Howard Hughes – vom Milliardär und Volkshelden zum gescheiterten Narzissten

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Howard Hughes – der amerikanische Traum wird Wirklichkeit

Howard Hughes (1950 – 1976) war ein Volksheld der USA und die Top-Ikone des amerikanischen Traums im 20. Jahrhundert. Er ist der Prototyp eines sehr erfolgreichen Unternehmers. Mit seinem unternehmerischen Geschick schuf er ein Milliarden-Vermögen. Darüber hinaus war er erfolgreicher Filmproduzent, begehrter Frauenheld und bester Pilot mit drei Weltrekorden. Er war Liebling des US-Präsidenten Roosevelt, der ihn maximal unterstützte. Hughes war von seiner Persönlichkeit her ein ausgeprägter Narzisst. Er zeigte im Verlauf seines Lebens beide Seiten der narzisstischen Medaille: zuerst 20 Jahre lang die erfolgreiche und grandiose Seite, dann war er 30 Jahre lang der vulnerable und verletzliche Narzisst, der in einer Abwärtsspirale von einer Krise in die nächste stolperte.

Kurzes biographisches Portrait

Howard Hughes wurde am 24. Dezember 1905 in Houston geboren. Sein Vater war ein wohlhabender Geschäftsmann und besaß die Ölfirma „Hughes to Company“. Seine Mutter war eine reiche Erbin aus Dallas. Mit 14 Jahren saß er zum ersten Mal im Cockpit eines Flugzeugs. Howard Hughes ist als verwöhntes Einzelkind in einer sehr reichen Familie aufgewachsen. Er wurde jedoch schon in seiner Jugendzeit zum Vollwaisen. Mit 16 Jahren starb seine Mutter, ein Jahr später sein Vater. Als Alleinerbe fiel ihm ein Riesenvermögen zu. Durch geschickte Entscheidungen und geschäftliche Transaktionen vermehrte er bald das riesige Vermögen seines Vaters. Bereits im Alter von 33 Jahren kaufte er sich die Fluggesellschaft Trans World Airlines und wurde deren Mehrheits-Aktionär. Durch die massive Unterstützung des US-Präsidenten Roosevelt erhielt er im zweiten Weltkrieg riesige Aufträge der Regierung für große Rüstungsprojekte in der Flugzeugindustrie. Nach dem Zweiten Weltkrieg wendete sich das Schicksal und geriet in eine Abwärtsspirale. Sein großer Unterstützer, Präsident Roosevelt, ist gestorben. Kurze Zeit später erlitt er als Pilot eine Bruchlandung, bei der er nur knapp mit dem Leben davonkam. Von da an hatte er ein chronisches Schmerzsyndrom und wurde zum Suchtpatienten mit Opiatmissbrauch und hohem Schmerzmittelkonsum. Besonders gekränkt war er durch sein zunehmend negatives Image in der Presse. Während er früher als der strahlende Held Bewunderung und Anerkennung erhielt, wurde er nun nur kritisiert und als „übler Kriegsprofiteur“ vor Untersuchungsausschüsse gezerrt. Ihm wurde unterstellt, er habe durch seine zahlreichen kostspieligen Projekte während der Kriegszeit der USA erheblich geschadet. Zusätzlich zu seinem Suchtproblem entwickelte er erhebliche Angst- und Zwangsstörungen. Er zog sich jahrelang komplett zurück und verließ sein Hotel nicht mehr. Mit 42 Jahren schloss er sich vier Monate lang in einem Kinosaal ein und sah dort ununterbrochen Filme, vollkommen abgeschlossen von der Umwelt. Zeitweise verwahrloste er, war ungepflegt, hat sich nicht mehr gewaschen oder rasiert und hat sich wochenlang die Nägel nicht mehr geschnitten. Der Tod von Howard Hughes war ebenso spektakulär wie sein Leben: Er starb am 5. April 1976 in einem Flugzeug über Texas an Nierenversagen.

Zukunftspläne als Jugendlicher

Großer materieller Reichtum war Howard Hughes schon in die Wiege gelegt. Seine großen Träume waren das Fliegen und Filme. Als Jugendlicher schrieb auf die Rückseite eines Kassenzettels seine Zukunftspläne wie folgt auf:

„Was ich werden will: 1. der beste Golfspieler der Welt. 2. der beste Pilot. 3. der berühmteste Filmproduzent.“ (Higham 2011).

Die beiden letztgenannten Ziele (bester Pilot und Filmproduzent) hat er also bereits in jungen Jahren erreicht. Das Beste war gerade gut genug für den ausgeprägten Narzissten.

Erfolge als Filmproduzent: „Hell‘s Angels“ als grandioses Kriegsepos

Aufgrund seines Riesenvermögens war es ihm möglich, bereits mit 18 Jahren einen außergewöhnlichen Filmrekord zu landen. Er produzierte in Hollywood den Fliegerfilm „Hell‘s Angels“ mit dem Jean Harlow zum Weltstar wurde. Es war der erste Film, für den eine riesige Summe von vier Millionen Dollar ausgegeben wurde. Für den Film „Hell‘s Angels“ hat Hughes eine Flotte von 87 Kampfflugzeugen gekauft und einmalige Aufnahmen von Luftschlachten durchführen lassen. In der Folgezeit blieb Howard Hughes erfolgreicher Filmproduzent. Er wurde zum Superstar von Hollywood – als erfolgreicher Filmproduzent und als Geliebter von weltberühmten Filmschauspielerinnen.

Weltrekord als Pilot

Nachdem es ihm gelungen war, seinen Jugendtraum als berühmtester Filmproduzent zu verwirklichen, wollte er nun auch der beste Pilot werden. Innerhalb weniger Jahre schaffte er als Pilot drei Weltrekorde. 1935 beschleunigte er erstmals ein Landflugzeug auf 526 km/h. 1937 gelang ihm der schnellste Transkontinentalflug. Schließlich umrundete er die Erde im Jahr 1938 in einer Rekordzeit von 19 Stunden und 29 Minuten. Der US-Präsident Roosevelt begrüßte ihn am Broadway New York, gratulierte ihm und verlieh ihm eine Medaille. Nun war sein Lebensziel des besten Piloten erreicht.

Erfolgreicher und tyrannischer Unternehmer

Howard Hughes war ein außergewöhnlich erfolgreicher und arbeitswütiger Unternehmer. Er herrschte über seine Mitarbeiter wie ein Tyrann über persönliche Sklaven. Seine Geschäftsführer rief er oft nachts an und kommandierte sie aus dem Bett. Seine Sekretärinnen zitierte er oft mitten in der Nacht zu sich zu stundenlangen Diktaten. Er selbst arbeitete oft wie besessen 18 bis 20 Stunden am Tag ohne Pausen. Manchmal arbeitete er zwei Tage lang durch, nur von einem Kurzschlaf unterbrochen. Was er von sich selbst an Einsatz abverlangte, forderte er auch von seinen Mitarbeitern. Wer sich seinem Diktat unterwarf und die geforderten Leistungen erbrachte, wurde mit überdurchschnittlichen Gehältern und Prämien belohnt. Im Alter von 33 Jahren kaufte er sich die Fluggesellschaft Trans-World Airlines und wurde deren Mehrheitsaktionär. Seine Anteile verkaufte er fast dreißig Jahre später wieder und erhielt dafür insgesamt 466 Millionen Dollar. Hughes schuf ein Milliardenvermögen. Bereits zu Lebzeiten übertrug er den Großteil seines Vermögens einer Stiftung mit dem von ihm gegründeten „Howard-Hughes-Medical-Institute“. Bei seinem Tod hinterließ er noch etwa zwei Milliarden Dollar. Dieses Erbe wurde an 21 Nichten und Neffen verteilt.

„The World‘s Greatest Womanizer“

 Howard Hughes war ja der steinreiche Superstar von Hollywood. Sein Sieger-Image, sein Charme und sein männliches Auftreten brachten ihm außergewöhnliche Erfolge bei Frauen. Weltberühmte Filmschauspielerinnen wurden seine Geliebten: Katharine Hepburn, Ava Gardner, Lana Turner, Bette Davis, Marilyn Monroe und Elizabeth Taylor. Der erfolgreiche Frauenheld hatte bald den Spitznamen „The World‘s Greatest Womanizer“. Hughes war zwei Mal verheiratet. Beide Ehen hielten nicht lange. Die erste Ehe wurde bereits im 20. Lebensjahr geschlossen und dauerte vier Jahre. Die zweite Ehe ging er im 52. Lebensjahr ein, trennte sich aber bald wieder von seiner zweiten Ehefrau Jean Peters. Wie bei vielen narzisstischen Persönlichkeiten waren auch bei Howard Hughes die sexuellen Eroberungen Bestandteil seines Sieger-Images. Dabei war er nicht an langfristigen Beziehungen und Bindungen interessiert, sondern an kurzfristigen sexuellen Abenteuern. Sein Sexualleben war also durch ausgeprägte Promiskuität geprägt. Eine Sekretärin hatte ausschließlich die Aufgabe, seine Geliebten zu organisieren. Sie hatte ein Karteikartensystem mit mehr als 30 Geliebten und organisierte die Verabredungen. Sein an Sexsucht grenzender Trieb und sein Konsum-Rausch verlangten oft mehre Geliebte in derselben Nacht. Die Sekretärin musste die Abläufe minutiös planen und organisieren. Im Lauf der Zeit wechselte er sein „Beuteschema“. Die weltberühmten Filmdiven waren ihm zu strapaziös und anspruchsvoll. Folglich verlagerte er sein Interesse mehr auf Teenager und geschiedene Frauen. Sein Mythos als Frauenheld und der Erfolg seiner sexuellen Eroberungen hielten Jahrzehnte an.

Zwei Jahrzehnte grandioser Narzisst: Superheld bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

Zwanzig Jahre lang – vom jungen Erwachsenenalter bis etwa zum 40. Lebensjahr war Howard Hughes ein steinreicher Unternehmer, ein Frauenheld und die Ikone des amerikanischen Traums. Er konnte das Image als Sieger, Volksheld und Superstar aufrechterhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet er jedoch in eine Abwärtsspirale, in der er zunehmend Niederlagen und Kränkungen hinnehmen musste. Diese zweite leidvollere Phase seines Lebens dauerte etwa drei Jahrzehnte – also durchaus länger als die grandiose Phase.

Die Abwärtsspirale – „von nun an ging’s bergab“

Im Jahr 1945 starb Präsident Roosevelt und damit verlor Howard Hughes seinen wichtigsten und mächtigsten Unterstützer. Zahlreiche, von der US-Regierung finanzierte Rüstungsprojekte waren große Misserfolge und Flops. Präsident Roosevelt hielt aber weiterhin die schützende Hand über Howard Hughes. Nach seinem Tod wagten sich jedoch die Kritiker umso aggressiver hervor, zerrten Howard Hughes vor Untersuchungsausschüsse und warfen ihm vor, er habe als Kriegsprofiteur die USA geschädigt. Es folgten schmutzige Presse-Kampagnen gegen ihn. Der einstige Superstar mit dem Sieger-Image wurde immer mehr zu einer „persona non grata“. Howard Hughes litt sehr unter diesen Kränkungen und Demütigungen in der Presse. In diese kritische Zeit fiel eine zweite wichtige Niederlage: Als Pilot widerfuhr ihm eine Bruchlandung mitten in Beverly Hills, bei der er drei Häuser abdeckte und beinahe ums Leben kam. Dies zerstörte seinen Nimbus des Unbesiegbaren. Folge dieses Flugunfalls war ein chronisches Schmerzsyndrom, durch das Howard Hughes zu einem Suchtpatienten wurde: er konsumierte exzessiv Opiate und Schmerzmittel.

Die vulnerable Seite des Narzissten

Der bislang erfolgsverwöhnte Howard Hughes geriet durch die beschriebenen Niederlagen und Kränkungen in einen Abwärtsstrudel. Zu seinem Suchtproblem kamen erhebliche Angststörungen und Zwangssymptome hinzu. Er hatte eine ausgeprägte Bakterienangst und extreme Waschzwänge. Seine Hände scheuerte er sich oftmals blutig. Wegen seines Hygienewahns hatte er um sich permanent zahlreiche Schachteln mit Papiertaschentüchern. Wegen seiner Bakterienphobie umwickelte er seine Finger meistens mit Cellophan. Wie oben im biographischen Portrait beschrieben, hat sich Howard Hughes massiv zurückgezogen, verließ in den Jahren 1966 bis 1970 seine Räume im Dessert-Inn- Hotel in Las Vegas fast nicht mehr. Er verwahrloste, war ungepflegt, hat sich nicht mehr gewaschen oder rasiert und hat sich wegen seiner Bakterienphobie wochenlang die Nägel nicht mehr geschnitten. Aus dem einstigen Superstar ist ein verletzlicher, gequälter und leidvoller Mensch geworden. Wir sehen nun die vulnerable Seite des Narzissten, seine Verletzlichkeit. Den wirtschaftlichen und unternehmerischen Erfolg konnte Howard Hughes jedoch aufrechterhalten. Mit seinem riesigen Milliardenvermögen gründete er bereits zu Lebzeiten eine medizinische Stiftung, das von ihm gegründete „Howard-Hughes-Medical-Institute“. Für seine Erben blieben noch etwa zwei Milliarden Dollar übrig.

„Aviator“ (2004) – das posthume Comeback von Howard Hughes in der Filmgeschichte

Die Filmgeschichte von Howard Hughes erlebte etwa dreißig Jahre nach seinem Tod ein posthumes Comeback, das wieder mit Film und Fliegerei zu tun hat. Der Titel des Films lautet „Aviator“ – der Flieger. Dieser Film wurde von dem erfolgreichen Regisseur Martin Scorsese gedreht. Leonardo di Caprio spielt die Hauptrolle des Howard Hughes, Cate Blanchett die Rolle seiner Geliebten Katharine Hepburn. Dieser Film konnte wieder die grandiose und erfolgreiche Seite von Howard Hughes zum Glänzen bringen. Er hat mehr als zehn Filmpreise gewonnen, unter anderem den Golden Globe als bester Film mit dem besten Hauptdarsteller und der besten Filmmusik. Bei der Oskar-Verleihung erhielt der Film „Aviator“ zahlreiche Preise. Das erfolgreiche Comeback zeigt die Grandiosität von Howard Hughes – als erfolgreicher Unternehmer, als großer Flieger, als Frauenheld und als Ikone des amerikanischen Traums.

Literatur:

Bierhoff, HW & Herner, MJ (2009): Narzissmus – die Wiederkehr. Bern: Hans Huber

Csef, Herbert (2015): Leben wir in einer narzisstischen Gesellschaft? Internationale Zeitschrift für Philosophie und Psychosomatik 2:1-10

Csef, Herbert (2016): Narzissmus und Derailment – wenn Führungskräfte entgleisen. Organisationsberatung, Supervision, Coaching 23 (1), S. 163-171

Csef, Herbert (2016): Pathologischer Narzissmus und Destruktivität. Gewaltexzesse der Gegenwart. Nervenheilkunde 35:858-863

Csef, Herbert (2019): Zwang und Narzissmus. Eine häufige und rätselhafte Beziehung. Psychodynamische Psychotherapie, Schattauer, S. 13-22

Csef, Herbert (2020): Thomas Middelhoff – Psychogramm eines gescheiterten Narzissten. Organisationsberatung, Supervision, Coaching 27:239-249

Drosnin M (2005): Howard Hughes. Das wahre Gesicht der Macht. München: Heyne.

Higham C (2011): Das geheime Leben des Howard Hughes. München: Goldmann

Schneider S (2008): Im Gefängnis der Angst und die Kunst des Fliegens. Aviator – Zwangsstörung. In: Doering Stephan & Möller Heidi (Hrsg.) Frankenstein und Belle de Jour. Wien/New York: Springer, 167-182

Vater A, Roepke S, Ritter K & Lammers CH (2013): Narzisstische Persönlichkeitsstörung. Forschung, Diagnose und Psychotherapie. Psychotherapeut 58:599-615

Korrespondenzadresse:

Professor Dr. med. H. Csef, Schwerpunktleiter Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Zentrum für Innere Medizin, Medizinische Klinik und Poliklinik II, Oberdürrbacherstr. 6, 97080 Würzburg

E-Mail-Adresse: Csef_H@ukw.de

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Über Herbert Csef 136 Artikel
Prof. Dr. Herbert Csef, geb. 1951, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalytiker. Studium der Psychologie und Humanmedizin an der Universität Würzburg, 1987 Habilitation. Seit 1988 Professor für Psychosomatik an der Universität Würzburg und Leiter des Schwerpunktes Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums. Seit 2009 zusätzlich Leiter der Interdisziplinären Psychosomatischen Tagesklinik des Universitätsklinikums. Seit 2013 Vorstandsmitglied der Dr.-Gerhardt-Nissen-Stiftung und Vorsitzender im Kuratorium für den Forschungspreis „Psychotherapie in der Medizin“. Viele Texte zur Literatur.