Anfang April 2025 haben die deutschen Innenministerien und das Bundeskriminalamt die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Gesamtzahl der polizeilich gemeldeten Straftaten hat sogar leicht abgenommen. Dies ist auf die Legalisierung von Cannabis und dem Rückgang der entsprechenden Strafdelikte zurückzuführen. Besorgniserregend ist allerdings der deutliche Anstieg der Gewaltkriminalität.
Nach den Definitionen der PKS zählen folgende Strafdelikte zur Gewaltkriminalität: Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen, Körperverletzung mit Todesfolge, gefährliche und schwere Körperverletzung, Raub, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung.
Die Gesamtzahl der in der PKS erfassten Gewalttaten lag bei 217.277 Fällen. Dies signalisiert einen Anstieg um 1,5 Prozent und einen Höchststand seit 2007.
In drei Bereichen ist die Gewaltkriminalität besonders gestiegen:
- Mehr tatverdächtige Kinder (plus 11,3 Prozent) und Jugendliche (plus 3,8 Prozent). Insgesamt gab es im Jahr 2024 immerhin 45.138 Gewalttaten durch tatverdächtige Kinder und Jugendliche.
- Mehr Gewaltkriminalität durch „nicht-deutsche Tatverdächtige“ (insgesamt 85.012 Täter, Anstieg von 7,5 Prozent)
- Mehr Gewaltdelikte in der Gruppe „Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexuelle Übergriffe im besonders schweren Fall“ (13.320 Fälle, Anstieg von 9,3 Prozent)
Gestiegene Gewaltkriminalität durch Kinder und Jugendliche
Die Gewaltkriminalität von Kindern und Jugendlichen macht hinsichtlich ihrer Häufigkeit in den letzten zwei Jahrzehnten eine Wellenbewegung. Nachdem um die Jahrhundertwende herum der Höchstgipfel war, sind durch gezielte und erfolgreiche Präventionsmaßnahmen die Zahlen Jahr für Jahr gefallen. Seit dem Jahr 2015 zeigt sich von Jahr zu Jahr ein Anstieg der Gewaltkriminalität bei Kindern und Jugendlichen (Csef 2024). Im Jahr 2024 waren es schließlich 45.138 Gewalttaten durch tatverdächtige Kinder und Jugendliche (PKS 2024).
Prozentual auf die Grundpopulation bezogen (Ausländeranteil) sind die Zahlen für Gewaltkriminalität bei den nicht-deutschen Kindern und Jugendlichen deutlich höher und auch die prozentualen Anstiege im Vergleich zum Vorjahr sind höher. Die Zahlen der PKS werden massiv bestätigt durch Erhebungen zur Gewalt an Schulen: der Niedersachsen-Survey (repräsentative Umfragen bei Jugendlichen zur Gewalt), das Schulbarometer der Bertelsmann-Stiftung, die Jugendgewalt-Studie der Robert-Bosch-Stiftung, die Forsa-Umfrage bei Schulleitern zur Gewalt, die Meldungen an die Unfallversicherung und die Zahl der Polizeieinsätze an Schulen belegen hinreichend die deutlich gestiegene Gewaltbereitschaft bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland.
Die Diskussion über die möglichen Ursachen dieser Anstiege sind kontrovers. Konsensfähige Analysen hierzu liegen noch nicht vor. Am häufigsten diskutiert werden die Corona-Folgen, der Anstieg psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, der Einfluss von Social Media und die Folgen der Migration, die vor allem an deutschen Gesamtschulen virulent sind. Die Schulen mit einem sehr hohen Anteil von Migrantenkindern werden deshalb auch „Brennpunktschulen“ genannt. Dort ist der „Brennpunkt“ von Gewaltkriminalität von Kindern und Jugendlichen.
„Ausländerkriminalität“ – Gewaltkriminalität durch nicht-deutsche Tatverdächtige
Von den im Jahr 2024 angezeigten 217.227 Gewaltdelikten wurden 85.012 von nicht-deutschen Tatverdächtigen verübt. Je nach Bundesland beträgt der Ausländer-Anteil an der Gewaltkriminalität zwischen 40 und 50 Prozent. Der Anteil von Ausländern an der Gesamtbevölkerung beträgt etwa 15 Prozent (Statistisches Bundesamt, Stand 2023). Die PKS-Kategorie „nicht-deutsche Tatverdächtige“ bezieht sich auf eine sehr heterogene und deshalb schwer zu beurteilende Gruppe von Menschen. Sie ist viel größer als die „ausländische Wohnbevölkerung“, die im deutschen „Ausländerzentralregister“ erfasst ist. Bei den „nicht-deutschen Tatverdächtigen“ sind auch Touristen, Pendler, Durchreisende, Autoschieber, Drogenkuriere, Tatverdächtige von Flughäfen, Angehörige von Stationierungsstreitkräften und viele andere mit enthalten. Die „nicht-deutschen“ Personen sind keinesfalls kongruent mit Zuwanderern oder Migranten. Wichtige kriminologische Kenndaten – wie z.B. die Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ) – werden für nicht-deutsche Tatverdächtige in der PKS mit gutem Grund gar nicht erhoben und berechnet, weil es dafür keine valide Datenbasis gibt.
Die Diskussionen über diese statistischen Daten und möglichen Deutungen sind höchst kontrovers. Der Anteil von männlichen Jugendlichen und jungen Männern unter aktuell zugewanderten Migranten ist hoch. Gewaltkriminalität hängt stark von Geschlecht und vom Alter ab. Die genannte Subgruppe ist also bezüglich Gewalt eine Risikopopulation. Zudem sind zahlreiche Migranten psychisch traumatisiert und haben oft intensive eigene Gewalterfahrungen erlitten. Weitere psychische und psychosoziale Belastungsfaktoren, die das Gewaltrisiko erhöhen können, kommen meistens noch hinzu (Armut, beengte Wohnverhältnisse, familiäre Konflikte).
Sexuelle Gewaltdelikte
Unter der Rubrik „Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexuelle Übergriffe im besonders schweren Fall einschließlich Todesfolge“ nennt die PKS für 2024 insgesamt 13.320 Fälle. Dies entspricht einem Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 9,3 Prozent. In dieser Deliktgruppe sind nicht-deutsche Tatverdächtige überrepräsentiert. Die Ursachendiskussion ist hier ebenfalls sehr kontrovers.
Rasches Gegensteuern und Gewaltprävention als gesellschaftliche Herausforderung
Die besorgniserregenden Anstiege bei der Gewaltkriminalität erfordern sofortiges Gegensteuern. In der Zeit von der Jahrhundertwende bis 2015 haben Projekte zur Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen sehr gute Ergebnisse gezeigt. Die Schule ist ein sehr wertvoller „Präventionsort“, weil eine Schulpflicht besteht und Kinder wie Jugendliche in der Schule viel Zeit verbringen. Weiterhin ist die Einübung von prosozialem Verhalten per se schon ein Anliegen der Schulpolitik. Gezielte Projekte zur Gewaltprävention, zum Cybermobbing und zur Medienkompetenz dürften auch in Zukunft erfolgreich sein. Hierfür sind Kooperationen der beteiligten Personen und Institutionen erforderlich (Schüler, Eltern, Lehrer, Sozialarbeiter, Psychologen, Kriminologen, Polizei). Bezüglich Ausländerkriminalität und sexueller Gewalt sind andere komplexere Präventionskonzepte erforderlich. Hier ist der Zugang zu den potenziellen Tätergruppen schwieriger als bei den Kindern und Jugendlichen.
Literatur
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2025), Ausländische Bevölkerung. Download vom 26. April 2025
Bundesministerium des Inneren und für Heimat (Hrsg.) (2025), Polizeiliche Kriminalstatistik 2024. Download vom 2. April 2025
Csef, Herbert (2024), Gewaltkriminalität bei Kindern und Jugendlichen. Prävalenz, Opfer-Täter-Transition, Prävention. Die Kriminalpolizei Nr. 4, S. 25 – 27
Statistisches Bundesamt (2025). Destatis. Finale Ergebnisse der Ausländerstatistik zum 31.12.2024. Download vom 26. April 2025
Korrespondenzadresse:
Professor Dr. med. Herbert Csef
Email: herbert.csef@gmx.de