Offene Anfrage an den österreichischen Justizminister Jabloner

Der neue Justizminister Jabloner (rechts im Bild) bei der Amtsübergabe des Ministeriums am 3. Juni 2019 mit seinem Vorgänger Josef Moser. (Pressefoto: Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz / Christopher Dunker)

Thema der Anfrage sind die massenweisen Enteignungen in der Republik Österreich.  Welche Maßnahmen wird das österreichische Justizministerium setzen.  Der neue Justizminister Jabloner wurde bereits im Februar 2015 mit dem Sachverhalt konfrontiert. Er sollte damals in seiner Funktion als Universitätsprofessor eine Beurteilung der Vorfälle abgeben.

Als neuer Justizminister und Vizekanzler wurde Clemens Jabloner am 3. Juni  in der Wiener Hofburg angelobt.

Clemens Jabloner wurde bereits im Februar 2015 im Rahmen einer Recherche um eine Beurteilung ersucht. Es ging zum damaligen Zeitpunkt um den begründeten Verdacht, dass es in hunderten Fällen zu willkürlichen Enteignungen durch Sachwalter gekommen sei. Mit der Recherche sollten die Zusammenhänge des eklatanten Missbrauchs geklärt werden.

 Jabloner schrieb in seiner Antwort:

„damit bin ich nie in Berührung gekommen und habe von meiner Position als Univ.lehrer auch keine Möglichkeit dazu. Wenn Sie einen „Missstand in der Verwaltung“ vermuten, würde ich Ihnen raten, die Volksanwaltschaft zu befassen“.
(Clemens Jabloner, Email vom 12. 2. 2015)

Jabloner bezeichnete sich als „Universitätslehrer“. Er war allerdings Universitätsprofessor und Inhaber des Hans-Kelsen-Lehrstuhls am Institut für Rechtsphilosophie der Universität Wien. Von der Bedeutung in Wien vergleichbar mit dem Rudolf-Bahro-Lehrstuhl an der Humboldt-Universität in Berlin. In den Möglichkeiten der Universitätshierarchie ein riesiger Unterschied zu einem einfachen Universitätslehrer. Jabloner entschied sich bei dieser Anfrage über Enteignungen für ein Understatement. 

Erfahrung mit Vermögensentzug

Dabei war Jabloner auch Vorsitzender der Historikerkommission, die eingesetzt wurde, um Enteignungen zu dokumentieren, die während der Epoche des Nationalsozialismus in Österreich sich ereigneten. Die Historikerkommission hatte den Auftrag: 

„Den gesamten Komplex Vermögensentzug auf dem Gebiet der Republik Österreich während der NS-Zeit sowie Rückstellungen bzw. Entschädigungen (…) der Republik Österreich ab 1945 zu erforschen und darüber zu berichten.“

Seine Position als früherer Präsident des Verwaltungsgerichtshofes erwähnte Jabloner in diesem Schreiben ebenfalls nicht. Vor dieser Aufgabe war Jabloner noch Leiter der Sektion „Zentrale Personalverwaltung“ im Bundeskanzleramt. 


Justizminister wird konfrontiert

Jedenfalls kommt Jabloner in seiner neuen Funktion als Justizminister mit den willkürlichen Enteignungen durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft „in Berührung“. Er wird deshalb in der folgenden Anfrage nochmals mit dem Sachverhalt konfrontiert

Anfrage an den österreichischen Justizminister

Herrn
Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner
Bundesminister für Verfassung,
Reformen, Deregulierung und Justiz

Sehr geehrter Herr Justizminister Jabloner,

Für weitere Veröffentlichungen wird eine Stellungnahme von Ihnen als Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz benötigt.

Seit 2 Jahren erscheinen Berichte und Investigationen über eklatante Verletzungen des Eigentumsrechs in der Republik Österreich, die durch Amtsmissbrauch in der Justiz ermöglicht werden. Die Berichte wurden in deutschen Qualitätsmedien veröffentlicht.  Dazu der folgende Beitrag:
Grundrechte in der Europäischen Union werden verletzt: Der Fall Österreich (The European, 6. 6. 2017).
Link:  www.theeuropean.de/johannes-schuetz/12302-der-fall-oesterreich

Bereits 2015 wurden Sie um eine Beurteilung dieser massenweisen Enteignungen durch den Justizapparat der Republik Österreich angefragt. Es sollte bei der Recherche geklärt werden, durch welche Voraussetzungen solche eklatanten Verletzungen des Eigentumsrechts in Österreich ermöglicht werden.

Sie antworteten damals in Ihrer Funktion als Universitätsprofessor für Rechtsphilosophie an der Universität Wien:
„damit bin ich nie in Berührung gekommen und habe von meiner Position als Univ.lehrer auch keine Möglichkeit dazu.“
(Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner, Email vom 12. 2. 2015).


Sie wurden am 3. Juni 2019 vom österreichischen Bundespräsidenten als Vizekanzler und Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz angelobt. 

In der Funktion als Justizminister werden Sie mit den Malversationen im österreichischen Justizapparat konfrontiert, in dem Strukturen für organisierten Amtsmissbrauch aufgebaut wurden, die willkürliche Enteignungen in tausenden Fällen ermöglichten.

Dazu die folgenden Fragen:

1. Welche Maßnahmen werden vom Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz unverzüglich gesetzt, damit diese massenweisen Verletzungen des Eigentumsrechts aufgeklärt werden und gegen strafrechtlich relevante Tatbestände vorgegangen wird, die durch Amtsmissbrauch in der Justiz verursacht wurden?

2. Welche Maßnahmen werden vom Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz und von Ihnen in Ihrer Funktion als Vizekanzler der Republik Österreich unverzüglich gesetzt für die Restitution und für die Entschädigung der Betroffenen?

3. Wer ist für den Aufbau der Strukturen im österreichischen Justizapparat verantwortlich, die willkürliche Enteignungen durch Amtsmissbrauch ermöglichen?

4. In der Zeit des Austrofaschismus von 1933 bis 1938 wurde der politisch motivierte Vermögensentzug vom „Büro für Organisation und Kontrolle“ zentral gesteuert.
Ohne einen entsprechenden Apparat sind auch die aktuellen Enteignungen im dokumentierten Umfang nicht erklärbar, da nur durch eine solch zentrale Stelle, die übernommenen Vermögenswerte und Gelder an alle Beteiligten des Amtsmissbrauchs aufgeteilt werden können.
Welche Abteilung wurde in der Republik Österreich eingerichtet, um die Durchführung der aktuellen Enteignungswelle zu organisieren?

5. In der Zeit des Austrofaschismus wurden für die konfiszierten Werte ausgedehnte Lagerräume und Depots eingerichtet.
Wo befinden sich aktuell die Lagerräume, um die konfiszierten Güter und „Fahrnisse“ bis zu einer eventuellen Verteilung (auch an öffentliche Stellen) und Veräußerung vorerst zu verwahren?
Weiters wurden in der Zeit des Austrofaschismus die Vermögenswerte und „Fahrnisse“ inventarisiert und das „Büro für Organisation und Kontrolle“ beschlagnahmte die Werte.
Wer legt bei den aktuellen Enteignungen solche Inventarlisten an und wo werden diese Verzeichnisse archiviert?

Erklärung

Es wurden durch diese Malversationen und den Amtsmissbrauch in der Justiz nachweislich bereits schwere Schäden angerichtet, die nicht mehr korrigierbar sind:
Materielle Schäden, persönliche Schäden, gesundheitliche Schäden. Im Zusammenhang mit der massenweisen Enteignung durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft werden auch Todesfälle noch streng zu überprüfen sein.

Ihre persönliche Stellungnahme als Justizminister ist deshalb erforderlich und soll in den weiteren Veröffentlichungen berücksichtigt werden.

Mit besten Grüßen
Mag. Johannes Schütz

Mag. Johannes Schütz
Wien, Austria (derzeit im Ausland)

Kopien des Schreibens ergehen an:

Leitende Staatsanwältin Dr. Andrea Martini, Büroleitung des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

Leitende Staatsanwältin Dr. Sonja Bydlinski, Referentin für Zivilrecht im Kabinett des Bundesministers


Leitende Staatsanwältin Mag. Britta Tichy-Martin, Pressesprecherin 

Links:

Abschied vom Rechtsstaat: Österreichische Volksanwaltschaft legte Jahresbericht für 2018 vor (Tabula Rasa Magazin, 1. 5. 2019)

Österreichische Präsidentschaftskanzlei deckt Enteignungen
(Tabula Rasa Magazin, 19. 3. 2019)

Foto Der neue Justizminister Jabloner (rechts im Bild) bei der Amtsübergabe des Ministeriums am 3. Juni 2019 mit seinem Vorgänger Josef Moser.
(Pressefoto: Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz / Christopher Dunker)

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Über Johannes Schütz 100 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel