Franz Böhm – wie einer der Väter der sozialen Marktwirtschaft der Gestapo entkam

„Wir mögen die regulatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen.“ Das sagt der Unternehmer und Investor Warren Buffett über das heuti­ge Deutschland. Dafür, daß er so urteilen kann, ist ein heutzutage weit­hin in Vergessenheit geratener Mann mitverantwortlich: Franz Böhm. Eine strikte Ablehnung von Ideologie und Politik der NSDAP, Kon­zep­tion nationalökonomi­scher Aspekte des Widerstands gegen Hitler sowie aktives Handeln gegen das nationalsozialistische Regime, nicht zuletzt durch die aktive Mitarbeit an der Konzeption für ein Deutschland nach dem NS-Terror – all dies vereinte er. Bei weitem hätte das in der NS-Zeit ausge­reicht, um ihn an den Galgen zu bringen. Doch Böhm überlebte eine auf­wendige Fahndung der Gestapo – ganz speziell nach ihm.
Franz Böhm war lange vor 1945 einer der Väter der Marktwirt­schaft und damit auch des Wirtschafts­wunders ab 1948, und zwar mit Kon­zepten, die er in seiner Habilitationsschrift mitentwickelt hatte. Dies machte ihn für das NS-Regime bereits früh zur persona non grata. Bald darauf beeinflußte Böhms Denken über Frei­burger Wider­stands­kreise das Denken des als „Kreisauer Kreis“ be­kannten Wider­standszirkels er­kennbar.[1] Böhm war bei der Währungsreform und we­nig später Bun­destag ein wichtiger Stichwort­geber für Ludwig Erhard. Er wurde – und dies ist gerade heutzutage besonders bemer­kens­wert – in der jungen Bundes­republik einer der wichtigsten Vertre­ter in den Wiedergut­ma­chungs­verhand­lungen, die 1952 begannen und am offiziellen Beginn der Aus­söhnung mit Israel stan­den; die Aufnahme Deutschlands in die UNO und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem westlichen Deutschland und Israel am 12. Mai 1965 sind die weiteren Stationen dieser ungeheuer wichtigen diplomatischen Mission. Die Erin­nerung der Israelis an ihn ist, so scheint es, weit lebendiger als hierzu­lande.
Am 16. Februar 1895 kam Franz Josef Emil Böhm in Konstanz zur Welt.[2] Sein Vater war großherzoglich-badischer Minister für Kultus und Unterricht, eine prägende Gestalt nationalliberaler Politik, er starb 59jährig, als der Sohn eben 20 Jahre alt war.[3] Das Elternhaus war schön­geistig geprägt. Böhm nahm am Ersten Weltkrieg teil, bereits im August 1914 wurde er mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet. Im Verlauf des Krieges wurde er im Deutschen Asiencorps eingesetzt, nahm an den Ostjordanschlachten teil und wurde bis 1919 in Kleinasien interniert. Am 30. Januar 1919 wurde er entlassen, der Dampfer „Lilly Rickmers“ brachte ihn nach Hamburg.[4] Unmittelbar nach seiner Rück­kehr, die auf den 2. März fiel, schrieb er sich Freiburg im Breisgau für die Rechtswissenschaften ein; bereits im ersten Studiensemester trat er dem Corps Rhenania bei.[5] Nach seiner Fuchsenzeit im Sommersemester wurde er zum Wintersemester rezipiert.[6] Dem früheren Reichskanzler Otto v. Bismarck[7] brachte er in jenen Jahren große Verehrung entgegen,[8] Max Weber,[9] der damals in Freiburg las, wird ihn – wie manch der späteren Ausführungen nahelegen – beeindruckt oder sogar beeinflußt haben.[10] 1922 bestand Franz Böhm bereits sein erstes, 1924 sein zweites Staatsexamen, letzteres mit „gut“; zwei Jahre später war er Staatsanwalt am Landgericht Freiburg. Im selben Jahr, 1926, heiratete er Maria Anto­nia Ceconi, die einzige Tochter der bedeutenden Dichterin Richar­da Huch. Seine spätere Frau hatte er 1923 auf dem damals noch streng christlich-anthroposophisch ausgerichteten und bei Mittenwald in Ober­bayern gelegenen Schloß Elmau kennen­gelernt; 1929 wurde dem Paar der Sohn Alexander geboren.[11]
Bereits 1925 arbeitete Franz Böhm für die Kartellabteilung es Reichswirtschafts­ministeriums. Er war an der Entwicklung von Len­kungsmechanismen beteiligt, mit denen eine freie Wirtschaft ge­währ­leistet werden konnte,[12] obwohl der Staat Kartellen und ungezügel­ter Kapitalmacht Grenzen setzte, und prägte Sätze wie: „Ius publicum pri­vatorum pactis mutari nequit“.[13] Wohl um die Jahresmitte 1931 ent­schied er sich dafür, die Universitätslaufbahn einzuschlagen, er wurde bereits mit dem Ziel der Habilitation vom Justizdienst beur­laubt.[14] Be­reits am 15. Februar 1932 wurde er promoviert.[15] Seine Motivation, sich wissenschaftlich zu engagieren, muß am ehesten in den Ereignissen rund um die Weltwirtschaftskrise von 1929 gesucht werden.[16]
Knapp zwei Jahre nach dem Übertritt in die wissenschaftliche Laufbahn, 1933, erschien seine Promotions­schrift „Der Kampf des Mo­nopolisten gegen den Außenseiter als wettbewerbsrechtliches Problem“, und im selben Jahr war auch seine Habilitationsschrift, die mit „Wett­bewerb und Monopolkampf“ übertitelt war, bereits druckreif.[17] Einer der Gutachter war Walter Eucken, Mitglied des Corps Saxonia Kiel,[18] mit dem Böhm wenige Jahre später, in der Zeit des Widerstands gegen das NS-Regime, sehr vertrauensvoll und auch konspirativ zusammen­ar­bei­ten sollte. Am 3. Februar 1934 erhielt Böhm die Venia Legendi[19] und begann umge­hend eine Lehrtätigkeit an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.[20] Er gehörte zu denjenigen, die sich unter maßgeblicher Mit­wirkung von Adolf Lampe[21] und Walter Eucken gegen die Umorien­tie­rung der Freiburger Hochschule im nationalsozialistischen Sinne und damit gegen den Rektor Martin Heidegger aussprachen.
Im scharfen inhaltlichen Widerspruch zur nationalsozialistischen Ideologie bildete sich um Hans Großmann-Doerth, Eucken und den eben habilitierten Böhm ein Kreis von Wirtschaftswissenschaftlern, der später „Freiburger Kreis“ genannt werden und dem von Peter Graf Yorck v. Wartenburg und Helmut James Graf v. Moltke gegründeten Kreisauer Kreis in Fragen einer „Wirtschaftspolitik für ein Deutschland nach Hitler“ zuarbeiten sollte. Eucken notierte bereits im Februar 1934: „Wir haben eben einen schönen Kreis: Großmann, Böhm, Pfister, Lampe, Johns und ich. Die Studenten empfinden, daß sich hier etwas entwickelt.“[22] Das Gene­ralthema dieses Kreises war: „Die Ordnung der Wirtschaft“, und Böhm brachte hier die Frage nach der Einheit von persönlicher und politischer Moral ein.[23] Dies interessierte ihn auf der Grundlage der Frage, wie Recht und Macht zusammenhängen, denn er war der Überzeugung, daß Ordnung und Freiheit Bedingung fürein­ander sind[24] – ein Gedanke übrigens, der ihn von Anfang seiner wissen­schaftlichen Arbeit an be­schäftigt hatte und den er in seiner Habilita­tionsschrift weiterentwickelte.[25] Leidenschaftlich widersprach Böhm dem italienischen Philo­sophen Benedetto Croce, der die Freiheit für teil­bar hielt, weil die geistig-politische Freiheit für essentieller hielt als die wirtschaftliche Freiheit,[26] weswegen er es auch für möglich hielt, eines vom anderen zu entkoppeln. Böhm setzte dagegen, daß für alle Gesell­schaftsbereiche dieselben Vorgaben zu gelten hätten, die Politik dürfe sie geben; alle Entscheidungen der am Wirtschaftsprozeß Beteilig­ten sei hingegen frei, habe aber im Einklang mit dem vom Gesetzgeber festge­legten Rahmen zu stehen.[27] Beeindruckend waren – und bleiben auch heute – seine Ausführungen zum Privatrecht.[28]
Unkontrollierte Souveränität sah Franz Böhm kritisch,[29] das wirt­schaftliche Handeln war für ihn eine Spielart politischen Handelns. Er formulierte: „Der Wettbewerb ist das großartigste und genialste Ent­machtungsinstrument der Geschichte.“[30] Sein israelischer Freund Yoha­nan Meroz bescheinigte ihm posthum eine absolut gradlinige Haltung, die er nie verlassen habe: „Für Franz Böhm bestand völlige Untrenn­bar­keit zwi­schen seiner sittlichen Grundhaltung und der praktisch-politi­schen Kon­sequenz, die er aus ihr zog.“[31] Der in Freiburg entwickel­te Ordo-Libera­lismus stand durch seine soziale und moralisch-wertende Kom­ponente im Gegensatz zum klassischen Liberalismus, auch wenn er auf ihm fußt. Die weiterführenden Gedanken waren den grundlegenden Werken von Augustinus und Thomas von Aquin entlehnt, nach denen eine von Gott gesetzte Ordnung zu beachten sei.[32]
Der Widerspruch zur NS-Ideologie war im ab 1934 allmählich ent­stehenden „Freiburger Kreis“ schon allein darin begründet, daß darüber nachgedacht wurde, wie unter sozialen und moralisch ein­wandfreien Gesichtspunkten eine minimal nötige Lenkung der Volks­wirtschaft bei größtmöglicher Freiheit geschehen könne,[33] denn Ideolo­gen des Natio­nalsozialismus hätten in diesem Denken die unüber­brückbaren Wider­sprüche zur Hitler-Ideologie erkennen können. Die Treffen dieses Pro­fessorenzirkels konnten jedoch einigermaßen unge­stört stattfinden,[34] Aufsätze konnten veröffentlicht werden, weil dieser Freiburger Kreis von den Nationalsozialisten – gerade auch von Hitler persönlich – ver­kannt und unterschätzt wurde.[35] Doch ab dem Winter­se­mester 1934/35 wurde es zu gefährlich, Debatten in Hörsälen zu füh­ren, vor allem, weil die Drohungen straff nationalsozialistisch ausge­richteter Studenten­gruppen zunahmen, und so traf man sich im Haus des emeri­tierten Na­tional­ökonomen und Geheimrat Karl Diehl. Böhm und seine Kollegen legten in dieser Zeit die gedankliche Grundlage für das, was ab 1949 in der jungen Bundesrepublik als soziale Marktwirtschaft bezeichnet wer­den sollte. Es ist deswegen kein zu groß angelegter Maßstab, Böhm und seine Mitstreiter zusammen mit Ludwig Erhard zu den „Vätern des Wirtschaftswunders“ zu rechnen. Der Arbeitskreis des Wintersemesters 1933/1934 begründete die bis heute wirkende „Freiburger Schule“ der Wirtschaftswissenschaften; „das Gemein­schaftsseminar gilt als Geburts­stunde der Freiburger Schule“.[36] Böhm und Eucken stehen hier, auch wenn ältere und damals bekanntere Kollegen mitwirkten, bis heute „stell­vertretend und führend“.[37] Sie schufen damit nicht weniger als „die Grundlage für die Wirtschafts­ordnung der Bundesrepublik seit 1948“.[38]
In der Jahren nach der Machtergreifung hatten die Nationalsozia­listen recht wenig Interesse an der Volkswirtschaftslehre, die Disziplin der Nationalökonomie stand hinter ideologischen Fragestellungen und der Übernahme totaler Kontrolle zurück. Wenn schon, stand ein ganz anderes „Wirtschafts­wunder“ im Mittelpunkt des Interesses. Hitler hat­te mit seinen Verord­nungen die Arbeitslosigkeit drastisch gesenkt, und noch ahnten nur wenige, daß dies eine wirtschaftliche Blase war, die zu­lasten rationaler ökonomischer Entscheidungen ging und die – schlim­mer noch! – notwendig den Krieg benötigen sollte, um sich weiter aus­dehnen zu können. Die Freiburger forschten weiter, und für Böhm per­sönlich blieb das durch­aus nicht folgenlos. Ihm wurde seitens der Hoch­schule auf Druck der NSDAP der Weg zu einer Professur verlegt, was seine Schwiegermutter mit Sorge zur Kenntnis nahm.[39] An Marie Baum schrieb sie zu Böhms Aktivitäten gegen NS-Umtriebe an der Freiburger Universität: „Du kannst Dir denken, daß Franz immer der Vorderste war, überhaupt ohne Franz hätte gewiß die Juristische und die Volks­wirtschaftliche Fakultät hier nicht die Unabhängigkeit bekommen, die sie jetzt hat. Na­türlich kann es ja sein, daß alles einmal ein Ende mit Schrecken hat.“[40] Zuvor hatte es Morddrohungen gegen Böhm, Eucken, Lampe und Groß­mann-Doerth gegeben.[41] Mit dem Ehepaar Eucken ergaben sich auch private Kontakte der Böhms. Eucken lernte auch die Schwieger­mutter kennen, die Dichterin Ricarda Huch, er war sehr von ihr beein­druckt.[42]
Am 31. März 1936 erhielt Franz Böhm das Angebot, in Jena ver­tre­tungsweise eine Professur an der Rechts- und wirtschafts­wissen­schaft­lichen Fakultät wahrzunehmen; eine baldige Ernennung zum Ordinari­us schien in Aussicht.[43] Dieser Ortswechsel sollte für sein Enga­gement im Widerstand der Freiburger Kreise Bedeutung haben, denn nun konn­te Böhm nur sporadisch in Freiburg präsent sein.[44] Trotz­dem riß der enge Kontakt dorthin nie ab,[45] und so gab er ab 1936 zusammen mit Walter Eucken und Hand Großmann-Doerth die Schriftenreihe „Ord­nung der Wirtschaft“ heraus, deren erster Band mit einer Einleitung versehen wurde, der als Gründungsdokument der Freiburger Schule angesehen werden kann.[46] „Böhms Abhandlung ‚Die Ordnung der Wirt­schaft als geschichtliche und rechtsschöpferische Leistung‘, der erste Band dieser Schriftenreihe, war für die Entwicklung des Ordo­liberalis­mus von fundamentaler Bedeutung.“[47]
In Jena tauchten für Böhm bald Schwierigkeiten auf. Zunächst zö­gerte sich das Verfahren seiner Ordination ohne konkret faßbare Grün­de hinaus. Am 3. März 1937 protestierte dann der als besonders unan­genehm bekannte thüringische NS-Gau­leiter und „Reichstatt­hal­ter“ Fritz Sauckel offen gegen seine Ernennung. Diese Beschwerde ging zu­nächst nicht durch, möglicherweise, weil der sächsische Gauleiter Mar­tin Mutschmann auf Anfrage mitteilte, der Führer habe sich in Fragen der Wirtschaftsordnung noch nicht festge­legt, daher dürften die Profes­soren bis auf weiteres schreiben, was sie wollten.[48] Doch von Böhm stammte die These, der wirtschaftliche Wettbewerb sei „das genialste Entmachtungsinstrument der Geschichte“.[49] Daß ihm angesichts derarti­ger Äußerungen Schwierigkeiten ins Haus stehen sollten, nimmt nicht wunder. Wenige Wochen später, Anfang Mai, wurde Böhm wegen „ju­denfreundli­cher“ Äußerungen im privaten Umfeld durch Ri­chard Kolb denun­ziert.[50] Kolb, der vom Gau Bayern mit der Leitung der Pro­pa­gan­da beauftragt war, lehrte ebenfalls an der Universität Jena, war Träger des Blutordens und SS-Hauptsturmführer. Er konstatierte eine „inner­lich unbeirrbare demokratische Auffassung“ Böhms[51] – dies war aus dem Blickwinkel der NS-Ideologie als An­schuldigung gemeint.
Böhm forderte nun ein Diszi­plinarverfahren gegen sich selbst. Das war nicht ungeschickt, denn nun mussten seine Widersacher Farbe bekennen. Damit reagierte er im übrigen aber so, wie es von einem Corpsstudenten zu erwarten war. Außerdem tat er etwas, das zwar allgemeinem gesellschaftlichem Comment entsprach, aber deutliche An­klänge an den corpsstudenti­schen Comment erkennen läßt: Böhm be­zichtigte Kolb am 21. Dezember des „unehrenhaften Verhaltens“, was als Forderung auf Pistole zu verstehen war und verstanden wurde.[52] Kolb seinerseits verlangte beim Leiter der Gestapo Weimar die „Ver­bringung Böhms in ein Konzentrationslager“.[53] Als Folge wurde dem denunzierten und angeschuldigten Dozenten, statt ihn zum Ordinarius zu befördern, am 22. März 1938 durch den Reichswissen­schaftsminister die Lehrbefugnis entzogen,[54] was Böhm und seine Familie menschlich wie finanziell schwer traf. Ein längerer Rechtsstreit vor mehreren Ge­richten – darunter dem Reichsdisziplinarhof und dem Reichsdienst­straf­hof – endete in zweiter Instanz mit einem faktischen Freispruch,[55] was jedoch seitens der NS-Machthaber damit konterkariert wurde, daß am 5. Oktober 1940 der Spruch des Reichs­erziehungsministeriums er­ging, daß „die bisherige Lehrbefugnis des Dr. Böhm erloschen“ sei – „und blei­be“.[56] Den Antrag dazu hatte der Reichsjustizminister gestellt.[57] Noch in seiner Habilitationsschrift hatte Böhm geschrieben: „…die Staatsmän­ner, die Diplomaten, die Konferenzen, die Parlamente, die Völker und die Revolutionen, sie alle machten sozusagen vor den Toren der Wirt­schaft halt.“[58] Alle – aber die Nationalsozialisten nicht.
Die Lehre von Franz Böhm ist – auf einen Begriff gebracht – der Ordoliberalismus. Es geht immer wieder um die Frage, wieviel Lenkung eine Volkswirtschaft minimal braucht, um einen freien Warenverkehr zu gewährleisten. Als offensichtlichste Gefahr machte Böhm dabei die Bildung von Kartellen jedweder Art aus, und er unter­suchte, inwie­weit dieses Phänomen eindämmbar sei, ohne die freie Wirtschaftsent­faltung und die Freiheit der Gesellschaft insgesamt zu beeinträchtigen. Dies tat er vor Hintergrund eines sozial und christlich geprägten Menschen­bil­des, denn ihm lag daran, den Mittel­weg zum Nutzen der Verbraucher, zum Nutzen der Menschen zu fin­den, davon ausgehend, daß eine freie Wirtschaftsentfaltung größt­möglichen Wohl­stand in Freiheit schafft, daß dieser Zustand auf der anderen Seite, wenn nämlich die Kräfte des Marktes unkontrolliert wal­ten, in Kartellen „ver­klumpt“. Das freie wirtschaftliche Fahrwasser unter Einhaltung der Werte abendländi­scher, christlich geprägter Mo­ralvorstellungen[59] – da­rum ging es ihm. Seine Promotion und die direkt darauf basierende Habilitationsschrift belegen es, aber auch seine später verfaßten Werke[60] zeugen von dieser Intention. Dieses wissen­schaftliche Erbe ist bis heute von größter Rele­vanz. Nicht verwechselt werden darf Franz Böhm üb­ri­gens mit einem Philosophen gleichen Namens, der der Lehre des National­sozia­lismus nahe­stand.[61]

Die drei Freiburger Widerstandskreise

Seit 1933 hatte Franz Böhm mit Carl Friedrich Goerdeler in brieflichem Kontakt gestanden,[62] 1938 trafen beide erstmals zusammen. Spontan waren sich beide sympathisch, denn eine wesentliche Ursache für ihre widerständige Haltung – die Entrechtung, Deportation und Ermordung von Menschen jüdischen Glaubens – war ihnen gemeinsam.[63] Goerdeler freute sich, einen konsequenten Mitstreiter gefunden zu haben.[64] Beide dürften sich in dem zentralen Wert, den sie der Freiheit beimaßen, getroffen haben. Goerdeler zeichnete sich in seinen Konzepten für ein Deutschland nach dem NS-Terror durch die Betonung der Freiheit aus.[65] Böhm schätzte an dem unermüdlichen Netzwerker gegen Hitler, daß dieser sich massiv für einen unbedingten Kampf gegen das mörderische NS-Regime auch um den Preis einer Niederlage gegen die gefürchtete, bolschewistische Rote Armee einsetzte, weil im Namen des NS-Regimes ein Massenmord an Unschuldigen im Gang sei, wie Goerdeler bereits in jenem Jahr sicher wußte.[66] Zu dieser Zeit hatte er sich von Jena, wo er aufgrund des Lehrverbots zur Untätigkeit verurteilt sah, bereits wieder nach Freiburg orientiert. Von dort aus kam er, so oft es ging, zu den monatlichen Zusammenkünften des „Freiburger Konzils“, der einzigen Widerstandsgruppe, die sich als direkte Reaktion auf die Reichs­pogrom­nacht vom 9. November 1938 gegründet hatte.[67] Diese Gruppe fußte ihrerseits direkt auf den „Diehl-Seminaren“ – so wurden die Vorlesun­gen und Dispu­tationen zu nationalökonomischen und volkswirtschaft­lichen Themen genannt, die aufgrund der NS-Umtriebe ab dem Winter­semester 1934/35 nicht mehr in Hörsälen der Freiburger Universität stattfinden konnten,[68] und trat letztmals im September zusammen. Da­nach wurden Zusam­menkünfte zu gefährlich, nach und nach waren die Gründungs­mitglieder von der Gestapo verhaftet worden, lediglich Eucken, der zu diesen Gründern gehörte, kam nach einem Verhör wie­der auf freien Fuß. In der systematischen Kritik des „Freiburger Kon­zils“ ist eine Parallel zur Berliner „Mittwochsgesellschaft“ zu sehen,[69] die größtenteils aus Mitverschwörern und Mitwissern Stauffenbergs bestand, darunter Ulrich v. Hassell Sueviae Tübingen, nach dem Atten­tat 20. Juli 1944 nur noch ein einziges Mal zusammentreten konnte und danach nicht mehr existierte.
Der seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage komplett beraubte Franz Böhm war ab Januar 1940, ab dessen Gründung in einem von Jens Peter Jessen geleiteten Ar­beitskreis der Akademie für Deutsches Recht enga­giert, der unter „Klasse IV“ firmierte und formell der „Erfor­schung der völkischen Wirt­schaft“ diente.[70] Wahrscheinlich wurden hier jedoch – zumindest zeit­weise – die Konzepte aus der arkan operierenden Op­po­sition gegen das NS-Regime diskutiert, denn zum Beispiel war dort Peter Graf Yorck von Wartenburg Mitglied; im November 1941 wurden die Freiburger Professoren Franz Böhm, Walter Eucken sowie Adolf Lampe zu den Be­ratungen dieses Gremiums hinzugezogen;[71] die „Klasse IV“ dürfte zu dieser Zeit ein getarntes Podium für verschiedene, sonst unabhängig voneinander agierende oder sogar untereinander nicht bekannte Gruppen des Widerstands gewesen sein.[72] Hier und in anderen Arbeits­kreisen emp­fahlen sich die Ordoliberalen „als Gegner des klassischen Liberalis­mus und der Planwirtschaft“.[73] Die Freiburger Professoren gewannen prägenden Einfluß auf die wirtschaftspolitischen Ansichten des gesamten Widerstands gegen Hitler.[74]
Einer weiteren Arbeitsgruppe der „Klasse IV“, der wohl schon ab November 1940 tagte „Ar­beitsgemeinschaft Volks­wirtschaftslehre“ for­mierte sich um Er­win v. Beckerath, Ordi­narius in Bonn; Walter Eucken, Constantin v. Dietze, Adolf Lampe und Jens Jessen[75] waren neben Böhm auch hier maß­gebliche Mitar­beiter.[76] Böhm stand zu diesem Zeitpunkt in direk­tem Kontakt mit Goer­deler, sowohl brieflich als auch in einzel­nen, regel­mäßigen Begegnun­gen,[77] die aber als „freundschaftlich“ zu werten sind.[78] Ab 1943, als diese Arbeitsgruppe als „nicht kriegswichtig“ eingestellt worden war, sollte sich aus diesem Kreis eine dritte Freibur­ger Widerstandsgruppe, die „Arbeitsgruppe v. Beckerath“ formieren – in weitgehend gleicher Besetzung wie zuvor, also auch mit Franz Böhm.
Parallel dazu ging die Arbeit im „Freiburger Konzil“ weiter. Hier wurde 1940, spätestens 1941, eine Denkschrift erarbeitet, in der zum Ausdruck kam, daß das im Römerbrief, Kapitel 13, niedergelegte Gebot für Christen, der Obrigkeit zu folgen, für eine Regierung außer Kraft gesetzt sei, die Greueltaten wie die Judenverfolgung der Nationalsozia­listen verübe. Hier bestehe im Gegenteil ein Recht auf Widerstand bis hin zum Tyrannenmord.[79] Die Ergebnisse wurden in einer geheimen Denkschrift zusammengefaßt. Sie gelangten in Berliner Widerstands­kreise und veranlaßten Dietrich Bonhoeffer, im Spätsommer 1942 nach Freiburg zu kommen, um weitere, ausführlichere Arbeitspapiere für die in Berlin tagenden Widerstandskreise zu erbitten,[80] die auch zur Vorlage auf einer von der Anglikanische Kirche geplanten Weltkirchenkon­fe­renz, die möglichst bald nach dem Ende des Krieges stattfinden sollte, vorgesehen war.[81] Aus diesem Impuls formierte sich der „Freiburger Denkschriftenkreis“ und formulierte, auch unter Verwendung einiger bereits verfertigter Texte die Denkschrift „Poli­ti­sche Gemeinschaftsord­nung“;[82] an führender Stelle – dies kann für den Anhang „Rechtsord­nung“ mit Sicherheit gesagt werden – arbeitete Böhm hier mit.[83] Dieses Gremium trat zum ersten Mal vom 17. bis 19. November 1942 unter dem Vorsitz Goerdelers zusammen. Erarbeitet werden sollte eine christlich moti­vierte Standort­bestimmung Deutschlands für eine Weltkirchenkon­fe­renz, die vom Bischof Well of Chichester bereits im November 1941 angeregt worden war.[84] Diese Konferenz sollte möglichst bald nach dem Ende von Weltkrieg und Völkermord stattfinden.
Unter der Leitung Goerdelers und Böhms entstand im Herbst 1942 das von Bonhoeffer erbetene und angeregte Papier unter dem Titel „Politische Gemeinschaftsordnung. Ein Versuch zur Selbstbestimmung des christlichen Gewissens in den politischen Nöten unserer Zeit“. Es war im Januar 1943 fertiggestellt.[85] Darin wurde dem NS-Staat – bezogen auf Wirtschaftsfragen – eine umißverständlich klare Absage erteilt.[86] Goerdeler hatte darin die Mitbe­stimmung der Arbeitnehmer stärker verankert, als Böhm dies ursprüng­lich vorgeschlagen hatte. Begründet hatte er dies mit dem Kurs der Schwerindustrie, die aus seiner Sicht seit der Machtergreifung zu sehr auf Hitlers Kurs gelegen hatte. Böhm ging auf diese Anregung ein. Für dieses Memorandum erstellte er[87] zusammen mit dem Freiburger Rechtshistoriker und Kir­chenrechtler Erik Wolf, der erst spät zum Widerstand gefunden hatte, den „Anhang Nr. 1“, betitelt „Rechts­ordnung“.[88]
Der Denkschriftenkreis trat regelmäßig am letzten Sonnabend des Monats zusammen, und zwar öfter auch in Leipzig.[89] Böhm lebte über­wiegend in Jena, Goerdeler in Leipzig, die Theologen Dietrich Bonhoef­fer, Helmut Thielicke und Otto Dibelius kamen aus Berlin hinzu. Daß trotzdem die Stadt Freiburg als Namensgeberin der Widerstandskreise sowohl bei den Zeitgenossen als in der späteren Forschung selbstver­ständlich blieb, ist auf die Bedeutung der geistigen Väter dieser Lehre zurückzuführen. Der Anhang „Rechtsordnung“ wurde weitgehend in Leipzig und Jena erarbeitet, nicht in Freiburg, wahrscheinlich aufgrund des Umstands, das Franz Böhm, der hier als führend zu nennen ist, in Jena wohnte.
Spätestens seit Mitte 1942 hatte Franz Böhm in einem dritten in Freiburg ansässigen Widerstandskreis mitgearbeitet.[90] Der „Arbeitsge­meinschaft Erwin v. Beckerath“, aus der im März 1943 die „Arbeits­gemeinschaft Volkswirtschaftslehre der Akademie für deut­sches Recht“ hervorging. Dieser Kreis arbeitete unabhängig vom den Denkschriften­kreisen.[91] Hier wurden detaillierte Pläne für eine Gestaltung des Volkswirtschaft nach einem Zusammenbruch des NS-Regimes erar­beitet[92] – denn von einem solchen Ende der NS-Herrschaft gingen die Wissenschaftler inzwischen aus. Die hier erarbeiteten Papiere gingen in ihrer großen Mehrzahl an Goerdeler sowie über Peter Graf Yorck von Wartenburg an den Kreisauer Kreis.[93] Die Verbindungsleute der „Frei­burger“ zu engsten Zirkel der „Kreisauer“ waren Adolf Lampe, Con­stantin v. Dietze und Franz Böhm. Mehrfach traf Böhm mit Yorck und Goerdeler zur Beratung der erarbeiteten Papiere zusammen.[94] Goerdeler und Böhm standen darüberhinaus in brieflichem Kontakt; auf diesem Weg kamen die schrift­lichen Äußerungen der Verschwörer des 20. Juli und vor allem des Kreisauer Kreises nach Freiburg. Die Arbeiten der verschiedenen Frei­burger Kreise waren im Juli 1944 so weit gedie­hen, daß sie eine Grundlage für die Wirtschaftsordnung eines auf Freiheit und Demo­kratie gegründeten Staates bieten konnte.[95] Dies alles wäre mehr als genug gewesen, um Böhm an den Galgen in Plötzensee zu bringen.
Zur Jahresmitte 1944, insbesondere im Rahmen der ver­schärf­ten Fahndung im Nachgang zum Stauffenberg-Attentat des 20. Juli, wurde die Gestapo auf dieses zentrale Papier des deutschen Wider­stands auf­merksam. Gerhard Ritter, ebenfalls Freiburger Professor, eben­falls zeit­weise in Haft, hatte zwar das Ur-Exemplar im Schwarz­wald versteckt, und es gab nur zwei Kopien,[96] doch nach und nach wurden die Namen vieler Mitarbeiter an dieser Schrift offenbar. Franz Böhm wußte davon. Er befand sich in Freiburg, und er war, wie eine Ver­wandte berichtete, in ge­drück­ter Stimmung.[97]
Die Gestapo hatte im Spätsommer und bis in den Herbst 1944 nach und nach viele behördlich bekannten Mitglieder der Freiburger Wider­standsgruppen verhaftet, darunter auch die Professoren v. Dietze und Lampe; in der Haft erpreßten Gestapo und SS unter Folter die Namen weiterer Mitglieder des damals bereits so genannten „Freiburger Denk­schriften­kreises“. Dabei verstanden die Verhörenden Gestapo-Beamten während einer Folterung offenbar, ein „Pfarrer Böhm“ habe an der Schrift mitgear­beitet.[98] Konkret hat allem Anschein nach dieser Irrtum oder auch Hörfehler Franz Böhm das Leben gerettet, denn die Gestapo suchte im Zusammenhang mit den Schriften der Freiburger Kreise defi­nitiv nach einem „Pfarrer Böhm“, nachdem Lampe verhaftet wor­den war; er hatte möglicherweise unter Folter diesen Namen genannt. Wurde das mut­maßlich unter Schmerzen ausgespro­chene Wort „Franz“ dabei als „Pfarrer“ verstanden? Phonetisch ist das möglich. Ohne hier jedoch ins Spekulative über­gehen zu wollen, kann vermutet werden, daß diese Ungenauigkeit möglicherweise zwar Franz Böhm das Leben gerettet, aber mindestens einen anderen, unschuldigen Menschen in das Konzentra­tionslager gebracht hat.[99] In Frage kommen zwei Personen: zuerst der katholische Priester Franz Boehm, der unter dem Vorwand, Ostern 1944 NS-Propagandafilme in Predigten kritisiert zu haben, nach dem 20. Juli verhaftet und in das KZ Dachau verschleppt wurde. Dieser Franz Boehm starb dort am 13. Februar 1945, ihm wurde notwendige medi­zinische Hilfe verweigert.[100] Ob er wirklich hätte umgebracht wer­den sollte, steht dahin, denn Franz Böhm selbst wußte, daß ab etwa 1944 von den NS-Machthabern die Parole ausgegeben worden war, keine Geist­li­chen mehr zu verhaften und zu töten, weil dadurch viel Wider­stand gegen das Regime ausgelöst worden war.[101] Er, der wirklich Ge­meinte, stellte selbst später die Vermu­tung an, die Ver­wechslung mit ihm habe eher den Berliner Pfarrer Hans Böhm betrof­fen, der 1936 zu den Unter­zeichnern der Denkschrift der Bekennenden Kirche an Hitler gehört hatte, seitdem intensiver Ver­folgung ausgesetzt war, im Nach­gang zum 20. Juli 1944 ebenfalls in Gestapo-Haft genom­men wurde, das Dritte Reich aber knapp überleb­te.[102] Diese Verwechslung nannte im übrigen Walter Eucken, der den Vorgang aus nächster Nähe miterlebt hatte, „im durchorganisierten Spitzel-Staat nahezu unglaublich[103] – aber es hat sie tatsächlich gegeben.
Herbst 1944. Nach Böhm wurde gesucht, gerüchteweise war ihm das mehrfach zu Ohren gekommen. Er und alle weiteren Mitglieder der Freiburger Kreise waren in akuter Gefahr. Bald nach der Verhaftung v. Dietzes und Lampe trat darum sein Freund und Kollege Walter Eucken an Heinrich Kullmann heran, einen Studenten, der Mitglied der Frei­burger Widerstandsgruppe „Kakadu“ war.[104] Der besuchte auf entspre­chendes Bitten die beiden inhaftierten Professoren Lampe und v. Dietze im Konzentrationslager. An­geb­lich, damit sie die Betreuung seiner Diplomarbeit wahrnähmen, in Wirklichkeit aber, um möglichst Kassiber aus dem KZ hinauszuschmuggeln, aus denen die von der Verhaftung bedrohten Freiburger ersehen konnten, wonach die Gestapo suchte, welche Themen sie also bei möglichen Verhören vermeiden mußten. Mit fingierten Korrekturblättern erhielt er tatsächlich diverse Kassiber, in denen unter anderem die übermittelt wurde, was den beiden Verhaf­teten konkret zur Last gelegt wurde.[105] Heinrich Kullmann sagte später: „Diese Information hat, wie auch Herr Professor Böhm bestätigt hat, die betroffenen Herren Professoren in den Stand versetzt, ihre Aussagen vor der Gestapo so zu machen, daß sie – mit Ausnahme von Professor Ritter – nicht verhaftet wurden.“[106]
Mit Verhören durch die Gestapo war ab Herbst 1944 immer zu rechnen, und es traf auch Böhm, dessen Nähe zu Lampe, v. Dietze und Ritter der Gestapo nicht verborgen geblieben war. Bei mehreren Gestapo-Verhören, zu denen er wie alle Verdächtigen „geladen“ war, gestaltete er seine Aussagen so, daß er nicht belangt werden konnte. Eine schier unglaubliche Verwechslung der Gestapo einerseits, anderer­seits die Umsicht und enorme Konspiration seiner Kollegen, an erster Stelle Walter Eucken – dies beides half, um Franz Böhm, der dem neben den „Kreisauern“ intellektuell wohl wichtigsten Widerstandskreis ge­gen die NS-Diktatur angehörte,[107] vor dem Zugriff der Gestapo zu schützen.


Nach der Diktatur

Unmittelbar nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes, am 25. April 1945, erhielt Franz Böhm den Posten des Prorektors an der Universität Freiburg,[108] den er unter anderem nutzte, um bei den französischen Behörden auf eine kritische Beurteilung des Rektors der Freiburger Uni­versität während der NS-Herrschaft, Martin Heidegger, zu dringen.[109] Böhm war – bemerkenswerterweise schon im Februar 1945 – zum Nach­folger auf dem Lehrstuhl des im Juli 1944 an einer Kriegsver­letzung verstorbenen Hans Großmann-Doerth bestimmt worden.[110] Er engagier­te sich auch bei der Gründung einer Christlich-Sozialen Volkspartei (CSVP), wechselte aber schon zum 1. November 1945 als hessischer Kultusminister nach Frankfurt am Main, gefördert und maßgeblich bestimmt wurde diese Berufung durch seinen Corps­bruder Karl Geiler,[111] in Mannheim als Rechtsanwalt tätig,[112] der selbst zuvor für leitende Funktionen vorgesehen war[113] und dann Minister­präsident des neugegründeten Landes Groß-Hessen wurde.
In Frankfurt trat Böhm der CDU bei. Wegen seines Eintretens für eine christliche geprägte Gemeinschaftsschule einerseits und das huma­nistische Gymnasium andererseits wurde er durch die amerikanischen Besatzungsoffiziere, die klassische Bildung für verdächtig hielten, in Ungnade.[114] Am 16. oder 17. Februar 1946 nahm er seinen Hut, wohl auch deswegen, weil sich im Lande eine linke Mehrheit abzeichnete, in der für ordoliberale Ideen wenig Platz schien.[115] Vom 24. September 1948 bis zum 2. November 1949 fungierte Böhm als Rektor der Frankfurter Universität; er blieb dieser Hochschule zeitlebens treu.
Die soziale Marktwirtschaft, vom „Freiburger Kreis“ zu einer Zeit gedacht, als die Verwirklichung in unabsehbarer Ferne zu liegen schien, war ab 1948 im westlichen Teil Deutschlands Realität, ihre Einführung geschah weitgehend reibungslos. Franz Böhm blieb wichtiger und im übrigen höchst einflußreicher Stichwortgeber für Ludwig Erhard, vor allem im Kartellrecht, aber auch in der Umsetzung ordoliberaler Grundsätze.[116] Dabei ist es wichtig, festzuhalten, daß Erhard nur wenige prinzipien­feste Mitstreiter hatte.[117] Schon unmittelbar nach dem Ende der Diktatur hatte der Kreis um Eucken begonnen, sich in Rothenburg ob der Tauber zu treffen, um „innerdeutsche wissenschaftliche Kontak­te“ wiederauf­zunehmen.[118] Ergänzt wurden die Themensetzung dieses Kreises, die im Grunde seit Anfang der 1930er Jahre gleich­geblieben war, um theolo­gische Aspekte, und zwar 1949 im schweize­rischen Chateau de Bossey unter Führung von Willem Visser t’Hooft,[119] mit Adam von Trott zu Solz Saxoniae Göttingen bis 1944 eng zusam­men­gearbeitet hatte, und Eugen Rosenstock-Hussey. Böhm, der 1946 einen Ruf als Rektor der Universi­tät Frankfurt am Main angenommen hatte, begleitete diesen gedank­lichen Prozeß, 1948 gründete er zusam­men mit Walter Eucken das wirtschaftswissen­schaftliche Jahrbuch „Ordo“. Die Gedanken Franz Böhms und der Freiburger Schule floßen bei der Formulierung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutsch­land ein, sie sind im Artikel 28 niedergelegt.
Im evangelischen Studienzentrum Villigst wurde 1950 ein Arbeits­kreis gebildet, in dem wirtschaftswissenschaftliche und theologische Ideen zusammengeführt wurden. Das Ziel war es, ein „Analogon zur katholischen Soziallehre zu entwickeln, das, wie diese, auf dem Natur­recht beruhte“.[120] Dieser Kreis speiste sich aus den Ideen der interna­tional aufgestellten Mont-Pèlerin-Gesellschaft, der Franz Böhm ange­hörte und die sich mit der Arbeit an liberalen Ideen befaßte. Vertreter aus fast allen Ländern der freien Welt waren in dieser Gesellschaft versammelt.[121]
Dem Bundestag gehörte Böhm von 1953 bis 1965 an. Und auch wenn er von der bundesdeutschen Erinnerungskultur bisher quasi nicht wahrgenommen wird, ist Franz Böhm doch für bundesdeutsche Spit­zenpolitiker als Vorbild von großer Bedeutung,[122] nicht zuletzt wegen seines Beitrags zur Gestaltung des bundesdeutschen Kartell­rechts. Wichtiger war jedoch sein grundlegender Beitrag zur Einführung der sozialen Marktwirtschaft. Ludwig Erhard schrieb: „Es ist nicht zu be­streiten, daß ohne Franz Böhm, seine Lehren und Gedanken die Durch­setzung der sozialen Marktwirtschaft viel größeren Widerstand zu überwinden gehabt hätte.“[123]
Der vielleicht wichtigste Teil der politischen Arbeit für die Bun­des­republik, den Franz Böhm zu leisten berufen wurde, war die Leitung der Delegation, die mit dem 1948 gegrün­deten Staat Israel und den jü­dischen Weltorganisationen über Aussöh­nung und Wiedergutma­chung verhandelte. Böhm wurde auch mit der Leitung betraut, weil er einer der prominentesten Vertreter der Versöhnung zwischen Juden und Christen[124] war, in Frankfurt hatte er die „Gesellschaft für Christ­lich-Jüdische Zusammenarbeit“ mitbegründet und saß in deren Vor­stand. Böhm hatte in den Wiedergutmachungsverhandlungen eine enor­me Aufgabe zu meistern, denn sowohl von deutscher wie von isra­eli­scher Seite standen fast unlösbar große wirtschaftliche wie menschli­che Fra­gen auf dem Spiel. Am 10. September 1952 konnten die Verhand­lungen von Konrad Adenauer und Nahum Goldman für die israelische Seite erfolgreich zum Abschluß gebracht werden;[125] einen Hauptteil der Ar­beit hatte Franz Böhm geleistet. Die „politische und soziale Bedeu­tung der Wiedergutmachung“[126] bewegte Böhm auch in den Folgejahren sehr, und sein Freund Yohanan Meroz beschei­nig­te ihm: „Für die Men­schen meines Landes ist Franz Böhm ein bewun­derter Träger wahrer Ver­söhnung und echten Sichverstehens.“[127] Jüdi­sche Freunde trugen ihm die Leitung eines zu gründenden Instituts zur Erforschung des Anti­semitismus an, was ihn freute, was er aber gleich­wohl ablehnte.[128]
Zu allen Zeiten war Franz Böhm ein brillanter und unbestechlicher Denker, der auf der Seite des Rechts stand und den Gedanken des Sozialen auf bestechende Weise mit dem der Freiheit zu verbinden wußte. Dabei blieb er immer ein Warner vor Gefahren, denn er be­zweifelte, daß mit Gesetzen der Machtmißbrauch des Individuums, also einer Person, die Macht ausübt, ausgeschlossen werden könne.[129] Eine demokratische Staatsform bedeutet noch nicht, daß die hier veran­kerten Rechte und Freiheiten auch eingehalten werden; die Tat­sache der freien und nach Mehrheitsgesetzgebung Verabschiedung von Gesetzen bietet noch nicht die Garantie für Rechtsstaatlichkeit und Freiheit eines Staa­tes.[130] Diese klare Sicht der Dinge ließ ihn, zusammen mit seinen wis­senschaftlichen Leistungen und dem klaren Eintreten gegen das NS-Re­gime, sogar vorübergehend zum Kandidaten für das Amt des Bun­des­präsidenten werden; er war als Nachfolger für Theodor Heuß im Ge­spräch.[131]
Am 26. September 1977 starb Franz Böhm im hessischen Rocken­berg, seinem Altersruhesitz. Seine Gedanken zur sozialen Marktwirt­schaft sind auch im Jahrhundert nach ihrer Formulierung bedeutende Anregung und Ansporn. Daß er nicht den Schergen des NS-Regimes zum Opfer fiel, darf als besonderes Glück auch für das von den Widerstandskämpfern ersehnte Deutschland nach dem Ende der Hitler-Diktatur gelten. Abschließend sei ein Satz zitiert, überliefert durch seinen Schüler Prof. Ernst-Joachim Mest­mäcker: „Die Menschennatur hat die Möglichkeit zum Guten und Bösen. Es ist die Aufgabe der Gesellschaft, dafür zu sorgen, daß die Möglichkeiten zum Bösen kleinbürgerliches Format behalten.“[132]

Über diesen Text

Dieser Aufsatz stammt aus dem Band „Corpsstudenten im Widerstand ge­gen Hitler“, der vom Autor dieses Beitrages bei Duncker & Humblot herausgegeben worden ist. Das Buch erschien im Juli 2014 und ist be­reits in der 2. Auflage erhältlich.[133] An derselben Stelle ist übrigens auch ein Lebensbild Walter Euckens erschienen, dem kongenialen Kollegen Franz Böhms. Generell wird in diesem Band versucht, anhand bestimm­ter sozialer Distinktionen – hier: die Mitgliedschaft in einem akademi­schen Corps – der Definition für das weitverzweigte Netzwerk der Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus nä­herzukommen. Auch für Offiziere, Pastoren, Gewerkschafter und Ange­hörige weltan­schauliche gebundener Parteien sind derartige Untersu­chungen schon vorgenommen worden. In ihrer Gesamtzahl tragen diese Forschungen dazu bei, die Mentalitätsgeschichte der Zeit des Dritten Reiches weiter zu vertiefen und transparent zu machen.
Der Widerstand im Dritten Reich, am 20. Juli 1944 schlagartig sichtbar, ist ab spätestens 1937 als dynamisches Netzwerk von Men­schen faßbar. Eine der Gruppen in diesem durch die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus getragenen, aber vielfach inhomogenen Verbund bestand, soweit wir wissen, aus 38 Männern, die sich als Studenten einem akademischen Corps angeschlossen hatten. Im Gesamtnetzwerk des Widerstands gab es dabei eine Vielzahl von Kontaktflächen: Verwandtschaft, Internate, kirchliches Engagement – oder auch ein Corps. Die Mehrzahl derer, die in diesem Band mit einem Lebensbild gewürdigt werden, konnte über zwei, drei oder vier verschiedene An­knüpfungspunkte im Netzwerk des Widerstandes erreicht werden und selber agieren. Die Art und Weise, wie dies geschah, verdient ausführ­licher erforscht zu werden, als dies bisher geschah, denn das würde auch die Bedeutungen der sozialen Gruppen wie etwas der Corps noch genauer sichtbar machen.
Dr. Sebastian Sigler ist Historiker und Journalist. Er wurde 1964 in Bielefeld geboren und absolvierte dort das Ratsgymnasium. Ein Studi­um der Geschichte, Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Biele­feld, München und Köln schloß sich an. Vorgelegt hat er bislang Arbei­ten zur Kirchengeschichte des 12. Jahrhunderts, zur regionalen Ge­schichte Ravensbergs und Ostwestfalens sowie Aufsätze zum Wider­stand im Dritten Reich; seine Spezialgebiete sind der Widerstand gegen Hitler sowie die Studenten- und Universitätsgeschichte. Sigler, der unter anderem längere Zeit für die ARD und die Tageszeitung „Die Welt“ arbeitete und als Fernsehkorrespondent im Kosovo und in Pakistan ein­gesetzt war, leitet heute die Redaktion der Börsen- und Wirtschafts­zeitung „Börse am Sonntag“.


[1] Brakelmann, Günter, Die Kreisauer – folgenreiche Begegnungen, Münster 2004², S. 166; umfangreiche bibliographische Angaben zu den Freiburger Kreisen bei: Kißener, Michael, Wirtschaftspolitische Ordnungsvorstellungen im deutschen Widerstand gegen das „Dritte Reich“, in: Plumpe, Werner und Scholtyseck, Joachim (Hrsg.), Der Staat und die Ordnung der Wirtschaft – Vom Kaiserreich bis zu Berliner Republik, Stuttgart 2012, S. 87 f.
[2] Blumenberg-Lampe, Christine, Franz Böhm (1895 – 1977), Vater der Kartell­gesetz­ge­bung, in: Buchstab, Günter et al. (Hrsg.), Cristliche Demokraten gegen Hitler, Frei­burg i. Br. 2004, S. 108; eine knappe, aber informative Biographie Böhms: ebd., S. 108 – 114.
[3] Hansen, Niels, Franz Böhm mit Ricarda Huch – zwei wahre Patrioten, Düsseldorf 2009, S. 17.
[4] Wiethölter, Rudolf, Franz Böhm (1895 – 1977), in: Diestelkamp, Bernhard und Stolleis, Michael (Hrsg.), Juristen an der Universität Frankfurt am Main, Baden-Baden 1989, S. 211.
[5]Gerlach, Otto (Hrsg.), Kösener Corpslisten 1960 (künftig: KCL), Kassel 1961, Nr. 35-893.
[6] KCL, Nr. 35-869 bis 35-899; vgl.: Hansen, Franz Böhm, S. 35; Roser, Traugott, Prote­stantismus und freie Marktwirtschaft – eine Studie am Beispiel Franz Böhms, in: Brakel­mann, Günter et al. (Hrsg.), Entwürfe zu christlichen Gesellschaftswis­senschaft, Bd. 6, Münster 1998, zugl. Diss. München, 1996, S. 25..
[7] Bismarck war ebenfalls zu Studienzeiten einem Corps beigetreten, er gehörte der Hannovera in Göttingen an; vgl.: KCL, Nr. 42-387.
[8] Huch, Ricarda, Briefe an die Freunde, Zürich 1986, S. 352: Brief an Gustav Radbruch, 12. März 1942. Später, als Böhm selbst an ordoliberalen Grundideen mitarbeitete, relativierte sich diese Verehrung unter anderem wegen der Frage, welche Bedeu­tung der Außenpolitik zukomme, deutlich.
[9] Max Weber war Mitglied der Burschenschaft Alemannia Heidelberg.
[10] Vgl.: Wiethölter, Franz Böhm, S. 215 f.
[11] Hansen, Franz Böhm, S. 17.
[12] Roser, Böhm, S. 32 ff., insbes. S. 34.
[13] ÜS: „Privatverträge, mit denen öffentliches Recht geändert wird, sind ungültig.“ Vgl. dazu: Goldschmidt, Nils und Wohlgemuth, Michael, Grundtexte zur Freiburger Tradition der Ordnungsökonomik, Tübingen 2008, S. 61. [14] Hansen, Franz Böhm, S. 41.
[15] Roser, Böhm, S. 41.
[16] Kißener, Michael, Wirtschaftspolitische Ordnungsvorstellungen, in: Plumpe, Scholty­seck (Hrsg.), Der Staat und die Ordnung der Wirtschaft, S. 88.
[17]Zu Böhms Habilitationsschrift: Rüther, Daniela, Der Widerstand des 20. Juli auf dem Weg in die Soziale Marktwirtschaft. Die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der bürgerli­chen Opposition gegen Hitler, Paderborn 2002, S. 65 ff., hier zutreffende Wertungen, obwohl Rüther die korrekte Aufschlüsselung von Motivation und Verortung Frei­burger Widerstandskreise in weiten Teilen nicht gelingt.
[18] Als Eucken 2 im Jahre 1910 beim Corps Saxonia Kiel rezipiert, vgl.: KCL, Nr. 77-177. 1934 sollte Eucken bei seinem Corps das Band niederlegen; er tat dies vielleicht auch in Solidarität zu seinem Bruder und Corpsbruder Dieter, der mit einer Frau jüdischen Glaubens verheiratet war, deswegen als „jüdisch versippt“ galt und nach den Regeln, die der NS-Staat den Corps aufzwingen wollte, das Band nicht behalten durfte. Zumindest ist diese Version sehr verbreitet. Wahrscheinlicher ist folgende Überlegung: Die Kieler Saxonia wurde von außen, speziell vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund, dem NSDStB, ultimativ aufgefordert, sich auf die Linie des NS-Staates zu begeben, und mit Zögern folgten die meisten. Eucken dürfte dies zuwider gewesen sein; er war ein überzeugter Deutschnationaler, Mitglied der DNVP, und die in übergroßer Mehrheit aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammenden Nationalsozialisten waren ihm ein Greuel; diese Überlegung verdankt der Autor Stan Schneider Saxoniae Kiel, der sie ihm brieflich mitteilte. Für diese Überlegung spricht auch, daß gesellschaftlich herausragende Personengruppen – und Eucken zählte als Professor und Sohn eines Nobelpreisträgers unbedingt dazu – besonders schroff durch die NS-Parteigänger ausgegrenzt wurden. Diese Bandnie­derlegungen der Brüder Eucken konnten nach der Befreiung 1945 nicht rückgängig gemacht worden, vgl. dazu: Beitrag „Eucken“ in diesem Band, insbes. Anm. 24.
[19] Hansen, Franz Böhm, S. 47, ebd., S. 43 – 47; dort auch genaueres zu Thema und Be­wer­tung der Habilitationsschrift; vgl. zum Habilitations-Kolloquium: Hollerbach, Streiflichter zu Leben und Wer Franz Böhms (1895 – 1977), in: Schwab, Dieter et al. (Hrsg.), Staat, Kirche, Wissenschaft in einer plurali­sti­schen Gesellschaft. Festschrift zum 65. Geburtstag von Paul Mikat, Berlin 1989, S. 287; zum Urteil Euckens über die Ha­bilitationsschrift vgl.: Roser, Böhm, S. 43: Eucken nannte die Arbeit „an Anschau­lichkeit und Urteil … konkurrenzlos“.
[20] Die Veröffentlichung der Habilitationsschrift mußte Böhm finanziell selbst schul­tern, vgl.: Brief Marietta Böhm an Marie Baum, ohne Datum, Deutsches Literatur­archiv Marbach, Nachlaß Ricarda Huch, Nr. 64.2082/162.
[21]Roser, Böhm, S. 49.
[22] Eucken, Walter, Tagebucheintrag 21. Februar 1934, Walter-Eucken-Archiv Frank­furt/Main.
[23] Vgl. dazu: Fack, Fritz Ullrich, (Grußwort ohne Titel), in: Recht und Gesittung in einer freien Gesellschaft. Vortragsveranstaltung der Ludwig-Erhard-Stiftung und des Magi­strats der Stadt Frankfurt am Main am 21. November 1985 im Kaisersaal des Römers. Zur Erinnerung an Franz Böhm aus Anlaß seines 90. Geburtstages, Bonn 1985 (Selbstverl.), S. 10.
[24] Heck, Bruno, Leben und Werk, in: Kaff, Brigitte (Bearb.) und Biedenkopf, Kurt (Hrsg.), Franz Böhm, Beiträge zu Leben und Wirken, Melle 1980, S. 10.
[25]Böhm, Franz, Wettbewerb und Monopolkampf. Eine Untersuchung zur Frage des wirt­schaftlichen Kampfrechts und zur Frage der rechtlichen Struktur der geltenden Wirt­schaftsordnung, Habilitationsschrift Berlin 1933, Teil II, 2, Kapitel VI und VII, S. 178 – 203, insbes. S. 193 ff.
[26] Siehe hier: Willgerodt, Hans, Die Sachlogik der Wirtschaft im Spiegel des Rechts, in: Recht und Gesittung in einer freien Gesellschaft, Vortragsveranstaltung der Ludwig-Erhard-Stiftung und des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main am 21. November 1985 im Kaisersaal des Römers, Bonn 1985 (Selbstverl.), S. 18.
[27] Böhm, Franz, Wettbewerb und Monopolkampf, S. 108 – 120; a.a.O., S. 178 ff., a.a.O., S. 260 ff.; vgl.: Willgeroth, Sachlogik, S. 19.
[28] A.a.O., Teil III, S. 210 – 317, besonders gut zusammengefaßt bei: Zieschang, Tamara, Das Staatsbild Franz Böhms, Stuttgart 2003, S. 117 ff.
[29] Vgl. dazu Böhm, Franz, Der Rechtsstaat und der soziale Wohlfahrtsstaat, in: Mest­mäcker, Ernst-Joachim, Franz Böhm – Reden und Schriften, Karlsruhe 1960, S. 82 – 150, insbes. S. 82 – 94 (künftig zitiert: Böhm, Reden und Schriften).
[30] Böhm, Franz, Die Bedrohung der Freiheit durch private ökonomische Macht in der heutigen Gesellschaft, in: Universitas, 1963, S. 46; vgl.: Scholtyseck, Joachim, Ludwigs Erhards Soziale Marktwirtschaft als radikale Ordnungsinnovation, in: Plumpe, Scholty­seck (Hrsg.), Der Staat und die Ordnung der Wirtschaft, S. 111.
[31] Meroz, Yohanan, Franz Böhm und Israel, in: Biedenkopf, Franz Böhm, S. 16.
[32] Zieschang, Staatsbild, S. 23 und S. 200.
[33] Zieschang, Staatsbild, S. 10; Hansen, Franz Böhm, S. 75 ff.; Roser, Böhm, S. 52 ff.
[34] Häufige Treffen fanden statt im Haus Constantin v. Dietzes, Maria-Theresia-Stras­se 13 in Freiburg-Wiehre. Das berichten Mitglieder der Burschenschaft Franconia, die dieses Haus bereits in den 1950er Jahren übernommen haben. Dietze, der zu diese Zeit noch im ersten Stock des Hauses wohnte, hat auch andernorts von den Treffen berichtet; vgl. dazu: Goldschmidt, Nils, Der Freiburger universitäre Widerstand und die studenti­sche Widerstandsgruppe Kakadu, in: Scholtyseck, Joachim und Studt, Christoph (Hrsg.), Universitäten und Studenten im Dritten Reich – Beja­hung, Anpassung, Wider­stand, Schriftenreihe der Forschungsgemeinschaft 2. Juli 1944 e. V., Bd. 9, Berlin 2008, S. 147 f.; derselbe Aufsatz bereits in: Martin, Bernd, 550 Jahre Alber-Ludwigs-Universität Freiburg, Bd. 3: Von der badischen Landes­univer­si­tät zur Hochschule des 21. Jahrhunderts, Freiburg / München 2007, S. 503 – 519, hier: S. 507.
[35] Böhm, Franz, Freiburger Schule und Nationalsozialismus, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Mai 1955 zur dieser Frage: „Weil der Nationalsozialismus für die gesamte Wirtschaftswissenschaft nur Geringschätzung übrig hatte und weil es ihnen völlig gleichgültig war, was deutsche Nationalökonomen zusammen­schrie­ben und zusammendachten.“ Vgl.: Hansen, Franz Böhm, S. 85 f.
[36] Bei Zieschang, Staatsbild, S. 6, weiterführende Literaturangaben.
[37] Blumenberg-Lampe, Vater der Kartellgesetzgebung, S. 109.
[38] Heck, Bruno, Leben und Werk, in: Gotto, Klaus (Hrsg.), Franz Böhm – Beiträge zu Leben und Wirken, Melle 1980, S. 11; vgl.: Biedenkopf, Kurt, Der Politiker Franz Böhm, ebd., S. 59 f.; vgl. ebenso: Böhm, Franz, Marktwirtschaft von links und rechts,in: Böhm, Reden und Schriften, S. 82 – 150, S. 151 – 157; Mestmäcker, Ernst-Joachim, (Grußwort ohne Titel), in: Recht und Gesittung in einer freien Gesellschaft, Vortrags­veranstaltung der Ludwig-Erhard-Stiftung und des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main am 21. November 1985 im Kaisersaal des Römers. Zur Erinnerung an Franz Böhm aus Anlaß seines 90. Geburtstages, Bonn 1985 (Selbstverl.), S. 52.
[39] Huch, Ricarda, Briefe an die Freunde, Zürich 1986, S. 171 f.; Böhm, Franz, Brief an Marie Baum vom 9. August 1933, Deutsches Literaturarchiv Marbach, Nachlaß Ricarda Huch, Nr. 64.2081/4 – beide zitiert nach: Hansen, Franz Böhm, S. 64 f.
[40] Hollerbach, Streiflichter, S. 287 f.
[41] A.a.O.
[42] Eucken, Walter, Tagebucheinträge vom 9. Dezember 1934 und 22. Januar 1935.
[43] Hansen, Franz Böhm, S. 88.
[44] Vgl. dazu: Blumenberg-Lampe, Christine, Oppositionelle Nachkriegsplanung: Wirt­schafts­wis­senschaftler gegen den Nationalsozialismus, in: John Eckhard et al. (Hrsg.), Die Frei­burger Universität in der Zeit des Nationalsozialismus, Freiburg – Würzburg 1991, S. 209.
[45] Roser, Böhm, S. 63 ff.
[46]Großmann-Doerth, Hans, Eucken, Walter, Böhm, Franz (Hrsg.), Die Ordnung der Wirtschaft, Bd. 1, Berlin – Stuttgart, 1937.
[47] Goldschmidt, Nils und Wohlgemuth, Michael, Die Freiburger Tradition der Ord­nungsökonomik, in: dies. (Hrsg.), Grundtexte zurFreiburger Tradition der Ordnungs­ökonomik, Untersuchungen zur Ordnungstheorie und Ordnungspolitik, Bd. 50, Tü­bingen 2008, S. 4.
[48] So bei Hansen, Franz Böhm, S. 85, allerdings ohne Beleg. Zu Mutschmann: Parak, Michael, Hochschule und Wissenschaft zwischen zwei Diktaturen. Elitentausch an sächsischen Hochschulen 1933 – 1952, Köln 2004.
[49]Scholtyseck, Joachim, Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft als radikale Ordnungs­innovation, in: Plumpe,Scholtyseck (Hrsg.), Der Staat und die Ordnung der Wirt­schaft, S. 111; vgl.: Kielmannsegg, Peter Graf v., Nach der Katastrophe. Eine Geschichte des geteilten Deutschlands, Berlin 2000, S. 435; Böhm, Franz, Die Bedeutung der Wirt­schaftsordnung für die politische Verfassung, 1946, passim.
[50] Ausführlich dazu: Roser, Böhm, S. 111 – 122.
[51] Bundesarchiv, R 3001/52107, Personalakte Böhm (künftig BArch, PA Böhm), hier: Anschuldigungsschrift im Dienststrafverfahren, 15. September 1938, Blatt 99; Archiv für christlich-demokratische Politik, St. Augustin (künftig ACDP), Nr. 01-200-003/2.
[52] ACDP, Nr. 01-200-003/4; Rüther, Der Widerstand des 20. Juli, S. 245, interpretiert tendentiös und erkennt nicht, daß der Comment, an dem sich Corpsstudenten und andere Korporierte heute noch halten, damals wie heute sinnvoll und zielführend sein kann.
[53] Der gesamte – lesenswerte! – Vorgang mit ausführlichen Quellenangaben siehe: Hansen, Franz Böhm, S. 99 – 106.
[54] ACDP, Nr. 01-200-003/1; BArch, PA Böhm, Blatt 44.
[55] Ausführlicher zu diesem Verfahren: Hollerbach, Streiflichter, S. 289 ff.
[56] BArch, PA Böhm, Blatt 220.
[57] Freiburger Universitätsarchiv, Personalakte Franz Böhm, Akte „Dienststrafverfah­ren“, B 24/286.
[58]Böhm Franz, Wettbewerb und Monopolkampf, Habilitationsschrift Berlin 1933, S. VII.
[59] Schmölders, Günter, Das Moralische in der Politik, Würdigung Franz Böhms zu dessen 75. Geburtstag, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. Februar 1970.
[60] Exemplarisch seien genannt: Böhm, Franz, Die Ordnung der Wirtschaft als geschichtliche Aufgabe und rechtsschöpferische Leistung, in: Böhm, Franz und Eucken, Walter (Hrsg.), Ordnung der Wirtschaft, Bd. 1, Stuttgart 1937; siehe auch: Böhm, Franz mit Eucken, Walter und Großmann-Doerth, Hans, Unsere Aufgabe, ebd., S. VII – XXI; Böhm, Franz, Der Wettbewerb als Instrument staatlicher Wirtschaftslenkung, in: Schmölders, Günter (Hrsg.), Der Wettbewerb als Mittel volkswirtschaftlicher Lei­stungssteigerung und Leistungsauslese, Berlin 1942, S. 51 – 98; Böhm, Franz, Kon­zen­tration, abgedruckt in: Blumenberg-Lampe, Christine, Der Weg in die Soziale Markt­wirtschaft. Referate Protokolle, Gutachten der Arbeitsgemeinschaft Erwin von Beckerath 1943 – 1947, in: Forschungen zur Zeitgeschichte, Bd. 9, Stuttgart 1986, S. 329 – 342 (Mai 1944) und S. 425 – 438 (Juli 1944).
[61] Der Philosoph Franz Böhm wurde am 16. März 1903 geboren, hatte eine außer­or­dentliche Professur in Heidelberg inne und verstarb 1945 in Moskau. Zum Phi­lo­sophen Böhm: Mohler, Armin, Die konservative Revolution in Deutschland 1918 – 1932, Personenregister; Wiethölter, Franz Böhm, S. 249.
[62] Goerdeler war Mitglied der Tübinger Turnerschaft Eberhardina – nach Fusion mit der Turnerschaft Markomannia Königsberg heute: Alte Tur­nerschaft Eberhardina-Markomannia zu Tübingen.
[63] Hansen, Franz Böhm, S. 140 ff.
[64] Böhm, Franz, Begegnungen mit Carl Goerdeler, Gespräch mit Regina Büchel, Manu­skript aus dem Mai 1969, von Böhm durchgesehen und korrigiert, Nachlaß Böhm, ACDP Nr. 01-200-004/4, vgl.: Biedenkopf, Franz Böhm, S. 69.
[65] Hoffmann, Peter, Widerstand – Staatsstreich – Attentat, München 1979³, S. 240: „Nicht nur will Goerdeler, wie Popitz auch, Recht und Anstand wiederherstellen, sondern auch die Freiheit. Schon in den ersten Abschnitten über die Grundsätze der Innenpolitik heißt es: ‚Alle Beschränkungen der Freiheit und des Geistes, des Gewissens und der Forschung werden sofort aufgehoben.‘ Das ist klar und deutlich, nicht bloß vage Zukunftsmusik. Oder: ‚Presse und Schrifttum sollen grundsätzlich frei sein. Feige die Regierung, dumm das Volk, die diese Regierung nicht vertragen.‘ Nur ‚dem Verbrecher und dem Lumpen‘ gebührt diese Freiheit nicht.“ Vgl. dazu: Schramm, Wilhelm Ritter von, Beck und Goerdeler – Gemein­schafts­dokumente für den Frieden, München 1965, S. 81 – 166; Ritter, Gerhard, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, Stuttgart 1956³, S. 569 – 576. Hoffmann teilt mit, daß er sich auf diese beiden Darstellungen gestützt habe. Diese günstige Darstellung läßt sich auch vertreten, wenn einberechnet wird, daß Goerdeler eine erbliche, konstitutionelle Monarchie bevorzugt hätte; vgl. Hofmann, Widerstand, S. 245 f.
[66] Ab August 1942 hatte Kurt Gerstein, Mitglied des Corps Teutonia Marburg, den Massenmord an den europäischen Juden in Widerstandkreisen und bei ausländi­schen Diplomaten und bei Regimegegnern im Reich bekanntgemacht. Vgl. dazu: Friedländer, Saul, Kurt Gerstein oder die Zwiespältigkeit des Guten, Gütersloh 1968, S. 111 ff.; Gräbner, Dieter und Weszkalnys, Stefan, Der ungehörte Zeuge. Kurt Gerstein – Christ, SS-Offizier, Spion im Lager der Mörder, Saarbrücken 2006, S. 19 ff; Schäfer, Jürgen, Kurt Gerstein – Zeuge des Holocaust, Bielefeld 1999, S. 165; insbes.: Gerstein, Kurt, In der SS, in: Steinbach, Peter und Tuchel, Johannes, Widerstand in Deutsch­land 1933 – 1945. Ein historisches Lesebuch, München 1994, S. 183.
[67] Blumenberg-Lampe, Oppositionelle Nachkriegsplanung, S. 207; Roser, Böhm, S. 65.
[68] Blumenberg-Lampe, Christine, Das wirtschaftspolitische Programm der „Freiburger Kreise“. Entwurf einer freiheitlich-sozialen Marktwirtschaft. Nationalökonomen gegen den Nationalsozialismus, Berlin 1973, S. 117 ff.
[69] Zur Mittwochsgesellschaft vgl.: Scholder, Klaus, Die Mittwochsgesellschaft. Protokolle aus dem geistigen Deutschland 1932 bis 1944, Berlin 1982.
[70] Vgl. dazu: Roser, Böhm, S. 73.
[71]Rüther, Der Widerstand des 20. Juli, S. 279.
[72]A.a.O., S. 454.
[73] Herbst, Ludolf, Der Totale Krieg und die Ordnung der Wirtschaft. Die Kriegswirtschaft im Spannungsfeld von Politik, Ideologie und Propaganda 1939 – 1945, Stuttgart 1982, S. 148 ff.
[74]Vgl. dazu: Rüther, Der Widerstand des 20. Juli, S. 454.
[75]Jessen, der Kopf dieses Arbeits­kreises, wurde nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 vom Volksge­richts­hof unter Roland Freisler zum Tode verurteilt und am 30. No­vem­ber jenes Jahres in Berlin-Plötzensee ge­henkt. Freisler seinerseits war im üb­rigen zeitweilig Mitglied der Schwarzburgverbindung Alemannia Jena, wurde dort jedoch ausgeschlossen; vgl.: Hanne, Peter und Riotte, Heinrich-Josef, Die Ge­schichte der Schwarzburgverbindung Alemannia Jena, Essen 2011.
[76] Wenn Böhm nicht immer als Mitglied des inneren Kreises dieser Widerstandszelle genannt wird, liegt das an seiner Lehrtätigkeit in Jena und der dadurch bedingten Abwesenheit; vgl. dazu: Goldschmidt, Widerstandsgruppe Kakadu, insbes. S. 147.
[77]Roser, Böhm, S. 81 f.
[78]Rüther, Der Widerstand des 20. Juli, S. 271.
[79] Blumenberg-Lampe, Vater der Kartellgesetzgebung, S. 110.
[80] Hauenstein, Fritz, Der Freiburger Kreis. Eine Aufzeichnung für die Stiftung „Hilfswerk 20. Juli 1944“, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Royce, Hans (Bearb.), 20. Juli 1944, Bonn 1969, S. 42h, S. 43; Roser, Böhm, S. 67 – 72.
[81]Rüther, Der Widerstand des 20. Juli, S. 196.
[82]Weitere Ausführungen dazu: Rüther, Der Widerstand des 20. Juli, S. 197 ff.
[83] Ritter, Gerhard, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, Stuttgart 1954, 1955², S. 511 (das Werk erfuhr viele weitere Auflagen); mit Ritter war Böhm im übrigen wegen der Sichtweise der Person Goerdelers bald nach 1945 zerstritten. Vielleicht auch deswegen findet Böhm bei Ritter nur dort knappe Erwähnung, wo es aus seiner Sicht unumgänglich ist.
[84] Böhm, Franz, Begegnungen mit Carl Goerdeler, Gespräch mit Regina Büchel, ACDP Nr. 01-200-004/4.
[85] Ausführliche Schilderung bei: Hansen, Franz Böhm, S. 152 ff.; vgl.: Ritter, Goerdeler, S. 511; Zieschang, Staatsbild, S. 7.
[86]Vgl. beispielhaft: Rüther, Der Widerstand des 20. Juli, S. 228.
[87] Böhm, Franz, Begegnungen mit Carl Goerdeler, in: Kaff, Brigitte (Bearb.) und Biedenkopf, Kurt (Hrsg.), Franz Böhm, Beiträge zu Leben und Wirken, Melle 1980, S. 79; Scholtyseck, Joachim, Robert Bosch und der liberale Widerstand gegen Hitler 1933 bis 1945, München 1999, S. 339.
[88] Böhm, Franz und Wolf, Erik, Anhang I – „Rechtsordnung“ – zum Memorandum des „Freiburger Denkschriftenkreises“, Januar 1943, in: Wolf, Erik (Hrsg.), Im Reiche dieses Königs hat man das Recht lieb (Psalm 99,4). Der Kampf der Bekennenden Kirche um das Recht, in: Zeugnisse der Bekennenden Kirche, Bd. II, Tübingen 1946, S. 81 – 87; Hauenstein, Der Freiburger Kreis, S. 44.
[89] Ebd..
[90] Hollerbach, Streiflichter, S. 283 ff.
[91] Hauenstein, Der Freiburger Kreis, S. 46.
[92] Hauenstein, a.a.O., S. 44.
[93] Böhm, Franz, Freiburger Schule und Nationalsozialismus, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Mai 1955; Blumenberg-Lampe, Vater der Kartellgesetzgebung, S. 111; Zieschang, Staatsbild, S. 8. Zur Namensgebung „Kreisauer Kreis“ ist zu bemerken, daß die hier Versammelten sich selbst keinen Namen gegeben hatten und gegen­seitig meist von „den Freunden“ redeten. Die Titulierung nach dem Gut Kreisau, das der Familie Moltke gehörte, stammt aller Wahrscheinlichkeit nach von Walter Huppenkothen, einem SS-Standartenführer, der die Mehrzahl der „Kreisauer“ nach ihrer Verhaftung verhörte und für viele Todesurteile Verantwortung trägt. Dieser Mann sortierte einfach jeden, der im Verhör ein oder mehrere Treffen in Kreisau erwähnte, in eine Schublade. Erstens handelt es sich bei dieser willkür­lichen Zuordnung um Menschen, die teils nur wenig miteinander zu tun hatten, zweitens haben insgesamt nur drei Treffen – von insgesamt hunderten im Wider­stand der „Freunde“ gegen Hitler – auf dem Moltke-Gut stattgefunden. Natürlich waren aber unter den vielen, die mit in die Schublade gesteckt wurden, auch der engste Kreis um Moltke und Yorck, die Gründer des Kreises, erfaßt; vgl. dazu: Yorck von Wartenburg, Marion, Die Stärke der Stille. Erinnerungen an ein Leben im Widerstand, Moers 1998, S. 58. Auch Freya v. Moltke schreibt an ihren Mann über „die Freunde“, wobei der wegen der Gestapo-Zensur verklausulierte textliche Zusammenhang nahelegt, daß hier Yorck und die anderen „Kreisauer“ gemeint sind. Exemplarisch: Moltke, Helmuth James und Freya von, Abschiedsbriefe Gefäng­nis Tegel, September 1944 – Januar 1945, München 2011, S. 129.
[94] Blumenberg-Lampe, Oppositionelle Nachkriegsplanung, S. 215.
[95] So formuliert: Hauenstein, Der Freiburger Kreis, S. 46.
[96] Ritter, Goerdeler, S. 512.
[97]Kienberger-Markwalder, Ursula, Doktor-Examen bei Walter Eucken und Constantin von Dietze im September 1944, in: Goldschmidt, Nils (Hrsg.), Wirtschaft, Politik und Freiheit. Freiburger Wirtschaftswissenschaftler und der Widerstand, Tübingen 2005, S. 449 – 452, hier: S. 450.
[98] Dieser nicht näher bezeichnete, letztlich fiktiv gebliebene „Pfarrer Böhm“ taucht in den Anklageschriften vom 20. April 1945 gegen Walter Bauer und Constantin v. Dietze auf. Dietze war einer der führenden Köpfe der „Freiburger Kreise“; vgl. dazu: Bethge, Eberhard, Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse, Darmstadt 20048, S. 872; Buchstab, Günter, Verfolgung und Widerstand 1933 – 1945, Düsseldorf 1990 ²; Hansen, Franz Böhm, S. 155.
[99] Der gleichnamige, aber nicht mit dem Freiburger Professor verwandte Burschen­schafter Franz Böhm, der der Prager Arminia – heute in Bochum – angehörte, schien nicht in diese Verwechslung einbezogen, zumin­dest wird sein Name in keinem Zusammenhang mit den Freiburger Kreisen ge­nannt.
[100] Todesursache war eine nicht behandelte Gesichtsrose, eine äußerst schmerzhafte Nervenerkrankung. In Dachau wurde eine große Zahl von Häftlingen durch die Verweigerung medizinischer Hilfe ums Leben gebracht; siehe zum Lebenslauf von Franz Boehm: Buter, Peter, Pohlmann, Rudolf, Pfarrer Franz Boehm 1880 – 1945, Glaubenszeuge und Märtyrer, Monheim am Rhein 2005 (Privatdruck).
[101]Kienberger-Markwalder, Doktor-Examen bei Walter Eucken, S. 450.
[102] Hansen, Franz Böhm, S. 171, zitiert: Gailus, Manfred, Protestantismus und National­so­zialismus. Studien zur nationalsozialistischen Durchdringung des protestantischen So­zial­milieus in Berlin, Köln 2001; Hans Böhm war mittelbar auch in die Formulierung der Denkschriften der Freiburger beteiligt gewesen, s. dazu: Goldschmidt, Wider­standsgruppe Kakadu, S. 148.
[103] Kienberger-Markwalder, Doktor-Examen bei Walter Eucken, S. 450.
[104]Goldschmidt, Nils, Wider­standsgruppe Kakadu, S. 155 f.
[105]Ebd.
[106] Kullmann, Heinrich, Kassiber aus der KZ-Haft, in: Blesgen, Detlef, Widerstehet dem Teufel – Ökonomie, Protestantismus und politischer Widerstand bei Constantin v. Dietze (1891 – 1973), in: Goldschmidt, Nils (Hrsg.), Wirtschaft, Politik und Freiheit – Frei­burger Wirtschaftswissenschaftler und der Widerstand, Tübingen 2005, Seite 457 f.
[107]Brakelmann, Günter, Peter Graf Yorck von Wartenburg, urteilt in dem so betitelten und in diesem Band abgedruckten Aufsatz: „Die Freiburger und Kreisauer Kreise dürften unter den deutschen Widerstandsgruppen das größte intellektuelle Potential bei sich versammelt haben.“
[108] Hansen, Franz Böhm, S. 184 f.; Blumenberg-Lampe, Vater der Kartellgesetzgebung, S. 112.
[109] Grün, Bernd, Der Rektor als Führer? Die Universität Freiburg i. Br. von 1933 bis 1945, Freiburg / München 2010, S. 615.
[110] Hollerbach, Streiflichter, S. 294.
[111] KCL Nr. 35-629, geklammerter Senior.
[112] Geiler, der an der Handelshochschule in Mannheim gelehrt hatte, war in Konflikt mit dem NS-Regime gekommen. 1939 wurde seine Lehrerlaubnis eingezogen, doch weitere Verfolgung blieb ihm erspart. Seinem Rhenanen-Corpsbruder Böhm war Geiler auch verbunden, weil dessen Vater Franz Alexander Böhm, der Kultus­minister in Baden gewesen war, ihm 1911 bei der Errichtung der Mann­heimer Handelshochschule geholfen hatte; vgl. dazu: Wiethölter, Franz Böhm, S. 236.
[113] Vgl. hier: Wiethölter, Franz Böhm, S. 237, der ausführt, daß Geiler 1945 als Regie­rungschef für ein Gebiet vorgesehen war, das in etwa die Südpfalz, Teile des Saargebietes sowie Starkenburg enthalten sollte. Vermittler war hier unter ande­rem Karl Jaspers.
[114] Roser, Böhm, S. 127 – 133; Hansen, Franz Böhm, S. 194, S. 196 f.
[115] Vgl. Wiethölter, Franz Böhm, S. 238, hier allerdings Ungenauigkeiten bei der Da­tie­rung. Wiethölter verlegt den tatsächlich erst im Dezember 1946 erfolgten Rücktritt Geilers auf den Februar vor und kommt so zu unrichtigen Begründungen auch für den Rücktritt Böhms.
[116]Nützenadel, Alexander, Keynsianismus in der Bundesrepublik, in: Plumpe, Werner und Scholtyseck, Joachim (Hrsg.), Der Staat und die Ordnung der Wirtschaft, Stutt­gart 2012, S. 124 f.
[117] Günther, Eberhard, Erinnerungen an Franz Böhm, in: Biedenkopf, Franz Böhm, S. 1
[118] Müller-Armack, Alfred, Auf dem Weg nach Europa. Erinnerungen und Ausblicke, Stuttgart 1971, S. 36.
[119] Ebd., S. 41.
[120] Ebd., S. 42.
[121] Ebd., S. 44.
[122] So bezeichnet sich zum Beispiel Kurt Biedenkopf als „Enkel Franz Böhms“. Siehe dazu: Biedenkopf, Kurt, Erneuerung der Ordnungspolitik, in: Ludwig-Erhard-Stif­tung (Hrsg.), Wirtschaftsordnung als Aufgabe: zum 100. Geburtstag von Franz Böhm, Krefeld 1995.
[123] Zitiert nach: Blumenberg-Lampe, Vater der Kartellgesetzgebung, S. 114.
[124] Roser, Böhm, S. 148.
[125] A.a.O., S. 183.
[126] So der Titel eines Aufsatzes von Böhm, vgl.: Böhm, Reden und Schriften, S. 193.
[127] Meroz, Yohanan, Franz Böhm und Israel, in: Biedenkopf, Franz Böhm, S. 22.
[128] Zu Böhms Arbeit und Haltung bezüglich des Antisemitismus vgl.: Mestmäcker, Ernst-Joachim, Freiheit und Ordnung in der Marktwirtschaft, in: Biedenkopf, Franz Böhm, S. 39 ff.
[129] Böhm, Franz, Der Rechtsstaat und der soziale Wohlfahrtsstaat, in: Böhm, Reden und Schriften, S. 85 f.; vgl.: Zieschang, Staatsform, S. 198.
[130] Hoppmann, Erich, Freiheit und Ordnung in der Demokratie – Sprachverwirrung als politisches Instrument, in: ders., Wirtschaftsordnung und Wettbewerb, Baden-Baden 1988, S. 154.
[131] Hollerbach, Streiflichter, S. 299.
[132] Wallmann, Walter, Vortrag anläßlich der Veranstaltung der Ludwig-Erhard-Stiftung und des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main am 21. November 1985 im Kaisersaal des Römers, in: Recht und Gesittung in einer freien Gesellschaft. Zur Erinnerung an Franz Böhm aus Anlaß seines 90. Geburtstages, Bonn 1985 (Selbstverl.), S. 6.
[133] Sigler, Sebastian (Hrsg.), Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler, Berlin 20142, ISBN 978-3-428-14498-3; behandelt werden die Lebensläufe von Albrecht v. Hagen, Hans Koch, Friedrich-Wilhelm v. Prittwitz und Gaffron, Peter Graf Yorck v. War­tenburg, Eduard Brücklmeier, Hasso v Etzdorf, Nikolaus v. Halem, Ulrich v. Has­sell,Herbert Mumm v. Schwarzenstein, Rudolf v. Scheliha, Adam v. Trott zu Solz, Walter Eucken, Wilhelm Abegg, Wilhelm v. Armin-Lützlow, Kurt Gerstein, Hans-Wolfram Knaak, Josef Planke, Rohr, Friedrich-Karl v. Zitzewitz, Karl Burian, Ge­org Ferdinand Duckwitz, Wilhelm v. Flügge, Eberhard v. Breitenbuch, Max Drae­ger, Fritz- Dietlof Graf v der Schulenburg und Ernst Vollert; unter Mitarbeit von Prof. Dr. Wolfgang Wippermann, FU Berlin und em. Prof. Dr. Günter Brakelmann, Bochum.

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Der Journalist Dr. Sebastian Sigler studierte Geschichte, Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in Bielefeld, München und Köln. Seit seiner Zeit als Student arbeitet er journalistisch; einige wichtige Stationen sind das ZDF, „Report aus München“ (ARD) sowie Sat.1, ARD aktuell und „Die Welt“. Für „Cicero“, „Focus“ und „Focus Money“ war er als Autor tätig. Er hat mehrere Bücher zu historischen Themen vorgelegt, zuletzt eine Reihe von Studien zum Widerstand im Dritten Reich.

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