Der Freiheitspreis der Medien 2025 wurde am 7. Mai 2025 im Rahmen des renommierten Ludwig-Erhard-Gipfels auf dem Gut Kaltenbrunn in Gmund am Tegernsee verliehen. In diesem Jahr erhielt Joachim Gauck, der ehemalige Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, diese prestigeträchtige Auszeichnung. Der Freiheitspreis wird von der Weimer Media Group verliehen, die damit Persönlichkeiten würdigt, die sich in besonderer Weise für die Förderung von Meinungsfreiheit, Demokratie und den politischen Dialog einsetzen.
Die Weimer Media Group vergibt diesen Preis seit 2017 im Rahmen des Ludwig-Erhard-Gipfels, einer hochkarätigen Politik- und Wirtschaftskonferenz. Bisherige Preisträger sind unter anderem der russische Oppositionspolitiker Alexei Nawalny, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der ehemalige Präsident der Sowjetunion Michail Gorbatschow und Fürst Albert II. von Monaco. Mit der Auszeichnung an Joachim Gauck wird erneut ein herausragender Verteidiger der demokratischen Werte geehrt.
Joachim Gauck: Ein Leben für Freiheit und Demokratie
Joachim Gauck ist ein Mann, dessen Leben und Werk eng mit der Geschichte Deutschlands im 20. und 21. Jahrhundert verbunden sind. Geboren 1940 in Rostock, wuchs er in der DDR auf, einem Staat, der die Grundrechte seiner Bürger massiv einschränkte. Schon früh war Gauck von den Unzulänglichkeiten des Systems geprägt und entwickelte eine tiefe Ablehnung gegenüber der SED-Diktatur. In den 1980er Jahren wurde er zu einem der bekanntesten Bürgerrechtler in der DDR und setzte sich in der Bewegung „Demokratie jetzt“ sowie im Neuen Forum für mehr Freiheit und Demokratie in der DDR ein.
Gaucks Engagement führte ihn 1989 in den Kreis derjenigen, die die friedliche Revolution in der DDR mitgestalteten. Nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands setzte er sich als erster Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde (1990–2000) dafür ein, die Verstrickungen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) aufzuarbeiten und den Menschen ein Stück Wahrheit zurückzugeben.
Diese Arbeit, die die Auseinandersetzung mit der DDR-Diktatur und den Mechanismen der Überwachung und Unterdrückung zum Ziel hatte, führte ihn zu einer grundlegenden Erkenntnis: Freiheit ist nicht selbstverständlich und muss immer wieder verteidigt werden. Als Bundespräsident von 2012 bis 2017 trat Gauck häufig als Mahner auf, der für die Werte der Demokratie, der offenen Gesellschaft und der Toleranz eintrat.
In seinem Buch Erschütterungen setzt sich Joachim Gauck intensiv mit den Herausforderungen und Werten einer demokratischen Gesellschaft auseinander. Das Buch ist ein persönlicher und zugleich politischer Versuch, die Auswirkungen historischer Erfahrungen und die Zukunft von Demokratie, Freiheit und Verantwortung in einer sich wandelnden Welt zu reflektieren.
Kritik an der Gesellschaft und der politischen Entwicklung
Gauck äußert sich kritisch über eine Vielzahl gesellschaftlicher Entwicklungen, insbesondere den Rückgang der politischen und moralischen Orientierung in Teilen der Gesellschaft. Er sieht die Demokratie und die Grundwerte des Westens in Gefahr, wenn diese Werte nicht mit Leben erfüllt und ständig verteidigt werden. Besonders betont er die Zunahme von Intoleranz und Politikverdrossenheit, die die Gesellschaft zunehmend prägen.
Er kritisiert auch die Neigung zur Rückkehr autoritärer Tendenzen in politischen Diskursen, sowohl in Deutschland als auch global. Eine seiner Hauptsorgen ist, dass Populismus und Nationalismus in vielen Teilen der Welt erstarken, was die demokratischen Werte bedroht, die seiner Meinung nach so lange als selbstverständlich galten.
Freiheit als zentrale Dimension des Lebens
Für Gauck ist Freiheit nicht nur das Fehlen von äußeren Zwängen, sondern auch die Möglichkeit, sich selbst zu entfalten und Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. In seinem Buch erklärt er, dass Freiheit für ihn eine aktive Haltung ist: Man kann nur wirklich frei sein, wenn man sich die Freiheit auch bewusst nimmt und Verantwortung für sein eigenes Handeln und das Gemeinwohl übernimmt.
„Freiheit ist nicht nur das Fehlen von Zwang, sondern die Möglichkeit, sich aktiv in der Gesellschaft zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen.“
Gauck betont, dass Freiheit immer in einem spirituellen und moralischen Kontext betrachtet werden muss. Sie ist untrennbar mit der Achtung der Menschenwürde und der Toleranz gegenüber anderen verbunden. Freiheit bedeutet, die eigenen Grenzen zu erkennen und die Freiheit der anderen zu respektieren.
Toleranz als Grundlage der Demokratie
Ein zentrales Element von Gaucks Philosophie ist die Toleranz, die er als unabdingbare Voraussetzung für das Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft ansieht. Toleranz bedeutet für Gauck nicht nur, die Meinungen und Überzeugungen der anderen zu akzeptieren, sondern auch in Konflikten und Meinungsverschiedenheiten respektvoll miteinander umzugehen. Für ihn ist Toleranz eine Tugend, die sich nicht in der passiven Akzeptanz von Andersdenkenden erschöpft, sondern in einer aktiven Bereitschaft zum Dialog und zu Verständigung.
In Bezug auf die Bedeutung der Toleranz stellt Gauck klar: „Die Herausforderung der Demokratie ist nicht die Einigkeit, sondern die Fähigkeit, in der Differenz zu leben und sich gegenseitig zu respektieren.“
Verantwortung in der Demokratie und die Notwendigkeit der Veränderung
Gauck plädiert für eine stärkere politische Verantwortung der Bürger. Er fordert, dass politische Passivität überwunden wird, da Demokratie nicht nur ein System von Rechten, sondern auch von Pflichten ist. Bürger müssen sich aktiv in politische Prozesse einbringen und Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen.
Eine weitere zentrale Forderung von Gauck ist, dass Gesellschaften sich weiterentwickeln müssen, um den Herausforderungen der Gegenwart gerecht zu werden. Dazu gehören nicht nur die Auseinandersetzung mit der Geschichte, insbesondere mit der deutschen Vergangenheit, sondern auch die kontinuierliche Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Spannungen und der globalen Verantwortung.
„Demokratie lebt von der ständigen Auseinandersetzung mit ihren eigenen Werten und den Widersprüchen der Gesellschaft. Wir dürfen nicht aufhören, über diese Werte nachzudenken.“
Gesellschaftliche Veränderungen: Vom Individuum zum Gemeinwohl
Für den Altbundespräsidenten Gauck muss sich die Gesellschaft grundlegend verändern, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern. Er fordert eine Erneuerung der politischen Kultur, in der individuelle Verantwortung und das Engagement für das Gemeinwohl im Vordergrund stehen. In einer Zeit von Globalisierung und Digitalisierung sieht er es als notwendig an, dass die Bürger nicht nur ihr eigenes Wohl, sondern auch das Wohl anderer im Blick haben.
Er spricht sich für eine aktive Bürgergesellschaft aus, in der Menschen sich nicht nur als Konsumenten, sondern als gestaltende Mitglieder verstehen. Dies erfordert eine neue politische Bildung, die den Dialog zwischen den Generationen und den Kulturen fördert und nicht nur auf Partikularinteressen schaut.
„In einer globalisierten Welt muss der Einzelne verstehen, dass sein Handeln immer Auswirkungen auf andere hat – auch über nationale Grenzen hinweg. Verantwortung geht über das eigene Wohl hinaus.“
Gauck fordert in Erschütterungen eine Gesellschaft fordert, die auf den Prinzipien der Freiheit, Verantwortung und Toleranz aufbaut. Er plädiert für eine aktive politische Kultur, in der jeder Einzelne Verantwortung für das Gemeinwohl übernimmt und in der Demokratie durch einen respektvollen Dialog und eine ständige Auseinandersetzung mit den eigenen Werten und den Widersprüchen in der Gesellschaft lebendig bleibt. Die Gesellschaft muss sich weiterentwickeln, indem sie sowohl die politischen als auch die sozialen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erkennt und angeht.
In Erschütterungen spricht Joachim Gauck auch über die geopolitische Lage in Europa, insbesondere im Hinblick auf die Ukraine und Russland, sowie die damit verbundenen Herausforderungen für die westliche Welt. Seine Analyse ist von einer klaren Haltung geprägt: Er sieht die Ukraine als ein Land, das für die westlichen Werte von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit kämpft, während Russland unter Wladimir Putin eine zunehmend autoritärere Politik verfolgt.
Russland und die geopolitische Bedrohung
Gauck analysiert die Entwicklung Russlands unter Putin und die Bedrohung, die von diesem autoritären Kurs ausgeht. Er stellt fest, dass Russland, besonders nach der Annexion der Krim im Jahr 2014, sich zunehmend von den westlichen Demokratien abwendet und stattdessen eine aggressive Außenpolitik verfolgt. Putin wird von Gauck als ein Machthaber dargestellt, der seine Politik auf Nationalismus, Imperialismus und die Wiederherstellung eines „Großrusslands“ stützt. Die geopolitische Strategie Russlands wird als eine direkte Bedrohung für die europäische Sicherheitsarchitektur wahrgenommen.
„Putin versucht, die westlichen Werte zu untergraben, indem er ein autoritäres, imperialistisches Russland propagiert und sich in einem geopolitischen Machtspiel gegen den Westen stellt.“
Gauck betont, dass Russlands Aggressionen nicht nur in der Ukraine, sondern auch in anderen Teilen Europas und der Welt eine Herausforderung für die internationale Ordnung darstellen. Er warnt vor einer zunehmenden Spaltung der Welt in autoritäre und demokratische Lager, was zu einer gefährlichen Zunahme von Spannungen und Konflikten führen könnte.
Die Ukraine und der Kampf für Freiheit
Die Ukraine wird von Gauck als ein Land dargestellt, das sich nach den Ereignissen der Euromaidan-Proteste 2014 und dem Sturz des prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch entschieden hat, den Weg der europäischen Integration und der Demokratisierung zu gehen. Gauck sieht den russischen Übergriff auf die Ukraine, insbesondere die Annexion der Krim und die Unterstützung der Separatisten im Osten des Landes, als große Bedrohung für die Souveränität der Ukraine und als direkten Angriff auf die europäischen Werte.
Er würdigt die kreativen und mutigen Bestrebungen der ukrainischen Bevölkerung, die trotz massiver Widerstände den Weg der Reformen und der Annäherung an den Westen weiter verfolgen, obwohl sie auch enorme geopolitische Risiken eingehen. Gauck beschreibt die Ukraine als ein Symbol für den Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung, der den westlichen Demokratien so vertraut ist.„Die Ukraine ist nicht nur das Schlachtfeld zwischen West und Ost, sondern auch ein Symbol für den Kampf um Freiheit und Demokratie. Ihr Schicksal ist das Schicksal der Werte, die der Westen zu schützen bereit sein muss.“
Die westliche Reaktion und die Verantwortung des Westens
Gauck fordert eine klare und entschlossene Antwort des Westens auf die Aggression Russlands. Er sieht die westliche Welt als in der Verantwortung, die Werte der Demokratie und der Menschenrechte zu verteidigen und der Ukraine zu helfen, ihre Souveränität zu bewahren. Zugleich warnt er davor, dass die westlichen Demokratien den Geopolitischen Raum im Osten Europas nicht aufgeben dürfen, da dies zu einer weiteren Expansion autoritärer Regime führen könnte.
Er erklärt, dass die westlichen Staaten eine klare politische und wirtschaftliche Unterstützung für die Ukraine leisten müssen, sowohl auf diplomatischer als auch auf militärischer Ebene, um die künftige Stabilität Europas zu sichern. Das gelte insbesondere im Hinblick auf die Rolle von NATO und Europäischer Union. „Der Westen muss entschieden handeln, um die Ukraine in ihrer Souveränität zu unterstützen und gleichzeitig die Prinzipien des Völkerrechts und die territoriale Integrität zu wahren.“
Die globale politische Lage und die Verantwortung des Westens
Der gebürtige Rostocker sieht in der Wiederbelebung von Autoritarismus weltweit eine Bedrohung für die westliche Demokratie. Er verweist nicht nur auf Russland, sondern auch auf die Veränderungen in China und andere autoritäre Regime, die in den letzten Jahren gestärkt wurden. Für ihn ist es entscheidend, dass die westlichen Demokratien sich ihrer moralischen Verantwortung bewusst werden und sich nicht von populistischen Tendenzen und autoritären Führern verunsichern lassen.
Gauck kritisiert, dass viele westliche Staaten zu vielerlei Kompromissen mit autoritären Regimen bereit sind, besonders im wirtschaftlichen und geopolitischen Kontext, was langfristig die Werte der Demokratie und der Menschenrechte gefährde. Er fordert eine konsequentere Haltung, die nicht nur diplomatisch, sondern auch in Bezug auf Wirtschaftssanktionen und politische Isolation gegen Länder vorgeht, die Menschenrechte verletzen oder die internationale Ordnung destabilisieren.
Fazit zur politischen Lage in der Welt
Insgesamt sieht Gauck die westliche Welt in einer schwierigen Situation, in der sie sich immer wieder zwischen den Herausforderungen des Globalismus und den Tendenzen des Nationalismus und Populismus bewegen muss. Besonders im Hinblick auf Russland und die Ukraine fordert Gauck eine aktive und entschlossene politische Haltung des Westens, um den Frieden, die Demokratie und die Menschenrechte zu verteidigen und eine weitere Verschiebung der geopolitischen Machtverhältnisse in Richtung autoritärer Regime zu verhindern. „Die Welt steht an einem Scheideweg. Der Westen muss den Mut haben, sich für die Werte von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzusetzen – auch wenn dies mit großen geopolitischen Herausforderungen verbunden ist.“
In Erschütterungen zieht Gauck also eine klare Linie gegen autoritäre Regime und betont, dass die westlichen Demokratien nicht nur für ihre eigenen Werte, sondern auch für die Zukunft der globalen politischen Ordnung eintreten müssen.
Der Freiheitspreis der Medien: Ein Symbol für die Verteidigung der Demokratie
Die Verleihung des Freiheitspreises der Medien 2025 an Joachim Gauck ist ein starkes Symbol für die Bedeutung von Aufklärung und der Verteidigung der Freiheit in einer zunehmend komplexen und von Unsicherheit geprägten Welt. Der Preis ehrt nicht nur Gaucks Lebenswerk, sondern unterstreicht auch die Bedeutung seines anhaltenden Engagements für die Demokratie. Besonders hervorzuheben ist, dass er die Herausforderungen der modernen Gesellschaft – wie etwa den zunehmenden Einfluss von Medienkonzernen, die Bedrohung durch Fake News oder die Erosion des Vertrauens in politische Institutionen – offen anspricht.
Der Freiheitspreis, der jedes Jahr im Rahmen des Ludwig-Erhard-Gipfels verliehen wird, erinnert daran, dass Demokratie und Freiheit keine Selbstverständlichkeiten sind, sondern kontinuierlich verteidigt und weiterentwickelt werden müssen. Besonders in Zeiten von Populismus und autoritären Tendenzen in vielen Teilen der Welt ist es von zentraler Bedeutung, sich für die Rechte der Bürger, die freie Meinungsäußerung und die Medienfreiheit stark zu machen.
Joachim Gauck hat in seiner Karriere als Bürgerrechtler, als Bundespräsident und als Autor immer wieder unmissverständlich darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, die Prinzipien der Demokratie und der Freiheit zu verteidigen. Mit der Auszeichnung des Freiheitspreises der Medien 2025 würdigt die Weimer Media Group nicht nur seine außergewöhnlichen Verdienste für die Freiheit und die Demokratie, sondern auch sein kontinuierliches Engagement, die Gesellschaft wachzurütteln und auf die Gefahren der Unterdrückung und Überwachung hinzuweisen. In einer Welt, in der die Grundwerte der Freiheit immer wieder angegriffen werden, ist es von unschätzbarem Wert, dass Persönlichkeiten wie Gauck für die Aufklärung und die Wahrung der demokratischen Werte kämpfen.