Auf der Seite eins der neuen „Zeit“ richtet Mariam Lau den Blick auf Versuche einer entschlossenen Gruppe der CDU, die schwarz-rote Koalition noch in letzter Minute zu Gunsten einer AFD-gestützten Unions-Minderheitsregierung zu verhindern. Und zwar unter einem anderen Kanzler als Merz. Spahns Vorstoss für einen neuen Umgang mit der AFD spielt dabei offensichtlich eine wichtige Rolle:
„Sofort sprangen etliche Christdemokraten Spahn zur Seite, während der Chef im Osterurlaub weilte. Wachsende Teile der CDU, vor allem im Osten und im Südwesten, denken in Spahns Richtung: Rechtzeitig Schwarz-Blau machen, um nicht irgendwann Blau-Schwarz machen zu müssen. Wenn man unter den Befürwortern herumfragt, wie das alles rein operativ vor sich gehen soll, stößt man auf eine irre Überlegung: Vielleicht bekäme man durch solche Manöver die SPD dazu, die Koalition noch abzulehnen – dann würde Merz, wie er selbst bekannt hat, zurücktreten, und andere könnten eine Minderheitsregierung versuchen“ (https://lnkd.in/equ7K2wM). Andere interpretieren auch Linnemanns überraschenden Verzicht auf ein Ministeramt als Teil dieses Versuches.
Auf jeden Fall ist es der Grund, warum sich Anhänger einer schwarz roten Koalition noch zurückhalten, um nicht durch einen Streit die SPD während ihrer Mitgliederbefragung aufzuscheuchen und damit genau das zu tun, was eine offensichtlich recht entschlossene Minderheit in der CDU, übrigens kaum in der CSU, versucht, mit einer Ablehnung durch die SPD Merz zum Rückzug zu zwingen.
Begleitet wird der Vorstoss gegen Merz durch anhaltendes Dauerfeuer der „Welt“, vorneweg natürlich durch ihren Herausgeber Ulf Poschardt, der dem CDU-Vorsitzenden Merz vorwirft, „dass die Union kulturell irrlichtert und sich im Zweifelsfall den ebenso tumben wie bösartigen Ideologen fügt“. Für Poschardt ist Merz Vorgehen „ein Signal der Selbstaufgabe“ (https://lnkd.in/eYJT6z49).
Der „Welt“-Herausgeber ruft zum Widerstand gegen Merz mit dem scheinheiligen Argument, eine Stärkung der AFD zu verhindern: „Die AfD wird ohne jedes Zutun weiter wachsen, wenn nicht mehr Leute wie Jens Spahn, Carsten Linnemann, Andreas Rödder oder Mario Voigt die Klappe aufmachen.“
Der Osterurlaub von Friedrich Merz ist beendet.
Von Mariam Lau erscheint in wenigen Wochen ein Buch über Merz: https://lnkd.in/etPaWiMp
Gestern schrieb Franz Sommerfeld:
Die weltweite Hinwendung zu autoritären und rechtsextremen Gesellschaftsmodellen schlägt sich hier zu Lande nicht nur in den Bemühungen des christdemokratischen Spitzenpolitikers Jens Spahn um einen „neuen“ Umgang mit der AFD und den vielfältigen Plädoyers des „Welt“-Herausgebers Ulf Poschardt und seiner Mitstreiter für eine von der AFD geduldeten Merz-Minderheitsregierung nieder. An ihrer Seite findet sich nun auch ein schnell anwachsender Teil der Friedensbewegung. Sie demonstrierten gerade in Dresden unter dem Motto: „Frieden kennt keine Brandmauern“.
Eine solche Parole würde auch einen Kommentar des „Welt“-Aktivisten und „Zeit“-Kolumnisten Harald Martenstein schmücken. Er ist einen ähnlichen politischen Weg gegangen wie der langjährige Bundestagsbgeordnete der Linken, Dieter Dehm, der gemeinsame Auftritte mit prominenten Rechtsextremen organisiert und entsprechende Texte für Dieter Hallervorden schreibt (https://zeitung.faz.net/…/42b687f7f7f91e081c87eef9d4039…). Freundschaftlich vertraulich spricht Dehm von „Björn“, wenn er den prominenten Rechtsextremisten Höcke gegen Angriffe verteidigt und erklärt, der sei „linker“ als Annalena Bearbock.
In einem biografisch geprägten Text beschreibt Johannes Schneider in der „Zeit“, wie „der Frieden die Seiten gewechselt hat“: Er habe „den linken Mainstream verlassen, dessen Vorhut linksgrüne Elternhäuser wie meines waren, und ist mittlerweile tief verankert in den Slogans von Viktor Orbán und der AfD. Und während wir Kinder der Ostermarschiererinnen uns heute fragen, ob unsere Kinder Deutschland verteidigen sollten, sagt ausgerechnet Donald Trump ständig „Peace“ und in Italien inszeniert sich der Rechtsextremist Matteo Salvini als Friedensminister“ (https://www.zeit.de/…/friedensbewegung-ostermarsch…).
Dass Trump der wichtigste Verbündete der Friedensaktivisten geworden ist, führte auf den Ostermärschen zu vielfältigen agitatorischen Verrenkungen. In der „taz“ beschreibt Yağmur Ekim Çay anschaulich, wie der erfahrene langjährige KPD und DKP Ex-Funktionär Jürgen Nieth beim Ostermarsch das alte Feindbild USA zu retten versucht (https://taz.de/Ostermarsch-in-Mainz/!6079527/). Vergeblich. Denn spätestens seitdem sich Trump an die Seite Putins gestellt hat, fällt es den Friedensbewegten zusehends schwerer, die weltweite Bedrohung von Demokratie und Freiheit zu verdrängen.
Quelle: Franz Sommerfeld