Geht von der Leyen nach Brüssel könnten Peter Tauber oder Joachim Herrmann Verteidigungsminister

Peter Tauber, Foto: Stefan Groß

Ursula von der Leyen wechselt nach Brüssel. Deutschland braucht einen neuen Verteidigungsminister. Es wäre gut, wenn das Amt mit hoher Fachkompetenz besetzt wird. Zwei Kandidaten kommen infrage.

Mit dem überraschenden Wechsel der Verteidigungsministerrein Ursula von der Leyen an die Spitze der EU-Kommission kommen zwei Nachfolger in Frage. CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hatte den Posten bereits abgelehnt. Damit wird es wahrscheinlicher, dass sich mit Peter Tauber als neuem Verteidigungsminister die Führung der Bundeswehr deutlich verjüngt oder mit dem CSU-Sheriff und langjährigem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann ein erfahrener Sicherheitsexperte die Fäden in der Hand bekommt.

Die Bundeswehr ist derzeit in einem heiklen Zustand, Berateraffären, Gender-Mainstreaming-Debatten und die teure Gorch Fock mit 125 Millionen Sanierungsaufwand aus der Kasse der Steuerzahler haben die Berufsarmee in den letzten Jahren immer wieder in die Negativ-Schlagzeilen gebracht. Allein die bisherige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen konnte sich rettend ans Ufer einer Brüssler Spitzenposition möglicherweise heben. Mit der Gorch Fock nach Brüssel titeln schon einige Medien.

Peter Tauber stünde für eine Trendwende bei der Bundeswehr

Der Abgang von der Leyens in die EU könnte die Stunde des Peter Tauber sein. Der Ex-CDU-Generalsekretär und Verteidigungsstaatssekretär ist in der Truppe beliebt; er gilt als Allzweckwaffe der CDU, ist politisch erfahren, krisenerprobt und intelligent. Der promovierte Historiker, erst 45 Jahre alt, lässt sich nicht die Stimme verbieten, nimmt immer wieder Position bei kritischen Sachlagen und bezieht klare Position. Tauber – einer mit klarer Kante und Kontur. Und Tauber ist wertkonservativ und liberal zugleich, steht für die christlichen Werte der Union, sei es beim Schwangerschaftsabbruch oder bei der Debatte um die Präimplantationsdiagnostik oder Sterbehilfe.

Und Peter Tauber könnte für einen kompletten Neuanfang der Bundeswehr stehen. Nach Jahren von Krisen steht der CDU-Parteisoldat wie eine unsichtbare Hand hinter der Truppe, dem nicht nur Insider zutrauen, der Bundeswehr ein neues Gesicht und Image zu geben. Die Aufgaben, die sich der gestandene Berufspolitiker stellt, sind dann auch groß: Digitalisierung und neue Kernkompetenzen jenseits von Nato-Einsätzen im Inneren stehen im Fokus einer Neuausrichtung à la Tauber. Dabei setzt der gebürtige Gelnhäuser auf eine verstärkte europäische Zusammenarbeit im Bereich Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Der studierte Historiker selbst spricht von einer Trendwende bei der Bundeswehr. Ermöglicht werde diese dank finanzieller Mittel aus dem Parlament. Und so könne aus der maroden Armee perspektivisch bald wieder eine schlagfertige Truppe werden, die im alten Glanz erstrahlt und die nicht nur beim Zapfenstreich eine gute Figur macht, sondern international auch wieder zu Ehren kommt.

Gerade in einer krisengeschüttelten Welt, in der sich die Europäische Union derzeit befinde, muss, wie Tauber unlängst in Berlin betonte, eine neue Sicherheitsarchitektur aufgerichtet werden, die eng mit der NATO abstimmt sei. Diese soll dann neben militärischen auch politische, diplomatische und wirtschaftliche Elemente miteinander bündeln – und das Ziel sei letztendlich die Schaffung einer Europäischen Verteidigungsunion. Tauber, das wird hierbei ganz deutlich, will sich nicht im Kleinen verzetteln, er denkt, arbeitet und strukturiert europäisch – und er will damit sein Projekt Europa vorantreiben. Und dies am besten mit einer „Armee der Europäer“.

Die Herausforderungen sind gewaltig, doch der Mann hat nach schwerer Krankheit, Energie und Kraft zurückgewonnen und taucht wieder tief ins politische Fahrwasser ein.

Die Bundeswehr wächst und mir ihr auch die Herausforderungen an einen jungen Minister – gerade in Zeiten, wo neben Terrorismus, Migration und Klimawandel sich neue sicherheitspolitische Herausforderungen bislang unbekannten Maßes herauskristallisieren. Mit Tauber, der ein energischer Kritiker der AfD ist, der er die Polarisierung des Landes in rechte und linke Lager vorwirft und für den eine „klare Grenze nach rechts“ zu seinem politischen Credo zählt und der die europäische Idee fast glorifiziert, könnte an der Spitze der Bundeswehr Wunder bewirken, die Ursula von der Leyen eben nicht geglückt sind.

Joachim Herrmann wäre der erfahrene Sicherheitsexperte

Sicherheitspolitisch gesehen, ist der bayerische Innenminister so etwas wie das Urgestein der CSU. Seit Jahren regiert Herrmann mit harter aber weiser Hand den Freistaat. Herrmann, der passionierte Offizier der Reserve, zeigte gerade im Flüchtlingsjahr immer wieder Kante gegen die Offene-Tor-Politik der Kanzlerin. Während sich Deutschland in Besoffenheits-Rhetorik der Willkommenskultur feierte und im triefenden Gutmenschentum Angela Merkel als Welterlöserin feierte, klang die Tonlage damals aus Bayern ganz anders, schärfer, warnender. Denn so sehr Herrmann einerseits der liebenswerte Kuschelbär ist, so hat er eben auch eine scharfzüngige Seite, ist Polizist und Bewacher zugleich, sieht – ganz pragmatisch – auch die Nachteile einer ungefilterten Migration. Herrmann war damals, neben Horst Seehofer, der kritische Mahner schlechthin, wenn es um offene Grenzen und die Aushebelung von EU-Gesetzen ging. Und er machte aus seinem Verdruss über die politische Gleichgültigkeit auch keinen Hehl, äußerte Kritik und geriet im politischen Berlin unter Generalverdacht während er in Bayern zum „gefühlten Ministerpräsidenten“ avancierte.

Bereits 2015 war Herrmann, der seit Jahren auf dem Fastnacht in Franken mit ein und demselben Sheriff-Kostüm auftritt und sich so als Running Gag keine andere Kostümierung mehr auszudenken braucht, weitblickender als der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Tiefgründiger als de Maizière sah er, dass die unkontrollierte Massenzuwanderung von muslimischen Männern ein enormes Sicherheitsrisiko für die Republik darstellen würde. Und so wurde Herrmann zum „Taktgeber“ der deutschen Innenpolitik. Sein Name stand maßgebend für die Verschärfung des Asylrechts, für die Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten, für die Einführung der Grenzkontrolle nach Österreich und letztendlich für die berüchtigte Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen jährlich. „Es kann nicht sein, dass wir nicht wissen, wer sich in unserem Land aufhält”, war damals eines seiner geflügelten Worte. Herrmann forderte „den Einsatz der Bundeswehr zur Terrorbekämpfung sowie eine Verschärfung der Asylregeln für straffällig gewordene Migranten im Asylbewerberverfahren, denn das deutsche Recht stehe über dem Recht des Korans der der Scharia. Wenn das jemand anders sehe und dagegen verstosse, müsse schon auf niedrigerer Schwelle als bisher deutlich werden, dass er das Land wieder zu verlassen habe“.

Wenn Herrmann Verteidigungsminister würde, müsste Seehofer das Innenministerium räumen

Im Süden Deutschlands ist Herrmann eine feste Instanz, die Bayern lieben und vertrauen ihm. Und wäre der mächtige Horst Seehofer nicht 2008 als Ministerpräsident angetreten, so hätten sich viele den Juristen Herrmann gewünscht, der eben auch leise kann und nicht nur polternd, der eine Meinung hat und diese gegen den Mainstream vertritt und der nicht wankelmütig wird, wenn ihm das politische Establishment die Gefolgschaft versagt. „Je eher, desto Herrmann“, raunte es damals in Bayern. Wenn Herrmann nunmehr für ein Amt im Bund bereitsteht, würde das allerdings voraussetzen, das Horst Seehofer als Innenminister zurücktritt und die CDU das Innenministerium besetzt, während die CSU im Umkehrschluss das Verteidigungsministerium übernähme. Doch gleichwohl sich der einstige Gesundheits-, Ernährungsminister, Ministerpräsident und derzeitige Innenminister Seehofer auf dem politischen Rückzug befindet, wird das politische Stehaufmännchen seinen Platz nicht freiwillig räumen. Welche Macht er in Deutschland hat, zeigte die Eskalation im Asylstreit des Bayern mit der Bundeskanzlerin, die dieser unbeschadet überlebte, wo andere bitter in die Tiefe des Raumes gefallen wären.

Mit Peter Tauber einerseits und Joachim Herrmann andererseits stünden jedenfalls versierte Innen- und Sicherheitspolitiker in der Nachfolge von Ursula von der Leyen. Während Tauber für einen Neuaufbruch und eine Trendwende in der Bundeswehr stünde, würde mit Herrmann ein Stratege und Sicherheitspolitiker wachen Augen und Herzens die Truppe anführen. Beide wären jedenfalls bestens für das Amt geeignet, weil sie eben auch Kenner der Materie und kampferprobt in diesem schwierigen Ressort sind.

Quelle: The European

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2127 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".