Erinnerungszeichen für die Familie Levi (†1941)

Lore Levi. Bildquelle: Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Presseinformation – Sofie und August Levi und ihre drei Kinder Heinz, Johanna Helene und Lore wurden im November 1941 von München nach Kaunas deportiert und dort von der SS ermordet. Die jüngste Tochter Lore war erst sechs Jahre alt. Die jüdische Familie hatte zu Kriegsbeginn ihre Heimat im Saarland verlassen und in München getrennt leben müssen, die kleine Lore zuletzt in einem Kinderheim. Die Landeshauptstadt München gedenkt der ermordeten Familie mit Erinnerungszeichen an einem ihrer Münchner Wohnorte in der Tengstraße 32. Stadträtin Nimet Gökmenoğlu übergibt die Erinnerungszeichen in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München am kommenden Donnerstag, dem 20. Oktober, an die Öffentlichkeit.

August Levi kam 1884 in Saarwellingen zur Welt. Nach dem Tod des Vaters übernahm er 1903 mit seinem Bruder den elterlichen Pferde- und Viehhandel. Anfang 1922 heiratete er Sofie Marx, die 1893 in Weinsheim geboren worden war. Das Paar zog 1925 nach Saarlouis, wo 1922 Heinz, 1923 Johanna Helene, genannt Hannele, und schließlich 1935 Lore zur Welt kamen.

In diesem Jahr begann nach dem Anschluss des Saargebiets an das Deutsche Reich der wirtschaftliche Niedergang der Familie. Sie musste ab September 1935 Haus und Grundstücke weit unter Wert verkaufen. Mit Kriegsausbruch wurde das Saargebiet zur Sperrzone erklärt, die Familie Levi musste ihre Heimat verlassen und zog – jeder nur mit einem Handköfferchen – nach München. Dort war sie auf die Unterstützung der jüdischen Gemeinde angewiesen. Die Familie musste sich trennen: Die Eltern bezogen ein Zimmer in der Tengstraße 32, Heinz lebte in einem jüdischen Lehrlingsheim, Johanna lernte im Antonienheim, einem Kinderheim der Israelitischen Jugendhilfe, und musste ab August 1941 Zwangsarbeit in der Flachsröste Lohhof leisten und im dortigen Lager leben. Die Familie des Rechtsanwaltes Hans Bloch nahm die jüngste Tochter Lore in Pflege und kümmerte sich liebevoll um sie. Ab August 1940 war Lore im Antonienheim untergebracht.

Ende 1937 hatte Sofie Levi Verwandte in den USA flehentlich um Hilfe zur Auswanderung gebeten. Trotz der Unterstützung ihrer Cousine und des Rechtsanwalts Bloch gelang die Emigration nicht, da die Familie Levi nahezu mittellos war. Sie musste Anfang September 1940 in die Lindwurmstraße 19 umziehen – nun war Heinz Levi wieder bei seinen Eltern. Am 20. November 1941 deportierte die Gestapo August und Sofie Levi mit ihren Kindern Heinz, Johanna und Lore zusammen mit knapp tausend anderen Jüdinnen und Juden nach Kaunas, wo die SS sie am 25. November 1941 ermordete.

Programm am Donnerstag, 20. Oktober 2022:

15:00 Uhr
Gedenkveranstaltung
Tengstraße 32

Stadträtin Nimet Gökmenoğlu in Vertretung des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München

Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern

Dr. Andreas Heusler, Kulturreferat der Landeshauptstadt München

Anne Rademacher, Geschäftsführerin der Paula Kubitscheck-Vogel-Stiftung

Übergabe der Erinnerungszeichen für Sofie, August, Johanna, Heinz und Lore Levi

Dr. Eva Strauß, Geschäftsführerin Stattreisen München e.V. und Initiatorin der Erinnerungszeichen

Ehrenamtliche der Erinnerungswerkstatt München e.V. lesen aus Briefen von Sofie Levi und die Namen weiterer jüdischer Hausbewohner*innen

Thomas Rock, Bezirksausschuss 04 – Schwabing-West


Zu den Erinnerungszeichen:

Erinnerungszeichen werden seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Die Erinnerungszeichen bestehen aus gebürstetem Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie in zwei Ausführungen – als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – ein Bild. Durch die gelochte Oberfläche können die Informationen auch ertastet werden.