Carsten Linnemanns strategisches Gespür

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CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat dem „stern“ ein bemerkenswertes Interview gegeben. Zum Auftakt des Wahljahres 2024 legt er seine Partei mit der Feststellung, dass Björn Höcke ein Nazi sei, auf einen Abgrenzungskurs ohne Wenn und Aber fest: „Eine Minderheitsregierung, die sich von den Stimmen der AfD abhängig macht, darf es nicht geben. Punkt“ (https://www.stern.de/…/carsten-linnemann-ueber-bjoern…“).

Das ist erfreulich, denn dahinter kann die CDU ohne den Verlust ihrer Glaubwürdigkeit nicht zurück fallen. Klarheit in dieser Frage ist für Deutschlands Zukunft existenziell.

Seine Überlegungen zu Angela Merkel zeigen das notwendige strategische Gespür: „Sie gehört zur CDU wie unsere anderen vier Bundeskanzler auch. Sie hat uns geprägt. Unter ihr wurde dieses Land gut regiert. Natürlich wurden auch Fehler gemacht. Entscheidend ist, dass wir aus Fehlern lernen.“

Linnemann wünscht sich ihre Unterstützung im Wahlkampf: „Davon gehe ich aus. Sie schreibt gerade ihr Buch. Wir haben uns vor wenigen Monaten getroffen und hatten ein längeres Gespräch. Die Inhalte bleiben vertraulich. Aber ich kann nicht erkennen, dass sie die CDU nicht mehr unterstützen möchte“. Die Vorstellung, dass sich Merkel ihrer Verantwortung für Deutschland entzieht, fällt schwer.

Linnemann hält Merkels Engagement im Wahlkampf für „selbstverständlich. Ich finde es wichtig, dass wir keinen Bruch mit der Vergangenheit haben. Das wäre falsch. Wir leben jetzt nur in einer anderen Zeit. Ich habe immer gesagt, dass die Parteien der Mitte unterscheidbarer werden müssen. Das ist uns gelungen…“

Die FAZ hat genau diese Spannung in ihrem heutigen Leitartikel genau beschrieben: „So sehr sich viele CDU-Mitglieder und -Wähler darüber freuen, dass Merz der CDU wieder schärfere Konturen gibt und dies vor allem in der Migrationspolitik, so wissen die Parteistrategen doch, dass der Weg zum Kanzleramt zu einem Gutteil mit Merkel-Stimmen gepflastert werden muss. Merz braucht diejenigen, die CDU oder CSU seit 2005 viermal nur oder doch vor allem wegen Angela Merkel gewählt haben“ (https://zeitung.faz.net/…/86ad2785bf10f235d5655e97a9e7…/?).

Doch das ist nicht nur eine taktische Frage des Ringens um die Wählergunst. Die Glaubwürdigkeit der zumindest in Meinungsumfragen stärksten demokratischen Partei hängt davon ab, ob es ihr gelingt, die notwendige Anpassung ihrer Politik an die veränderte Lage in der Welt und Deutschland so zu vollziehen, dass der demokratische Konsens gegen die rechtsradikale Bedrohung gestärkt wird.

Nun bleibt zu hoffen, und manches spricht dafür, dass sich der CDU-Generalsekretär bei diesen strategischen Überlegungen im Einklang mit seinem Parteivorsitzenden Friedrich Merz weiss.

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