Vernichtungslager

Jüdisches Denkmal in München, Foto: Stefan Groß


Es gibt Bücher, die anstrengend zu lesen sind, weil sie ein Thema behandeln, mit dem man sich nicht gerne befasst. Das Thema in Deutschland, worüber man nur ungern spricht und denkt, behandelt deutsche Vernichtungslager auf dem Gebiet des heutigen Polen in der Zeit des deutschen Nationalsozialismus

Monstervon Yishai Sarid

Verlag: Kein & Aber; 2. Auflage (4. Februar 2019), ISBN-13: 978-3036957968, 176 Seiten, 21 €

Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein junger Mann aus Israel studiert den Holocaust mit Betonung auf Vernichtungslager. Er wird zum gefragten Experten und Reiseleiter in Polen, bis er die Gegenwart mit der Vergangenheit verknüpft.

Das Buch ist abstoßend und spannend geschrieben. Es fällt schwer, das Büchlein aus der Hand zu legen. Die Übersetzung aus dem Hebräischen ins Deutsche ist grandios. Der Leser erfährt mehr als jeder Besucher eines Vernichtungslagers im heutigen Polen. Auch wenn die Besuchergruppen (Schüler, Politiker, Soldaten, Touristen) aus Israel besonders kritisch beschrieben werden, wird dieses Büchlein nicht von gestandenen Israelkritikern gelesen werden. Israel- und Judenkritiker interessieren sich nicht dafür, dass in Majdanek zur Ermordung der Juden Kohlenmonoxid und Zyklon B eingesetzt worden ist, jedoch kein CO2! Schließlich gelten die Nazis bei vielen bis heute als Vorbild im Klimaschutz. An Orten des Hasses sprießt Hass.

Einige Fragen zum Buch: Darf man als demokratischer Realist der These anhängen, dass wenn die Nazis gesiegt hätten, sie heute als Helden verehrt werden würden? Wie viele deutsche Soldaten sterben beim Aufstand im Warschauer Ghetto? 20! Hat sich der Aufstand der Juden rentiert?

Wer die gut erhaltenen Fotos der freundlich dreinblickenden und sauber gekleideten sympathischen Deutschen neben den zerlumpten Juden ansieht (sie werden im Buch nicht gezeigt, sondern beschrieben), kann diese Deutschen nicht hassen. Als den Alliierten bekannt gewesen ist, dass Juden in den Lagern in Osteuropa fortlaufend vernichtet worden sind, weigerten sie sich, die Gleise dorthin zu bombardieren. Diese Gleise sind für die Alliierten nicht kriegswichtig. Ja, sie behindern die Wehrmacht. Zudem sind Nazifeinde nicht automatisch Judenfreunde.

Auch ultraorthodoxe Juden fahren nach Polen. Sie weigern sich, die Vernichtungslager aufzusuchen. Stattdessen besuchen sie die Gräber berühmter Rabbiner, denen Wunder nachgesagt werden. Die Ultraorthodoxe wirken entspannt und fröhlich – ganz im Gegensatz zu den Besuchern der Vernichtungslager.

Dürfen Menschen, die heute um ihr Überleben kämpfen, ein bisschen Nazi sein?

Hat der Führer von alledem gewusst? Ja!

Warum hat er niemals diese Orte aufgesucht? Er liebt die unberührte Natur und ist Vegetarier!


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Über Nathan Warszawski 535 Artikel
Dr. Nathan Warszawski (geboren 1953) studierte Humanmedizin, Mathematik und Philosophie in Würzburg. Er arbeitet als Onkologe (Strahlentherapeut), gelegentlicher Schriftsteller und ehrenamtlicher jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Aachen.