert. Auch Franz Olah, der später Innenminister in der zweiten Republik wurde, kam in der Zeit des Austrofaschismus ins Gefängnis, für das Verteilen von Flugblättern mit politischem Inhalt.
 
Die Verhaftungen waren auch von finanziellen Übernahmen begleitet. Vereine und Organisationen wurden aufgelöst und ihre Vermögenswerte enteignet. Zu diesen Vereinen zählten beispielsweise die Wiener Kinderfreunde. Der Auflösungsbescheid des Bundeskanzleramts wurde am 13.  Februar 1934 ausgestellt. Es wurde das gesamte Vermögen der Kinderfreunde enteignet. Mit der Auflösung der Wiener Kinderfreunde war die Übernahme eines beträchtlichen Vermögens verbunden, denn es waren auch Sportplätze und Spielplätze und weitere Einrichtungen betroffen, beispielsweise 475 Kinderheime, die von freiwilligen Mitarbeitern errichtet wurden.
Regimekritische Professoren wurden im Austrofaschismus von den Universitäten vertrieben. Dadurch konnte Ludwig Adamovich senior die ordentliche Professur für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien erhalten, wie Andreas Huber in seiner Studie „Rückkehr erwünscht“ ausführte:

„Profitierten auch einzelne Ordinarien von Maßregelungen gegen regimekritische Lehrende im Austrofaschismus. So konnte Ludwig Adamovich nach der Zwangspensionierung Max Layers (…) per 1. Oktober 1934 die Lehrkanzel für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien übernehmen“.
(Andreas Huber: Rückkehr erwünscht. Im Nationalsozialismus aus politischen Gründen vertriebene Lehrende der Universität Wien, S. 81).

Justizstrukturen abgesichert
Ludwig Adamovich senior wurde nach dem Krieg, als ehemaliger Anhänger des Dollfuß-Regimes, sofort wieder in hohe Staatsfunktionen geholt. Er war von 1946 bis 1955 Präsident des Verfassungsgerichtshofes.  
Von 1945 bis 1947 war Ludwig Adamovich senior auch sofort Rektor der Universität Wien. In dieser Funktion konnte er wesentlich mitbestimmen, welche Forscher und Wissenschafter nach dem Krieg wieder an die Universität Wien berufen wurden.  Damit wurde eine Ausgangssituation geschaffen, von der das Juridicum in Wien noch heute geprägt ist.

Sein Sohn Ludwig Adamovich junior ist durch die Familiengeschichte mit den historischen Hintergründen der österreichischen Justiz eng vertraut.  Auch er wurde rasch in hohe Ämter befördert, um die Tradition fortzusetzen und offenbar abzusichern. Er wurde 1977 Sektionschef des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt. Von 1984 bis 2002 war er Präsident des österreichischen Verfassungsgerichtshofes. 1974 erhielt Ludwig Adamovich junior eine Professur für öffentliches Recht an der Universität Graz.


Adamovic erklärt abschließende Stellungnahme
Nach der aktuellen Anfrage an den österreichischen Bundespräsidenten im Aschermittwochbrief wurden Ludwig Adamovich junior in einem weiteren Schreiben am 8. März 2019 nochmals Erläuterungen gegeben.  Es wurde um Mitteilung ersucht, ob eine weiterführende Stellungnahme noch erfolgt oder das Schreiben von Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovich vom 8. März 2019 als abschließend zu betrachten ist.

Am 11. März erfolgte die Antwort durch eine Mitarbeiterin von Ludwig Adamovich junior:

„Zu Ihrem Schreiben vom 8. März teile ich Ihnen im Auftrag von Prof. Adamovich mit, dass keine weitergehende Stellungnahme abgegeben wird“.
(Email, Präsidentschaftskanzlei, Mitarbeitern von Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovic, 11. 3. 2019)

Damit kann die Stellungnahme der Beraters für verfassungsrechtliche Angelegenheiten des österreichischen Bundespräsidenten vom 8. März als abschließend betrachtet werden.

Suggestiver Sprachgebrauch

Adamovic wendet in seinem Antwortschreiben den bekannten Sprachtrick der Justiz an, dass bei Aussagen über Amtsmissbrauch von „Behauptung“ gesprochen wird. Bei Aussagen von Justizbeamten von „Feststellung“ oder „Erklärung“. Peter Handke erkannte diese Methode bereits in seinem Essay: „Die Tautologien der Justiz“ (Erstveröffentlichung in: Die Zeit, 14. 11. 1969).

Das ist ein Sprachgebrauch, der nicht an objektiven Fakten sich orientieren möchte und deshalb in einer korrekten Rechtsprechung keinen Platz haben darf. Rechtsstaat bedeutet jedenfalls Orientierung an Fakten.


EU-Charta der Grundrechte

Adamovich erkennt in seiner Antwort die Rechtsvorschrift nicht, die die Grundrechte bestimmt. Oder will zur Schau stellen, dass er diese ignoriert:

die Zitierung von Artikeln einer nicht bezeichneten Rechtsvorschrift, dass Grundrechte betroffen seien”.  
Es handelte sich bei dieser Zitierung um die Artikel 17 (Eigentumsrecht) und Artikel 7 (Achtung des Privatlebens und Familienlebens, der Wohnung und Kommunikation) der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
Die “nicht bezeichnete Rechtsvorschrift” ist damit die EU-Grundrechtecharta. Es wurde zuvor in dem Schreiben an den österreichischen Bundespräsidenten ein Hinweis auf einen Beitrag gegeben, der auf The European veröffentlicht wurde:
Grundrechte in der Europäischen Union werden verletzt: Der Fall Österreich
(The European, 6. 6. 2017).

In diesem Beitrag auf The European wurde ausführlich auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den Vertrag von Lissabon eingegangen, weshalb die Kenntnis der Rechtsvorschrift in dem Schreiben bereits vorausgesetzt wurde.


Dokumentation: Schreiben von Adamovich

Hier werden das Schreiben von Ludwig Adamovich und die nachfolgenden Erläuterungen in vollem Wortlaut als Dokument veröffentlicht.
Die Antwort von Ludwig Adamovich erfolgte am 8. März 2019.


Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Ludwig Adamovich
Präsidentschaftskanzlei
Berater für verfassungsrechtliche Angelegenheiten


Sehr geehrter Herr Mag. Schuetz!

Sie schreiben in Ihrem Mail vom 6.3. d.J., dass an die Volksanwaltschaft gerichtete Beschwerden betreffend Fälle von Sachwalterschaft Hinweise auf strafrechtlich relevante Tatbestände darstellten. Es seien willkürliche Enteignungen, die durch Amtsmissbrauch der Justiz ermöglicht werden. Wohnungen würden geplündert und alle Vermögenswerte übernommen.

Sie behaupten weiters unter Zitierung von Artikeln einer nicht bezeichneten Rechtsvorschrift, dass Grundrechte betroffen seien. Für diese Behauptung fehlt jeder Beweis.

Dies vorausgeschickt, werden die gestellten Fragen wie folgt beantwortet:

Es fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundespräsidenten, Maßnahmen zu setzen, damit diese Behauptungen der Verletzungen der Grundrechte und insbesondere des Eigentumsrechts aufgeklärt werden und gegen strafrechtlich relevante Tatbestände vorgegangen wird, die durch Amtsmissbrauch in der Justiz verursacht wurden“. Für die Verfolgung strafrechtlich relevanter Tatbestände sind die Staatsanwaltschaften zuständig.

Da es keinerlei Beweis für Verletzungen der Grundrechte und insbesondere des Eigentumsrechts gibt, ist diese Frage nicht zu beantworten.

Das Gleiche gilt für die letzte Frage.

Mit den besten Grüßen
o.Univ.Prof. Dr. Dr. hc. mult. Ludwig Adamovich
Berater für verfassungsrechtliche Angelegenheiten


Antwort an Adamovich mit Erläuterungen

Herrn 
Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Ludwig Adamovich
Berater des Bundespräsidenten 
für verfassungsrechtliche Angelegenheiten                                      
Österreichische Präsidentschaftskanzlei
Hofburg, Ballhausplatz
A-1010 Wien

Schreiben für die Weiterleitung gesendet an:
Frau Gabriele Weinberger (Kabinett des Bundespräsidenten)

Aktenzahl: S120100/10 -VA/2019                          

Sehr geehrte Frau Weinberger,

Ich danke Ihnen für die Zusendung der Antwort von Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovich. Die Antwort wird, zum vorgesehenen Zeitpunkt, noch veröffentlicht. 

Zum Schreiben von Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovich möchte ich noch die folgenden Erläuterungen abgeben. Ich ersuche Sie, das Schreiben mit den Erläuterungen Herrn Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovich vorzulegen. Sollte Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovich auf Basis dieser Erläuterungen noch eine weiterführende Stellungnahme abgeben wollen, so wird diese selbstverständlich in weiteren Beiträgen berücksichtigt.

Erläuterungen

Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovich schreibt in seiner Antwort:
“behaupten weiters unter Zitierung von Artikeln einer nicht bezeichneten Rechtsvorschrift, dass Grundrechte betroffen seien”.

Erläuterung:

Es handelt sich um die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die die Republik Österreich als Mitgliedsstaat der Europäischen Union anerkannte. Zu dieser Anerkennung wäre der Vertrag von Lissabon zu nennen, der von den damals 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, damit auch von der Republik Österreich, am 13. Dezember 2007 unterzeichnet wurde.  Artikel 6 des EU-Vertrages von Lissabon betrifft die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die mit der Unterzeichnung rechtskräftig wurde. Für die Republik Österreich wurde der Vertrag von Lissabon vom damaligen Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer und der Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik unterzeichnet. 

Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovich schreibt weiters:
“Für die Verfolgung strafrechtlich relevanter Tatbestände sind die Staatsanwaltschaften zuständig”.

Erläuterung:
Es wurde bereits in früheren Beiträgen ausführlich dargestellt, dass die Staatsanwaltschaft entsprechende Strafanzeigen nicht bearbeitet. Es wäre deshalb erforderlich, dass von der Republik Österreich eingerichtete Institutionen, wie beispielsweise die Volksanwaltschaft, bei entsprechenden Hinweisen Strafanzeigen “von Amts wegen” einreichen. 

Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovich schreibt weiters:
“Da es keinerlei Beweis für Verletzungen der Grundrechte und insbesondere des Eigentumsrechts gibt, ist diese Frage nicht zu beantworten”.

Erläuterung:

Für die Beweisführung sind insbesondere als grundlegend die jährlichen Berichte der österreichischen Volksanwaltschaft an den Nationalrat zu nennen. Darin sind hunderte Fälle dokumentiert, die unter Aktenzahl bei der Volksanwaltschaft von den österreichischen Behörden, und wohl fraglos auch vom Österreichischen Bundespräsidenten, für eine genaue Überprüfung eingesehen werden können. Dazu: Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und an den Bundesrat 2017: Kontrolle der öffentlichen Verwaltung, Wien 2018.

Ich ersuche um Mitteilung, ob eine weiterführende Stellungnahme noch abgegeben wird oder das Schreiben von Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Adamovich vom 8. März 2019 als abschließend zu betrachten ist.

Mit besten Grüßen
Mag. Johannes Schütz

Mag. Johannes Schütz
Wien, Austria (derzeit im Ausland)
www.tabularasamagazin.de/author/schuetz_johannes  

Links:

Brief am Aschermittwoch: An den österreichischen Bundespräsidenten
(Tabula Rasa Magazin, 6. 3. 2019)

Österreichische Volksanwaltschaft legt Jahresbericht für 2017 vor: Erschreckende Fakten über die Verletzung von Grundrechten
(Tabula Rasa Magazin, 10. 5. 2018)



Über Johannes Schütz 97 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel