Gerade in der Außenpolitik beweist CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz das strategische Gespür, das der Bundeskanzler vermissen lässt. Anders als Olaf Scholz bindet Merz seine politischen Vorstellungen europäisch ein.
Um so mehr irritiert der Auftritt von Merz im Bundestag, bei dem er zu Wahlkampfzwecken aus persönlichen Gesprächen zwischen Scholz und einem anderen Regierungschef zitiert:
„Dann beschwören Sie hier Europa. Herr Bundeskanzler, ich erspare Ihnen mal, wiederzugeben, was die Staats-und Regierungschefs der Europäischen Union in Ihrer Abwesenheit über Sie sagen. Ich erspare Ihnen das mal. Na ja, dann nenne ich Ihnen wenigstens mal ein Beispiel.
Einer der Staats- und Regierungschefs aus den kleineren Ländern der Europäischen Union kam beim vorletzten Mal zu Ihnen, nachdem Sie da stundenlang mit verschränkten Armen schweigend im Europäischen Rat gesessen haben. Er hat Ihnen gesagt – und das haben andere mitgehört -: Olaf, sag doch mal was!
Und was war Ihre Antwort darauf, Herr Bundeskanzler, mit verschränkten Armen? Nö, du hast ja auch nichts gesagt.
Es ist peinlich, wie Sie sich auf europäischer Ebene verhalten.
Sie blamieren Deutschland. Es ist zum Fremdschämen, wie Sie sich in der Europäischen Union bewegen!“ (https://dserver.bundestag.de/btp/20/20205.pdf)
Entweder weiss Merz diese Geschichte von einem unbeteiligten, der das zufällig gehört und ihm erzählt hat. Oder sogar vom beteiligten Regierungschef. Letzteres wäre noch schlimmer, denn es wird die zukünftigen Amtskollegen eines Kanzlers Merz nicht erfreuen, fürchten zu müssen, dass dieser aus ihren persönlichen Gesprächen zwischen Regierungschefs im Bundestag um eines kleinen vermeintlichen Vorteils willen zitiert. Oder wie Oma vor dem Fernseher sagt: „Das tut man nicht“.
Und es war nicht das erste Mal. Die „Welt“, nun keinesfalls Scholz zugewandt, kritisierte, Merz habe „schon am Wochenende Scholz persönlich attackiert und geschrieben, Scholz sei „in der EU isoliert. Man muss es leider so sagen: Die Mehrzahl der europäischen Staats- und Regierungschefs hat einfach keine Lust mehr, den deutschen Bundeskanzler zu treffen, der entweder stundenlang schweigend dasitzt oder belehrend die Welt erklärt“
(https://www.welt.de/…/Interview-im-ZDF-Scholz-teilt…).
Als Scholz diesen Vertrauensbruch mit der Bemerkung kontert, „Fritze Merz erzählt gern Tünkram“, kriegt sich Merz vor Empörung gar nicht mehr ein: „Ich verbitte mir das, dass der Herr Bundeskanzler mich in dieser Art und Weise hier persönlich bezeichnet und angreift. Aber das ist offensichtlich ein Muster, das wir jetzt sehen.“
Das ist das Muster, leider auch bei Friedrich Merz.
Quelle: Franz Sommerfeld