Der Zuckerbaron von Potsdam – Wer ist eigentlich Ludwig von Jacobs?

Stadtansicht von Potsdam, Foto: Stefan Groß

Ein neues Buch im CH. GOETZVERLAG widmet sich der Unternehmerpersönlichkeit Friedrich von Jacobs. Jacobs war alles in einem: Unternehmer, Politiker und Kunstmäzen. Der Zuckerbaron aus Potsdam (1794-1879) war aber auch Eisenbahnpionier. Mit dieser ganzen Breite seiner Schaffenskraft ist von Jacobs selbst zum Erfolgsmodell geworden und auch für heutige Leser eine interessante Leitfigur.

Innovationen prägen die Gesellschaft, sie sind die Motoren des Fortschritts. Doch Zukunft bedarf Herkunft, das wusste keiner besser als Odo Marquard und das weiß keiner besser als Karl-Ludwig Kley, der sich auf Spurensuche in die Vergangenheit begab und einen Unternehmer der Extraklasse für die Gegenwart neu entdeckt hat. Herausgekommen ist eine beeindruckende Monografie.

Entrepreneurs gibt es viele, aber nicht allen wird der Glanz zuteil, wegweisend zu agieren und Zukunft zu gestalten. Einer dieser Unternehmer war Ludwig von Jacobs, der Urururgroßvater von Karl-Ludwig Kley. Beide, sowohl der Zuckerbaron aus dem 19. Jahrhundert als auch der Ex-Merck-Chef und der derzeitige Vorsitzende des Aufsichtsrat der Lufthansa, Kley, haben der Geschichte, der Gesellschaft und ihren Unternehmen neben dem Erfolg zugleich ihr ganz persönliches Credo mit eingeschrieben – beide waren und sind Spitzenmanager der Zukünftigen, bewahren Tradiertes durch den Geist des Innovativen, sind Globalisten, denen der Horizont nicht weit genug sein kann und beide sind Brückenbauer mit dem Gespür für das Ganze.

Im CH. GOETZ VERLAG ist nun ein Buch erschienen, das ganz explizit die Welt von gestern und die von morgen verknüpft. Der Industrielle Ludwig von Jacobs, Gründer und Großunternehmer im 19. Jahrhundert, einer der Glanzgestalten Brandenburgs, war alles in einem, Unternehmenslenker, Visionär, Politiker und Mäzen – und all dies in den Einband des Lebens gebunden, das 1794 begann und 1879 endete. Ein Leben ausgefaltet wie ein breites, buntes Band.

Und wenn es so etwas wie den König der Zuckerindustrie gab, dann war das mit Sicherheit Ludwig von Jacobs, der Pionier einer Industrie, die damals in ihrem Zenit stand. Dass Jacobs Visionär war, ein Unternehmer mit Weitblick, zeigte sich explizit auch beim Einsatz neuester Technologien. Er war einer der ersten, der die Dampfmaschine in seiner Potsdamer Fabrik einsetzte. Doch der Zuckerbaron ist mehr als ein erfolgreicher Kaufmann gewesen, dem es nicht nur genügt hätte, die Zuckerindustrie zu revolutionieren. Er war ein ambitionierter Grenzgänger zugleich, ein Mensch mit Polyperspektivität, dem der Spartensieg nicht genug war. Als Vertriebstalent erwies sich Jacobs spätestens dann, als er – zunächst im Dienste seiner Zuckerinteressen – zum Eisenbahnpionier wurde und ein Geschäftsmodell per excellence entwickelte, das gleichwohl effizient wie nachhaltig war.

Mit dieser ganzen Breite seiner Schaffenskraft ist von Jacobs selbst ein Erfolgsmodell und auch für heutige Leser eine interessante Leitfigur, dem der Facettenreichtum des Lebens Anlass und Aufgabe, ja Verantwortung war. Und der darüber hinaus die Brücke sowohl in die Politik als auch in die Kunst schlug, einer, der sich sowohl für den politischen Diskurs des damaligen Preußens interessierte, Kunst und Kultur förderte und sich als Architekt der damaligen Gesellschaft begriff, um in der Gemeinschaft etwas zu bewegen, das über das reine Unternehmertum weit hinausreicht.

Das Buch enthält zahlreiche unveröffentlichte Bildnisse und Darstellungen. Und so ist es eine geistige wie sinnliche Fundgrube für das Unternehmertum im 19. Jahrhundert. Es ist eine Monografie, die sich rückwärts wie vorwärts lesen lässt – und die dabei immer wieder fasziniert. Dem Engagement des umsichtigen wie geschichtsinteressierten Karl-Ludwig Kley und des Historikers Sebastian Sigler, der die Mühen der Ebene auf sich genommen hat, aufwendige Recherchereisen in die brandenburgische Mark unternommen, verregnete Friedhöfe und dunkle Archive durchstöbert hat, ist es zu verdanken, dass dieses Buch als liebenswertes Kleinod entstanden ist, das einen Unternehmer würdigt, der viel für Potsdam, für die Kultur und die Menschen getan hat und dem damit ein Denkmal gesetzt wird, das ihn aus der Vergessenheit entreißt und ihn inmitten des 21. Jahrhunderts ankommen lässt.

Der Ideenreichtum und der ganzheitliche Ansatz eines Ludwig von Jacobs könnte vielen Unternehmern der Gegenwart Ansporn zur Nachahmung sein. Die Meßlatte lag zumindest im 19. Jahrundert schon sehr hoch – und Jacobs war hier ein Vorzeige-Athlet.

Ludwig von Jacobs, Ein Unternehmerleben im 19. Jahrhundert, Zuckerbaron und preußischer Politiker, Hg. von Karl-Ludwig Kley, Autor Sebastian Sigler, Design Andrea Rexhausen, CH. GOETZ VERLAG, München 2018.

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2159 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".