Die rechte Gefahr aus Osteuropa

Mayer, G./Odehnal, B.: Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa, Residenz Verlag, St. Pölten/Salzburg 2010, ISBN 9783701731756

Im Gegensatz zu den westeuropäischen Ländern steckt die Forschung über extrem rechte Parteien und Organisationen in den osteuropäischen Transformationsstaaten noch in den Kinderschuhen. Mayer und Odehnal konzentrieren sich auf die extrem rechte Szene in Ungarn, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Kroatien, Serbien und Bulgarien. Diese Auswahl wird dadurch begründet, dass die Autoren profunde Kenntnisse über diese Staaten besitzen.[1] Ungarn nimmt in dem Buch einen breiteren Raum ein, da dort die extremen Rechten besonders erfolgreich sind (Jobbik bekam 17% bei den Parlamentswahlen 2010).[2]
Die Hetze der extremen Rechten betrifft vor allem die Sinti und Roma Juden, Homosexuelle, linke Aktivisten und das liberal-kapitalistische Regierungssystem.
Die beiden Autoren liefern als Hintergrundinformation eine kurze Einführung in die Geschichte der jeweiligen Länder, ohne die es nahezu unmöglich ist sowohl die Ideologie als auch die verschwörungstheoretischen Phantasien der extrem rechten Parteien und Organisationen zu verstehen
Die rechten Parteien und Organisationen vertreten einen vulgär-antikapitalistischen Kurs, der sich gegen Globalisierungstendenzen, die Europäische Union sowie die NATO richtet. Es bestehen intensive Verbindungen zwischen deutschen und österreichischen Rechten und ihren Gesinnungsgenossen in Osteuropa. Besonders die tschechischen neonazistischen Organisationen orientieren sich am Habitus und den Aktionsformen der NPD und den „Autonomen Nationalisten“ in der Bundesrepublik.
In Ländern wie Ungarn, der Slowakei oder Bulgarien sind die extremen Rechten keine randständige Erscheinung. Stattdessen sind sie mit ihren Forderungen in der „Mitte der Gesellschaft“ angekommen und erreichten teilweise unerwartete Wahlerfolge (Jobbik, Ataka). Viele dieser extrem rechten Parteien und Organisationen orientieren sich in ihren ideologischen Programmen an der „heilen“ Vergangenheit, die dem demokratischen Gedanken entgegengesetzt wird: „Die meisten der neuen rechtsextremen Bewegungen entwickeln ein nahezu sektierisches Verlangen, die mit ihren Staats- und Religionsgründern verbundenen mittelalterlichen Staatslehren wiederzubeleben und an die Stelle der Vrefassungen der ‚verrotteten’ Demokratien zu setzen. Ungarns Partei ‚Jobbik’ träumt von der ‚Lehre von der Heiligen Krone’, Serbiens ‚Obraz’ von der Theologie des heiligen Sava, der bulgarische Nationalbund von einem ethnisch reinen, ‚arischen’ Bulgarien.“[3]
Insgesamt gesehen ist dieses Buch, das im journalistischen Stil verfasst wurde, als Einführung in das Thema zu empfehlen. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den extremen Rechten in Osteuropa kann es aber nicht ersetzen. Andere wichtige Länder wie Russland, Polen, Rumänien und die Ukraine werden nicht behandelt, was nicht als Vorwurf zu verstehen ist. Es wird leider nicht thematisiert, ob die osteuropäischen extremen Rechten wie in westeuropäischen Ländern einen antimuslimischen Rassismus propagieren.
Lobenswert zu erwähnen sind die weiterführenden Literaturhinweise am Ende des Buches für jedes einzelne Land. Eine Auflistung von antifaschistischen Organisationen oder Einzelpersonen in den jeweiligen Ländern fehlt allerdings.

[1] S. 8
[2] S. 12
[3] S. 15

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Über Michael Lausberg 543 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.

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