Im Jahre 2015 jährte sich der Beginn des grausigen Völkermords der osmanischen Türken an den Armeniern zum 100. Mal. Bereits 2014 hatte der damals erst kurz zuvor zum Papst erhobene Franziskus den dringenden Wunsch, das älteste christliche Land der Welt persönlich zu besuchen, vor hohen armenischen Geistlichen geäußert: „Ich versprach den drei Patriarchen, dass ich fahren würde: Das Versprechen wurde gemacht“, so erinnerte sich Frnziskus später selbst. „Der Heilige Vater kommt, um seine Wertschätzung gegenüber der armenischen Nation für ihre Treue zum Christentum, zu ihrem Glauben, zu ihrem Widerstand und gegenüber ihrer Kultur auszudrücken“, bestätigte Erzbischof Raphael Minassian, damals armenischer Ordinarius Osteuropas, im Interview mit CNA.
Dann sagte Minassian einen Satz, der uns heute fast schon prophetisch anmuten kann: „Ich glaube, das dies auch ein Zeichen, ein göttliches Zeichen ist, dass wir den Heiligen Vater in Armenien als Trost (haben) – als Verteidigung der Menschenrechte und als Stärkung der Gesellschaft zur Fortsetzung des Zeugnisses der Mission, die unser Herr dieser Nation mitgab, die das Christentum ist.“ Den leidenden, den hart geprüften Menschen hatte Franziskus sein Leben seit einer am eigenen Leib erfahrenen, schweren Krankheit gewidmet. Und nun ging er zu den Armeniern, gerade zu den Armeniern. Ein gewichtiges Zeichen. Zehn Jahre ist das jetzt her.
Auch heute, 110 Jahre nach dem Beginn des Völkermordes, gibt es ihn noch, den christlichen Staat Armenien, wenn auch jüngst das mörderische Brudervolk der Türken, die Aseris, den kulturellen Südosten Armeniens erobert, entvölkert und verwüstet haben, wobei damit zu rechnen ist, dass die 1.700 Jahre alte, gewachsene christliche Kultur nun Stein um Stein vernichtet wird, dass die Gräber zigtausender ermordeter christlicher Märtyrer dem Erdboden gleichgemacht werden, auch und nicht zuletzt mithilfe türkischer Panzer. Auslöschung, komplett, totale Vernichtung auch der Erinnerung – die moslemische Art der Eroberung.
Armeniens nationale Kirche aber lebt. Im verbleibenden, kleineren Land und an vielen Orten im Exil, in Frankreich, in Australien, in Argentinien. Die armenisch-apostolische Kirche ist orientalisch-orthodox, und 93 Prozent der Bevölkerung im Land gehören ihr an. Armenien kann für sich in Anspruch nehmen, die erste Nation zu sein, die das Christentum als Staatsreligion angenommen hatte. Dies geschah im Jahr 301. Vermutlich, weil dies alles geschah, bevor ein christlicher Renegat namens Mohammed auf dem Gebiet des heutigen Saudi-Arabien zwei unterschiedliche Offenbarungen empfing, eine in Mekka, eine in Medina, betrachten die Anhänger dieses Propheten die Existenz des Staates Armenien an sich als Provokation. Das könnte die Ursache sein für das, was wir von hier aus ganz subjektiv als nie endenden moslemischen Hass gegenüber Armenien empfinden.
Franziskus aber besuchte Armenien, und zwar zu einem denkwürdigen Zeitpunkt, genau 100 Jahre, nachdem der Völkermord von 1915 und 1916 zunächst zum Stillstand kam, nachdem zwischen 1,5 und zwei Millionen Armeniern durch osmanische Türken grausam ermordet und weitere Millionen brutal ins Exil vertrieben waren. Der Besuch des Papstes Franziskus fand vom 24. bis zum 26. Juni 2026 statt. Er stellte sich damit zugleich in die Tradition des Heiligen Papstes Johannes Paul II. im Jahr 2001. Erzbischof Minassian erinnert sich, dass er „diese Menschen ermutigte, neu zu beginnen und ihren Glauben und ihr redliches Gesellschaftsleben zu stärken“. Auch zur deutschen Politik steht die Reise des Papstes Franziskus in einem besonderen Bezug. Der Deutschen Bundestag nannte am 2. Juni 2016 gegen den wütenden Protest der Türkei und Aserbaidschans das, was in Armenien seit Jahrhunderten geschah, was 1915 einen grauenerregenden Höhepunkt erfuhr, was bis heute anhält, zuletzt in Bergkarabach, in einem Entschließungsantrag ein für alle Mal bei seinem Namen – Völkermord.
„Der Völkermord ist ein Verbrechen. Ich verstehe auch nicht, warum so viele Länder sich der Nennung der Sache beim Namen verweigert haben“, sagte damals Erzbischof Minassian. „Das Verbrechen ist gegen die Menschheit, und dieses Verbrechen wurde gegen das armenische Volk begangen.“ Der Erzbischof betonte, dass „der Heilige Vater den Frieden auf der Welt verkündet. Er fährt nicht wegen politischer Themen nach Armenien, sondern um uns das Zeichen und die Bezeugung Jesu Christi auf der Welt zu geben“, denn „die Rolle des Heiligen Vaters besteht aus der Verteidigung der Schwachen und der Menschen, die in der Welt ihre Stimme verloren haben.“
So ist der 24. April 2025 ein Tag des doppelten Gedenkens. Vor genau 110 Jahren begann der erste grausige Völkermord des 20. Jahrhunderts, dem viele folgen sollten. Und vor fast genau zehn Jahren machte Papst Franziskus, dessen bedeutendes Pontifikat noch nicht in allen Aspekten erkannt werden kann, diese bedeutende Reise, durch die er das das Leid auf der Erde einerseits und seine Verursacher andererseits exemplarisch und weltweit anwendbar zeigt. Franziskus in Armenien – eine Jahrhundertreise.